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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


RALF TURTSCHI Nach dem Wunsch vieler Unternehmen sollten Farben, die im Logo oder in anderen grafischen Elementen vorkommen, gleich sein. In der Unternehmenskommunikation sind Farben breit und prominent vertreten: Printprodukte wie Geschäftsdrucksachen, Flyer, Verkaufsunterlagen, Geschäftsberichte usw., die Aussen- und Innenbeschriftung und die Beschriftung der Fahrzeuge. Dann kommt Farbe in der Architektur oder der Innenarchitektur vor, im Internet, in PowerPoint-Präsentationen oder im Werbespot. Vom Maschinenpark bis hin zu Give-aways wie Kugelschreibern, Mausmatten oder textilen Artikeln, Farbe wird nicht nur gedruckt, auch gemalt und gespritzt. Farbe ist auch eine Materialfrage, sie kommt nicht nur auf Papier, sondern auch in Form farbiger Kunststoffe, Garne oder Gewebe zum Einsatz. Oder dann wird Farbe durch Licht erzeugt, zum Beispiel bei LED-Reklametafeln. 

Farbmodelle

Alle diese Einflussfaktoren von Farbe zusammengenommen ergeben ein ziemlich unübersichtliches Gesamtbild, in dem sich verschiedene Prota­gonisten tummeln. Dem Anwender ist bekannt, dass das Farbmodell RGB auf Lichtfarben basiert, die in der Mischung «Weiss» ergeben. Wobei Weiss nur ein theoretischer Wert ist, denn kein Bildschirm kann Weiss so darstellen, dass die ­Weisse eines Büropapiers erreichbar ist.

Im Druck arbeitet man mit den Körperfarben CMYK, die gemischt zusammen «Schwarz» ergeben. Wobei auch bei Schwarz der Bildschirm und der Druck erhebliche Differenzen aufweisen. Beim Modell Pantone füllt der Drucker eine vorgemischte Pantone-Farbe aus der Farbbüchse in die Druckmaschine. Mit Pantone lässt sich ein grösserer Farb­raum abdecken als mit CMYK. Diese drei Beispiele zeigen, dass es unmöglich ist, die gleiche Farbe auf dem Bildschirm wie im Druck zu erhalten. Für die letzten Zweifler sei das Beispiel von metallisierenden Farben erwähnt – Gold und Silber kann man auf dem Bildschirm nicht richtig darstellen, sehr wohl aber drucken oder mit einer Folie prägen. Es ist also unmöglich, Farbe überall identisch zu reproduzieren. Es kann sich demzufolge nur um einen Optimierungsprozess handeln, Farbe möglichst identisch zu halten. Ob sich der Optimierungsaufwand auch lohnt, ist nicht erwiesen, obwohl sich sehr viele Marketingverantwortliche darüber den Kopf zerbrechen. Wohl keine Konsumentin hat die Migros je gemieden, weil an «ihrer» Filiale das neue Logo noch nicht ausgewechselt wurde oder weil das Logo in der Zeitung etwas blasser als vorgesehen gedruckt wurde.

Weitere Farbmodelle existieren auch ausserhalb der grafischen Branche. Wo Lacke für Maschinen oder das Einfärben von Gebäudefassaden, Türen usw. im Spiel sind, setzt man RAL-Farben ein, für Beschriftungen aller Art kennt man Scotchcal-Folien von 3M. Neben Pantone gibt es für den Druck von Spotfarben ein ähnliches Modell: HKS. In der Industrie ist NCS verbreitet. All diese Farbmodelle sind in sich geschlossen, es ist nicht einfach so möglich, von einer Pantone-Farbe auf eine RAL-Farbe zu schliessen.

