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Per Frame und Zeitleiste zum Pixelkino

Seit Programmversion CS3 lassen sich in Photoshop auch Animationen erstellen. Wie das Bedienfeld Animation strukturiert ist und wie das Erstellen bewegter Bildabfolgen funktioniert, beschreibt der folgende Beitrag.

GÜNTER SCHULER  Im Grunde sind die Unterschiede zwischen klassischer Bildbearbeitung und Video-Postproduktion nicht sehr gross. In beiden Berufsfeldern werden letztlich Pixel verarbeitet. Auch programmtechnisch sind gewisse Affinitäten und Schnittmengen unübersehbar. Ähnlich eng mit der Bildbearbeitung verwandt ist die Erstellung bewegter Animationen, etwa für Webauftritte oder Präsentationen. Da die Grenzen zwischen Film und Animation einerseits und der klassischen Bildbearbeitung und Fotooptimierung andererseits mehr und mehr durchlässig werden, rüstet auch Photoshop entsprechend nach. Neue Bedieneinheit seit Programmversion CS3: eine spezielles Bedienfeld für die Bearbeitung von Videos und Animationen.

Im Hinblick auf die Bearbeitung von bewegten Bildabfolgen liefert das neue Bedienfeld Animation vor allem eines – eine intuitiv handhabbare und funktionstechnisch ausdifferenzierte Arbeitsumgebung. Wer Film- und Video­sequenzen weiterverarbeiten möchte, findet hier durchaus ein brauchbares Tool. Mehr noch als für die Verfeinerung von bereits bestehendem Filmmaterial eignet sich die Animationeneinheit für das Erstellen von Animationen – einfachen Grafikeffekten also, die aus mehreren (oder auch vielen) Einzelbildern bestehen. Einziger Nachteil: Ein Grossteil der im Bedienfeld Animationen implementierten Funktionen sind nur in Photoshop Extended zugänglich. Generell stehen im Bedienfeld Animation zwei Arbeitsmodi zur Verfügung – der Frame- und der Zeitleistenmodus. Für Einsteiger in die Materie ist der Frame-Modus sicher der intuitivere. Einige Funktionen – beispielsweise genauere Festlegungen im Hinblick auf Dauer und Bildrate der Animation sowie das Arbeiten mit Spuren – sind allerdings nur im Zeitleistenmodus möglich. Ein Feature-Bereich, der nur in der Extended-Programmvariante enthalten ist.

Animationen erstellen

Technisch gesehen sind Animationen nichts weiter als eine Abfolge von Einzelbildern. Der filmähnliche Effekt von bewegten Bildern ergibt sich dadurch, dass die Einzelbilder in einem bestimmten zeitlichen Intervall abgespielt werden. Dieses Zeitintervall kann sich an videoüblichen Abspielinter­vallen orientieren, etwa 20 Bilder pro Sekunde oder mehr. Zwingend ist diese Abspielrate allerdings nicht; je nach Effekt kann eine Frequenz von einer Sekunde oder mehr pro Bild durchaus sinnvoll sein. Verdeutlicht werden soll die Funktionsweise des Bedienfelds Animation anhand eines einfachen Animationseffekts. Sein Inhalt: eine Text-Headline mit dem Inhalt «Publisher». Im Rahmen der beabsichtigten Animation soll dieser Schriftzug in drei Etappen erscheinen – zunächst nur «Pub», im zweiten Schritt «Publis» und im dritten Schritt die vollständige Headline – «Publisher».

Unabkömmlich für das Erstellen der Animation sind zwei Bedienfelder – Ebenen und Animation. Die Erstellungsarbeit beginnt zunächst im Bedienfeld Ebenen. Mit der passenden Typografie (im Beispiel: Myriad Condensed Black) wird eine Textebene mit dem Schriftzug «Pub» angelegt. Im Anschluss wird der Rohtext mit einigen Ebeneneffekt-Einstellungen ausgeschmückt. Die Ebeneneffekt-Einstellungen – rote Farbe, ein leichter Schlagschatten, eine Reliefwölbung sowie Glanzeinstellungen für die Oberfläche – ergeben ein dreidimensional wirkendes Material-Styling. Anvisiert wird eine Animationswirkung, die an Neonreklamen erinnert. Da unser Beispiel eine Abfolge aus drei Teilmengen der Headline beinhaltet, wird die Textebene mit dem Schriftzug «Pub» im Anschluss kopiert. In der zweiten Textebene wird der Text weiter vervollständigt («Publis»). Komplettiert wird die anvisierte Bildabfolge durch eine zweite Ebenenkopie, in der der Text vervollständigt wird («Publisher»).

