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PDF-Fotobuch, unlimited

Für gedruckte und gebundene Fotobücher gibts eine ganze Anzahlvon Internetportalen, die im Format, in der Schriftwahl, in der Seiten­zahl, in Bindeart oder Papierwahl eingeschränkt sind. Bookfactory legt nun mit einem PDF-Workflow einen Zacken zu.

RALF TURTSCHI Mit einer Tagesausbeute von etwa 150 Bildern gehöre ich zu den Hobbyfotografen, die sammeln und jagen. Die Digitalfotografie ist ja nicht mit Filmkosten verbunden, und so fotografiere ich Belichtungsrei­hen oder Bildvarianten. Abends sichte ich den Fang und lösche die nicht Ver-wendbaren direkt schon in der Kamera. Eine 14-tägige Rundreise in Schweden und Norwegen im August 2009 führte zu 8,31 GB Daten und 1660 Motiven, die ich so niemandem zumuten kann. Ein Fotobuch ist überall hin mitzunehmen, und meist kann man Freunden oder Verwandten den letzten Urlaub schon mit einer Auswahl näherbringen.

Für das Fotobuch sollten wirklich nur die besten Motive verwendet werden, denn durch den Druck und die Bindung erhalten sie einen höheren Wert als Prints. Ich entscheide mich für eine chronologische Abfolge und selektio­niere etwa 500 Bilder, die ich in 14 Ordner, für jeden Tag einen, speichere.

Der Fotobuchanbieter Bookfactory, Mönchaltorf, bietet seit Neustem das Format A3 quer an, mit einer gigantischen Doppelseite, die über 80 cm breit ist. Wow, welche Möglichkeiten für Panoramas! Meine von Nikon hierfür zur Verfügung gestellte D90 schreibt 12,2 Megapixel, was als JPG gespeichert 3–6 MB pro Bild ergibt. In Photoshop führen die 4288 × 2848 Pixel bei 300 ppi zu einer Bildgrösse von 36,3 × 24,11 cm. Das Dokumentformat ist 40 × 29,4 cm – falls ich die volle Breite ausschöpfen will, muss ich die Bilder um 10–20% skalieren. Was mich nebst dem riesigen Format anzieht, wie eine Motte vom Licht angezogen wird, ist der PDF-Workflow, der jetzt unter Auslassung der Fotobuchsoftware von www.bookfactory.ch möglich ist. Ich muss mich also nicht mehr mit Software auseinandersetzen, die halt trotz aller Features auf den Consumermarkt ausgerichtet ist und die kein Umbruchprogramm aufweist, keine eigenen Schriften einbindet und bei der typografische Feinheiten auf der Strecke bleiben. Freisteller oder Transparenz, Schatten und all das lieb gewonnene Chichi von InDesign – das soll nun möglich sein! Zudem kann ich meine Daten besser verwalten, besser korrigieren, proofen usw. Freiheit pur.

Fotobuchgestaltung

Zuerst sollte man sich fragen, wozu das Buch gut ist. Ist es ein Tagebuch zum Lesen? Oder will man einfach die Ferien dokumentieren? Ein Fotobuch ist, wie der Name sagt, ein Bilderbuch. Als Gestaltungsmittel drängt sich einRastersystem auf, das Pendant zu ei-nem Satzspiegel, in welchem alle Bilder angeordnet werden. Ich bevorzuge dabei Rastersysteme, die flexibel sind und die auf meine (vor allem) querformatigen Bilder Rücksicht nehmen. Die Bildproportion beträgt bei der Nikon D90 1: 1,5, was ein schmaleres Format ergibt als zum Beispiel bei der Nikon Coolpix, die 1 : 1,3 schreibt. Wenn ich ein Rastersystem anlege, welches diesem Format gerecht wird, kann ich die Bilder ohne grossen Beschnitt gestalten. Ich öffne in InDesign ein neues Dokument im vorgeschriebenen Format 400 × 294 mm, lasse ringsum 12 mm Rand, im Bund 15 mm, und teile die Fläche in 8 Zellen horizontal und vertikal ein. Als Steg definiere ich 3 mm. Dieses Rastersystem hält mir alle Optionen offen, mit den Bildgrös­sen zu spielen. Eine Zelle hat die Proportionen von 1 : 1,4, darin findet fast ein volles Bildformat Platz. Selbstverständlich kann ich die Bilder auch über mehrere Zellen gestalten.

Workflow

Als Erstes fülle ich die Rasterzellen chronologisch mit den Bildern, die ich in einer ersten Auswahl der 500 besten selektiert habe. Ich achte auf einen bestimmten Mix von grossen und kleinen Bildern, die in der Abfolge Spannung erzeugen. Die Reise endet bei 178 Seiten, ohne Umschlag. Im Überblick kann man da und dort etwas straffen, streichen oder Bilder zusammenlegen. Im A3-Format wird auf der HP Indigo nur ein Blatt vor- und rückseitig gedruckt, es handelt sich also um eine Einzelblattherstellung, deshalb spielt die Seitenzahl auch keine Rolle. Im A4-Format werden 4er-Bogen gedruckt, hier muss die Seitenzahl des Buchblocks durch 4 teilbar sein.

Meine Kürzungen führen schliesslich zu einer Seitenzahl von 160 Seiten. Ich lege die Paginierung an und beginne die Fotos mit Bildlegenden zu versehen. Auf grosse opulente Typografie oder auf eine Gliederung innerhalb des Buches verzichte ich, da die Bildabfolge chronologisch ist. Nun verpacke ich die Datei in InDesign, damit kommen alle effektiv verwendeten Bilder in den Ordner, der mit Links bezeichnet ist. In meinem Buch sind es 480 Bilder, das macht im Schnitt genau 3 Bilder pro Seite. Normalerweise rechne ich mit 2 Bildern. Nochmals: Qualität geht vor Menge. Nun gehe ich die Bildverarbeitung an. Jedes Bild wird in Photoshop geöffnet, in Kontrast, Gradation, Sättigung und Schärfe bearbeitet – alles im RGB-Modus.

