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Schritt f�r Schritt vom Scan �ber Photoshop zu PageMaker

Adobe hat in ihren jüngsten Versionen der typischen Publishing-Programme die ICC-Kompatibilität integriert. Da und dort bleiben im Funktionsumfang Lücken und Wünsche offen. Ein eigensinniges Konzept im Photoshop 5 erlaubt ungeahnte Möglichkeiten im Umgang mit Farbe und Profilen. Wer die Zusammenhänge begriffen hat, wird mit konsistenter Farbtreue belohnt.


Arbeitsablauf mit ICC-Profilen

Durch die wachsende Zahl an ICC-kompatiblen Softwarepaketen und ihren Funktionen für das Farbmanagement wird die Gestaltung von Arbeitsabläufen nicht einfacher. Die Varianten für den Datenaustausch mit ICC-Profilen sind vielfältig. Vorneweg muss gesagt sein, dass nur eine sorgfältige Arbeitsweise zum Erfolg führt. Profile müssen nicht nur hergestellt, sondern auch gepflegt und aktualisiert werden. Bevor genauer auf die einzelnen Programme und ihre ICC-Funktionalität eingegangen wird, soll ein möglicher Ablauf für das Produzieren von Dokumenten skizziert werden.

Vorbereitungen

Wer erfolgreich mit einem professionellen Farbmanagement arbeiten will, muss sicherstellen, dass alle ICC-Profile, welche die Farbräume der eingesetzten Komponenten beschreiben, richtig installiert sind. Bevor die Applikationen farbechte Darstellungen und Ausgaben liefern, muss Apple ColorSync aktiviert sein. In der Version 2.5 werden die Vorgabeprofile für Monitor, Quell- und Zielprofil im Kontrollfeld ColorSync definiert. Die Programme holen sich die Informationen zu den Profilen automatisch aus dem Kontrollfeld.

Bilderfassung

Nach dem Digitalisierungsvorgang können Bilddaten im Photoshop vom geräteabhängigen Scannerfarbraum in jeden beliebigen Farbraum gerechnet werden. Die neue Funktion «Profilkonvertierung» erstellt Farbraumtransformationen unter Berücksichtigung von ICC-Profilen. Beispielsweise wird ein Scanner- oder Kamera-RGB in den LAB-Farbraum gerechnet. Dabei ist das Scannerprofil die Quelle und der LAB-Farbraum das Ziel der Transformation.

Bearbeitung

Bilder können generell in jedem Farbmodus farbecht bearbeitet werden. RGB-Darstellungen werden von internen, idealisierten RGB-Profilen gesteuert. Die «CMYK-Vorschau» im Photoshop stellt RGB- und CMYK-Bilder mit Hilfe des Ausgabeprofiles so dar, wie sie in einem späteren Druckprozess zu erwarten sind.

Abspeichern und Austauschen

LAB-Dateien können ohne weitere Angaben oder Informationen gespeichert werden. Leider können auch mit der neuen Version 5 vom Shop keine Kompressionsfunktionen auf LAB-Daten angewendet werden.

Beim Sichern von RGB- und CMYK-Bildern werden die ICC-Profile des aktuellen Farbraumes mit in die Datei eingebettet. Die eingepackten Profilinformationen werden beim Öffnen auf fremden Systemumgebungen automatisch in den gewünschten Farbraum konvertiert und erscheinen immer farbecht.

Das Layout

Die Bilder werden im PageMaker 6.5 geladen. Bei aktiver Farbverwaltung werden die eingebetteten Profile erkannt und interpretiert. Sind keine Quellprofile in den Dateien vorhanden, wird das Vorgabeprofil zugewiesen. Das Monitorprofil sorgt für die richtige Darstellung der Bilder und Farbelemente einer Seite. Wenn mit vorseparierten Bildern im CMYK-Farbraum gearbeitet wird, kann den Bildern ein Ausgabeprofil zugewiesen werden, da die Bilddaten ausgabegeräteabhängig sind. Beim Definieren von Farben im PageMaker wird ebenfalls nach Profilen gefragt, damit eingefärbte Flächen- und Textelemente farbecht erscheinen.

Proofen und Belichten

Bei der Ausgabe auf einen Farbdrucker kann festgelegt werden, dass der Proofer ein späteres Druckverfahren simuliert. Beim Druckvorgang werden die beiden angewählten Profile für Farbdrucker und Druckprozess verrechnet.

Für den Datentransfer von Dokumenten an eine Weiterverarbeitung ohne Farbmanagement bettet PageMaker beim Sichern alle Quellprofile in die Seiten ein. Die Empfangsstelle hat sich um die Profilzuweisungen nicht mehr zu kümmern. Lediglich die Systemerweiterung ColorSync muss bei der Ausgabe aktiviert sein.