Von der Ebene zum Frame

Die drei Komponenten für die erste Animationsvariante sind nunmehr fertiggestellt. Für deren Erstellung genügen ein paar Handgriffe. Sinnvoll ist hier das Arbeiten im Frame-Fenster. Das Umschalten zwischen den beiden Modi Frame und Zeitleiste in der Extended-Variante erfolgt über den Konvertierungs-Button rechts unten in der Bedienfeld-Fussleiste. Zunächst erscheint im Frame-Fenster nur eine einzige Abbildung – die der aktuell sichtbaren Ebenen. Um die drei Text­ebenen sowie die Hintergrundebene im Bedienfeld Ebenen als Frames zu definieren, ist lediglich das Aufrufen des Bedienfeldmenübefehls Frames aus Ebenen erstellen erforderlich. Nach dessen Bestätigung weist das Frame-Fenster vier Frames auf: die weisse Hintergrundebene und die drei Schriftzüge «Pub», «Publis» und «Publisher». Um zu gewährleisten, dass die Backgroundfarbe der Hintergrund-ebene bei allen drei Elementen der späteren Bildfolge erscheint, ist ein spezieller Zwischenschritt erforderlich. Dabei wird wie folgt vorgegangen: Hintergrundebene im Bedienfeld Ebenen auswählen, im Anschluss imMenü des Bedienfelds Animation den Befehl Ebenen in allen Frames anpassen wählen. Das Bestätigen des Dialogs mit OK verändert sofort die Darstellung der drei anderen Frames: Anstelle eines transparenten Hintergrunds enthalten sie nun die Hintergrundfarbe Weiss. Da die Hintergrundebene selbst kein Bestandteil der Animation sein soll, kann ihr Frame nunmehr gelöscht werden – durch Markieren und anschliessendes Klicken auf das Papierkorb-Symbol.

Durch Klicken auf den Abspiel-Button in der Fussleiste des Bedienfelds Animation kann die soeben erstellte Animation nun abgespielt werden. Da einmaliges Abspielen hier kaum einen besonderen Aha-Effekt hervorruft, sind zwei spezielle Optimierungen notwendig. Sie betreffen zwei Dinge: die Anzahl der Abspielwiederholungen und die Abspieldauer pro Bild. Entweder die einzelnen Frames manuell markieren oder aber den Bedienfeldmenübefehl Alle Frames auswählen aufrufen, im Anschluss dann in der Popup-Liste links aussen die Anzahl der Wiederholungen einstellen und über das Sekunden-Aufklappfenster in einem beliebigen Bild die Abspieldauer festlegen. Tipp: Durch Einstellung der Option Unbegrenzt in der Wiederholen-Aufklappliste lässt sich eine unendliche Abspielschleife festlegen.

Animationen ausbauen

Das im letzten Abschnitt beschriebene Animationsbeispiel ist sehr einfach zusammengesetzt. Mit Hilfe des dargestellten Befehlsinstrumentariums lassen sich allerdings unterschiedliche Verfeinerungen vornehmen. Ein einfaches Beispiel: Der letzte Teil der Bildfolge, «Publisher», soll in der unbegrenzt abgespielten Animation doppelt so lang erscheinen wie die beiden anderen. Möglichkeiten hier: entweder über die Button-Fussleiste des Animation-Bedienfelds das letzte Frame duplizieren oder aber dem dritten Frame eine alternierende Zeitfrequenz zuweisen. Auch die Effektgestaltung selbst bleibt über das Ebenen-Bedienfeld veränderbar. Dies betrifft auch die in der Hintergrundebene hinterlegte Backgroundfarbe. Wird diese mit Schwarz gefüllt, verändert sich (aufgrund der Festlegung Ebenen in allen Frames anpassen) auch die Hintergrundfarbe der drei Animations-Frames. Auch komplexere Ausdifferenzierungen lassen sich problemlos bewerkstelligen. Im Folgenden erweitern wir die im letzten Abschnitt erstellte Animation durch weitere Faktoren: a) drei zusätzliche Frames, b) einige Modifizierungen in der Effektgestaltung. Letztere sollen der Animation etwas mehr Dramaturgie verleihen.

