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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


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Vereintes Publishing f�r Print und digitale Medien

Die InDesign-Entwickler gehen ihren Weg konsequent weiter: Version CS 6 des Layout-Referenzprogramms bringt viele logische und rasch implementierbare Funktionen, die zur Erstellung von Printlayouts und Tablet-Publikationen bald nicht mehr wegzudenken sind.

BEAT KIPFER Vielseitigkeit war von Anfang an die Stärke von InDesign. Version CS 6 von InDesign wird so vielseitig sein wie noch nie. Was für die einen von der Fülle der Möglichkeiten her langsam zu viel wird, eröffnet dem Power-User neue Wege, um das Ziel – die Erstellung von Layouts für unterschiedliche Medien – schneller und effizienter zu erreichen. Es lohnt sich aber für Anwender auf jedem Niveau, die Sache ganz genau anzuschauen und sich die Verwendung der neuen Funktionen anzueignen. Schon nach kurzer Zeit werden auch Sie Ihre Arbeitsweise verbessern und damit Ihre Publishing-Ziele mit InDesign CS 6 auf hohem Niveau erreichen.

Viele Verbesserungen auch für Print-Publisher

Es verwundert nicht, dass beim Tablet-Publishing kein Stein auf dem anderen bleibt und sich die Technik des Publizierens für dieses junge Medium rasant verändert. Ein grosser Teil der neuen Features zielt logischerweise in diese Richtung. Lohnt sich das Upgrade also für jene, die nach wie vor hauptsächlich Printmedien layouten?

Machen Sie selbst den Test: Erstellen Sie Inserate, welche in leicht unterschiedlicher Grösse in mehreren Publikationen erscheinen sollen? Haben Sie ab und zu mit der Erstellung von Formularen zu tun, welche als PDF am Bildschirm ausgefüllt werden sollen? Kreieren Sie mehrsprachige Publikationen nicht nur in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch, sondern auch in «exotischen» Sprachen? Arbeiten Sie mit Partnern zusammen, welche Sie schon bald mit Dateien aus InDesign CS 6 beliefern werden? Interessiert Sie der Erfolg versprechende Tablet-Pub­­lishing-Markt?

Nur wer all diese Fragen klar mit «Nein» beantwortet hat, braucht wirklich kein Upgrade. Ausser dann, wenn die Uralt-Version plötzlich nicht mehr kompatibel mit dem neuen Betriebssystem des Computers ist …

In der Folge gehe ich auf einige wesentliche Neuerungen von InDesign CS 6 ein. Urteilen Sie selbst, welche davon Sie in Ihrem Aufgabenbereich umsetzen können und welcher Nutzen daraus zu erzielen ist.

Neues Dokument für «Digitale Veröffentlichungen»

Beim Anlegen eines neuen Dokuments haben wir neu drei Möglichkeiten. Zusätzlich zu Druck und Web gibt es Digitale Veröffentlichungen.

Liquid Layouts

Die neue Funktion Liquid Layout dient der flexiblen Layoutanpassung an unterschiedliche (Bildschirm-)Formate. Die Technik basiert auf HTML 5; sie bringt grossen Nutzen im Tablet-Publishing, aber auch im klassischen Layout für Printprodukte ist immer mehr Flexibilität gefragt.

Es stehen verschiedene Ausrichtungsprioritäten zur Auswahl. Erste Erfahrungen zeigen, dass Objektbasiert oft die besten Ergebnisse liefert.

Zum Testen gibt es die neue, wertvolle Option des Seitenwerkzeugs: Mit Klick auf das Werkzeug erscheint ein Rahmen über der aktuellen Seite. Wird der Rahmen zum Beispiel in die Breite gezogen, sieht man dynamisch das Verhalten der Objekte mit den aktuellen Einstellungen. Beim Loslassen spickt der Rahmen in die Originalposition zurück, es sei denn, man drückt gleichzeitig die Alt-Taste.

Die einzelnen Objekte weisen dabei braune Markierungen auf: Ein geschlossener Kreis bedeutet, dass das Objekt auf der entsprechenden Seite gesperrt ist; ein offener Kreis zeigt Flexibilität auf dieser Seite an. Durch Klicken können diese Eigenschaften verändert werden.

