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QuarkXPress 7 souver�n erneuert

Composition Zones und die Übernahme alter XPress-Dokumente in QuarkXPress 7

Quark erneuert XPress souverän

Quark hat seine «Hausaufgaben» für XPress 7 vollständig erledigt: Transparenzen, Schatten und Unicode-Unterstützung sind implementiert. Damit hat XPress zum Kontrahenten aufgeschlossen und ihn an entscheidenden Stellen überholt.

DETLEV HAGEMANN Quark will mit Features neuer Adobe-Produkte nicht nur gleichziehen, sondern seine alte Stärke als Werkzeug strukturierter Arbeitsweise weiter betonen: unter anderem mit den neuen «Composition Zones». Mit XPress 7 schlägt Quark neue Workflow-Wege ein. Die neuen «Compo-Zonen» haben das Zeug, bestehende Workflow-Lücken zwischen DTP-Einzelkämpfern und Redaktions- beziehungsweise Publishingsystemen zu schliessen.

Was sind Composition Zones?

Seit XPress 6 gibt es keine «XPress-Dokumente» mehr, sondern nur noch «XPress-Projekte» (das ist von der Betriebssystemseite betrachtet eine Datei) mit einem oder – falls gewünscht – mehreren Layouts darin. Das entspricht dem Verhalten von Excel. Auch dort können in einer Datei mehrere Tabellen oder Arbeitsblätter vorhanden sein. Da es diese Funktion früher nicht gab, werden XPress-3, 4- oder 5-Dokumente von den Programmversionen XPress 6 oder 7 zu «einlayoutigen» Projekten umgewandelt (wobei der Layout- und der Projektname nach dem Öffnen erst einmal identisch sind, nachträglich aber separat geändert werden können).

Des Weiteren kann XPress 6 Texte synchronisieren: Ändert man einen der Synchronisation unterworfenen Text, ändert er sich an allen anderen synchronisierten Stellen mit – ohne lokale Formatierungen anzutasten.

Die XPress-6-Beschränkungen für Layout und Synchro-Text werden in XPress 7 nun in ein schlüssiges Gesamtkonzept überführt – mit zwei hochinteressanten Nutzungsrichtungen:

1. Nunmehr lassen sich jedes Objekt und jeder Inhalt eines XPress-Dokuments synchronisieren und «freigeben», was die Strasse für echte Zusammenarbeit frei macht.

2. Der Produktionsprozess einer Layoutseite kann auf verschiedene Arbeitsstationen verteilt werden.

Erzeugen von Composition Zones

Es gibt drei alternative Wege, wie man zu diesen Composition Zones kommt. Entweder man zieht

1. mit dem Composition-Zones-Werkzeug eine rechteckige Fläche auf, erzeugt also ein neues Objekt – schon hat man eine neue Compo-Zone angelegt (Bild 1).

Oder man selektiert

2. eine oder mehrere Objekte und erklärt diese zu einer rechteckigen Compo-Zone. Schon wieder ist man fertig (Bilder 2 und 3).

Oder man definiert

3. ein ganzes Layout zu einer Composition Zone.

Bei den Wegen 1 und 2 erscheinen im Layout lachsrosa abgefärbte Flächen, die einen frei editierbaren Compo-Zone-Namen bekommen (hier: «Layout 2» bzw. «Layout 3». Die Flächen sind durch nichtknackbare Schlösser vor willkürlicher Bearbeitung geschützt (Bild 4). Weiterhin nimmt die Darstellungsqualität in diesen Bereichen – und das ist hilfreich – etwas ab: Sie entspricht der EPS-Preview-Qualität und zeigt dem Layouter schnell und intuitiv, wo er im Moment Hand anlegen kann und wo nicht.

Beide Wege, 1 und 2, zeigen viele Parallelen zur Arbeit mit Quarks Tabellenwerkzeug und sind deshalb schnell zu verstehen und leicht zu lernen: Auch eine Tabelle zieht man in XPress 6 (mit dem Tabellenwerkzeug) einfach auf oder man wandelt eine ausgewählte Textstrecke zu einer Tabelle um.

Der Weg 3 wird wegen der höheren Komplexität nicht weiter ausgeführt.

Wie bearbeite ich Composition Zones?

Compo-Zonen kann man bearbeiten, indem man mit dem Kontextmenü (rechte Maustaste oder Ctrl-Klick) den zugehörigen Bearbeiten-Befehl aufruft (Bild 5). Es öffnet sich das zugehörige – bis dahin verborgene – Layout, das genau so gross ist wie die ursprüngliche Compo-Zone (Bild 6).