Die Dateigrösse rechne ich dabei nicht auf die Endgrösse herunter, alle RGB-Daten bleiben in der Originalgrösse. Ich fotografiere grundsätzlich im Nikon-Qualitätsmodus Fine bei maximaler Bildgrösse 12 MB, damit ich später alle Bilder auf A3 skalieren kann. Allerdings speichere ich in der Kamera JPG-Daten, die kleiner sind als RAW-Daten, mit dem Kompromiss, dass JPG-Artefakte entstehen, die im Druck jedoch nicht zu sehen sind.

Die Bildverknüpfungen der InDesign-Datei werden nun aktualisiert. Ich habe es in der Hand, welche Seiten ich proofen will, um Texte zu lesen, Bilder zu prüfen oder die Gestaltung zu überdenken.

Auf www.bookfactory.ch liegt eine detaillierte «Anleitung zum Erstellen von eigenen Büchern», dokumentiert ist auch die PDF-Erzeugung, die man einfach Schritt für Schritt nachvollziehen kann. Es wird ausdrücklich ohne Ausgabeprofil gearbeitet, weil dieses Profil durch das Maschinenprofil mit dem eingesetzten Papier ersetzt würde. Bookfactory bietet einen Preflight-Checker, der einem sagt, ob das geprüfte PDF-Dokument in Ordnung ist oder welche Fehler es allenfalls enthält.

Die Fotobücher werden nach einem eigenen Profil gedruckt. Man misst bei Bookfactory auch und vergleicht mit dem ISO-Standard PSO, doch nur mit Messen wird die maximale Qualität nicht erreicht. Und schliesslich müssen die Kunden zufrieden sein, gleich wie gedruckt wird. Schwierig wirds dann, wenn zum Beispiel identische Nachdrucke verlangt werden.

Die Produktion via PDF aus Profiprogrammen hat den Vorteil, dass ich alle Daten bei mir auf DVD archivieren kann. Mein Fotobuch veranschlagt aktuell 3 GB Daten. Falls ich nachbestellen will, habe ich alle Daten sofort im Zugriff und muss sie nicht mit einer Software wieder zugänglich machen. Zudem fällt es mir leichter, mit der gewohnten Software InDesign zu arbeiten, die alle Feinheiten bietet, die ein Profi beansprucht.

Der Hardcover-Umschlag

Beim PDF-Workflow hat man die Ausmasse des Umschlages selbst zu berechnen. Die entsprechenden Angaben liest man aus der bereits erwähnten Anleitung. Zum Beispiel ist ein bestimmtes 150-Gramm-Papier 0,155 mm dick. 160 Seiten sind 80 Blätter × 0,155 mm = 12,4 mm. Dazu kommen noch 2-mal der Umschlagkarton in einer Dicke von 3,3 mm. Der Buchrücken wird in diesem Beispiel also 15,7 mm dick. Die Dokument­grös­se in InDesign für meinen Umschlag beträgt 857 × 330 mm, ein veritables Dokument. Das Panorama habe ich aus 6 Einzelaufnahmen in Photoshop (Datei > Automatisieren > Photomerge) zusammengefügt, es beträgt nun 75,4 MB.

Der Umschlag der übergrossen Bücher läuft auf einem Plotter. Die Gesamtbreite liegt über der maximalen Druckbreite einer HP Indigo. Mit CMYK + Light Cyan + Light Magenta wird eine Qualität erreicht, die einen deutlich grös­seren Farb­umfang abdeckt, als der ISO-Standard vorsieht, was nicht ganz unproblematisch ist, weil offenbar nicht alle Kunden die gleiche Farbkraft verlangen und Sättigung auch ins Unnatürliche kippen kann.

Papierwahl

Ein Highlight ist in der PDF-Fotobuchproduktion die Papierwahl. Das üblicherweise verwendete Standardpapier ist 170 g, weiss, halbmatt gestrichen. Man kann nun neu aus verschiedenen Papiergewichten auswählen. Und nun kommt der Hammer: Sogar Naturpapiere, Designpapiere wie Munken Lynx oder strukturierte Papiere wie ein Stone von Gmund sind im Angebot. Der Digitaldruck spielt hier einmal seine Stärken voll aus, weil die Elektro-Ink auf dem Papier aufliegt und nicht ins Papier wegschlägt, wie dies beim Offset der Fall ist. Das Resultat ist verblüffend brillant, die Schwärzung unerreicht. Eine solche Qualität liegt hoch über der üblichen Offsetqualität auf Naturpapier. Haptische natürliche Anmutung des Papiers, kombiniert mit Farbbrillanz – das hat mich fast umgehauen.

Im weiteren Bookfactory-Produktionsangebot sind Softcover, klebegebunden, oder WIRO-Bindung, Einbände aus Samt, Japanseide oder Echtleder, was einem toll gedruckten Fotobuch noch das Sahnehäubchen aufsetzt. Prägungen auf Leder machen das Buch zu einem hochwertigen Hingucker.

Bei Bookfactory sind alle Gestaltungsvarianten wie freie Formate und Seitenzahlen möglich, in einer «Professional Line», die individuelle Beratung und Preise einschliesst.

Infobox

Standard-Fotobücher: über das Webportal www.bookfactory.ch

 

Anleitung über den PDF-Workflow, Formate und Materialien

http://www.bookfactory.ch/publishing

 

Kontaktperson für PDF-Workflow: Peter Kern, PrePress,Tel. +41 44 949 44 71,

pk@bubu.ch