Photoshop 5 auf eigenen Beinen

Eigensinnig, aber effizient hat Adobe das Farbmanagement in Photoshop integriert. In der neuen Version wird der Anwender auf Schritt und Tritt mit dem Thema Farbmanagement konfrontiert. In allen Menüs, die zur Festlegung der Farbwiedergabe dienen, wird als Standardwert davon ausgegangen, dass für die Bildbearbeitung ein Farbmanagement eingesetzt wird.

Mit einem kleinen Detektivspiel werden die Zusammenhänge der ICC-Kompatibilität der 5. Version vom Shop klar. Neben der Unterstützung der Color-Matching-Methoden von Apple und Lino hat Adobe im Shop 5 ihre eigene CMM untergebracht. Dazu werden einige generische Profile mitgeliefert, die fest in das Programm eingebaut sind. Diese Farbraumbeschriebe tauchen neben den eigenen, individuellen ICC-Profilen bei allen Funktionen für Farbraumtransformationen auf. Der Anwender wird beispielsweise mit diesen internen Profilen konfrontiert, sobald er das Vorgabenfenster für den Bildschirm sucht. Das Menü wurde in «RGB-SetUp» umbenannt und dient zur Festlegung des aktuellen RGB-Arbeitsfarbraumes. Zur Auswahl stehen hier die RGB-Profile für verschiedene Farbräume wie europäisches Fernsehen, amerikanisches Fernsehen, RGB mit weitem Gamut, Apple Standard Gamut und einige mehr. Es ist unabdingbar, dass sich der bildbearbeitende Mensch mit der Bedeutung der einzelnen Monitorbeschreibungen bekanntmacht. Eine falsche Wahl hat fatale Folgen, denn die Beschreibungen beeinflussen massgeblich die Darstellung von RGB-Bilddaten.

Neu ist das Verfahren der eingebetteten Profile. Photoshop ist in der Lage, Profile in die Bilddateien einzubinden und beim Öffnen zu konvertieren. So wird auch der Zusammenhang der fest eingebauten Profile klar: Anwender A wählt ein Monitorprofil für das Arbeiten mit RGB-Dateien aus und bettet die Beschreibung beim Sichern in die Datei ein. Anwender B öffnet die Datei und konvertiert die Datei automatisch in den gewünschten RGB-Farbraum. Dabei dient das eingebettete Profil als Quellprofil. Unverständlich ist dabei, dass Scannerprofile beim Öffnen erkannt werden, aber nicht eingebunden werden können. Geräteabhängige Bilddaten im Farbraum des Scanners könnten dadurch direkt in einen unabhängigen Farbraum gerechnet werden. Hier weist Photoshop bezüglich eines effizienten Einsatzes von ICC-Profilen mit Farbmanagement eine grosse Lücke auf. Für die Gestaltung eines Arbeitsablaufes für den Datenaustausch mit eingebetteten Scannerprofilen ist der Einsatz der Apple-ColorSync-Filter immer noch empfehlenswert.

ICC-Profil statt Separationseinstellungen

Die Parameter für die Separation in einen druckbaren Farbraum können wie gewohnt gewählt werden. Schwarzaufbau, Gesamtfarbauftrag, Tonwertzunahme und Graubalace werden im Menü CMYK-Setup gesteuert. Farbmanagementanwender wählen anstelle der Separationseinstellungen das gewünschte ICC-Druckprozessprofil und sind von den internen Separationseinstellungen befreit. Zudem dient das Ausgabeprofil für die Herstellung der CMYK-Vorschau. Dadurch werden Dateien im RGB- oder LAB-Modus ohne Umrechnung im Ausgabefarbraum dargestellt. So gelangt der bildbearbeitende Mensch zu einem farbverbindlichen Softproof.

«Manueller» Gamma-Abgleich

In einem neuen Kleid kommt das Kontrollfeld Gamma von Adobe daher. Das Werkzeug für den Monitorabgleich ist stark erweitert worden und erstellt ICC-Monitorprofile. Dabei wird jedoch keine Messtechnik eingesetzt, sondern der Abgleich basiert auf der optischen Beurteilung mehrerer Kriterien am Monitor. Auf einer kleinen Reise wird der Anwender aufgefordert, anhand von Helligkeit, Kontrast, Graubalance, Farbabgleich und Lichtart festzulegen. Im Gegensatz zu Monitorprofilen, die auf einer spektralen Messung basieren, ist die Qualität dieser «optisch» erstellten Profile fragwürdig. Bei mehreren Profilierungen mit dem Kontrollfeld fallen die Resultate unterschiedlich aus. Sicher ist aber, dass sich die Farbverbindlichkeit des Bildschirmes gegenüber einem unprofilierten Monitor verbessert.