Alle Möglichkeiten eines XPress-Layouts stehen jetzt wieder parat: Text laden, Bild platzieren, Vorgaben komplett verändern usw. Composition Zones öffnen damit erstmals die Möglichkeit, innerhalb einer einzigen Layoutseite Elemente anzulegen, die von vollkommen unterschiedlichen Layoutvorgaben abhängig sind.

Die Vorschau im «Mutter-Layout», in das die Compo-Zone eingebettet ist, wird bei der Arbeit fortlaufend aktualisiert – nicht nur dort, sondern auch im lang ersehnten Feature «Neues Fens­ter» (das selbstredend auch für jeden anderen Kontrollzweck eingesetzt werden kann, der nach zwei Vorschauen ein und derselben Seite verlangt).

Damit können XPress-User nun gleichzeitig in mehrere Layouts desselben Projektes hineinschauen.

Zusammengefasst: Eine Composition Zone ist erst einmal ein verborgenes Layout innerhalb eines Projekts (XPress-Datei). Eine EPS-artige Vorschau dieses Layouts wird im Ursprungslayout ständig erneuert.

Mehrfache Nutzung von Composition Zones

Es ist fast der gleiche Arbeitsablauf wie bei der Bearbeitung von Compo-Zonen: bei aktiver Compo-Zone Klick mit der Mehrfach nutzen … So klein der aufspringende Dialog auch ist: Er hat es in sich (Bild 7)! Neben der Benennung des Compo-Zone-Layouts vergibt man hier die Zugriffsrechte («Verfügbarkeit»): Darf die Compo-Zone nur in dieser Datei (Projekt) oder auch in anderen XPress-Dateien eingesetzt werden? Oder soll die Compo-Zone in eine neue, eigenständige Datei umgewandelt werden? Oder soll der verborgene Status des Layouts beendet und in ein «reguläres» Layout (mit eigenem Register) umgewandelt werden?

Eine Folge der Freigabe einer Compo-Zone zur Nutzung in anderen Projekten ist, dass nun in der Palette «Mehrfach genutzte Inhalte» ein eigener Eintrag für diese Compo-Zone erscheint (Bild 8). Hier stossen wir auf einen alten Bekannten aus XPress 6: «Mehrfach genutzte Inhalte» hiess dort noch «Synchronisierte Texte», denn mehr als Textsynchronisation fand dort bislang nicht statt. Nun aber ist diese Funktion konsequent aufgebohrt und weiterentwickelt worden. Nicht nur zu Gunsten wiederverwendbarer Compo-Zonen. Auch Eigenschaften normaler Boxen und ihrer Inhalte können nun synchronisiert werden – und das über Musterseiten hinweg.

Zusammengefasst: Wird eine Composition Zone zur mehrfachen Nutzung freigegeben, kann sie allen anderen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden. Wird die Compo-Zone als «externe» Datei abgelegt, kann sie jeder über Plattformgrenzen hinweg bearbeiten und platzieren.

Platzieren von «fremden» Compo-Zonen in anderen Dateien?

Der Befehl «Ablage/Datei» stellt einen neuen Befehlskomplex zur Verfügung: die «Kollaborationseinstellungen …». Er erlaubt, Layouts, Job Jackets, Texte und Bilder mit einem beliebigen Projekt zu verknüpfen. Nach der Ladeaktion (Bild 9) steht die Compo-Zone nun auch in dieser Datei – in der Palette «Mehrfach genutzte Inhalte» – zur Platzierung bereit: quasi ein ferngesteuerter Biblio­thekseintrag.

Fazit

Sollte der Befehlskomplex «Kollaborationseinstellungen …» und somit das Bestücken der Palette «Mehrfach genutzte Inhalte» über XTensions oder über Scripting automatisch oder halbautomatisch erreichbar und «aufladbar» sein, dann hat Quark nicht nur eine, sondern gleich zwei neue Runden im Corporate Publishing eingeläutet. Dann bräuchte man nur noch der XPress-Datei einen Ordner mit Bildern, Texten und Compo-Zonen-Dateien zu­zu­weisen und alle diese Elemente würden in einer Palette zum Platzieren verfügbar sein. Ich bin gespannt, wie weit dieses Feature in der Release-Version umgesetzt wird.

Datei-Recycling

Mit dem Umstieg auf eine neue Programmversion stellen sich automatisch auch Fragen: «Was mache ich mit den alten Dateien? Kann ich sie noch ohne Veränderung öffnen? Muss ich auf irgendetwas achten?

