Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Dossiers >> Publishing 3.0 >> Fachartikel >> Keine Entspannung an der Preisfront

Keine Entspannung an der Preisfront

Nach wie vor sind die Broker unter den Drucksachen-Webportalen preislich praktisch unschlagbar, doch auch andere können sich behaupten. Wiederum gibt es einige neue Anbieter, verschiedene aber verweigern den Preiskampf und suchen Alternativen.

peter nadler Vergleicht man die diesjährige Übersicht über die Drucksachen-Webshops mit der letztjährigen, so fällt auf, dass die Preisunterschiede nach wie vor riesig sind – je nach Anbieter kostet dieselbe Drucksache auch mal das Drei- oder Vierfache des günstigsten Angebots.

An der Spitze wie erwartet immer noch die Broker, die meist nicht in der Schweiz drucken lassen und mit einer rein auf das Volumengeschäft fokussierten Strategie wohl auch umsatzmässig Spitze sind. Dort hingegen, wo Druckereien einen eigenen Webshop betreiben, liegen die Kosten und damit die Preise höher. Übers Ganze gesehen scheint das aktuelle Preisniveau minim höher zu sein als das letztjährige, das gilt aber nicht für jede Kategorie.

Es weht ein rauer Wind

Der stete Wechsel bei den Drucksachen-Webshops (in der diesjährigen Übersicht gibt es sieben neue Anbieter, sechs der letztjährigen sind nicht mehr dabei) zeigt, dass es einerseits immer wieder Versuche gibt, vielleicht doch noch ein Stück des Kuchens zu ergattern. Zwar scheint der Kuchen insgesamt grösser zu werden, aber ob das auch mehr Stücke oder grössere Stücke für alle bedeutet, oder ob nicht einfach demjenigen gegeben wird, der schon hat, weil er preislich nicht zu unterbieten ist, kann ohne grössere Untersuchung kaum beantwortet werden. Bereits aber lassen einzelne Anbieter ihren Shop eines natürlichen Todes sterben und/oder sie entziehen sich dem direkten Vergleich in unserer Übersicht – ihr Shop existiert zwar nach wie vor, auf die Auflistung in unserer Tabelle wurde aber bewusst verzichtet.

Ob sich die für die Entwicklung und Betreibung des Webshops aufgewendeten finanziellen Mittel überhaupt jemals auszahlen, kann jeder nur bei seinem eigenen Shop erkennen, Tatsache aber ist, dass einige (teilweise ehemalige) Anbieter sich mehr oder weniger lautstark über den ruinösen Preiskampf auslassen – nichts Neues also in der grafischen Branche, könnte man meinen – aber dieser Kampf akzentuiert sich nun durch die einfacheren Vergleichsmöglichkeiten im Web. Und dass billiger gedruckt zwangsläufig eine schlechtere Qualität zur Folge hat, behauptet heute wohl kaum mehr jemand.

Das lässt dann eigentlich nur einen Schluss zu: Wer sich neu im Schweizer Online-Drucksachenmarkt einmischen will – von aufmischen kann jedenfalls keine Rede sein, die Hauptpositionen sind seit Längerem besetzt – muss entweder auf das Prinzip Hoffnung setzen und einen langen Atem haben, über ein unschlagbares oder zumindest aussergewöhnliches Angebot (beides hier nicht preislich gemeint) verfügen oder in einer noch unbesetzten Nische tätig werden. Nullachtfünfzehn-Drucksachen-Webshops gibt es jedenfalls bereits genug, auf einen mehr hat der Markt nicht gewartet.

Wer hat, dem wird gegeben

Interessant wäre es, die Entwicklung eines neu gegründeten Drucksachen-Webshops über längere Zeit zu verfolgen, den Gründer über seine Pläne, Ziele und Hoffnungen zu befragen und nach fünf Jahren ein Fazit zu ziehen – falls es den Shop dann noch gibt. Der Aufwand, einen frei zugänglichen Online-Webshop (B2C) zu betreiben, kann jedenfalls kaum unterschätzt werden. So ein Shop läuft nicht einfach noch neben dem sonstigen Druckgeschäft her – die Kunden während der offiziellen Bürozeiten zu beraten, ist eine Sache, eine andere ist es, im Online-Geschäft mehr oder weniger rund um die Uhr präsent und reaktionsfähig zu sein. Kommt nämlich die Antwort auf eine Anfrage nicht innert nützlicher Frist, springt der Kunde ab.

