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Per App Studio auf das iPad

Quark liefert App Studio für QuarkXPress als kostenloses Update zu XPress 9 nach. Damit lassen sich vom Desktop aus Apps für das iPad erstellen und Inhalte dafür direkt in XPress gestalten und exportieren.

DETLEV HAGEMANN Angekündigt hatte Quark sein App Studio für QuarkXPress 9 bereits mit der Vorstellung der Version 9.0 im Frühjahr. Mit Erscheinen dieser Ausgabe soll die Version 9.1 als kostenloses Update für XPress 9 ausgeliefert werden. Ich hatte die Möglichkeit, eine Vorabversion zu testen.

Mit der Version 9.1 bietet Quark nun neben ePub- und Blio-Ausgabe (beides wurde bereits mit 9.0 ausgeliefert) die Möglichkeit, mit einem Layoutprogramm Apps und Inhalte (Ausgaben genannt) für das iPad zu erstellen. Der Hauptunterschied zu anderen Anbietern solcher Lösungen ist, dass bei Quark kein System oder Service notwendig ist, um die App und die Ausgaben zu erstellen, alles spielt sich auf dem Desktop ab. Allein für die Konfiguration der App wird ein Onlineportal verwendet. Dies schlägt sich positiv in der Preisstruktur nieder, mehr dazu am Ende des Artikels.

App Studio für QuarkXPress besteht aus drei wesentlichen Bestandteilen: 1. App Studio Factory, 2. App Studio (innerhalb von XPress) und 3. App Studio Publishing Portal.

App Studio Factory

Mit App Studio Factory konfiguriert und gestaltet der Anwender die iPad-App. Dabei wählt er zunächst eine von drei Konfigurationen aus:

  • eine App, die nur eine Ausgabe enthalten kann (quasi eine «Single-App»),
  • eine App, die mehrere Ausgaben oder Bücher enthalten kann. Diese wird oft auch «Kiosk» genannt. Wer Periodika publiziert, wird meist diese Variante wählen.
  • eine App, die mehrere Titel (Publikationen) mit jeweils mehreren Ausgaben enthalten kann («Multi-Titel-Kiosk-App» genannt).

Alternativ können Anwender, die über Programmierkenntnisse verfügen, auch ein Framework lizenzieren, mit dem sie ihre eigene App mittels Xcode programmieren können. Wenn Sie eine der zur Verfügung stehenden App-Vorlagen wählen und diese mit eigenen Grafiken und Logos an Ihren Markenauftritt anpassen, brauchen Sie nicht zu programmieren.

Das Programm App Studio Factory läuft nur unter OS X. Windows-Anwender müssen hierfür ein erstes Mal einen Mac bemühen (das zweite Mal dann für den Upload der App in den iTunes Store).

App Studio in QuarkXPress 9

App Studio ist für XPress unter Mac und Windows verfügbar. Man kann entweder ein bestehendes Printlayout anreichern und exportieren oder ein iPad-Layout von Grund auf neu erstellen. Wenn man ein neues iPad-Layout erstellt, kann angegeben werden, ob man sowohl ein Hoch- und ein Querformatlayout erstellen möchte oder nur eines der beiden einsetzen will. Für die erste Variante existiert automatisch jede Seite im Quer- und im Hochformat und wird gemäss der Ausrichtung des iPad angezeigt. QuarkXPress visualisiert dies während der Gestaltung durch ein entsprechendes Layout.

Nun kann man jede Ausrichtungsvariante jeder Seite des iPad-Layouts separat für die verschiedenen Ausrichtungen gestalten. Damit nicht die doppelte Layoutzeit pro Seite nötig ist, kann man viel Zeit sparen, indem man einzelne oder alle Elemente mit den neuen Funktionen In anderer Ausrichtung an gleicher Position einfügen bzw. In anderer Ausrichtung an relativer Position einfügen von einem in das andere Layout kopiert und dabei die Elemente automatisch synchronisiert. Änderungen an Elementen im einen Format werden dann automatisch auch in das andere übernommen.

Zum Gestalten der Ausgaben stehen natürlich alle Design- und Typografiefunktionen von XPress zur Verfügung. Anwender können Objekte mit folgenden interaktiven Eigenschaften anreichern: Bild, Diashow, Movie, Audio, Schaltfläche, HTML-Seite, Scrollbox und Marker.