Hürden der Praxis

In der Praxis trifft man folgendes Vorgehen: Eine gewünschte Farbe für ein neues Logo wird anhand des Pantone-Fächers bestimmt. Unser Beispiel rechts zeigt das Logo der Firma Tecalto in Zürich mit der Pantone-Farbe 178. Das Pantone Matching System kennt zusätzlich die Bezeichnungen C für «Coated» und U für «Uncoated», welche sich auf Naturpapier und gestrichenes Papier beziehen. Das neue System «Pantone Goe» enthält wieder andere Farbnummern. Die Entsprechung im Farbraum CMYK kann im Pantone-Fächer abgelesen werden. Die RGB-Werte können über die Software Photoshop bestimmt werden. Mit diesen Werten können die ersten Drucksachen sowie die Website gefertigt werden. Schon hier entstehen Unsicherheiten, denn der Pantone-­Fächer «übersetzt» die Farbe 187 in 91% Magenta, 72% Gelb und 23,5% Schwarz. ­Adobe Illustrator hingegen macht daraus 100% Magenta, 80% Gelb und 25% Schwarz. Was gilt? Im Farbfächer von RAL findet man durch Vergleiche die Farbe RAL 3027, die liegt nahe bei den beiden andern Rottönen in CMYK und Pantone. Glück bei Scotchcal, da wird aus dem Fächer die Nr. 3630-83, Regal Red bestimmt. Die Differenz bei diesem Rotton innerhalb der einzelnen Systeme ist minimal und akzeptierbar. Anders sieht es aus bei bestimmten Beigetönen, bei Olive- oder Ockertönen bei Lila oder Violett, wie bei der Abbildung links ersichtlich. Je nach Tonwert ist die Farbe bei RAL oder bei Scotchcal vorhanden oder auch nicht. Scotchcal zeigt auf dem Fächer 64 Farben, RAL 210, der neue Pantone-Fächer zählt über 2000 Farben. Es ist nur logisch, dass dabei Kompromisse in der einheitlichen Farbgebung gefunden werden müssen.

Bei der Farbbestimmung des Logos muss deshalb immer ein Blick auf die schwächer bestückten Farbsysteme geworfen werden. Wer RAL oder Scotchcal nicht mit ins Boot nimmt, der wird später im schlechtesten Fall mit erheblichen Farbabweichungen leben müssen. Diese zu minimieren, ist eine Kompetenzfrage bei der Farbwahl – es ist weniger eine Frage der unzulänglichen Technik.

Basis für Farbmodelle

Was in der Praxis fehlt, ist eine Basis, welche für alle Farbmodelle gilt. Eine solche Basis kann naturgemäss nur aus dem theoretischen Lab-Modell (s. Abb.) bestehen, weil Lab medienneutral auf dem sichtbaren Spektrum basiert. Dies wiederum bedeutet, dass man einen Standard braucht, in welchem alle Farben vertreten sind, also nicht nur RAL-Farben, RGB oder CMYK. Wenn alle Farbenhersteller ihre Modelle mit Farbwerten aus dem Lab-Modell bestücken würden, wäre es einfach, eine in einem Modell gewählte Farbe in ein anderes Modell umzurechnen und somit alle Farbmodelle in grafische Programme zu integrieren. Es wäre wunderbar, wenn alle Anbieter sich auf die gleiche Denkweise einigen würden, und Farben entwickelten, die alle ein entsprechendes Pendant in anderen Farbwelten erhalten würden. Wenn man sich hier nur auf 100 Farbtöne im Farbkreis einigen könnte, wäre schon viel erreicht. Man stelle sich vor, Pantone Orange ISO 1650 würde exakt der Farbe RAL ISO 1650 und Scotchcal ISO 1650 entsprechen.

Man hätte dann immer noch das Problem der metallischen Farben wie Gold, Silber oder Bronze – auch könnte man den Einfluss des Papiers oder der Materialoberfläche auf die Farbe nicht überwinden. Und Lack kann man ebenfalls nicht auf dem Bildschirm mit RGB simulieren. Aber wenigstens wären diese systeminhärenten Fehler minimiert und bessere Voraussetzungen geschaffen, ein gesamtheitliches Erscheinungsbild mit weniger Farbabweichungen zu gestalten.