Speedprinting mit Lackchoreografie

Martin Spaar Noch nie wurde ein Publisher-Digitaldruckcover in so kurzer Zeit gedruckt wie dieses. Die Océ VarioPrint 6320 Ultra ist das weltweit schnellste Bogen-Digitaldrucksystem und benötigte für die 9600 Publisher-Cover keinen halben Tag. Die maximale Druckleistung dieses jüngsten Sprosses der im Jahr 2006 lancierten VarioPrint-6000-Familie beträgt 314 A4-Seiten pro Minute. Möglich ist das dank Océs exklusiver Instant-Duplex-Technologie (siehe Kasten Seite 33).

Nicht ganz so rekordmässig schnell ging uns davor die gestalterische Konzeption des Covers von der Hand. Die Aufgabe, ein für den Schwarz-Weiss-Druck geeignetes Sujet zu finden, war gar nicht so einfach. Umso mehr, als dieses genügend ruhige Flächen bieten sollte, um das Publisher-Logo und die Anreisser auf der Front sowie die Océ-Werbung auf der vierten Umschlagseite unterzubringen. Fündig wurde die mit der Covergestaltung betraute Agenturtschi bei der Bildagentur Key­stone. Das von Steffen Schmidt im Zürcher Opernhaus aufgenommene Bild zeigt eine Szene aus dem im September 2004 aufgeführten Ballett «Smoke».

Mit dem Schwarz-Weiss-Druck auf der Océ VarioPrint hatten wir eine extrem kostengünstige Lösung gewählt. Bei voller Auslastung ergeben sich bei diesem System Klickkosten pro A4-Seite von deutlich unter einem Rappen. Somit liegen die Druckkosten bei diesem Projekt im Vergleich zu früheren, vollfarbigen Publisher-Covers gut und gerne um den Faktor 10 tiefer. So blieb im Budget Spielraum genug, um das Ganze mit einer Veredelung aufzuwerten. Und in der Tat macht der partiell aufgetragene Siebdrucklack aus den simplen Hochvolumen-Schwarz-Weiss-Prints ein ansprechendes Premiumdruckprodukt.

UV-Siebdrucklack von KMC

Die Realisation gaben wir in die Hände der Veredelungsspezialisten von KMC in Allschwil. Diese verfügen über einen grossen Gerätepark mit dem für jede Anwendung passenden System. Unsere Covers wurden mit einem Siebdruck-Vollautomaten produziert, der bis zu 4000 Bögen pro Stunde im Format 72 × 105 cm verarbeiten kann. Mit diesem System lässt sich mit UV-Lack ein hoher Auftrag realisieren. Während sich im Offsetverfahren nur maximal 3 bis 5 Gramm pro Quadratmeter auftragen lassen, sind es bei unserem Cover gegen 10 Gramm. Dadurch gewinnt der Lack auch einen haptischen Effekt. Dazu schützt der UV-Lack den kratz­empfindlichen CopyPress-Toner und wertet das Cover optisch auf: Das Schwarz gewinnt an Tiefe und die Gestaltung kann mit Matt- und Glanzeffekten spielen.

Unterstützt wird die Gestaltung durch den Kontrast zwischen dem tiefen Schwarz und der hohen Weisse des Conqueror-Papiers von Antalis (siehe Kasten). Die groben Lackrasterpunkte über den Tänzerinnen erinnern an Zeitungsraster und betonen den Livecharakter des Pressebildes. Die dritte und die vierte Umschlagseite zeigen, dass man auch mit den einfachen Mitteln des Schwarz-Weiss-Druckes sehr ansprechende Werbung gestalten kann. Wobei das Inserat der Kursiv-Bildagentur auf der U3 den Abonnenten vorbehalten ist. Probeabonnenten sehen hier die einfache Schwarz-Weiss-Umsetzung unserer Abowerbung. Denn wenn wir schon digital produzieren, dann auch zielgruppengerecht!

