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Druckertreibern Sie es auf die Spitze

Mit dem Druckertreiber auf Du und Du zu stehen, lohnt. Im speziellen für Desktop Publisher, die sich damit ihr Arbeitsleben erleichtern. Kennt man nämlich ihre Funktionsweise, lassen sich viele Aufgaben einfacher lösen, widrige Fussangeln elegant umgehen und Dinge erledigen, die Nicht-Eingeweihte für unmöglich halten.

Für «Otto Normalverbraucher» mag es ausreichen, von den Druckertreibern zu wissen, dass sie es sind, die die Kommunikation zwischen Anwendungsprogramm und Drucker herstellen und den Druckdialog anzeigen. Für Desktopper dagegen lohnt es sich, etwas hinter die Kulissen zu blicken und ist – beispielsweise bei der externen Vergabe von Druckaufträgen – unvermeidlich. Schon mancher Laie erlebte eine böse Überraschung , als er ein liebevoll gestaltetes Word-Dokument professionell ausgeben lassen wollte: Schriften liefen anders, der Seitenumbruch war im Eimer und das Resultat in keiner Weise den Erwartungen entsprechend. Ein Profi im Publishing-Bereich hätte dagegen das Dokument auf den Reindrucker abgestimmt oder mit einer Druckdatei gearbeitet.

Kein Exorzist ist gefragt, aber...

Gewisse scheinbar unerklärliche Phänomene werden plötzlich verständlich, wenn man das Zusammenspiel von Betriebssystem, Anwendungsprogramm und Drucker durchschaut. Der Briefkastenonkel von jedem PC-Kummerkasten kennt beispielsweise jene verzweifelte Klage ratloser Computerbenutzer, in Winword oder einer anderen Textverarbeitung seien nur wenige Schriften zu sehen (meist «Modern» und «Roman 10cpi»), obwohl doch unzählige Schriften installiert seien; und auch Änderungen des Schriftgrades bleiben unberücksichtigt. Kein Defekt, kein Virus ist Grund für dieses Verhalten, sondern die Tatsache, dass sich Winword bei der Darstellung der Dokumente an den Fähigkeiten des gewählten Druckers orientiert und momentan kein oder ein falscher Druckertreiber aktiv (d.h. in der Systemsteuerung als Standard gesetzt) ist. Probieren Sie’s aus: Installieren Sie den Treiber «Universal/Nur Text» in Ihrem System und wählen Sie diesen als Standard – Word wird keine der Formatierungen mehr anzeigen.

Verdient Beachtung:

Die Reindrucker-Einstellung

Ähnlich verhält sich auch PageMaker. Er organisiert Umbrüche und Seitenaufbau zwar nicht nach dem aktuell gewählten Drucker – das wäre fatal, denn es würde wie bei Winword ein Druckerwechsel zu einem unkalkulierbaren Risiko machen. Nein, PageMaker richtet sich beim Seitenaufbau nach den Einstellungen unter «Datei» – «Datei einrichten» – «Reindrucker». Diese Einstellung sollte möglichst nicht geändert werden, denn sonst droht eine Veränderung des Layouts. Daher gilt: Arbeitet man an verschiedenen Arbeitsstationen an denselben Satzdateien, sollte man sich im Team auf einen Druckertreiber einigen, der auf allen Geräten installiert ist und in allen Satzdateien als Reindrucker gewählt ist. Empfohlen sei beispielsweise eine Installation des Adobe-PostScript-Treibers mit dem PPD «Linotronic 300» (dazu später mehr).

Tägliches Brot: Printfiles

Der Trick, nicht direkt an einen Drucker, sondern in eine Datei zu Drucken, ist äusserst hilfreich in vielen Lebenslagen und das tägliche Brot für Desktop-Publisher, die mit externen Dienstanbietern zusammenarbeiten. Schliesslich werden damit viele Fragen hinfällig: Verfügt der Belichter über alle verwendeten Schriften? Besitzt er die gleichen Programme in derselben Version wie ich? Wurden alle Grafiken mitgeliefert? An all diesen Punkten kann ein Druckauftrag scheitern und teure Fehlbelichtungen zur Folge haben.

