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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


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�Bei den Publishing-Profis kommt rasch Freude auf!�

Haeme Ulrich ist in der Schweiz einer der Pioniere im Tablet-Publishing. Er unterstützt auch die Publisher-Crew bei der Umsetzung einer ersten Magazin-App. Wir nutzten die Gelegenheit, uns mit ihm über die Chancen und Herausforderungen des Tablet-Publishings zu unterhalten.

Publisher: Herr Ulrich, Sie beschäftigen sich im Moment sehr intensiv mit dem Publishing für das iPad. Was fasziniert Sie dabei besonders?

Haeme Ulrich: Tablets wie das iPad vereinen die Vorteile von Print und Web. Sie bieten die Designmöglichkeiten von Printmedien kombiniert mit der Interaktivität des Web. Und besonders spannend: Die Leser sind offenbar gewillt, dafür etwas zu bezahlen!

Können Sie das mit Zahlen belegen?

Ich kenne die Zahlen des Wired Magazine: Diese Magazin-App wurde alleine am ersten Tag 24 000 Mal verkauft – in der ersten Woche waren es 79 000! Zum Vergleich: Über den Kiosk verkauft Wired im Monat 80 000 gedruckte Exemplare.

Solche Zahlen sind Musik in den Ohren der Verlage. Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach zu beachten, wenn man sich hier ein Stück vom Kuchen abschneiden möchte?

Bei den Verlagen ist jetzt zuerst die Geschäftsleitung gefordert, eine Strategie bezüglich Konzept der Magazin-App und der entsprechenden Verkaufs- und Distributionsmodelle zu definieren. Gerade die Distribution sollte man dabei nicht unterschätzen. Bei einem aufwendig umgesetzten Magazin wie Wired ist eine einzelne Ausgabe rasch bis zu 300 MB gross. Wenn dann innert weniger Stunden Tausende Downloads anstehen, kann das kaum ein Verlag aus eigener Kraft stemmen. Hier sollte man sich nach einem geeigneten Partner umsehen. Ausser Apple selbst wird hier in Zukunft auch Adobe in Frage kommen oder ein Redaktionssystem-Anbieter wie WoodWing. Da man sich damit in Abhängigkeiten begibt, ist die Frage des richtigen Partners strategisch sehr wichtig. Überhaupt müssen die Verlage ihre Rolle durch die neuen Distributionsmöglichkeiten überdenken. Jeder Autor kann ja via Apple oder Amazon seinen Titel selbst verlegen.

In welche Richtung könnte die neue Rolle der Verlage gehen?

In der Flut der Publikationen wird der Leser nach Orientierungshilfen suchen. Da kann der gute Name eines Verlages eine Qualitätsgarantie sein.

Was sind die Herausforderungen an den Publishing-Profi, der heute Printprodukte layoutet? Muss er schon bald auch Videos schneiden, um den Anforderungen der digitalen Magazine gerecht zu werden?

Es wird gegenüber dem Print-Workflow sicher eine neue Aufgabenteilung geben. Der ganze Video-Teil wird meiner Meinung nach in den Tätigkeitsbereich des Fotografen fallen. Er wird oft für denselben Job fotografieren und filmen – die Kameras können ja heute schon beides. Der Layouter wird sich an Pixel als neue Masseinheit gewöhnen müssen und neben dem klassischen Layout auch für das Interface und die Benutzerführung verantwortlich sein. Hier wird er sich denn auch zusätzliche Kompetenzen aneignen müssen.

Sie haben ja schon erste iPad-Publishing-Projekte in der Schweiz als Berater begleitet. Wie waren da die Erfahrungen bezüglich der Layouter?

Nach ersten Berührungsängsten kam jeweils schnell Freude auf. Die Leute sehen, dass sie der Aufgabe gewachsen sind und im Unterschied zur Printproduktion sehen sie auf dem iPad sofort das fertige Resultat ihrer Arbeit. Das motiviert ganz ungemein! Eine Herausforderung ist es jeweils, zu definieren, wie stark sich das digitale Magazin am Printprodukt orientieren soll – also ob alle Inhalte identisch übernommen werden oder nur bestimmte, und ob diese auch anders umgesetzt werden.

Was sind Ihre Tipps für unsere Leser zum Einstieg ins Tablet-Publishing?

Der Publishing-Profi kann sich schon heute für das Tablet-Publishing fit machen, indem er sich mit den interaktiven Funktionen der Adobe Creative Suite 5 anfreundet und intensiv damit herumspielt.

Interview: Martin Spaar