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Schweizer Fachzeitschrift
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Coververedelung deluxe

Auf Drucksachenveredelung liegt der Fokus dieser Ausgabe und in Zusammenarbeit mit Stalgra und Gutenberg Druck wollen wir mit dem Doppel-Cover gleich zeigen, was sich mit verschiedenen Veredelungsverfahren realisieren lässt.

romeo hutter Veredelung gibt der Drucksache das gewisse Etwas. Dieser Tatsache widmen wir in dieser Ausgabe redaktionell unsere Aufmerksamkeit und schreiben über die verschiedenen Möglichkeiten, Drucksachen auf diese Weise aufzuwerten. Veredelung wird aber erst wirklich fassbar, wenn man sie auch tatsächlich vor sich hat.

Das aktuelle Cover zeigt deshalb verschiedene Arten der Veredelung: die Laserstanzung, die Lasergravur, die partielle UV-Lackierung und auf der letzten Seite eine Heissfolienprägung. Für die Produktion des zweiteiligen Covers konnten wir Gutenberg Druck gewinnen, die für den Druck und die Spotlackierung des inneren Umschlags verantwortlich zeichnet. Die Stanzung und die Gravur des chartreusefarbenen Mantels hat Stalgra übernommen, die zu den wenigen auf Veredelung spezialisierten Unternehmen in der Schweiz zählt.

Ralf Turtschi wollte die Laserstanzung in einem modernen Grafikdesign realisieren, mit einem Papier, welches in seiner Farbkraft jedes Druckgelb weit in den Schatten stellt. Mit einer kreativen Herangehensweise baute er in stundenlanger Arbeit drei Ikonen aus Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft mit Rasterpunkten neu auf. Entstanden ist eine fast gänzlich aus Punkten bestehende Gestaltung. Da es ungemein viele sind, fragen wir in einem Wettbewerb nach der genauen Anzahl. Hier geht es direkt zum Wettbewerb.

Audrey Hepburn und der Zigarettenhalter

Für die erste Seite des Mantels, der lediglich ein aus Punkten aufgebautes Porträt der britisch-niederländischen Schauspielerin Audrey Hepburn zeigt, stellte uns Antalis einen chartreusefarbenen Leuchtkarton mit einer Grammatur von 260 g/m2 zur Verfügung. Doch die Punkte sind lasergestanzt und das macht die Produktion entsprechend aufwändig. Jede gestanzte Audrey, die zusätzlich einen lasergravierten «Publisher-Zigarettenhalter» in der Hand hält, nahm etwa 35 Sekunden in Anspruch. Die Laserstanzung ist dabei drei bis vier Mal schneller als die Lasergravur. Im Gegensatz zur Laserstanzung brennt der Laser bei dieser Veredelungsmethode nicht ganz durch das Papier. Üblicherweise wird bei einer Laserstanzung das Sujet jeweils von der Rückseite her spiegelverkehrt gelasert, da am Rand leichte Brandrückstände zu erkennen sind. Um die Produktion der Hepburn nicht unverhältnismässig zu verlängern, entschieden wir uns, sowohl die Stanzung wie auch die Gravur von der gleichen Seite aus zu machen. «Wäre das Publisher-Logo gestanzt statt graviert worden, hätten wir ausserdem pro Umschlag etwa fünf Sekunden Zeit gespart», ergänzt Markus Gurini, Geschäftsleiter von Stalgra. Von den drei Laserstanzmaschinen der Stalgra war eine für ganze drei Arbeitswochen mit dieser Coverproduktion ausgelastet.

Damit jedoch nicht genug der Veredelung des Mantels. Unseren Produktionspartnern gehört jeweils die Rückseite des Covers, über die sie frei verfügen können. Markus Gurini entschied sich, das Stalgra- und das Antalis-Logo als Heissfolienschnitt über den Geschäftspartner, die Oesch Reliefdruck, umzusetzen. Damit zeigt das Cover eine weitere Veredelungsmöglichkeit, die eine Heissfolienprägung mit einem Reliefschnitt kombiniert. Die neue irisierende Folie der Kurz Prägefolien AG sorgt für einen edlen Perlmut-Effekt.