Druckdateien unter NT und 95

Unter Windows 95 oder NT ist das Schreiben in eine Druckdatei keine Hexerei und geht so vor sich:

Installieren Sie den entsprechenden Druckertreiber und verbinden Sie diesen dann nicht mit einer Schnittstelle, sondern mit einer Datei. Aktivieren Sie hierzu zuerst (unter Windows 95/NT) den Eigenschafts-Dialog des entsprechenden Druckers («Arbeitsplatz» – «Drucker» – und dann ein Rechtsklick auf das Ikon). Wählen Sie dann im Reiter «Details» unter «Anschluss für die Druckausgabe» den Eintrag «FILE: (Erstellt eine Datei)». Nun werden Sie, wenn Sie den Druckbefehl anwählen, mit einer Dialogbox konfrontiert, bei der Sie Speicherort und -name der Druckdatei angeben können. Diese Datei kann dann sogar vom DOS-Prompt aus auf dem entsprechenden Gerät ausgedruckt werden. Geben Sie dafür an der Kommandozeile COPY A:\TEST.PRN /B PRN ein, um eine Druckdatei mit dem Namen TEST.PRN von Diskette auszudrucken.

Während bei billigeren Geräten der Datenverkehr zwischen Drucker und Druckertreiber in einer eigenen, nichtnormierten «Sprache» stattfindet, arbeiten teurere Geräte mit PostScript. Dies bietet verlässliche Qualität. Es kann also nicht passieren, dass gewisse Formatierungen beim Druck nicht berücksichtigt werden. Ärgerliches Beispiel hierfür: Ein Brother-Laserdrucker HL-660 (ohne PostScript) ignoriert manuelle Änderungen der Buchstabenbreite und hat Mühe, transparente und deckendende Flächen zu unterscheiden.

Zum zweiten sind solche PS-Druckdateien auch portabel: Eine Druckdatei für einen Linotronic-Belichter läuft auch auf einem Lexmark-Laserdrucker und auch vor fremden Betriebssystemen ist kein Halten. PostScript-Code kann unter Unix, Macintosh und Windows gleichermassen verwendet werden. Auch bei den Druckertreibern haben Besitzer von postscript-tauglichen Ausgabegeräten mehr Freiheiten. Neben dem Treiber des Herstellers kann auch der Druckertreiber vom PostScript-Erfinder Adobe eingesetzt werden. Trotz seiner Universalität kann dieser Treiber exakt auf die technischen Möglichkeiten (Papierschächte, Speicherausbau, Duplexfähigkeit etc.) eines jeden PostScript-Druckers eingestellt werden. Dies erfolgt über sogenannte PPDs («PostScript Printer Description») – ASCII-Steuerfiles –, in dem alle Parameter des entsprechenden Ausgabegeräts definiert sind. Dieses Konzept mutet nachgerade genial an: Für ein neues Druckermodell muss kein eigener (meist doch recht grosser) Treiber programmiert und installiert werden – es reicht, ein entsprechendes PPD zu erstellen. Ausserdem ermöglicht es dem Anwender, das PPD für seinen Drucker zu modifizieren: Optionen können ausgeblendet und Parameter den eigenen Bedürfnissen (natürlich innerhalb der Hardware-Möglichkeiten) angepasst werden. Praktisch für Systembetreuer, die den Anwendern das Leben leichter machen möchten, indem sie ihnen einen massgeschneiderten Druckertreiber zur Verfügung stellen, der nur die für die jeweilige Aufgabe relevanten Einstellungen enthält.