Alternative Layouts

Diese Funktion erlaubt das Erstellen von mehreren unterschiedlichen Layouts innerhalb der gleichen Datei, welche für verschiedene Endformate verwendet werden sollen. Beispiel: Inserate in variabler Grösse gemäss Spaltenbreite der Publikationen, wo sie erscheinen sollen; digitale Publikationen für abweichende Tabletgrössen und -proportionen. Die Technik kann mit Liquid Layouts kombiniert werden.

Am einfachsten wird das alternative Layout im Seiten-Bedienfeld erzeugt. Dabei stehen praktische Verknüpfungsoptionen zur Verfügung. Prioritär dient die Funktion der Verbindung eines horizontalen und eines vertikalen Tablet-Layouts. Im Seiten-Panel werden die Layouts parallel angezeigt. Die Namen der Layouts können beliebig verändert werden.

Wer alternative Layouts geschickt mit den Liquid-Optionen verbindet, ist vor allem beim Tablet-Publishing in Sachen Flexibilität und Produktivität einen gewaltigen Schritt weiter. Jedoch bieten diese Funktionen auch im Printlayoutbereich sinnvolle Anwendungen.

Inhalte übertragen

Dies ist sozusagen die multiple Zwischenablage innerhalb von InDesign. Dazu gehören das Inhaltsaufnahme- und das Inhaltsplatzierungs-Werkzeug sowie das Überträger-Fenster. Zum Duplizieren von Objekten (Text-/Bildrahmen, Gruppen) werden diese mit dem Inhaltsaufnahme-Werkzeug angeklickt. Das Überträger-Fenster erscheint automatisch, es nimmt das Objekt auf. Nun auf das Platzierungswerkzeug wechseln; mit den richtigen Einstellungen wird mit Klick an der gewünschten Stelle im Dokument ein verknüpftes Objekt (Klon) erstellt. Es können mehrere Klone erzeugt werden, das Original bleibt auf Wunsch im Überträger-Fenster. Geklonte Objekte können sich im gleichen oder in einem anderen Layout des Dokuments befinden. Wurde Verknüpfung erstellen benutzt, wirken sich Korrekturen des Originalobjekts unmittelbar auf die geklonten Kopien aus. In den Verknüpfungsoptionen wird definiert, welche Eigenschaften allenfalls nicht übertragen werden sollen (beispielsweise die Rahmengrösse).

Das Ganze sieht noch etwas holprig aus, bietet aber schon grossen Komfort. Die Benützung dieser neuen Werkzeuge vereinfacht den Weg, um beispielsweise Textrahmen in horizontalen und vertikalen Layouts für Tablets so zu erstellen, dass Korrekturen nur einmal ausgeführt werden müssen.

Grössenänderung von Text-rahmen, flexible Textgestaltung

Auch kleine Details, auf die man schon lange gewartet hat, wurden verändert. Eines davon ist, dass sich die Textrahmen jetzt auf Wunsch automatisch der Textmenge anpassen. Die entsprechende Einstellung findet sich im Textrahmenoptionen-Dialog: Sie bestimmen über das entsprechende Symbol, in welche Richtung sich die Rahmen ausdehnen dürfen.

In die gleiche Komfortklasse gehört auch, dass sich jeder Textrahmen – unabhängig von Form und Anzahl Spalten – mit Doppelklick auf einen Anfasser der Textmenge anpasst; dies sogar bei verketteten Rahmen. Bisher war dieser Doppelklick nur bei einspaltigen, unverketteten Rahmen wirksam.

Verknüpfungen leichter editieren

Der Status der Bildverknüpfungen wird nun bei den Bildrahmen oben links angezeigt. Muss ein Bild aktualisiert werden, genügt ein Klick auf das gelbe Warndreieck. Soll das Verknüpfen-Bedienfeld geöffnet werden, klickt man bei gedrückter Alt-Taste auf das Symbol. Gute Idee, hilft Zeit sparen.

