Laser, Inkjet und Offset vereint

romeo hutter Sind Sie Publishing-Profi, Drucker, Kreativer, Fotograf, Werbetechniker, Besucher der Drupa oder haben Sie ein Exemplar des aktuellen Publisher von Canon oder Océ erhalten? Dann halten Sie jetzt ein Heft in der Hand, dessen Cover auf Sie abgestimmt ist. Damit aber nicht genug. Sieben Jahre nach unserem ersten Digitaldruck-Cover können wir dank der Zusammenarbeit mit Canon und Océ erneut ein Novum präsentieren. Siegfried Alder von Canon hatte uns angeregt, nicht nur das Cover, sondern auch den ersten Inhaltsbogen digital und ausserdem individualisiert zu drucken.

Zusammen mit den statischen Inhaltsbögen ist ein Heft entstanden, das neben dem Offset mit zwei verschiedenen Digitaldrucktechnologien produziert wurde. Der Umschlag auf einer Canon imagePRESS C7010 VP bei der Peter Gaffuri AG in Bern und der erste Inhaltsbogen auf einem System der ColorStream-3000-Serie, eine Eigenentwicklung der Firma Océ Printing Systems. Auf einer solchen wurde das Cover mit Wickelfalz der Ausgabe 4-10 produziert. Der Bogen mit den vier ersten und letzten Seiten ist diesmal sowohl personalisiert als auch nach Zielgruppe individualisiert gedruckt. Durch den Einsatz der Canon- und Océ-Systeme ist eine Ausgabe mit 13 verschiedenen Cover-Sorten und gleich vielen Inhaltssorten entstanden. Die Gesamtauflage der Cover weist sieben zielgruppenspezifische Titelseiten, drei unterschiedliche Umschlagseiten 2, sieben verschiedene Umschlagseiten 3 und zwei Rückseiten auf. Adressierte Exemplare haben eine drei Zentimeter verkürzte Rückseite, damit für den Versand die Anschrift auf der letzten Inhaltsseite ersichtlich war.

Von den acht Seiten auf dem digital gedruckten Inhaltsbogen sind vier in jeder Sorte identisch. Das Inhaltsverzeichnis brauchte keine Anpassungen, da alle Leser den gleichen redaktionellen Inhalt erhalten. Individuell aufbereitet sind das Canon-Inserat auf Seite 4, das Editorial auf Seite 5 und die Kolumne auf Seite 101, die für einmal nicht auf der letzten Inhaltsseite platziert ist, da diese dem Bestellformular mit der Adressierung der personalisierten Exemplare weichen musste.

Den variablen Inhalt nach aussen transportieren

Für die Gestaltung der aktuellen Cover konnte erneut das Atelier Frank Schweitzer gewonnen werden. Zu Beginn galt es, ein Konzept zu entwickeln, das den variablen Inhalt auch auf das Cover transportiert. Da es aber schier unmöglich ist, einige tausend personalisierte Inhalte mit der gleichen Anzahl Umschlägen zusammenzubringen, entschied sich Frank Schweitzer für die Umsetzung sieben zielgruppenspezifischer Titelseiten. Von vier unterschiedlichen Konzepten machte eine fotografische Umsetzung mit Symbolbild das Rennen. Es fokussiert mit der Lupe die adressierte Berufsgattung, zeigt gleichzeitig aber auch etwas abgedunkelt im Hintergrund die anderen mit dem Cover angesprochenen Zielgruppen.

Nachdem das Konzept entwickelt war, wurden die auf einem PixmaDrucker ausgegebenen Fotoabzüge in unterschiedlicher Anordnung von Bastian Schweitzer im Studio fotografiert. Die schlichten, aber gleichzeitig gut lesbaren typografischen Elemente des über Ebenen gesteuerten InDesign-Layouts der sieben Varianten waren schnell gestaltet. Mit der Lithografie durch die Firma Tolotto Create konnte schliesslich das Maximum an Bildqualität für den Druck auf der imagePRESS C7010 VP herausgeholt werden.

Cover-Druck bei Gaffuri

Die PDF-Dateien der insgesamt 19 Umschlagseiten gingen nach Fertigstellung an die Peter Gaffuri AG in Bern. Das Familienunternehmen ist in 40 Jahren zu einem grafischen Dienstleistungszentrum mit über 1000 Quadratmetern Produktionsfläche gewachsen. Ziel des Unternehmens ist es, höchsten Ansprüchen genügen zu können, um Papier, Farbe und kreative Ideen in fertige Drucksachen zu verwandeln. Dabei wird der Kunde von einem 20-köpfigen Team von der Planung bis zur Auslieferung des Auftrags begleitet.

Bei der Produktion des aktuellen Covers hatte Michel Wüthrich die Fäden in der Hand. Abgesehen von der für den Digitaldruck eher hohen Auflage war diese Produktion für den gelernten Drucker ein ganz normaler Auftrag. Er konnte bereits mit dem Vorgängermodell, der Canon imagePRESS C7000 VP, Erfahrungen sammeln. Die C7010 VP läuft nach seiner Aussage noch besser und mit noch weniger Stillständen. Die 11 000 Cover dieser Ausgabe konnten so in elf Stunden während zweier Arbeitstagen auf das neue, von Antalis zur Verfügung gestellte Papier Digi­green mit einer Grammatur von 300 g/m2gedruckt werden.

