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Die Zukunft klebt!

Dank neu entwickelter Folien sieht Mario Oberholzer für das Werbetechnik-Handwerk auch künftig einen goldenen Boden. Speziell im Gebäudesektor erkennt er ein riesiges Potenzial.

PUBLISHER: Spandex ist in der Schweiz der grösste Lieferant von Medien für die Werbetechnik – damit sind Sie am Puls der Branche. Wie ist heute die Befindlichkeit in diesem Markt?

Mario Oberholzer: Wir erleben seit 2010 einen gesättigten Markt mit Überkapazitäten. Das führt zu einem harten Konkurrenzkampf mit entsprechendem Preisdruck.

Das ist doch eigentlich erstaunlich, wenn man sich die neuen Möglichkeiten durch den technologischen Fortschritt im Large-Format-Printing vor Augen hält: Man kann fast alles bedrucken und überall tun sich neue Anwendungen auf!

Klar gibt es viele neue Anwendungen – aber parallel auch immer mehr Druckkapazität und neue Anbieter, die in den Markt drängen; oft branchenfremde Quereinsteiger. Ein Beispiel dafür ist das Car-Wrapping: Viele machen einen guten Job, aber es gibt auch schwarze Schafe, welche die Preise drücken und mit unprofessioneller Arbeit dem Image schaden. Zusätzlich spürt auch unsere Branche den Druck aus dem Ausland. Aber grundsätzliche haben Sie recht – Chancen sind da, gerade für Profis der Werbetechnik.

Wo denn genau?

Im Gebäudesektor eröffnen Hightech-Folien völlig neue Anwendungen. Das reicht von der Oberflächenveredelung- über Sonnenschutz-, Isolations- und Sicherheitsfilme bis zu Glasdekor- und Fassadenfolien. In diesem Bereich eröffnen Folien neue Möglichkeiten, welche oftmals kostengünstiger als herkömmliche Lösungen sind.

Was heisst das konkret?

Typische Beispiele sind Renovationen von Shops, Bars und Restaurants. Mit entsprechenden Folien kann die ganze Inneneinrichtung in einem modernen Look gestaltet werden. Und das ohne die mit einem Umbau verbundenen hohen Kosten und Umtriebe. Oder nehmen wir Spitäler: Aus hygienischen Gründen müssen viele Wände jedes Jahr neu gestrichen werden. Mit speziellen, abwaschbaren, antiseptischen Folien kann man sich das sparen. Auch hier ist die die Investition rasch amortisiert.

Spannend ist auch der Bereich Glas: Folien mit hoher UV- und Infrarot-Absorbtion reduzieren die Erwärmung hinter grossen Glasfronten massiv und man spart entsprechend Energie bei der Klimatisierung. Solche Beispiele gibt es fast ohne Ende ...

Das tönt jetzt alles ganz logisch, nur – wieso macht man das nicht schon lange?

Der Markt hat das Potenzial dieser Hightech-Folien noch nicht erkannt. Die Folie hat ein falsches Image im Sinne von minderwertiger Decor-Qualität. Die Folien der neusten Generation, zum Beispiel die Oberflächenveredelungsfolien, sind jedoch aufgezogen nicht mehr als solche erkennbar: Sie sind kratzfest wie Furnier, dabei jedoch voll 3D-verformbar.

Wenn man diese Vorzüge erkennt, braucht es wirklich den Werbetechniker. Besteht nicht Gefahr, dass die Baubranche das Geschäft mit den Folien selbst an sich reisst?

Die Wahl der richtigen Folie und das Applizieren erfordern viel Know-how und Geschick – das ist genau das Kerngeschäft des Werbetechnikers. Fehler kommen sehr teuer zu stehen. Da ist der Fachmann gefragt!

Wie nutzt Spandex diese Chance?

Wir haben das grösste Sortiment an Folien und können das Gewünschte rasch liefern. Lagerartikel, welche bis 17.30 Uhr bestellt werden, gehen am selben Tag raus. Wir wollen uns jedoch nicht darauf beschränken, zu liefern, was bestellt wird, sondern aktiv mithelfen, diesen Markt zu entwickeln: Wir bieten Beratung und spezielle Weiterbildungen an und ziehen Referenzbetriebe als Ambassadoren heran.

Was sind dabei Ihre Visionen?

Die Zukunft hat schon begonnen – mit elektronisch schaltbaren Folien, mit den sich Glascheiben von transparent auf transluszent umschalten lassen. Ich bin überzeugt, noch die Markteinführung von Folien zu erleben, mit denem man ganze Wände nach Wunsch mit individuellen Bildern ansteuern kann.

Was sind dabei die Herausforderungen für Werbetechniker?

Es geht hier um ein ganz neues Tätigkeitsfeld. Das setzt die Bereitschaft voraus, sich zu bewegen und für die neuen Materialien- und Märkte offen zu sein. Zudem sollte der Dienstleister ein Flair für Raumgestaltung entwickeln um selbst Vorschläge machen zu können. Das ist etwas ganz anderes, als die heutige, vielfach nur ausführende Tätigkeit wie beispielsweise das Bedrucken von Bannern ab fertigen PDFs.

Wie beurteilen Sie die Bereitschaft, sich in diese neuen Märkte zu bewegen?

Es gibt schon einige sehr erfolgreiche Beispiel von dynamischen Betrieben. Andere sind jedoch noch zurückhaltender und müssen sich wohl noch einen Ruck geben – wir unterstützen sie gerne dabei!

Interview: Martin Spaar

Mario Oberholzer

Mario Oberholzer war ursprünglich in der Gebäudetechnik tätig, unter anderem bei der ABB. Im Jahr 2000 trat er als Verkaufsberater für Hardware in die Spandex AG ein. Über weitere Stationen gelangte er in seine heutige Funktion als General Manager für die Spandex AG Schweiz. Zu seinen Hobbies zählen Reisen, Musik (aktiver Klarinettist in der Swiss-Band), Bergsteigen und Fotografieren.