Überhaupt ist das Online-Drucksachengeschäft zum grossen Teil eine Frage des Volumens: Viele kleine Aufträge können auf Sammelformen zusammengefasst werden und ermöglichen damit eine insgesamt günstigere Produktion und damit tiefere Preise als die Konkurrenz. Günstige Preise wiederum locken neue Kunden an, generieren mehr Volumen mit erneutem Optimierungspotenzial. Wenn für dasselbe Angebot bei kürzeren Lieferfristen höhere Preise gelten als bei längeren Lieferfristen, spielt offenbar der Sammelform-Effekt. Wer eine Woche warten kann, bezahlt dann vielleicht noch knapp über 40% des Preises, den er bezahlen müsste, wenn er das Produkt schon morgen haben wollte.

Kleine Anbieter können in einem solchen Umfeld bezüglich Preise jedenfalls nicht mithalten. Was sie auszeichnet, ist die Kundennähe, die Flexibilität und ihre «Swissness», also die Produktion in der Schweiz. Zumindest erwähnen viele Webshop-Betreiber ihre (teilweise FSC-zertifizierte und klima­neutrale) Schweizer Produktion als Mehrwert und als Grund, dass Kunden bereit sind, mehr zu bezahlen als bei einer Produktion im Ausland.

Unternehmerisch und sozial

Ein Beispiel für gestaffelte Preise je nach Liefertermin ist printhouse.ch mit teilweise massiv günstigeren Preisen bei Frühbuchung. Dieser Drucksachen-Webshop wird von der Jobfactory AG und der Werner Druck & Medien AG betrieben. Die Jobfactory AG ist als eines der wenigen Unternehmen mit einem übergeordneten Sozialziel, der Bekämpfung der Arbeits- und Ausbildungslosigkeit von jungen Menschen.

In den verschiedenen Betrieben der Jobfactory arbeiten über 250 Jugendliche mit und können so über ein mehrmonatiges Praktikum die Basis legen, um in die Berufswelt (etwa als Lehrling) einzusteigen. Im Bereich Digitaldruck, bei dem übrigens ausschliesslich HP-Indigo-Maschinen eingesetzt werden und somit höchste Qualität garantiert wird, absolvieren fünf Jugendliche ein solches Praktikum. Gleichzeitig werden auch Lehrlinge ausgebildet. Offset-Auflagen bis 100 000 werden durch die Werner Druck & Medien AG hergestellt.

Auch für die Betriebe der Jobfactory gelten natürlich die Regeln des Marktes,denn Subventionen gibt es keine. Auf Termintreue und hohe Qualität wird deshalb grossen Wert gelegt.

International

Unter den Schweizer Portalen bietet maxiprint.ch, ein Broker mit einem Netz von internationalen Druckpartnern, wie schon vor einem Jahr die günstigsten Preise – und vielleicht auch die kürzesten Termine. Wird nämlich bis neun Uhr vormittags bestellt, wird bei Auflagen bis 15 000 Exemplare bereits am Tag darauf ausgeliefert. Gegenüber dem Angebot vor einem Jahr sind insbesondere das Blachensortiment und der Bereich Roll-ups ausgebaut und vergünstigt worden. Zudem stehen nun für Broschüren weitere Formate und mehr Grammaturen zur Auswahl. Erwähnenswert ist auch das Papiermusterbuch, in welchem sämtliche im Shop verfügbaren Papiere vorhanden sind.

Auf die Frage, wie denn bei Reklamationen vorgegangen werde, wurde betont, dass man in neun von zehn Fällen kulant sei und sofort nachdrucke, auch wenn die Ausgangslage nicht immer eindeutig sei. Generell sei die Reklamationsquote aber tief, aktuell liege sie bei 2,5%, angestrebt würde eine solche von 1%.