Individualisiert, personalisiert

Wird der Digitaldruck für die Produktion des Inhalts eingesetzt, eröffnen sich redaktionell, aber auch inserateseitig ganz neue Möglichkeiten. Die Anzeige auf Seite 4 ist auf fünf Zielgruppen abgestimmt. Die Hefte an die Fotografen weisen ein anderes Sujet auf als diejenigen der Kreativen, der Drucker oder der Werbetechniker. Mit dem variablen Druck des Inhalts können Empfänger präziser adressiert werden, wodurch sich der Streuverlust verkleinert. Dies setzt aber auch eine entsprechende Adressdatenbank voraus.

Erstmals können wir mit dieser Ausgabe unsere Leser direkt ansprechen. Das vorliegende Editorial existiert in 15 verschiedenen Versionen und greift die Zielgruppe im ersten und im letzten Absatz auf. Darüber hinaus werden unsere Stammleser und -leserinnen persönlich angesprochen. Und in Ralf Turtschis Kolumne treten sie sogar in einen Dialog mit dem Autor – dabei ist ihm nicht einmal das Domizil seines Gegenübers entgangen.

Ein individualisierter und personalisierter Inhalt bedeutet zum einen einen Mehraufwand in der Erstellung der redaktionellen Inhalte, zum anderen setzt er aber auch eine gewisse Vorlaufzeit in der Aufbereitung der Druckdaten voraus. Hier konnten wir auf die Erfahrungen von Océ in Poing bei München zurückgreifen. Heinz-Jürgen Ehrt ist im Pre Sales und Application Support von Océ tätig und zeichnet für die Aufbereitung des digitalen Inhaltsbogens verantwortlich.

Die statischen Seiten je Sorte waren schnell richtig ausgeschossen, komplexer wurde es bei den variablen redaktionellen Seiten. In Printnet T von GMC werden je Produktionssorte sowohl die Adressen eingelesen als auch die Seiten positioniert bzw. aufgebaut. Sind alle Parameter aufeinander abgestimmt, wird pro Sorte ein AFP-Datenstrom generiert, der in Form einer Spool-Datei an das RIP der Océ ColorStream übermittelt wird.

88 000 A4 in eineinhalb Stunden

Die Aufbereitung des Druckbogens hat alles in allem zwei Tage in Anspruch genommen. Für die Produktion und die Koordination mit der Druckerei Jordi kam Roland Krieger, Production Manager bei Océ, ins Spiel. Sind die Druckdaten einmal richtig aufbereitet, genügt ein simpler Knopfdruck und die Océ Color­Stream 3700 legt mit einer Geschwindigkeit von beachtlichen 100 Metern pro Minute los. Das High­speed-Inkjetsystem ist der jüngste Zuwachs in der Color­Stream-3000-Familie von Océ. Die Ge­schwindigkeit wird durch eine Twin-Konfiguration erreicht und entspricht 1350 A4-Seiten pro Minute. Die gute Druckqualität in Farbe und Schwarzweiss wird durch die von Océ entwickelte DigiDot-Inkjet-Technologie erzielt. Ausserdem stehen optional bis zu sechs Druckfarben zur Verfügung. Das System wird auf der Drupa Premiere feiern – in der aktuellen Ausgabe können Sie sich schon einmal ein Bild von den Druckeigenschaften machen.

Der Inhalt des Publisher soll wie gewohnt ein stimmiges Ganzes bilden. So musste das Papier für den digitalen Druckbogen im Vornherein auf dasjenige der Offsetbogen abgestimmt werden. Johannes Swart, Product Manager der JetStream- und Color­Stream-Produkte und bei Océ für das Publisher-Projekt verantwortlich, fand mit Bio Top 3 von Mondi ein Papier, das Qualität und Ähnlichkeit mit dem Offset-Papier vereint.

Der Druck aller 13 Sorten in einer Gesamtauflage von 11 000 Exemplaren ging schliesslich unterbruchlos vonstatten und dauerte keine eineinhalb Stunden. Zwischen den Sorten wurden jeweils einige Trennseiten auf die Rolle ausgegeben, um diese im Anschluss auf das Bogenformat zuzuschneiden.

Die Übersicht behalten

Die Trennseiten waren auch für die Arbeiten auf dem Sammelhefter nützlich. Vom Jordi Medienhaus wurden die beiden digitalen Bögen gefalzt, mit dem herkömmlich produzierten Inhalt zusammengeführt und auf das Heftformat geschnitten, was bei je 13 Sorten von zwei verschiedenen Digitaldruckern eine echte Herausforderung war.

Das Feedback der Beteiligten zur Frage nach den Knacknüssen dieser Produktion fiel bei Gaffuri und bei Océ ähnlich aus: «Ein ganz normaler Auftrag.» Entscheidend bei einem solchen Projekt ist wohl die Zusammenarbeit der involvierten Parteien. Es bedarf eines unkonventionellen Brückenschlags, der einen gewissen Mehraufwand bedeutet, aber ein einzigartiges Gesamtprodukt hervorbringt. Die Verbindung verschiedener Druckverfahren eröffnet neue Möglich­keiten in der Kommunikation, die wir mit dieser Ausgabe exemplarisch aufzeigen.

Nutzen Sie die Gelegenheit, an der Drupa mehr über die Produktion der digital gedruckten Seiten zu erfahren. Canon und Océ werden an ihrem gemeinsamen Stand auf Anfrage gerne Details dazu präsentieren.