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Grundlinienraster von A bis Z

Vielen Dank für die zahlreichen, durchwegs positiven Feedbacks auf den Artikel mit den InDesign-Voreinstellungen in Publisher 2-12. Dieser Artikel befasst sich mit einem «heissen Eisen» für viele Einsteigerinnen und Einsteiger ins professionelle Layout: Es geht um den Aufbau und die Verwendung des Grundlinienrasters.

beat kipfer Das Grundlinienraster stellt einen Basisbaustein von InDesign dar. Er ist ein Schlüsselelement für präzises und effizientes Layouten von Dokumenten mit grösseren Textmengen. Das nachfolgende Vorgehen können Sie mit InDesign ab Version CS 4 nachvollziehen. Ausser ein paar Retuschen in den einzelnen Dialogen hat sich in diesem Bereich seither nichts geändert. Der Aufwand dazu scheint auf den ersten Blick immens; er ist aber einmalig zu erledigen und zahlt sich bei der Verwendung schon nach kurzer Zeit in Form von besserer Qualität und weniger Aufwand aus. Eine gute Investition in ein Print-Publishing-Dokument mit typografischen Ansprüchen.

Wann und wozu wird ein Grundlinienraster eingerichtet?

Das Grundlinienraster hat sich beim Umbruch von mehrspaltigen Texten sehr bewährt. Es bewirkt, dass sich alle Zeilen eines Fliesstextes in einem Zeilenraster bewegen. Daher befinden sich nebeneinanderliegende Zeilen immer auf gleicher Höhe, sie «halten Register». Dadurch, dass der Text auch nach Titeln oder unter Bildern genau das Zeilenraster einhält, erspart man sich viele zeitaufwändige Abstandkorrekturen, welche erforderlich wären, um den Text ohne Grundlinien­raster manuell einzupassen.

Schauen Sie sich das Layout der vorliegenden Publisher-Textseiten an: Der Grundtext ist exakt ausgerichtet, und dies mit minimalem Aufwand, nachdem das Raster einmalig eingerichtet wurde. Das gleiche Phänomen sehen Sie auch in Ihrer Tageszeitung oder beim Lesen von Zeitschriften. Meistens wird nur der Grundtext ausgerichtet, für Titel ist dies nicht notwendig.

Schritt für Schritt zum Grundlinienraster

  • Erstellen Sie ein neues Dokument und definieren Sie Seitenformat, Spaltenanzahl und die gewünschten Ränder. Im Menü Layout > Ränder und Spalten lassen sich diese jederzeit noch anpassen. Beachten Sie bei mehrseitigen Dokumenten, dass Sie sich beim Verändern des Satzspiegels auf der Musterseite befinden, damit die Änderungen auf alle Seiten dieses Typs übernommen werden.
  • Füllen Sie nun auf einer beliebigen Dokumentseite mindestens eine Spalte von oben bis unten mit neu erstelltem oder platziertem Grundtext. Passen Sie den Rahmen in der Höhe oben und unten exakt in Ihren Satzspiegel ein (1).
  • Legen Sie ein Absatzformat mit allen Eigenschaften dieses Textes an (Menü Schrift > Absatzformate) und weisen Sie das Format dem ganzen Text zu. Wichtig dabei ist, dass Schriftart, Schriftgrad und Zeilenabstand möglichst definitiv bestimmt werden. Nachträgliches Ändern des Grundschrifttyps erfordert unweigerlich ein Neuanpassen des Grundlinienrasters …
  • Beachten Sie beim Definieren des Absatzformates vorerst, dass unter Einzüge und Abstände die Funktion An Raster ausrichten: Alle Zeilen noch nicht markiert wurde (2).
  • Damit die erste Zeile im Musterrahmen auch optisch richtig steht, wählen wir den Rahmen mit dem Auswahlwerkzeug aus und öffnen das Menü Objekt > Textrahmen­optionen. In der Rubrik Grundlinien­optionen bestimmen wir den Versatz der ersten Grundlinie mit Versalhöhe (3). Als Resultat sind die Grossbuchstaben der ersten Zeile optimal ausgerichtet. Dass die Oberlängen leicht über die obere Rahmenkante herausschauen, ist für die optische Kante nicht relevant und kann deshalb ignoriert werden (4). Beachten Sie in diesem Zusammenhang die Tipps auf der nächsten Seite.
  • Als Vorbereitung zur präzisen Definition des Grundlinienrasters müssen wir nun feststellen, auf welcher Position sich die erste Grundlinie unseres Mustertextrahmens befindet. Man könnte dies durch Ziehen einer Hilfslinie darauf einigermassen genau herausfinden, aber es gibt einen besseren Weg. Holen Sie das Bedienfeld Informationen im Menü Fenster hervor und klicken Sie mit dem Textcursor irgendwo in die erste Zeile (Sie können diese auch ganz auswählen). Uns interessiert die Y-Position. Der Wert gibt den Abstand der Grundlinie des Textes zur oberen Rahmenkante an (5). Addieren Sie zu diesem Wert die Y-Position des Rahmens (= oberer Rand Ihrer Seite), erhalten Sie die Position der ersten Zeile des Grundlinienrasters. Merken Sie sich diesen Wert oder notieren Sie ihn.
  • Wenn wir nun das Grundlinienraster einblenden (6), stellen wir fest, dass sich unser Text noch überhaupt nicht daran hält und dass Zeilenabstand/Rasterweite noch nicht zusammen­passen (7).
  • Nun richten wir das Grundlinienraster so ein, dass es zum Grundtext des Dokuments passt (8). Dazu öffnen wir die InDesign-Voreinstellungen mit cmd-K auf dem Mac respektive ctrl-K unter Windows. In der Rubrik Raster geben wir unter Anfang den notierten Y-Wert ein. Die Grundlinie der ersten Zeile wird danach exakt auf dieser Position stehen. Dieser Wert steht relativ zur oberen Formatkante oder – anders ausgedrückt – zum oberen Seitenrand. Dies lassen wir so, damit das Raster von Grösse und Position des Rahmens unabhängig bleibt. Einteilung alle bedeutet etwas unglücklich ausgedrückt Zeilenabstand. Der eingegebene Wert muss mit dem Zeilenabstand Ihres Grundtextes übereinstimmen. Wäre der effektive Zeilenabstand grösser als der hier eingegebene Wert, würde jeweils eine Zeile übersprungen. Wäre der echte Zeilenabstand kleiner, würde der Text trotzdem dem Grundlinienraster folgen; jede Zeile würde auf die jeweils nächste Grundlinie heruntergezogen. Beides stiftet eher Verwirrung, deshalb müssen die Werte übereinstimmen.
  • Um zu bewirken, dass sich der Grundtext nun am Raster ausrichtet, doppelklicken wir nochmals das entsprechende Absatzformat und wählen unter Einzüge und Abstände die Option alle Zeilen (9).
  • Damit ist der Text am Raster ausgerichtet und die Position der ersten Grundlinie passt – aber unten ergibt sich in den meisten Fällen eine Differenz zwischen unterem Rand und der Position der letzten verwendeten Grundlinie (10). Wie kann dies behoben werden? Wir passen den unteren Rand so an, dass er mit einer Linie des Grundlinienrasters übereinstimmt.
  • Vergewissern Sie sich noch kurz mit einem Blick auf die Steuerungspalette, ob der Text wirklich am Grundlinienraster ausgerichtet ist. Das Symbol dazu findet sich bei ausgewähltem Textwerkzeug in der Steuerungspalette in den Absatzoptionen (12).