Klein, fein und persönlich

Bereits im achten Jahr produziert DruckEinfach.ch, die Online-Plattform der Ast & Fischer AG. Die Produktpalette ist klein und auf die vorhandene Infrastruktur abgestimmt. Von den Kunden geschätzt werden gemäss Aussagen des Betreibers vor allem die Einfachheit des Portals und der persönliche Kontakt mit dem Fachpersonal.

Um im umkämpften Online-Druckmarkt bestehen zu können, wird auf absolute Termintreue und auf den Produktionsstandort Schweiz, verbunden mit einem hohen Dienstleistungsgrad, gesetzt. Per Ende 2013 soll zudem der bestehende Online-Auftritt optimiert und noch besser auf das Zielpublikum ausgerichtet werden. Eine wichtige Funktion hat das Portal auch im Bereich der B2B-Kunden. Unter den aktiven Nutzern dieses Angebots finden sich unter anderem KMU, Agenturen, Kulturschaffende, Sportler, Industrie, Grafiker und Fotografen.

Auch Partner für Druckereien

Das Portal onlinedruck.ch wird von der bc medien AG betrieben. Aufgrund immer wieder von Kundenseite geäusserten Wünschen sind nun sämtliche Druckprodukte auch auf Recyclingpapier zu haben – gedruckt in der Schweiz und selbstverständlich FSC-zertifiziert und klimaneutral.

Weiter ausgebaut wurde auch das Partnerprogramm, das über die vorhandene Online-Plattform abgewickelt wird: Druckereien, Agenturen oder Wiederverkäufer kalkulieren und bestellen in eigenem Namen für ihre Kunden via onlinedruck.ch, gedruckt wird bei der bc medien AG, geliefert wird dann im Namen des Partners. Dieses Vorgehen dient allen Beteiligten, einerseits dem Partner, beispielsweise eine Druckerei, die nicht über Digitaldruckanlagen verfügt und auch nicht vorhat, eine solche Investition zu tätigen, oder ein Wiederverkäufer, der überhaupt keine Druckinfrastruktur hat, und andrerseits der bc medien AG, die ihre Anlagen so besser nutzen kann.

Zwei unterschiedliche Shops

Vor sieben Jahren hat die Roth Druck AGmit druckerei24.ch ihren ersten Webshop nur für Digitaldrucksachen aufgebaut, später folgte loonyprint.ch als Offsetdruck-Portal. Da beide Portale komplette Eigenentwicklungen sind, ist die Flexibilität gross – Anpassungen jeder Art sind ohne Umstände möglich. Zentral für den Erfolg eines Webshops ist laut dem Betreiber neben einem bereits tiefen Preisniveau ein perfekt optimierter Workflow. Zudem sollen, um innerhalb der immer grösseren Zahl von Drucksachen-Webshops wieder eine gewisse Exklusivität zu erreichen, in Zukunft spezielle Produkte ins Zentrum gerückt werden.

Ausgebaut werden soll aber auch der B2B-Bereich, der für die Roth Druck AGimmer wichtiger wird. Denn bezüglich Kundenbindung liegen Welten zwischen einem B2C- und einem B2B-Kunden. Die Zukunft sieht die Roth Druck AG hauptsächlich im Bereich personalisierte Drucksachen inklusive Bildpersonalisierung und Crossmediakampagnen – meist sind das umfangreiche Projekte, bei denen die Beratung des Kunden einen grossen Stellenwert hat.

Was den Kunden bewegt

Für die Betreiber der Webshops sind allgemein die Schnelligkeit, die Einfachheit, die 24-Stunden-Verfügbarkeit und nicht zuletzt das Preisniveau und die Preistransparenz entscheidende Faktoren, die Kunden dazu bewegen, Drucksachen in Online-Shops in Auftrag zu geben. Insbesondere dass keine Offerte erstellt werden muss, sondern der Preis direkt bei der Auftragsvergabe ersichtlich ist, wird als Vorteil gewertet. Bei Portalen mit Templates wird zudem die ständig aktualisierte Vorschau der Drucksache als Vorteil gegenüber der traditionellen Produktion hervorgehoben.