Da neue Ebenen in der Frame-Darstellung des Bedienfelds Animationen nicht automatisch übernommen werden, empfiehlt es sich, die vorhandenen Frames zu löschen und im Bedienfeld Ebenen weiterzuarbeiten. Hier werden zunächst zwei neue Ebenen angelegt: eine Kopie der zuvor mit schwarzer Farbe gefüllten Hintergrundebene und eine Kopie der Textebene «Pub». Im Anschluss werden folgende Modifizierungen vorgenommen: Bei «Pub» wird die Deckkraft auf 50 Prozent reduziert. «Pub Kopie» bleibt unverändert, ebenso «Publis». «Publish» hingegen erhält einen zusätzlichen Effekt – einen Schein nach innen, der die Leuchtkraft des Schrifteffekts erhöht. Derselbe Effekt wird auch in der obersten Ebene, «Publisher», hinzugefügt – allerdings mit höher dosierten Schein nach innen-Effekteinstellungen. Um zu gewährleisten, dass diese Endversion unabhängig von der eingestellten Bildfrequenz doppelt so lang erscheint wie die vier anderen, wird die veränderte Ebene abschliessend dupliziert. Neues Animationsszenario: Eine schwarze Ebene, «Pub» kommt zuerst verhalten, anschliessend voll. «Publis», das nächste Bild, erscheint bereits mit zusätzlichem Leuchten. Der volle Schriftzug schliesslich leuchtet noch mehr. Die eigentliche Animationserstellung gestaltet sich wie im letzten Abschnitt beschrieben: Erstellung der Frames über den Befehl Frames aus Ebenen erstellen, mitlaufender Farb-Background durch Auswahl der Hintergrundebene und Aufrufen von Ebenen in allen Frames anpassen, anschliessend Löschen des Hintergrundebene-Frames, Markieren/Auswählen der verbliebenen Frames und Festlegung von Abspielmodus und Framefrequenz.

Finetuning im Zeitleistenmodus

Abspieldauer und Abspielfrequenz lassen sich im Frame-Modus des Animation-Bedienfelds zwar grob festlegen. Richtiges Finetuning ist allerdings nur im Zeitleistenmodus der Extended-Programmversion möglich. Um in diesen Modus zu wechseln, offeriert die Extended-Variante des Animation-Bedienfelds den bereits aufgeführten Konvertierungs-Button rechts aussen in der Fussleiste. Die Veränderungen im Bedienfeldfenster sind unübersehbar. Anstelle einzelner Frames zeigt das Hauptfenster unterschiedliche Spuren, deren Inhalt mit graugrünen Balken dargestellt wird. Für jede Ebene listet das Zeitleisten-Interface eine Spur auf. Vom Konzept her ermöglicht dieser Modus nicht nur eine andere, mehr konzeptionellere Arbeitsweise. Die Anzahl der Befehle im Bedienfeldmenü zeigt auf, dass hier weitaus mehr Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Eine recht nützliche sind die Dokumenteinstellungen. Sie enthalten zum einen eine Popup-Liste für die Festlegung der Framerate pro Sekunde (fps), zum andern eine Festlegungsmöglichkeit für die Dauer der Animationssequenz. Für unseren aus fünf Frames bestehenden Schriftzug wären hier unterschiedliche Optionen denkbar – beispielsweise eine Framerate von einem Bild pro Sekunde und eine Abspieldauer von fünf Sekunden oder aber eine Framerate von fünf Bildern pro Sekunde und eine Abspieldauer von nur einer Sekunde. Auch kürzere oder längere Intervalle sind denkbar; ebenso aufgehende und nicht aufgehende.

Komplexe Animationen

Das Befehlsequipment, das im Zeitleistenmodus von Animation zur Verfügung steht, erfordert auf jeden Fall eine entsprechende Einarbeitung. Allerdings: Für einfache Animationseffekte, wie sie etwa auf Webseiten typisch sind, kommt man mit dem Funktionsinstrumentarium des Frame-Arbeitsmodus recht gut über die Runden. Auch komplexere Animationen mit Dutzenden oder gar Hunderten von Einzelbildern lassen sich hier gut anlegen. Auch aus dem vorgestellten Beispiel liessen sich, so man will, durchaus komplexere Szenarien und Abwandlungen ableiten. Generell wichtig ist beim Anlegen von Animationen die Arbeit im Bedienfeld Ebenen. Hier ist der Ort, an dem das grafische Outfit der Animation zusammengebastelt wird. Letztlich sind gelungene Animationen so vor allem eine Frage der Idee, welche Inhalte man genau als Animation umsetzt. Ergänzend ein paar weitere technische Hinweise und Kniffe:

Geschlossene Schleifen. Da der Reiz vieler Animationen darin besteht, dass ihre Inhalte unendlich wiederholt werden, ist es wichtig zu überlegen, wie das Ende einer Sequenz an den Beginn anschliesst. Ein einfaches Mittel für das Erzeugen bruchloser Übergänge ist das Spiegeln der Grundsequenz. Ebenentechnisch sieht das folgendermassen aus: Eine Kopie des zweitletzten Bildes wird über dem letzten angeordnet. Über diesem wiederum eine Kopie des drittletzten Bildes – und so weiter bis einschliesslich zum zweiten Bild. Einrichten lässt sich diese Abfolge ent­weder im Ebenen-Bedienfeld oder aber über die Frames im Bedienfeld Animation. Vorgehensweise hier: vorhandene Frames duplizieren, anschliessend die duplizierte Gruppe über den Bedienfeldmenübefehl Frames umkehren in die umgekehrte Reihenfolge bringen.

Interpolierte Zwischen-Frames. ­Speziell bei weichen Überblendungs­effekten ist es oft nicht vonnöten, für jede einzelne Zwischenvariante eine neue Ebene zu erstellen und diese zu modifizieren. Über den dritten Button von links lassen sich zwischen zwei ausgewählte Frames zusätzliche, interpolierte Frames einfügen. Die Anzahl der hinzuzufügenden Frames wird im anschliessenden Dialog festgelegt. Der Unterbereich Parameter weist bereits darauf hin, dass die Interpolation vorzugsweise mit deckkraftgesteuerter weicher Überblendung vorgenommen wird. Wichtig bei dieser Art der Effektgestaltung ist, dass die Transparenz der Überblendungen mit einem geeigneten Hintergrund kompensiert wird.

Bildserien bearbeiten. «Animationstauglich» sind so gut wie alle Bild-typen, die sich in Photoshop verarbeiten lassen – importierte Videosequenzen, Illustrator-Grafiken, in Photoshop erstellte Grafikeffekte, Einzelbilder, deren Frames bzw. Ebenen aus modifizierten Bildinhalten bestehen, und schliesslich Bildserien. Für den Import von Letzteren offeriert Photoshop eine praktische Script-Funktion – den Befehl Datei > Scripten > Dateien in Stapel laden. Vorteil: Die für die Animation benötigten Ebenen werden von dem Script gleich mit angelegt. Noch luxuriöser geht es direkt über den Öffnen-Dialog. Markiert man hier das erste Bild der Serie und die Option Bild­sequenz, erscheint ein Zwischendialog, in dem man direkt die Framerate festlegen kann. Im Anschluss importiert Photoshop die komplette Bildserie – verpackt als Videoebene, die sich über das Zeitleisten-Interface des Bedienfelds Animation jedoch weiter bearbeiten lässt. Limit dieser Vorgehensweise: Mit Kamera-Rohdaten funktioniert sie nicht.

Fazit

Wichtig ist beim Anlegen von animierten Bildabfolgen vor allem ein Aspekt: passende Übergänge zwischen den einzelnen Frames. Nach welchem Schema die Bildabfolge gestaltet wird, ist Erwägungssache. Farbmodifikationen – beispielsweise Wechsel von heller zu dunkler oder etwa von Farbe zu Schwarzweiss – sind ebenso möglich wie leichte Verzerrungen, ein- und wieder ausgeblendete Teilelemente des Gesamtmotivs oder Übergänge zwischen unterschiedlichen Einzelbildern. Generell gilt hier folgende Faustregel: Je umfangreicher die Bildfolge, desto geringer sollten die Unterschiede zwischen den Einzelbildern ausfallen. In der Summe ist das seit Programmversion CS3 implementierte Bedienfeld Animation ein guter Ausgangspunkt, um sich mit den Arbeitsbereichen Animations- und Videobearbeitung etwas vertrauter zu machen. In dem Sinn ist die «eierlegende Wollmilchsau» Photoshop für die multimedialen Anforderungen der Zukunft recht gut aufgestellt.