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Coole Dinge machen ist das eine, diese vern�nftig regeln das andere

Interaktive Funktionen und deren Lauffähigkeit sind eine stetige Herausforderung. Die DPS ist keine breite Erfolgsgeschichte. Das hohe Entwicklungstempo, die aufwändige Erstellung und Gebühren sind Gründe dafür. Der Ruf nach Standards wird lauter.

Andreas burkard Unsere Arbeit ist schwer vorstellbar ohne die Adobe-­Produkte. Das beliebte InDesign kann interaktive Lösungen für Tablet, Web, PDF und EPUB erstellen. Welche Interaktion wo lauffähig ist und wo die Grenzen des Machbaren liegen, ist eine ganz schöne Herausforderung. Findige Anbieter nutzen die Gunst der Stunde. Sie setzen dort an, wo den Interessen der grossen Softwarehäuser Grenzen gesetzt sind.

Interaktive PDF

InDesign wurde mit vielen interaktiven Funktionen erweitert. Diese in das PDF-Format zu überführen, ist aber alles andere als selbsterklärend. So sind unter anderem Animationen und Bildgalerien mit Schaltflächen nicht über den vielversprechenden Export Adobe PDF (Interaktiv) lauffähig.

SWF in PDF

Man kann in InDesign eine .swf-Datei, also eine Flash-basierende Datei exportieren und diese mit Acrobat öffnen. Dann läuft gewissermassen SWF im PDF ab. Alternativ kann man in Acrobat mit dem Werkzeug SWF hinzufügen einen Bereich aufziehen und eine aus InDesign exportierte .swf-Datei platzieren. Das ergibt jedoch immer nur eine Seite. Flash kann dann gewissermassen im PDF abgespielt werden (siehe dazu Publisher 5-11, Seite 42).

Werden in InDesign zusätzlich Video und Audio verwendet, als Flash Player (.swf) exportiert und wiederum in Acrobat geöffnet oder .swf mit dem entsprechenden Werkzeug platziert, sind diese Inhalte im PDF jedoch nicht lauffähig.

Zwar kann man in Acrobat mit den Werkzeugen Video und Audio hinzufügen diese Inhalte platzieren. Doch wenn man nicht an die Seiten einer in der PDF-Datei befindlichen SWF-Datei herankommt, ist das unbrauchbar.

Es ist beinahe abenteuerlich und artet oft zum Gebastel aus, wenn man interaktive Funktionen aus InDesign im PDF-Format lauffähig haben möchte. Das ist schade, denn durch den hervorragenden Medienkanal und einen vorhandenen Adobe Reader könnten viele spannende Lösungen erarbeitet werden.

FlashPlayer wieder extern

Flash ist in PDF seit Acrobat 9 und der damit verbundenen Reader-Version 9 lauffähig. Erstaunlich ist der Umstand, dass Adobe in Acrobat 11 und im kostenlosen Adobe Reader 11 wieder auf den externen Flash Player verweist. Nur mit einem aktuellen FlashPlayer auf Systemebene können Flash-basierende Inhalte im PDF wiedergegeben werden. Durch Flash in Acrobat und Reader 9 und 10 benötigten diese Versionen viele Aktualisierungen. Der Rauswurf von Flash in der Programmversion 11 ist nachvollziehbar, aber nicht förderlich in der Bewirtschaftung dieses gut verständlichen Medienkanals. Der Anwender in der 11er-Version erhält also erst einmal eine Aufforderung, den FlashPlayer herunterzuladen. Doch viele Anwender in grossen Unternehmen verfügen nicht über Installationsrechte für ihre Rechner.

Es ist schade, dass Adobe mit dem FlashPlayer in Acrobat und dem kostenlosen Reader keine zuverlässige Lösung aufrechterhalten kann. Vielleicht ist es für den Hersteller auch gar nicht mehr lohnenswert, das Offlineformat PDF im Bereich Interaktivität weiter zu verbessern und besser mit InDesign abzustimmen. Es entsteht der Eindruck, dass der Hersteller lieber auf die ohne Entscheidungsfreiheit auf­gezwungene Cloud und die vielen damit verbundenen gebührenpflichtigen Dienste fokussiert.

Im Web ist Flash wohl auch in den nächsten Jahren nach wie vor wichtig. Der Adobe Flash Player ist eines der am weitesten verbreiteten Browser-Plug-ins und dient nach wie vor zur Anzeige von in Websites eingebundenen SWF-Dateien. Der Besitzer hat sich sein SWF-Format wohl anders vorgestellt.