Albert Einstein und Steve Jobs

Je nach Lichtquelle sorgt Audrey Hepburn für unterschiedliche Lichteffekte auf Albert Einstein. Sowohl die Seite mit ihm als auch diejenige mit Steve Jobs wurden im Offsetverfahren im Format 46 × 64 Zentimeter auf das Papier Magno Satin mit 170 g/m2 gedruckt. Doch der zweite Bogen war erst nach drei Durchgängen auf verschiedenen Systemen fertig produziert. In einem ersten Durchgang wurde das Papier von der Gutenberg Druck mit den vier Prozessfarben bedruckt und über das fünfte Druckwerk mit einem vollflächigen Dispersionslack versehen. Der matte Dispolack weist eine samtige Haptik auf und vergilbt im Vergleich zu Drucklack weniger schnell. Er ist auch Voraussetzung für den im zweiten Arbeitsschritt aufgetragenen UV-Lack. Zwar ist der Dispolack sehr schnell berührungstrocken, um den UV-Spotlack allerdings optimal auftragen zu können, werden die bedruckten Papierbogen einen Tag «trocken» gelegt.

Im zweiten Schritt kam die MGI Meteor Jet Varnish ins Spiel. Das Inkjet-Spotlack-System bietet die Möglichkeit, ohne Sieb- oder Plattenerstellung einen partiellen Lack auf die Drucksache aufzutragen. Durch die UV-Trocknung sind mit diesem Verfahren sehr kurze Trocknungszeit möglich. Die glänzenden Punkte geben dem Umschlag eine zusätzliche Dimension und unterstützen das Gestaltungskonzept. Gleichzeitig ist damit eine weitere Veredelungsmöglichkeit in das Cover integriert. Die MGI Meteor Jet Varnish erlaubt die Verarbeitung einer Vielzahl von Formaten bis zu 520 × 740 Millimetern, wodurch die Bogen aus der Offsetmaschine ungeschnitten weiterverwendet werden können.

Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Spezialitäten entschied Gutenberg Druck, sich nach Systemen für die partielle Veredelung von Drucksachen umzuschauen. Mit der digitalen Jet Varnish fand sich schliesslich ein System, dass die partielle Lackierung in drei verschiedenen Glanznuancen und auf unterschiedlichen Substraten wie Papier, Plastik oder PVC zu einem guten Preis und erst noch ab Auflage 1 ermöglicht. «So lassen sich Ideen ohne grossen Aufwand auf deren Machbarkeit hin überprüfen und Muster können umgehend an den Kunden gesandt werden», fügt Andreas Grüter, Geschäftsleiter von Gutenberg Druck, hinzu.

Nachdem der Druck und die Lackierung der Vorderseite abgeschlossen waren, wurden die Druckbogen auf das Format SRA3 geschnitten, um innen auf der MGI Meteor DP60 digital bedruckt werden zu können. Erstmals durchlief ein Publisher-Cover somit drei verschiedene Produktionsschritte – mit der Veredelung des Mantels gar fünf. Dank des Digitaldrucks auf der MGI Meteor DP60 konnten so wiederum sieben unterschiedliche Sorten gedruckt werden.

Mehraufwand, der sich lohnt

Sowohl der leuchtfarbene Mantel als auch der zweite Umschlag wurden schliesslich bei Jordi mit dem Heftinhalt zusammengefügt. Zusammen mit dem redaktionellen Schwerpunkt gibt die vorliegende Ausgabe einen guten Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten der Veredelung. Eine Veredelung ist immer ein Mehraufwand, der die Kosten einer Drucksache erhöht und die Produktionszeit verlängert. Richtig eingesetzt verleiht sie ihr aber einen zusätzlichen Effekt und damit einen entscheidenden Mehrwert.

Kreativer Umgang mit Rasterpunkten

Die Gestaltung des Publisher-Covers basiert auf der Idee, Ikonen aus Kultur, Wissen­schaft und Wirtschaft zu vereinen.

Ralf Turtschi Die Gestaltungs­idee war es, die drei Porträts von Audrey Hepburn (Bild aus «Frühstück bei Tiffany’s»), Albert Einstein und Steve Jobs mit unterschiedlichen Punktstrukturen aufzubereiten, die sich von einem gewöhnlichen Punktraster unterscheiden, dessen Punkte grössenvariabel sind, die jedoch immer den gleichen Abstand zueinander aufweisen.