Um die Position der Grundlinie der letzten Zeile zu ermitteln, ziehen wir aus dem waagrechten Massstab eine Hilfslinie darauf. Dank Magnetfunktion der Grundlinien gelingt dies perfekt. Klicken Sie nun diese Hilfslinie mit dem Auswahlwerkzeug an und lesen Sie die Position im Steuerungsfenster links oben ab. Der Wert lässt sich mit Klick auf den Buchstaben Y markieren und danach kopieren. Wir werden ihn sogleich verwenden …

Was tun wir nun mit diesem Wert? Wir richten den unteren Rand unseres Satzspiegels darauf aus. Dazu öffnen wir die Musterseite (damit die Korrekturen auf allen Seiten dieses Typs übernommen werden) und begeben uns in das Menü Layout > Ränder und Spalten (in den Versionen CS 5 und CS 5.5 hiess das gleiche Menü übrigens Stege und Spalten). Was nun folgt, ist die Verwendung von InDesign als Taschenrechner: Geben Sie den Wert für die Seitenhöhe Ihres Dokuments ein (hier: 210 mm). Dann ein Minuszeichen und cmd-V respektive ctrl-V zum Einsetzen des vorher kopierten Y-Wertes der letzten Grundlinie (13). Tab drücken, Vorschauoption aktivieren: Sie stellen fest, dass alles bündig ist. Mit der Bestätigung durch OK ist das Prozedere fast beendet. Noch den Rahmen in der Höhe anpassen, und fertig ist unser Grundlinienraster (14).

Testen Sie das Raster, indem Sie einen grösseren Text einfliessen lassen. Alle Grundtextzeilen sind nun im ganzen Dokument exakt ausgerichtet; dies unabhängig davon, auf welcher Höhe ein Rahmen beginnt und wie hoch er ausfällt.

Tipps zu den Textrahmenoptionen

Alle Textrahmen des Dokuments auf die Versalhöhe ausrichten Damit die erste Zeile aller Grundtexte eines Dokuments wie beschrieben auf Versalhöhe ausgerichtet wird, muss diese Option generell eingestellt werden. Deaktivieren Sie durch Klicken mit dem Auswahlwerkzeug ins Leere alle Rahmen und wählen Sie mit cmd-B (Windows: ctrl-B) die Textrahmenoptionen erneut aus. Die Option Versalhöhe gilt von nun an für alle neu erstellten Rahmen des ganzen Dokuments. Bereits bestehende Rahmen werden hin­gegen nicht verändert.

Alle Textrahmen neuer Dokumente auf die Versalhöhe ausrichtenDamit man nie mehr daran denken muss: Schliessen Sie alle geöffneten Dokumente in InDesign und wählen Sie abermals die Textrahmenoptionen. Dies bewirkt, dass fortan jedes neu erstellte Dokument bereits diese Voreinstellung aufweist. Dies lohnt sich, da kaum je eine der anderen Versatz­optionen vordringlich verwendet werden muss.

Der Autor

Beat Kipfer, Ausbilder FA, PubliCollege GmbH,3400 Burgdorf.Kurse und Seminare, Firmenschulungen und Supportfür Publishing und Prepress; Fachlehrer und Kursleiter an den Schulen für Gestaltung in Aarau, Bern und Zürich.

www.publicollege.ch