Arbeitspferd für bis zu10 Millionen Seiten pro Monat

Neben dem variablen Druck konnte die Océ VarioPrint 6320 bei diesem Job vor allem ihre Stärken im Bereich der Produktivität ausspielen. Dazu gehört die gleichmässig hohe Druckgeschwindigkeit bis zu einem Papiergewicht von 300 g/m². Die Papierkapazitäten lassen sich diesem hohen Output entsprechend anpassen: Die Gesamtkapazität der Papierzufuhr beträgt bis zu 13 800 Blatt – mittels eines optionalen Rolleneinzugs lässt sich diese sogar auf bis auf 60 000 Blatt steigern. Die Ausgabekapazität, die durch die Ausrüstung mit bis zu drei Grossraummagazinen 18 000 Blatt erreichen kann, ermöglicht hochvolumige Druckläufe mit minimalen Benutzereingriffen. So bewältigen die VarioPrint-Systeme monatliche Volumina von bis zu 10 Millionen Seiten, ohne den Operator voll auszulasten. Dank der bis zu achtstündigen Programmierbarkeit der Warteschlangen und einer vierstündigen, ununterbrochenen Druckleistung kann ein Operator mehrere Geräte gleichzeitig bedienen.

Mit den Publisher-Covers kaum gefordert

Der Gemini-Technologie verdankt die VarioPress 6320 neben der hohen Geschwindigkeit auch eine perfekte Registerhaltigkeit, was bei unserem Cover allerdings nicht zum Tragen kommt. Generell war die VarioPrint mit diesem Druckjob – 9600 Bögen SRA3 doppelseitig in einem Rutsch – eher unterfordert und konnte viele ihrer Trümpfe gar nicht ausspielen. Diese Hochleistungssysteme kommen nämlich vor allem dort zum Einsatz, wo es gilt, komplexe und umfangreiche Dokumentationen oder Schulungsunterlagen zu produzieren. Zum Beispiel stehen gleich neun Systeme bei internationalen Organisationen in Genf, und auch einige der grössten Schweizer Schulungsanbieter produzieren ihre Unterlagen damit.

Mixed Media Mode als Océ-spezifischer Trumpf

Einen speziellen Trumpf in diesem Bereich können die Océ-Systeme dank der CopyPress-Technologie ausspielen. Da die Fixiertemperatur hier unabhängig vom Druckmedium gleichmässig tief ist, kann das System problemlos im Mixed Media Mode betrieben werden. Zum Beispiel können Schulungsordner inklusive bedruckter Registereinlagen in einem Durchgang produziert werden. Damit spart man sich das aufwendige Zusammentragen einer separaten Produktion von Inhalt und Register. Bei konventionellen xerografischen Systemen funktioniert dieser Mixed Media Mode nicht so schlank, da die Fixiertemperatur zwischen leichtem Inhaltspapier und schweren Registern stark variiert und das Hoch- beziehungsweise Herunterregeln der Temperatur der Fixiereinheit die Produktivität stark bremst.

Aus der «sanften» Fixierung der CopyPress-Technologie ergeben sich noch weitere Vorteile: Das Papier wird geschont und es wird im Vergleich zu anderen xerografischen Systemen viel weniger Ozon freigesetzt (siehe Kasten unten). Zudem gelten die VarioPrint-Systeme als flüsterleise. Der Schalldruck im Betrieb liegt mit 78 dB im Vergleich zu Geräten von Mitbewerbern oft um Faktoren tiefer.

Eine weitere Océ-Exklusivität ist das Temporary-Speed-License-Programm. Damit kann ein Anwender des Einstiegsmodelles VarioPrint 6160 Ultra die Druckleistung des Systems temporär auf das Niveau der 6250er erhöhen. Dazu ist keine Hardware­aufrüstung erforderlich, sondern die höhere Leistung wird rein per Software freigeschaltet. Damit lassen sich Spitzenzeiten mit einem temporär höheren Auftragsvolumen unkompliziert überbrücken.

Das Einsatzgebiet der VarioPrint-6000-Familie reicht vom klassischen Akzidenzdruck über die On-Demand-Produktion von Handbüchern und Dokumentationen bis zum Trans­ak­tionsdruck. Dank der Océ-Prisma-Workflow-Lösung können diese Systeme in alle Umgebungen integriert werden. Der offene Prisma-Workflow unterstützt dazu alle gängigen Druckersprachen und Schnittstellen.