Audrey Hepburn sollte gelasert werden. Hier setzten wir Punkte ein, die grössenvariabel, aber nicht in ein fixes Rastergitter eingebunden sind. Bei Albert Einstein zeichneten wir ein fixes Punktgitter in Illustrator und fügten den Punkten einen variablen Blauton zu, den wir aus der gepixelten Vorlage herauspickten. Die Punkte bei Einstein sind also in der Grösse und im Abstand fix, die Bildmodulation findet im Farbton statt. Es erinnert an die bekannten Pixelbilder. Einstein ist jedoch eine vektorisierte Illustrator­grafik, die aus 4943 einzelnen Punkten besteht, die mit je zwei Klicks einen Farbton zugewiesen erhielten, der mit der Pipette aus dem hinterlegten Pixelbild entnommen wurde. Dies benötigte rund 10 000 Klicks.

Steve Jobs war am aufwändigsten. Was man unter frequenzmoduliertem Raster versteht, sollte hier in lllus­trator umgesetzt werden. Hier ist die Punktgrösse immer gleich, aber die Abstände variieren. Die Punktgrösse sollte so fein sein, dass der Rasterungseffekt kaum sichtbar ist. Dazu brauchte es mehrere Versuche. Als Vorlage in Illustrator diente ein Bild aus dem Internet, die Punktzuordnung erfolgte frei nach visuellem Empfinden. Auch hier handelt es sich also nicht um ein Pixelbild, sondern um eine Vektorgrafik. Die Idee, den Umschlag mit Vektorgrafiken zu gestalten, erhielt hier ihre Geduldsprobe, der Aufbau von Steve Jobs erforderte rund sieben Stunden Handarbeit.

Die finale Kombination erfolgte in InDesign mit diversen Anpassungen, wie die Positionierung des Publisher-Schriftzuges, der Teaser, der zunehmenden Spirale und des Glanzlacks. Auch hier wurde der ganze Umschlag in Offset angedruckt, dispersionslackiert und digital glanzlackiert. Steve Jobs hätte seine Freude daran. Er schwebt nun als «Geist» im interstellaren Raum auf Umschlagseite 4 und wartet auf seine Reaktivierung in Startreck durch Scottys «beam me up!».

Leuchtkarton Chartreuse

Der für den Mantel verwendete farbintensive und einseitig gestrichene Karton mit Leuchteffekt besitzt eine Farbschicht mit Fluoreszenzfarben, die eine höhere Reflexion des Lichts durch Verstärkung der ultravioletten Strahlung bewirken. Für die Herstellung von Leuchtkarton wird fertig produzierter Karton oder entsprechendes Papier nachbehandelt und verarbeitet. Bei einem oder mehreren Strichaufträgen wird einseitig eine Streichmasse aus Pigmenten und Bindemitteln auf die weisse Deckschicht aufgebracht. Den Pigmenten werden optische Aufheller beigemischt.

Der Leuchtkarton lässt sich vielseitig weiterverarbeiten. Er ist neben dem verwendeten Chartreuse auch in den Farben Grün, Orangerot oder Chromgelb erhältlich. Die Grammaturen reichen von 110 bis 260 g/m2.

www.antalis.ch

Produktions-Partner

Bei der Produktion des Covers dieser Ausgabe des PUBLISHER unterstützten uns folgende Partner, bei denen wir uns herzlich bedanken:

agenturtschi
Konzeption und Gestaltung des veredelten Covers: Ralf Turtschi
www.agenturtschi.ch

Gutenberg Druck
Offsetdruck mit digitalem Spotlack sowie Digitaldruck: Andreas Grüter
www.gutenberg-druck.ch

Jordi – das Medienhaus
Druck Heftinhalt und Ausrüsten der Zeitschriften
Projektleitung: Stephan Rossel
www.jordibelp.ch

Oesch Reliefdruck
Heissfolienprägung auf Rückseite des Leuchtkartons: Kurt Oesch
www.oeschdruck.ch

Stalgra
Laserstanzung und -gravur in Leuchtkarton: Markus Gurini
www.stalgra.ch