Farbverwaltung mit PageMaker

Für die Implementation des Farbmanagements kann PageMaker ein Kränzlein gewunden werden. Schon mit der Version 6.0 beherrschte das Layoutprogramm den Umgang mit ICC-Profilen. Mit der Unterstützung von Bildern im LAB-Farbraum hatte PageMaker schon früh den geräteunabhängigen Arbeitsablauf realisiert.

Übersichtlich und verständlich hat Adobe die ICC-Kompatibilität in die Software eingebaut. Jeder Anwender, der sich die Mühe und Sorgfalt nimmt, in den Vorgaben die exakten Farbprofile zu definieren, und Ordnung in der Systemumgebung hat, wird mit farbechten Darstellungen seiner Dokumente belohnt.

Der Knopf «CMS einrichten» im Fenster der allgemeinen Vorgaben beinhaltet alle nötigen Einstellungsmöglichkeiten für ein farbverbindliches Publizieren mit Farbmanagement. Etwas fremd klingen beim ersten Augenschein die Begriffe Probedrucker und Farbauszugsdrucker. Probedrucker steht für einen Farbdrucker, der die Auszüge zu einem Proof zusammenstellt. Farbauszugsdrucker meint die Belichtung der Separationen und den folgenden Druckprozess. Der Anwender kann wünschen, ob die Seitendarstellung am Monitor den Druckprozess oder die Ausgabe des Farbdruckers simulieren soll. Das für diesen Zweck benötigte Monitorprofil hat sich PageMaker bereits aus dem Kontrollfeld ColorSync in der Systemumgebung herausgesucht und im Menü ColorSync Einstellungen unter Monitor eingetragen. Sind die Profile für Druckprozess und Farbproofer definiert und die Option «Probezusammenstellung auf Drucker» eingeschaltet, simuliert der Farbdrucker bei der Ausgabe das spätere Druckprodukt. Beim Einsatz professioneller ICC-Profile stimmt die Farbwiedergabe am Monitor mit Proof und Druck überein.

Softproof am Bildschirm

Für den Import von Bildern in den Farbmodellen RGB und CMYK können ICC-Quellprofile als Vorgaben definiert werden. Das Dialogfenster der Bildpositionierung beinhaltet den Knopf «CMS Quelle …». Darin ist das Profil aktiviert, welches im CMS-Vorgabenfenster definiert wurde. Zur Darstellung in der Seite werden die Bilder von diesem Quellprofil zum Monitorprofil umgerechnet. Dabei wird das Simulationsprofil für Proofer oder Druckprozess berücksichtigt. Der Anwender sieht die Bilder farbecht als Softproof eines folgenden Ausgabeprozesses.

Die Nase vorn im Farbmanagement hat der PageMaker mit der kleinen, aber feinen Funktion für eingebettete Profile in Bildern. Ein kleiner Schönheitsfehler liegt in der Information über eingepackte Profile vom PageMaker an den Anwender. Das Dialogfenster beim Positionieren solcher Dateien verrät nichts über den Profilinhalt. Erst die Funktion «CMS Quelle …» unter «Bild» im «Einstellen»-Menü bringt den eingebetteten Gast zum Vorschein. Der PageMaker selber bietet mit der Exportfunktion die Möglichkeit, Bilder mit Profilen zu speichern. Dazu wird im Exportdialog für Grafiken einfach die Option «Profile einbetten» angewählt, und schon sitzt das Profil in der Bilddatei. Bei späterer Verwendung muss in diesem Fall einer Datei kein Profil zugewiesen werden.

Das Fenster zur Festlegung eigener Farben im PageMaker, funktioniert mit den Farbmodellen CMYK, RGB und HLS. Bei aktiver Farbverwaltung zeigt die Information im Farbdialogfenster das verwendete Profil für die Darstellung der neuen Farbe. CMYK-Farben benutzen als Vorgabe das Druckprozessprofil, und die Modelle HLS und RGB werden mit dem aktuellen Monitorprofil dargestellt.

EPS als Spielverderber

Enttäuscht wird der Teilnehmer am CMS-Spiel erst, wenn mit Bildern und Grafiken im EPS-Format gearbeitet wird. Positionierte EPS-Dateien werden von der PageMaker Farbverwaltung auf keine Art und Weise interpretiert. Nur der Einsatz von Hilfsprogrammen für Farbmanagement erledigt die EPS-Problematik. Solche Softwarepakete arbeiten EPS-Dateien via Hot-Folder-Mechanismen oder direkt bei der Seitenausgabe unter Berücksichtigung von ICC-Profilen ab. Leider führt auch dies nicht zur farbechten Darstellung in PageMaker-Dokumenten, da die Darstellung der Umrechnung erst bei der Ausgabe sichtbar wird.

Dieter Wassmer