Sie können interaktive Bilder als Schaltfläche verwenden oder mittels Ken-Burns-Effekt animieren. Audiofiles und Videos lassen sich entweder in die Ausgabe einbetten oder per URL referenzieren. Diese können auch automatisch abgespielt werden, wenn die Seite angezeigt wird. Schaltflächen können Aktionen auslösen sowie eine URL aufrufen, zu einer Seite springen oder Objekte verbergen. Diashows sind deshalb besonders interessant, da nicht nur Bilder als Teile einer solchen definiert werden können, sondern auch ganze Layouts (als Composition Zone), in denen Textrahmen, Bildrahmen oder Schatten benutzt werden. Auch Diashows nutzen optional den Ken-Burns-Effekt, bei dem wie in iPhoto ein Bild leicht hervorgezoomt und verschoben wird. Diashows können entweder mit Übergängen automatisch ablaufen oder über weitere Bildrahmen, die beispielsweise Miniaturen enthalten, vom Benutzer manuell gesteuert werden.

Schön gelöst

Mit Scrollboxen können App-Studio-Anwender scrollbare Bereiche innerhalb einer Seite definieren. Bei den Inhalten einer Scrollbox handelt es sich wiederum um ein eigenes Layout (Composition Zone). Innerhalb der Scrollbox können so genannte Marker gesetzt werden. Wenn beim Scrollen ein Marker innerhalb der Seite sichtbar wird, kann dieser auf der Hauptseite eine Aktion auslösen, um beispielsweise Objekte ein- oder auszublenden. Damit lassen sich Layouts erstellen, die Szenenwechsel ermöglichen, ohne eine Seite verlassen zu müssen. Bei Produktbeschreibungen ändert sich je nach Anzeige der Scrollbox der Hintergrund der Seite. Gerade durch solche Elemente, die in animierten PDFs nicht möglich sind, wird eine App spannend und bietet interessantere Gestaltungsmöglichkeiten als die klassischen Dateiformate.

HTML-Objekte erlauben es, in einem Bildrahmen Seiten entweder live aus dem Web zu laden (wenn das iPad online ist) oder HTML-Inhalte einzubetten, die nun auch offline angezeigt werden können. Typische Anwendungen für eingebettete HTML-Objekte sind Panoramen oder 360°-Produktabbildungen. Der Designer kann dabei dem Leser erlauben, mit den HTML-Inhalten zu interagieren (beispielsweise durch Antippen), oder dies verbieten, sodass nur das HTML als statischer Inhalt ohne Interaktion angezeigt wird.

Export

Wenn die Ausgabe so weit fertig gestaltet ist, exportiert man sie als .zave-Datei. Ein App-Studio-Layout wird dabei immer im AVE-Mag-Format exportiert. AVE-Mag beherrscht auch das typische Wäscheleinenformat, das man beispielsweise vom Woodwing-Export kennt: Einzelne Artikel erscheinen horizontal nebeneinander, Artikelinhalte werden vertikal geblättert. Ein Artikel wird dazu in XPress durch einen Abschnittsbeginn definiert.

Der andere Weg, also der nicht sofort vom Start weg als App-Studio-Layout angelegte, ist folgender: Ein vorhandenes Printlayout kann ebenfalls als AVE-DOC exportiert werden. Diese Vorgehensweise reiht alle Seiten immer nebeneinander an und erlaubt optional auch das Hineinzoomen. Da die Seiten als Vektordaten mit eingebetteten Schriften exportiert werden, sind diese auch immer schön scharf.

Die exportierte Ausgabe ist nun eine .zave-Datei und enthält alle eingebetteten Dateien (auch Videos, wenn diese nicht als URL referenziert werden). Die .zave-Datei kann nun auf jedem beliebigen Webserver gehostet werden, auch auf kostenlosen wie der Dropbox. Die URL der .zave-Datei muss man nun im App Studio Publishing Portal angeben, damit diese in der App auftaucht.

App Studio Publishing Portal

Im Publishing Portal, einer Website, konfiguriert man Basisparameter wie beispielsweise die Apple Developer ID, die man zwingend braucht. Des Weiteren definiert man hier, welche App welche Ausgabe enthalten und wann diese veröffentlicht werden soll. Auch die Preise für die App im iTunes-Store und die für die Ausgaben (via In-App Purchase) werden hier definiert.