Blätterkataloge

InDesign kann ein Dokument über das Exportformat FlashPlayer (.swf) als interaktiven Blätterkatalog exportieren. Das geht ganz einfach. Ohne viel Aufwand kann man vor dem Export eine Schaltfläche integrieren, welche auf die vorherige oder die nächste Seite führt. Im Exportdialog klickt man dann auf die Option Interaktives Aufrollen der Seite einschliessen. Der Export erzeugt auch eine HTML-Datei und zeigt die eingebundene SWF-Datei im Browser. Ferner kann die SWF-Datei in eine Website eingebunden werden.

Im Browser sind denn auch alle SWF-basierenden interaktiven Funktionen nutzbar. Alternativ kann man auch hier in Acrobat das SWF-Format öffnen oder platzieren.

Doch die Erwartungshaltung gegenüber Blätterkatalogen ist wesentlich grösser. Der Kunde möchte, dass sein Produkt auf allen Geräten vertreten ist, möchte eine Textsuche, ein klares Inhaltsverzeichnis und gut ausgebaute Zoommöglichkeiten.

Die Weiterbearbeitung von direkt exportierten Blättermagazinen aus InDesign ist leider schwierig, da es eine fertige SWF-Datei ergibt. Man kommt dort nicht mehr an die Inhalte heran. Man kann das InDesign-Dokument zwar auch als FLA-Projekt exportieren, aber dann hat man nur die Inhalte im Adobe Flash. Die gesamte Funktionalität rundherum müsste man sehr aufwändig selbst entwickeln.

Externe Anbieter

Die Gunst der Stunde nutzen andere und vereinfachen den Prozess. Um Blätterkataloge zu erstellen, welche ein ansprechendes Benutzererlebnis ermöglichen, sollte man sich einen Anbieter suchen. Hier eine Auswahl:

In der Regel lädt man über einen solchen Service bloss eine normale PDF-Datei hoch. Für die Nutzung auf den Tablets werden die Blättermagazine automatisch angepasst.

So dringt denn auch diese Methode rasch in die Breite. Den Medienschaffenden beschert dies eine kundenfreundliche Dienstleistung. Prospekte vieler Automarken sind auf diese Art im Web. Etliche Restaurants bieten beispielsweise online ihre Menükarte als interaktives Blätterprodukt an. Mehr und mehr Industrieunternehmen preisen zusätzlich zum Print ihre Produkte als Blätterkatalog auf ihrer Website an.

Baustelle digitale Magazine

Nicht in die Breite gehen hingegen die digitalen Magazine für iPad und Co. Der Erstellungsprozess ist einfach zu aufwändig, streckenweise viel zu umständlich. Adobe hat zwar in InDesign CS 6 mit alternativen Layouts, den Liquid Layout-Regeln und mit den Inhaltsaufnahme-Werkzeugen versucht, den Erstellungsprozess zu vereinfachen. Doch per Knopfdruck lässt sich nun mal das anspruchsvolle Layouten im Hoch- und im Querformat nicht automatisieren. Will man Hoch- und Querformat, bleibt der Aufwand beträchtlich. Dazu kommen Gebührenmodelle für die Veröffentlichung auf unterschiedlichen Geräten, welche sich das typische KMU zu den jetzigen Konditionen nicht leistet.

Das Hochladen von Magazinen und das Veröffentlichen mit dem App Builder ist oft ein abenteuerliches Unterfangen und treibt die Ersteller manchmal an den Rand der Verzweiflung. Dauernde Änderungen auf allen Stufen erschweren den Prozess. Durch eine offensichtlich nicht vorhandene Absprache zwischen Adobe und Apple kann es zu dubiosen Fehlermeldungen beim Veröffentlichungsprozess kommen. Die ganze Sache bekommt einfach nicht die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich verdient hätte. Die Digital Publishing Suite (DPS) droht an ihrer Komplexität zu ersticken.

Viele Anwender haben mittlerweile ihr Wissen bezüglich der Erstellung von digitalen Magazinen erweitert. Jedoch können längst nicht alle Anbieter mit der DPS nachhaltige Aufträge generieren. Sicherlich gibt es spannende digitale Magazine für iPad und Co. Schaut man aber genauer hin, so erkennt man, dass diese meist von grossen Firmen sind, die aus ganz unterschiedlichen Gründen vertreten sein wollen. Die Kosten spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Diese Firmen wollen auf dem jungen Medienkanal vertreten sein und sind nicht primär auf eine Erfolg versprechende Downloadrate angewiesen. Tabletlösungen können ferner ideal für die Bereitstellung von internen Informationen auf klar definierten Geräten sein.

Doch KMU funktionieren anders. Da muss Erfolg relativ rasch messbar sein. Nachhaltigkeit ist gefragt, der direkte Nutzen zählt. Dienstleister in der Medienbranche leben nun einmal von KMU. Das KMU will durchaus auch auf dem Tablet vertreten sein. Doch Aufwand, Preis und Nutzen müssen stimmig sein. Statt einer aufwändigen DPS-Lösung setzt sich vermehrt eine einfache PDF-Lösung durch – sozusagen als Budgetvariante.