DPS Desktop Tools für CS 6

Seit kurzer Zeit können die Erweiterungen der Digital Publishing Suite auch für InDesign CS 6 heruntergeladen werden. Der Folio Builder heisst neu Folio Overlays. Aktuell bietet das Panel die gleichen Funktionen wie dasjenige der Version für CS 5.5 (bestimmt wird es da in nächster Zeit Änderungen geben). Im Paket dabei ist der Content Viewer 2.0.

Neu ist, dass beim Verpacken einer Datei mit Overlays – hier mit einer Bildsequenz – die so genannten Overlay Assets mitgesammelt werden.

Sprachunterstützung: HunSpell-Wörterbücher

Bei der Silbentrennung wird neu standardmässig auf die Open-Source-Wörter­bücher von HunSpell gesetzt. Erste Tests für Deutsch Schweiz sind noch nicht überzeugend ausgefallen. Trotzdem wird diesen Wörterbüchern – die auch von vielen anderen Programmen verwendet werden – die Zukunft gehören. Sie stehen momentan für über 100 Sprachen zur Verfügung. Die bisherigen Proximity-Wörterbücher sind glücklicherweise nach wie vor vorhanden.

Weitere Neuerungen

EPUB: Der Export in das Format für digitale Bücher ist als EPUB 2 und neu auch als EPUB 3 möglich. Dieses Format erlaubt die Einbindung von Audio, Video und JavaScript. Die Entscheidung, ob Publikationen als digitales Magazin im Folio-Format oder als EPUB produziert werden sollen, wird dadurch nicht gerade einfacher …

HTML-Integration: In InDesign-Layouts können Sie jetzt interaktive HTML-Elemente einbinden, beispielsweise eine Karte aus Google Maps. Beim Export in HTML, EPUB 3 oder Folio bleibt die Interaktivität erhalten.

Interaktive PDF-Formulare: Das Schaltflächen-Panel heisst neu Schaltflächen und Formulare. Es enthält alle gängigen Formularelemente wie Textfelder, Kontrollkästchen, Kombinationsfelder usw., wie wir es von Acrobat Pro bereits kennen. Schade, dass diese Funktion erst jetzt integriert wurde. Eine Möglichkeit, direkt HTML-Formulare zu kreieren, fehlt hingegen.

Speichern als IDML: Das Austauschformat, welches das Öffnen der Dateien bis zurück zu InDesign CS4 ermöglicht, steht jetzt direkt beim Speichern unter zur Verfügung.

Erstes Fazit

Das InDesign-Upgrade von Version CS 5.5 auf CS 6 ist mehr als ein Refresh. Beim Publishing für digitale Medien eröffnen sich komplett neue Workflows und Techniken. Betrachtet man auch die weitreichenden Neuerungen in Illustrator und vor allem in Photoshop, lohnt sich ein Upgrade auf CS 6 auf jeden Fall.

Die neuen Funktionen kurz vorgestellt

Liquid Layouts
Erleichtern das Entwerfen von Inhalten für mehrere Seiten­formate, Ausrichtungen oder Geräte. Mit den Liquid-Regeln definieren Sie, wie Objekte auf einer Seite angepasst werden sollen. Sehr spannend zur paral­lelen Erstellung von horizontalen und vertikalen Layouts für Tablets.

Alternative Layouts
Sie dienen der Erstellung unterschiedlicher Seitenformate für Print- oder interaktive Publikationen. Beispiele: Inserate in unterschiedlicher Grösse, digitale Publikationen für iPad und Android-Tablets.

Verknüpfte Inhalte
Seitenelemente werden dupliziert und auf anderen Seiten eines Dokuments eingefügt. Dabei werden die Objekte (Textrahmen, Textabschnitte, interaktive Elemente usw.) verknüpft. Änderungen des ­Originalelements wirken sich sofort auf die verknüpften Elemente aus.

Inhaltsaufnahme- und Inhaltsplatzierungs-Werkzeuge
Damit können Objekte auf einfache Weise dupliziert und in alle geöffneten ­InDesign-Layouts platziert werden. Die übertragenen Objekte sind verknüpft.

PDF-Formulare
Interaktive Formularfelder können nun direkt in InDesign erstellt werden. Dies betrifft Textfelder und alle typischen Schaltflächen wie Checkboxen oder Radiobuttons sowie die Tabulatorreihenfolge.