Testen und veröffentlichen

Wie kann eine iPad-Ausgabe vor der Publikation betrachtet werden? Um eine App vorab zu testen, wird App Studio Factory gestartet und die App konfiguriert und gestaltet. Entweder klickt man im Anschluss auf die Schaltfläche Exportieren für Simulator, womit die App automatisch im installierten iOS-Simulator von Apple geöffnet wird. Alternativ dazu klickt man auf die Schaltfläche Exportieren für Gerät. Dadurch wird die App exportiert, die dann mittels iTunes auf das iPad kopiert werden kann.

Um eine Ausgabe zu testen, wird vorab eine eigene App konfiguriert oder die im iTunes Store vorhandene Quark Issue Previewer App heruntergeladen. Die in QuarkXPress 9 gestaltete Ausgabe wird als .zave-Datei exportiert und kann im Anschluss auf dem Mac im iOS-Simulator in der vorab installierten App geöffnet werden.

Sowohl auf Mac wie auch unter Windows kann die exportierte .zave-Datei über iTunes oder per WLAN zur vorab installierten App (eigene oder Quark) übertragen werden. Dies nennt man auch Sideloading.

Ihr Leser bzw. Kunde sieht die veröffentlichten Ausgaben direkt in der App. Dass die Ausgaben nicht bei Apple, sondern auf Ihrem eigenen Web­server gehostet werden, merkt der Betrachter nicht. Abhängig von Ihrem Geschäftsmodell kann der Leser die App und die einzelnen Ausgaben direkt herunterladen oder muss diese über den iTunes Store beziehen.

Fazit

Quark greift die Konkurrenz momentan doppelt an: mit einem für die meisten sehr attraktiven Preismodell und mit der Leichtigkeit der Hoch-Quer-Formatwechsel. Beim Erstellen spielt XPress seine Stärken aus:

  • Hoch- und Querformat können visuell nebeneinander gestaltet werden,
  • sie können optional synchronisiert werden,
  • alle Layouts sind in einer Datei enthalten.

So scheint die Erstellung von iPad-Apps momentan wesentlich intuitiver und effektiver als mit anderen Lösungen zu sein. Gepaart mit sehr günstigen Preisen ist Quark damit ein grosser Wurf gelungen.

Mit App Studio für XPress zeigt Quark eindrucksvoll, dass iPad-Publi­shing auch vom Desktop aus möglich ist. Die interaktiven Fähigkeiten entsprechen in etwa denen anderer Werkzeuge, die auf dem Markt erhältlich sind.

Kosten

Neben den Kosten für die Apple Developer ID (79 Euro pro Jahr) und der Umsatzbeteiligung von 30 Prozent, die Apple in Anspruch nimmt, erhebt Quark für das iPad Publishing mit XPress 9 drei Gebühren. Vorschau- und Testversionen sind kostenlos: einmalige Kosten für XPress 9 (falls nicht vorhanden),einmalige Gebühr für das Erstellen der App (119 Euro für die Single-, 599 Euro für die Kiosk- und 1199 Euro für die Multi-Titel-Kiosk-App), einmalige Gebühr pro Ausgabe (136 bis 279 Euro je nach Preisstaffelung).

Quark berechnet keine monatlichen Gebühren, keine Umsatzbeteiligungen oder Downloadgebühren. Ein Agenturmodell existiert nicht, die Kosten bleiben daher die gleichen. Beispiele: 12 Ausgaben pro Jahr kosten im ersten Jahr inklusive Kiosk-App 3348 Euro, in jedem weiteren Jahr 2849 Euro.4 Ausgaben kosten im ersten Jahr inklusive Kiosk-App 1597 Euro, in jedem weiteren Jahr 998 Euro.

Da kein Service gebucht werden muss, bleibt die App mit ihren Ausgaben auch dann im iTunes Store, wenn man sich dazu entscheidet, nach ein paar Monaten keine weitere iPad-Ausgabe zu publizieren.

Universitäten, Studenten und Lehrer bezahlen weniger: Sämtliche iPad-Publishing-Gebühren reduzieren sich um 90 Prozent. Eine Single-App mit einer Ausgabe kostet für Studenten 44 Euro.