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EU Ecolabel � das europ�ische Umweltzeichen

Nicht nur Druckereien der EU-Mitgliedsländer können sich mit dem EU Ecolabel schmücken, auch Schweizer Druckdienstleistern steht diese Zertifizierung offen. Dieser Beitrag verschafft einen Überblick und zeigt, wie vorzugehen ist.

harald sexl Nach vielen Jahren eingehender Beratungen hat der Rat der Europäischen Union die Richtlinien für das europäische Umweltzeichen (EU Ecolabel) für Druckerzeugnisse festgelegt. Am 12. August 2012 wur­den die Richtlinien veröffentlicht.

In diesem Artikel sollen folgende Fragen vertieft beantwortet werden: Was bringt eine Zertifizierung? Was sind die Anforderungen? Wie komme ich zu einer Zertifizierung? Gleich vorweg: Eine Zertifizierung für das europäische Umweltzeichen beschränkt sich nicht auf die Länder der Europäischen Union, sondern kann auch von Druckereien in der Schweiz und in Liechtenstein erworben werden! Dies ist deswegen möglich, weil für die Schweiz und Liechtenstein das österreichische Lebensministerium der «Competent Body» (= Lizenzgeber) ist.

Das europäische Umweltzeichen ist ein Gütezeichen der Klasse I gemäss der ISO-Norm 14024. Das bedeutet, dass ein Produkt, welches nach den Richtlinien hergestellt wurde, ein ganzheitlich umweltfreundlich hergestelltes Produkt ist! Bei einer umweltfreundlichen Herstellung wird der gesamte Arbeitsablauf beziehungsweise Prozess nach den Richtlinien durchgeführt. Dies bedeutet, dass das verwendete Papier, die eingesetzten Druckverfahren, aber auch die Endverarbeitung den strengen Richtlinien entsprechen müssen. Es genügt hierbei nicht, dass nur ein Teil der Produktkette umweltfreundlich ist, darüber hinaus müssen auch noch andere Parameter für das Recycling einbezogen werden. Eine administrative Nachvollziehbarkeit der Produktionskette für jeden Auftrag einzeln wird nicht gefordert (Beispielsweise wie es bei PEFC oder FSC der Fall ist.)

Der Beginn dieses ganzheitlichen Kreislaufes ist im Wald, wo der Zellstoff herkommt. Damit das Papier eine Zertifizierung erlangt, muss ein Mindestanteil aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Die Produktion des Papieres muss nach strengen Richtlinien erfolgen, dabei wird auf die Einhaltung der vorgegebenen Parameter (Emissionen, Existenz eines Umweltmanagementsystems in der Papierfabrik etc.) geachtet. Nur wenn eine Papiersorte nach dem europäischen Umweltzeichen zertifiziert ist, darf diese für Druckproduktionen mit dem EU Ecolabel verwendet werden. Eine Liste der Papiersorten steht im Internet unter ec.europa.eu/ecat/ zum Download bereit.

Grundsätzlich wird immer das Druckprodukt zertifiziert. Damit eine Druckerei dieses Logo aufdrucken darf, muss eine Prüfung der Druckerei durchgeführt werden. Diese Prüfung wird von einer autorisierten Prüfstelle durchgeführt.

Wie erlangt eine Druckerei das europäische Umweltzeichen ?

Die Zertifizierung mit dem europäischen Umweltzeichen wird in drei Schritten umgesetzt. Sind die Grundvoraussetzungen erfüllt, kann eine Druckerei oder auch eine Buchbinderei den Auftrag zur Zertifizierung an das Sachverständigenbüro erteilen. Grundvoraussetzung für die Zertifizierung ist einerseits, dass der Betrieb bestrebt ist, die Richtlinien dauerhaft einzuhalten. Eine weitere Grundvoraussetzung ist, dass der Betrieb eine behördliche Betriebsanlagengenehmigung vorweisen kann.

Die Druckerei erteilt den Auftrag an die Prüfungsstelle. Der Prüfer kommt vor Ort und sieht sich den Betrieb an. Gleichzeitig wird eine Schulung der Mitarbeiter durchgeführt. Im Rahmen der Prüfung wird die Geschäftsleitung beziehungsweise der Umweltzeichenbeauftragte mit den administrativen Tätigkeiten betraut. Es soll ein Zustand hergestellt werden, dass man davon ausgehen kann, dass die Richtlinien dauerhaft eingehalten werden.

Schritt eins

Der Prüfer sieht sich im Rahmen eines Betriebsrundganges alle im Betrieb eingesetzten Maschinen und Mittel «en détail» an: Entwicklungs­chemikalien, Reinigungsmittel, Druckfarben, Drucklacke, Hilfsmittel sowie die Klebstoffe, welche in der Buchbinderei eingesetzt werden. Diese (Einsatz-)Mittel werden in einem Verzeichnis erfasst. An der Klebebindeanlage wird eine Prüfung der Absaugvorrichtung (Rauchröhrchen-Test) vorgenommen. Informell wird an der Druckmaschine eine Alkohol­messung (IPA) durchgeführt. Die Ge­schäftsleitung braucht hier keine Sorge zu haben, dass diese Prüfung nachteilige Konsequenzen haben könnte! Der Prüfer agiert informell und ist an einer Zusammenarbeit – einem Miteinander – interessiert. Der Besuch im Betrieb dauert etwa zwei bis drei Stunden.