Quark wagt mit seinem Layoutklassiker XPress den grossen Schritt: Mit XPress 7 ändert sich vieles am Programm – darüber wurde im Publisher schon mehrmals berichtet. Wäre das nicht auch der geeignete Zeitpunkt für Sie, Ihre Dateien an den heutigen Stand anzupassen? Im Sommer 2006 wird die deutsche Rechtschreibreform endlich verbindlich: Nur noch ganz wenige Firmen und Verlage verbleiben bei den alten Trennregeln. Mein Tipp: Stellen Sie mit XPress 7 Ihre Dokumente auf die Trennregeln des reformierten Deutsch um.

Sprachwechsel durchführen

Zur Konvertierung Ihrer Dateien auf die reformierte Rechtschreibung müssen Sie (bei geöffneter Datei) in XPress nur einen Menübefehl aufrufen: Neue deutsche Rechtschreibung. Fertig. Und mit XPress 7 hat es nun schon funktioniert (Bild 10): Alle deutschen und schweizerdeutschen Absätze sowie hervorragenderweise auch die Absatz- und Zeichenformate werden auf reformiertes Deutsch umgestellt – ab sofort gelten die neuen Trennregeln für deutschen Text: mit neuen und zwangsläufigen Umbrüchen.

Allerdings sollte man auch noch zwingend überprüfen, ob denn im Dokument überhaupt die exzellenten Trennalgorithmen der «Unternehmensberatung Dieckmann» wirken. Dazu muss in den Voreinstellungen die Qualität der Trennung auf «Erweitert 2» gestellt werden (Bild 11).

Alte XPress-Dateien­ in XPress 7

XPress bietet ein sehr abgestuftes Vorgehen, um ältere XPress-Dateien in neueren Programmversionen zu öffnen, und verschiedene Varianten entsprechend den Wünschen des Anwenders, wie sich diese Datei in Zukunft verhalten soll. Folgende Wege stehen Ihnen zur Verfügung:

Variante A –kompletter Neuaufbau

Diese Methode wählen die täglich oder wöchentlich erscheinenden Zeitungen und Magazine. Denn sie haben meist XTensions für Redaktionssystem-Features im Einsatz. Damit wäre das Risiko zu hoch, dass sich eine Datei kurz vor dem Start der Druckmaschine noch «zerlegt». Werden alte Textfragmente benötigt, exportiert man diese vorher mit AppleScript oder dem TexTractor von Visionsedge im ASCII-Format.

Variante B –Miniaturseitenkopie «Plus»

Wer wertvolle Kataloge oder Broschüren weiter benutzen will (Seiten um­stellen, neue Bilder und Textpassagen einfügen usw.), sollte die grosse Reini­-g­ungsaktion durchführen. Das geht so:

1. Alte XPress-Datei und die zugehörigen Bilder vom Server auf den lokalen Arbeitsplatz kopieren.

2. Alte Datei in XPress 7 öffnen, sichern und schliessen. Damit wird sie automatisch mit ersten Optimierungen in der Version 7 gespeichert.

3. Diese Datei über den Öffnen-Dialog mit gedrückter Alt-/Wahl-Taste öffnen. Hiermit wird allen Objekten innerhalb der Datei «mitgeteilt», dass sie sich fortan wie XPress-7-Objekte verhalten sollen.

4. Alle Bildpfade überprüfen: Die Bilder sollten nicht auf «fehlend» oder «modifiziert» stehen. Datei sichern und schliessen.

5. Über den Öffnen-Dialog die Datei mit gedrückter Apfel-/Ctrl-Taste öffnen. Damit werden neue Bildvorschauen erzeugt, die zur Version 7 passen. Datei sichern. Diese Datei enthält jetzt bis auf das Datei­grundgerüst alle Elemente auf dem neuesten Stand.

6. Das Layout auf den Zoomfaktor «M» gleich Miniatur stellen.

7. Eine neue gleich grosse Datei (=Projekt) erstellen und mit identischen Voreinstellungen versehen. Das Layout ebenfalls in den Miniatur-Zoom stellen. Nun müssen beide Dateien nebeneinander gestellt werden.

8. Jetzt lassen sich die Seiten aus dem alten Layout in die neue Datei ziehen. Eine neue und optimale Datei mit altem Inhalt ist entstanden – mit wahrscheinlichen Umbruchveränderungen durch die neuen Rahmenbedingungen.