Die Budgetvariante

Die Gunst der Stunde nutzen auch hier findige Unternehmen. Diese haben erkannt, was der Kunde wirklich will und was er bereit ist, dafür zu zahlen. So ist beispielsweise mit dem Leafled-System eine sehr einfache Möglichkeit entstanden, eine App für den App-Store ohne Programmierkenntnisse herzustellen(www.leafled.de). Basis für die App sind RGB-PDF-Dokumente. Diese wer­den hochgeladen und mit Navigationselementen versehen. Interaktivität wie Bildgalerien, Audio und Video sind möglich. Die Grundfunktionen bieten Notizen hinzufügen, Zoomen, Verlinkung, eine Suche, Lesezeichen setzen und Inhaltsverzeichnis.

Der Publisher wird seit einigen Ausgaben mit der Leafled-Lösung für das iPad aufbereitet und über eine Kiosk-App zum Download angeboten (siehe Publisher 5-13, Seite 44).

Tabletentwicklungen

Es ist zwar grundsätzlich begrüssenswert, wenn es neue Tablets und andere Anbieter gibt. Das Problem dabei sind aber die unterschiedlichen Technologien und die kurze Nutzungsdauer der doch relativ kostenintensiven Geräte. Es sind Fälle bekannt, wo ein vor nicht einmal zwei Jahren gekauftes iPad einzelne Apps bereits nicht mehr installieren konnte, weil das System diese nicht mehr unterstützt. Wenn wertvolle Geräte nach so kurzer Nutzungszeit bereits den Eindruck vermitteln, dass sie veraltet sind, so wird dieser Umstand in der breiten Anwenderschaft kein Vertrauen aufbauen.

Das hohe Tempo der Entwicklungen ist hinderlich für die Bereitstellung digitaler Magazine als App. Unterschiedliche Veröffentlichungs- und Bezugsmodelle auf den Tablets erschweren die Bereitstellung von Inhalten.

Entwicklungen brauchen Regeln

Statt alles einfacher zu machen, geschieht aktuell genau das Gegenteil. Bei den extrem kurzen Entwicklungs­zyklen und der grossen Ansammlung von Macht einzelner Firmen erstaunt das auch wenig. Für einen breiten Einsatz von Technologien auf unterschiedlichen Geräten braucht es Leitplanken, es braucht Standards.

Für digitale Magazine sind weitergehende Interaktionen sowie ein einfacherer Erstellungs- und Veröffentlichungsweg notwendig. Stores sollen aufeinander abgestimmt sein. Monopolstellungen sollten keine Knebelverträge aufzwingen.

Das EPUB-Format, das InDesign exportieren kann, steht für E-Books, elektronische Bücher, auf unterschiedlichen Geräten. Das Format ist auf HTML und CSS aufgebaut und ermöglicht unter anderem eine unterschiedliche Darstellung von Schrift und Schrift­grös­se.

Apple mischt in diesem Markt kräftig mit. Mit dem kostenlosen iBook Author kann man auf dem Mac E-Books erstellen, prüfen und veröffentlichen. Apple nutzt dabei aber eigene CSS-Erweiterungen im proprietären Format, die nicht zum W3C-Standard für elektronische Bücher gehören. Bei Gebühren besagen die AGB, dass der Vertrieb nur über den Apple Store erfolgen darf. Amazon verwendet mit dem .mobi sogar ein anderes Format für ihre Kindle-Reader.

Bei HTML5 tut sich im Moment sehr viel. Es gibt eine Reihe von Anbietern.

Der aktuell grosse Konkurrenzkampf wird wohl Adobe dazu zwingen, ihre Edge-Produkte weiterzuentwickeln. Edge Animate 1.0 ist vor einem Jahr erschienen. Edge Reflow, ein Programm zur Erstellung von responsiven Layouts für das Webdesign, dessen Layouts sich automatisch an die Gegebenheiten der unterschiedlichen Endgeräte anpassen, ist immer noch im Beta-Status.

HTML5 ist vom W3C noch nicht als Standard verabschiedet worden. Man vermutet, dass dies 2014 der Fall sein wird. Eine Herausforderung wird dann bei der Unterstützung aller Browser liegen, die solche Inhalte darstellen sollen.

Der Autor

Andreas Burkard arbeitet in der Mediengestaltung und in der Ausbildung und macht individuelle Firmentrainings und Beratung rund um das Thema Publishing für Print, Tablets und PDF-Lösungen. Er ist ferner als Trainer und Fachbereichsleiter Publishing bei der Digicomp Academy AG in Zürich, Bern, Basel, St. Gallen und Luzern engagiert.

www.BurkardPublishing.ch