Vom Büro in Österreich aus werden die Sicherheitsdatenblätter bei den jeweiligen Lieferanten eingefordert. Dabei werden immer die aktuellsten Sicherheitsdatenblätter für die Beurteilung herangezogen. Nach Prüfung der Einsatzstoffe hinsichtlich der Maximalkonzentration wird eine Liste der Einsatzmittel erstellt, welche nicht zulässig sind. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass eine Kopie der Sicherheitsdatenblätter nach Abschluss des Verfahrens an den Betrieb übergeben wird. Das ist ein wesentlicher Beitrag zur Arbeitssicherheit.

Schritt zwei

Der Druckerei wird bekannt gegeben, welche Einsatzstoffe zukünftig nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Der Betrieb ist nunmehr gefordert, entsprechenden Ersatz zu organisieren und einzusetzen. Dazu sollten die bestehenden Lieferanten die erste «Anlaufstelle» sein. In einer langjährigen Geschäftsbeziehung kann sich ein engagierter Lieferant als verlässlicher Partner erweisen. Mit dem Lieferanten sollte eine Lösung gefunden werden können. Nur wenn der Lieferant wirklich keine Lösung anbieten kann, sollte im Umfeld der Zulieferer gesucht werden. Da der Markt der Hersteller in Europa sehr überschaubar geworden ist, sind Alternativen meist rasch gefunden. Der Umweltzeichenverantwortliche des Betriebes gewährleistet die Verwendung von freigegebenen Mitteln. Die bisherigen Einsatzstoffe dürfen aber noch sechs Monate lang weiterverwendet werden, womit eine unnötige Verschwendung vermieden werden soll. Hierzu ist es auch ganz wichtig zu erwähnen, dass es den Betrieben freisteht, jederzeit die Mittel zu wechseln oder neue Mittel zu testen und einzusetzen. Dazu ist lediglich eine Freigabe (sie erfolgt in der Regel innerhalb von zwei Tagen) von einer Prüfstelle einzuholen – bevor die neuen Mittel im Betrieb eingesetzt beziehungsweise getestet werden.

Hintergrund zu diesem Prozedere ist, dass der mit dem «Competent Body» abgeschlossene Logo-Nutzungsvertrag eine «Freigabeliste» beinhaltet. Mit dieser Liste ist der Betrieb freigegeben. Ändern sich nunmehr die Voraussetzungen (Materialien), so sind diese bekanntzugeben. Diese Vorgangweise hat sich in der Vergangenheit bestens bewährt.

Schritt drei: zum Abschluss

Wenn die Druckerei die Ersatzmittel bekannt gegeben hat und diese geprüft sind, kann der Prüfer das Gutachten erstellen. Die Druckerei erhält ein Exemplar dieses Gutachtens. Automatisch wird das Gutachten auch an den Verein für Konsumenteninformation in Wien (das ist die Administration für die Umweltzeichen des österreichischen Lebensministeriums) übermittelt. Nach einer kurzen Prüfung erfolgt die Freigabe. Die Verleihung der Urkunde bildet den Abschluss des Verfahrens – gleichzeitig ist aber auch immer die Druckerei gefordert, die Richtlinien dauerhaft einzuhalten. Der Prüfer und die Prüfstelle stehen den Klienten während des Verfahrens und auch danach immer für Fragen zur Verfügung.

Der Betrieb hat im Zuge einer Jahresmeldung entsprechende Nachweise zu erbringen. Aus Platzgründen sei hier nur erwähnt, dass eine VOC-Bilanz, ein Abfallwirtschaftskonzept sowie Aufzeichnungen über Papierabfälle usw. vorzulegen sind. Zu allen diesen Jahresmeldungen gibt es vom jeweiligen Sachverständigenbüro entsprechende Formulare und gegebenenfalls Unterstützung!

Welche Vorteile für den Betrieb?

Schon alleine die Verleihung der Urkunde kann die Druckerei für Marketingaktivitäten ein­­setzen. «Lieber sprechen wir über Umweltengagement statt über den Preis», sagte mir einmal der Verkaufsleiter einer bedeutenden Druckerei. Durch die Zertifizierung erlangt die Druckerei den Vorteil, ihren Kunden eine umweltfreundliche Druckproduktion vorzeigen zu können. Mehr noch: Der Kunde kann nunmehr seinen Lesern/Kunden das Umweltengagement mit dem Aufdruck des Logos kommunizieren. Da auch Druckereien aus der Schweiz diese Zertifizierung durchführen lassen können, können sie dem gesamteuropäischen Markt gleichkommen. Es soll sicherlich kein «Logo-Friedhof» installiert werden. Wer sich einigermassen ernsthaft Gedanken macht, wird seinen Kunden nicht nur Teilbereiche (beispielsweise Papier aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung) seines Umweltengagements zeigen wollen.

Der Autor

Harald Sexl ist gelernter Drucktechniker und seit 2006 «allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger» für das gesamte Druckereiwesen und Buchbinderarbeiten. Seit 2009 hat er sein eigenes Sachverständigenbüro und ist akkreditierter Prüfer für die Bereiche «österreichisches Umweltzeichen», «europäisches Umweltzeichen»; Auditor für Zertifizierung nach ISO 12647-2 (PSO) und ISO 12647-8 (PQSD). Ebenso können bei Harald Sexl die Vorbereitungen für eine Zertifizierung nach CoC (PEFC/FSC) beauftragt werden. Die Affinität zur Schweiz hat Harald Sexl schon seit vielen Jahren – er ist «UGRA-certified Expert» für ProzessStandard Offsetdruck.

www.sexl.ch

www.eu-ecolabel.ch