Variante C – Konvertierung

Besonders für Druckprojekte, die ein letztes Mal überarbeitet werden, bevor ein Neuaufbau erfolgen soll, bietet sich diese Methode an. Die Datei wird damit weitgehend an XPress 7 angepasst und die neuen Funktionen wie Schatten und Transparenz sollten auf alle Objekte anwendbar sein.

Für die Konvertierung sollten die Schritte 1 bis 5 wie bei Variante B durchgeführt werden.

Variante D – einfach in 7 abspeichern

Haben Sie nicht vor, die neuen XPress-Features zu benutzen, neue Seiten einzufügen, Tabellen aufzubauen oder aufwändige Umbauten im Layout vorzunehmen, und Sie wollen weiterhin die Gefahr von Umbruchveränderungen minimieren, dann können Sie die Datei einfach öffnen und abspeichern.

Dadurch entsteht eine sogenannte «Bastard»-Datei, die nicht vollständig an die neue Version angepasst ist und dazu neigt, nicht so zu reagieren, wie Sie es sich von QuarkXPress-7-Dateien erhoffen.

Variante E – Fragmente übernehmen

Ziehen Sie niemals aus einer alten, nicht konvertierten Datei per «Drag & Drop» oder per «Copy & Paste» Bilder oder Texte in Ihre neue, sauber angelegte Datei. Sie muss vorher konvertiert werden! Die alte Datei wird dazu mit der Alt-/Wahl-Taste geöffnet (Variante B, Schritt 3). Sind Bilder mitkopiert worden, dann sollten Sie die Vorschauen der neuen Datei anschliessend aktualisieren (Variante B, Schritt 5). So ist die Übernahme kleinerer Layoutelemente in die neue Datei mit wenig Gefahren verbunden.

Quarks Philosophie für Stehsatz

Um die Konvertierungsoptionen richtig einzusetzen, sollte man von der Produktphilosophie wissen:

1. XPress soll alte Dateien schnell öffnen können, möglichst ohne sie zu konvertieren oder zu verändern.

2. Gewünschte Anpassungen und/oder Veränderungen an das neue Dateiformat sollen vom Anwender bewusst und selbstverantwortlich durchgeführt werden.

Fazit

Besonders der letzte Aufzählungspunkt, der ja schon seit der Einführung von XPress 3.0 gilt, ist leider vielen Anwendern in seiner Tragweite nicht bewusst.

Mit XPress 7 wird der Abstand zwischen den einzelnen Dateiformaten nochmals deutlich grös­ser, denn zu den Punkten des Kastens «Einflüsse des neuen XPress-Dateiformats» kommt nun noch hinzu, dass XPress 7 die eigenen Dateien fast wie Acrobat optimiert: Das Programm entfernt doppelte Bildvorschauen und komprimiert die Unicode-Schriften.

Kasten: Einfluss des neuen Dateiformats

Quark hat seit der «4» seinem Programm in den Versionen 5, 6.0 und 6.5 etliche neue Funktionen spendiert, die nicht jeder nutzt. So gibt es seit einigen Jahren draussen in der Produktion nicht mehr die typische XPress-Datei, sondern eine Melange von Dateiprogrammversionen und von Features, die in den Dateien genutzt werden. Besonders zu erwähnen sind hier:

  • Ebenen
  • Zellentabellen und Tabulatortabellen
  • platzierte PDF-Dateien
  • bearbeitete TIFF-Bilder über «Stil» oder durch die XTension «Vista»
  • importierte PSD-Bilder mit ein- und ausgeblendeten oder gar abgesofteten Bildebenen
  • Einsatz von synchronisierten Texten
  • phantastisch verbesserte Trennung durch Dieckmann-Algorithmen

Mit XPress 7 verändern sich viele der genannten Punkte noch weiter – fast immer zum Guten. Die obere Aufzählung der Vergangenheit wird jetzt noch erweitert durch:

  • Unicode-Unterstützung
  • grundsätzlich verändertes Verhalten in Bezug auf Überdrucken und Aussparen

Hiermit sind natürlich längst nicht alle neuen XPress-7-Features aufgezählt, sondern nur die, die von der neuen Version anders behandelt werden können oder tatsächlich anders behandelt werden. Überprüft man die genannten Punkte auf ihre Relevanz für bestehende Dateien – auch Stehsatz genannt – wird den langjährigen XPress-Nutzern schnell klar, dass sie ihren «betagten» Dateien in Zukunft mit wohlüberlegter Strategie zu Leibe rücken sollten.