Unterstützung für Sprachen aus Nahost
Arabisch und Hebräisch werden neu unterstützt. Dazu gehören Funktionen für die Rechts-nach-links-Ausrichtung, bidirektionale Schriften und viele weitere Verbesserungen.

Unterstützung indischer Sprachen
Der neue globale Absatzsetzer bietet die korrekte Formgebung der Wörter für viele nichtwestliche Schriften. Wörterbücher für Hindi, Marathi, Tamil und weitere indische Sprachen sind standardmässig im Programm enthalten.

Verbessertes Seitenbedienfeld
Das Seitenbedienfeld zeigt horizontale und vertikale Layouts sowie alternative Layouts gleichzeitig an.

Fenster teilen
Um zwei unterschiedliche Layoutversionen im Doku­mentzu vergleichen, können zwei Ansichten nebeneinander angezeigt werden.

Zuletzt verwendete Schriftarten
Die zuletzt verwendeten Schriften werden unter Schriftart oben im Menü in chronologischer Reihenfolge ­angezeigt; auf Wunsch kann die Liste alphabetisch angeordnet werden.

Automatische Grössenänderung für Rahmen
Richten Sie Rahmen ein, deren Grösse sich auf Basis einfacher Parameter automatisch an die Textlänge anpasst. Dies gilt für ein- und mehrspaltige Textrahmen.

Flexible Textspalten
Textspalten innerhalb eines Rahmens können neu fix oder mit flexibler Breite erstellt werden. Dies geschieht über zusätzliche Funktionen in den Textrahmenoptionen.

Graustufenvorschau
Softproofs sind mit den entsprechenden Profilen auch in Graustufen möglich. Dies kann sinnvoll sein, wenn PDF-Dateien direkt beim Export in den Graustufenmodus konvertiert werden sollen.

PDF-Export in Graustufen
Nach der Wahl des gewünschten Graustufen-Zielprofils lassen sich farbige Layouts direkt in Graustufen-PDFs exportieren (mit Vorsicht anwenden, evtl. wird schwarzer Text aufgerastert).

Ausrichtung am Basisobjekt
Nach dem Vorbild von Illustrator kann jetzt ein Basisobjekt gewählt werden, an welchem andere Objekte auf unterschiedliche Art und Weise ausgerichtet werden.

Wörterbücher von HunSpell
Als Alternative zu den Proximity-Wörter­büchern stehen neu die OpenSource-HunSpell-Wörterbücher für eine grosse Anzahl Sprachen zur Verfügung.

IDML-Unterstützung
Dateien im IDML-Format für Anwender einer ­früheren Version von InDesign (bis CS 4) können nun direkt über den Befehl Speichern unter erstellt werden.

Berechnungen für Eingabefelder
In Bedien- und Dialogfeldern lassen sich komplexe Berechnungen durchführen, z. B. 12,5 p / 2 × 3.

Export interaktiver PDF-Seiten
Exportieren interaktiver PDF-Dateien wahlweise als einzelne Seiten oder als Druckbogen.

Export im PNG-Format
Exportieren Sie InDesign-Dokumente im verlustfreien PNG-Format, um sie im Web zu verwenden. Sie können das gesamte Dokument, einen Teil oder einzelne Elemente exportieren.

Interaktive HTML-Elemente
Binden Sie in InDesign-Layouts interaktive HTML-Elemente ein, beispielsweise eine Karte aus Google Maps. Beim Export in das HTML-, EPUB 3- oder Folio-Format bleibt die Interaktivität erhalten.

Erweitertes Verpacken von Projekten
Overlays wie beispielsweise Bilder einer Diashow für die Veröffentlichung über die Adobe Digital Publishing Suite werden neu ebenfalls verpackt.

Der Autor

Beat Kipfer ist Ausbilder FA in der PubliCollege GmbH in Burgdorf. Er leitet Kurse und Seminare, bietet Firmenschulungen und Support für Publishing und Prepress an. Er ist zudem Fachlehrer und Kursleiter an den Schulen für Gestaltung in Aarau, Bern und Zürich.

www.publicollege.ch