Die Frage, warum ein Kunde gerade das eine Portal und nicht dasjenige der Konkurrenz wählt, wird erwartungsgemäss weniger allgemein, dafür mit einer gewissen Portion Eigenlob beantwortet. Haupttenor ist einerseits die auf Wunsch gebotene Beratungsleistung und andrerseits die Druck- und Ausführungsqualität. Und, wie bereits erwähnt, werden immer wieder der Produktionsstandort Schweiz und die Tatsache, dass kein anonymes Unternehmen hinter dem Shop steht, als Vorteile gegenüber den billigeren Grossanbietern aufgeführt.

B2B – der kleine Bruder?

Immer mehr Druckereien richten für ihre Kundschaft «geschlossene» Webshops, so genannte B2B- respektive Business-to-Business-Webshops ein. Meist geht es dabei darum, dem Kunden wiederkehrende Produkte, allem voran Visitenkarten, in Form von Templates online zur Verfügung zu stellen. Der Bestellablauf wird vereinfacht und automatisiert, die Produkte werden kostengünstiger.

Insbesondere bei grösseren Unternehmen kann mit einem Template-System das Erscheinungsbild im Griff behalten und der Kreativität der Mitarbeiter am falschen Ort (sprich Gestaltungswildwuchs) entgegengewirkt werden – die Gestaltung einer Visitenkarte ist vorgegeben und bestimmte Einträge, etwa Funktion und Titel, sind standardisiert. Wenn dann das Aussehen solcher B2B-Websites so flexibel gehandhabt werden kann, dass die Mitarbeiter des Kunden gar nicht merken, dass sie sich nicht im Intranet, sondern auf der Website der Druckerei befinden, ist die Integration perfekt geglückt.

Aufseiten der Druckerei wird nicht nur der Produktionsprozess von der Bestellung bis zum fertigen Produkt verschlankt, sondern als weiterer angestrebter Nebeneffekt wird die Kundenbindung verstärkt.

Vertiefte Zusammenarbeit mit dem Kunden

Wer einen Kunden zu einer noch engeren Zusammenarbeit motivieren kann, ermöglicht ihm, umfassendere wiederkehrende Produkte, als es Visitenkarten sind, auf der Basis von vordefinierten Layouts online zu erstellen. Mit einer gleichzeitig angebundenen kundenspezifischen Bilddatenbank und klar definierten Zugriffsrechten werden einerseits die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung des Kunden erhöht, andrerseits wird die Servicefunktion vertieft. Die Druckerei gewährleistet so als Dienstleister den einheitlichen Auftritt des Unternehmens gegen aussen. Solche Angebote erfordern eine gut durchdachte Benutzerführung und eine perfekte Vorschau der soeben erstellten Drucksache – nur wenn diese das Endprodukt vorwegnimmt, wird ein Kunde ­längerfristig mit einem solchen System arbeiten wollen.

Wer noch einen Gang zulegen will, integriert seinen Kunden mit einem Remote-Publishing-System. Damit findet der Publishing-Prozess als onlinebasierte Zusam­menarbeit zwischen dem Kunden und dem Dienstleister statt. Das Ganze entspricht mehr oder weniger einem Redaktionssystem, bei dem der Kunde respektive dessen Grafik- oder Werbeabteilung eingebunden ist. Die Zuständigkeiten für die einzelnen Prozesse können frei definiert werden, die Eingriffe (Texteingabe, Bild- und Grafikplatzierung) erfolgen via Browser-Editor. Schliesslich finden auch die Korrektur-, Freigabe- und Ausgabeprozesse im Browser statt.

Und dann weiter mit B2C?

Ist B2B eine Alternative zu einem offenen Webshop? Kaum, denn Neukunden werden damit nicht generiert. Aber die Bindung von bestehenden Kunden an die Druckerei kann durch die engere Zusammenarbeit massiv verstärkt werden. Das ergibt beidseitige Vorteile. Gespräche mit Betreibern von offenen Webshops lassen jedenfalls vermuten, dass der B2B-Bereich in Zukunft von zunehmend grösserer Bedeutung sein wird.

Fazit: B2B ist wohl für viele Druckdienstleister nicht der kleine, sondern eher der grosse Bruder von B2C. Nicht nur kann B2B auf der Basis vorhandener Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden, B2B-Kunden wandern auch nicht zu B2C-Portalen ab …