PS-Driver 4.11: Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Adobe

Die aktuelle Version des «Adobe-PS-Drivers» ist 4.11 und diese bietet in vielen Fällen mehr Optionen als der Treiber des Hardware-Herstellers. Erst noch äusserst nützliche – genannt seien en passant folgende: Ausgeklügelte Duplex-Funktionen, Mehrseitendruck; Seiten können skaliert, invertiert und gespiegelt werden. Natürlich lassen sich auch die Hardware-Parameter anpassen. Ebenfalls nützlich ist die Schriftenersetzungstabelle, die es einem ermöglicht, Truetype-Fonts durch Type 1-Schriften substituieren zu lassen – und zwar gemäss den eigenen Vorstellungen, die Tabelle ist leicht konfigurierbar.

Besonderes Augenmerk sollte man bei der Konfiguration dem Reiter «PostScript» schenken. Hier kann man die maximale Kompatibilität des erzeugten PostScript-Codes sicherstellen, indem man unter «PostScript output format» «PostScript (optimize for portability – ADSC) – ADSC)» wählt. Unter «Advanced» kann man weiter an den Einstellungen «schräubeln», um den Treiber besonders gezielt auf die bevorstehende Aufgabe einzurichten: Unter «Data format» wird man, wenn man auf ein fremdes Gerät geht, «ASCII data» wählen – denn damit ist der erzeugte Code plattformübergreifend verwendbar. Für die Ausgabe auf älteren Geräten wird man vorsichtshalber die Funktion «Use PostScript Level 1» ankreuzen und «Bitmap compression» ausschalten.

Verborgene Perlen

Spätestens seit Adobe Acrobat weiss man, dass Druckertreiber und -dateien noch für anderes als zum Drucken benützt werden können. Es gibt auch noch andere Gebrauchsweisen für diese Softwaretreiber: Besitzt man beispielsweise eine Anwendung, die nützliche Informationen bietet, es aber nicht erlaubt, diese auf Festplatte zu speichern, kann man die Druckfunktion für diesen Zweck missbrauchen. Man wählt den eingangs erwähnten Treiber «Universal/Nur Text» und druckt nicht an einen Drucker, sondern in eine Datei. Nun müssen Sie nur noch die hässlichen Steuerzeichen aus der Druckdatei entfernen und schon haben sie die gewünschten Infos als ANSI-Text verfügbar. Auch Adobes PostScript-Treiber hat so eine Perle in petto: Im bereits erwähnten Feld «PostScript output format» kann man nämlich die Option «Encapsulated PostScript» auswählen. Tut man dies, erzeugt der Druckertreiber keinen druckbaren PostScript-Code, sondern ein EPS. Dieses lässt sich dann in verschiedensten Anwendungen wie eine normale Grafik einbinden und ausdrucken – u.a. in WinWord, PageMaker oder Quark XPress. Als Besitzer von Adobe Illustrator können Sie eine solche Datei sogar öffnen und editieren. Mit dem Wissen um diese Option stellen fehlende Importfilter zukünftig kein Problem mehr dar. Müssen Sie eine Powerpoint-Folie, eine ausgeklügelt formatierte Excel-Tabelle oder eine Corel-Grafik in ein Programm übernehmen, das keinen oder nur einen mangelhaften Importfilter für das gewünschte Format besitzt? Erzeugen Sie mit der beschriebenen Adobe-PS-Treiber Option ein EPS und Sie sind gerettet!

Tempotip

Es empfielt sich übrigens, für solche Aufgaben einen eigenen «Drucker» im System einzurichten: Wählen Sie als Basis ein passendes PPD – wir empfehlen «Colour General», welches sich für Exportaufgaben eignet und auch keine Umwandlung in Graustufen durchführt – und fügen mittels Adobe-Setup-Programm einen Drucker hinzu. Wählen Sie dann unter Eigenschaften die entsprechenden Optionen aus, und speichern sie den virtuellen Drucker unter einem sprechenden Namen («EPS exportieren» o.ä.). Nun müssen Sie für diese Aufgabe jeweils nur noch diesen Drucker wählen. Das Hantieren mit Optionen entfällt und Sie haben dafür ein paar freie Minuten für ein Schwätzchen mit Ihrem Lieblings-Bürokollegen.

Die schlechte Nachricht zum Schluss: Der Treiber existiert noch nicht für Windows NT.

Mac!

In diesem Artikel beschreiben wir die Arbeitsweise mit Druckertreibern unter Windows 95 und NT. Wie man’s mit Mac OS8 macht, steht im nächsten PUBLISHER.

Geistreiches Software-RIP

Die Vorteile von PostScript liegen auf der Hand und haben dieser Seitenbeschreibungssprache im Profi-Bereich zum Durchbruch verholfen. Ganz anders bei den Laien – sie machen meist einen Bogen um PostScript und behelfen sich mit anderen Grafikformaten. Verständlich, denn das Handling von PostScript-Dateien ist ziemlich komplex. Kein Betriebssystem ausser das kaum verbreitete NeXT kann PostScript direkt anzeigen. Für die Bildschirmdarstellung gelangt in den Programmen daher eine niedrigauflösende Bildschirmdarstellung oder gar nur ein grauer Kasten zum Einsatz. Erst bei der Ausgabe mit hochwertigen Laserdruckern, entsprechend aufgerüsteten Ink-Jets oder Belichtern kommt die PS-Qualität zum Tragen.

Für ambitionierte Laien, die nicht auf die Vorteile von PostScript verzichten wollen, steht ein Hintertürchen offen: Mit «Ghostscript» steht ein kostenloser PostScript-Interpreter zur Verfügung, der PostScript-Code professionell rippt.

Ganz UNIX-like ist Ghostscript befehlszeilenorientiert und verfügt über eine reichlich kryptische Syntax (kann dafür aber via Batch-Dateien o.ä. benutzt werden!). Der folgende Aufruf würde beispielsweise die Datei Test.PS auf einem HP Laserjet 4 ausgeben:

gs386 -q -dNOPAUSE -sDEVICE=ljet4 Test.ps -c quit

Falls Sie nicht auf solche Aufrufe stehen: Es gibt mittlerweile das Programm GSView, das die Funktionalität über eine grafische Benutzeroberfläche bereitstellt.

Wärmstens zu empfehlen

Ghostscript kann PostScript und PDF-Dateien am Bildschirm darstellen – eine auch für Profis enorm interessante Funktion, die unter Umständen teure Fehlbelichtungen verhindert.

Die zweite Fähigkeit von Ghostscript ist die Umsetzung von PostScript-Dateien für nichtpostscriptfähige Drucker. Das Ghostscript- Paket enthält eine Vielzahl von Treibern zur Ansteuerung verschiedener Druckermodelle. Doch sogar bei einem vorhandenen PostScript-Gerät kann Ghostscript die Druckausgabe optimieren: Falls der Computer einen wesentlich schnelleren Prozessor oder einen besseren Speicherausbau verfügt, lässt sich die PostScript-Ausgabe in vielen Fällen durch den Einsatz von Ghostscript beschleunigen.

Auch für die Bearbeitung von EPS-Dateien bringt Ghostscript nützliche Funktionen mit: So können Prieviews in verschiedenen Formaten erzeugt (oder auch wieder gelöscht) werden.

Seit Version 3.33 unterstützt Ghostscript auch Adobe Acrobat und enthält einen Interpreter für das Portable Document Format. Ghostscript zeigt PDF-Dateien an, druckt sie aus oder verwandelt sie wieder in PostScript zurück; Hypertext-Verweise oder Anmerkungen werden allerdings nicht berücksichtigt. Seit Version 4.0 konvertiert Ghostscript auch PostScript-Dateien nach PDF, fungiert also als Ersatz für den Distiller.

Unix, Mac und Windows

Ghostscript erweist sich in der Praxis als äusserst robuster und zuverlässiger PostScript-RIP, und ist für alle gängigen Betriebssysteme erhältlich. Sie können die aktuelle Version 5.03 aus unserem Download-Bereich herunterladen. msc

Autor des Artikels ist Matthias Schüssler