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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


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�Analoge� Gestaltung digital reproduziert auf Transparentpapier

Das Cover dieser Ausgabe basiert auf einer in Handarbeit erstellten Collage und lebt vom Spiel mit der Transparenz des Papiers. Möglich macht dies ein Digitaldruck mit Deckweiss auf einer HP Indigo 5500.

Martin Spaar Mit der Gestaltung des Covers dieses Heftes wurde die Agentur Binkert Partner in Zürich beauftragt. Die Aufgabe bestand darin, die Fähigkeiten der HP Indigo, mit Deckweiss zu drucken, für ein ganz spezielles Cover zu nutzen. Die Zeitschrift als Druckmedium sollte dabei ihre Stärken ausspielen können, indem das Materielle, Greifbare in den Vordergrund rückt. Peter Binkert machte erste Versuche mit strukturierten, farbigen Papieren und kam dann auf die Idee, transparentes Papier zu verwenden, das ein noch weitergehendes Spiel mit dem Deckweiss erlaubt.

Für das Sujet der beiden äusseren Umschlagseiten setzte Binkert auf eine Collage, weil sich damit das Spiel verschiedener Materialien besonders schön umsetzen liess. Für diese Collage hatte die Illustratorin Nina Binkert die unterschiedlichsten Werkstoffe verklebt und vernäht: beiges Wickelpapier, Schnipsel einer Postkarte, ein grünes Schnittmusterpapier und rotes Seidenpapier, durch das eine darunterliegende Zeichnung sichtbar ist.

Das Publisher-Cover zeigt nur einen kleinen Ausschnitt dieser Collage, welche im Format A4 gefertigt ist. Für die digitale Reproduktion wurde die Collage mittels Doppelbelichtung so aufgenommen, dass Schatten entstehen, welche die Struktur sichtbar machen. Der Fotograf Markus Vögeli verwendete dafür eine Nikon D3X mit 24 Megapixel-Sensor. Das ursprüngliche RAW-Bild wurde in ein ECI-RGB umgewandelt, um den grossen Farbraum zu erhalten.

Vielschichtige Gestaltung

Peter Binkert ist mit dem Druckresultat sehr zufrieden: «Die Kraft des Originals mit den intensiven Farben kommt voll zum Tragen.» Auch das Spiel mit der Transparenz entspricht ganz seiner Absicht. Auf den weissen Feldern der vierten Umschlagseite schimmern die inneren Umschlagseiten durch und machen den Betrachter neugierig. Dieses Spiel mit der Vielschichtigkeit steckt auch im Wort «Cover» im grossen weissen Feld auf der vierten Umschlagseite. Dieses greift bezüglich Typografie und mit dem roten Punkt das CI der Firma Chromos auf. Zudem spielt es mit der Mehrdeutigkeit zwischen dem Zeitschriften-Cover und dem englischen «to cover» im Sinn von decken. Und schliesslich covern wir mit unserem Cover eine analoge Collage in einer digitalen Reproduktion ...

Peter Binkert will mit dem aktuellen Publisher-Umschlag dazu anregen, Experimente mit neuen Effekten zu wagen und diese zusammen mit dem Drucker zu entwickeln. Er selbst sieht sich jedenfalls dadurch zu neuen Projekten inspiriert, die vom Spiel zwischen Weiss und farbigem oder transparentem Papier leben.

Wieviel Transparenz darfs denn sein?

Gedruckt wurden die rund 10 000 Covers bei der Reprotechnik Kloten AG (RTK) mit einer HP Indigo 5500. Da man den Effekt des Deckweiss und die Transparenz des Papiers am Bildschirm nicht simulieren kann, waren alle Beteiligten sehr gespannt auf die ersten Andrucke. Bei diesen ging es vor allem darum, die Deckkraft des Weiss so abzustimmen, dass einerseits die Transparenz noch augenfällig ist und andererseits die Sujets auf den inneren Umschlagseiten nicht zu wirr daherkommen. Um mehr Deckkraft zu erreichen, kann man das Weiss auf der Indigo mehrfach auftragen. Wir entschieden uns für einen doppelten Auftrag auf der Innenseite. Somit ist unser Cover aussen mit CMYK plus Weiss und innen mit CMYK plus zwei Mal Weiss bedruckt. Das ergibt insgesamt 11 Farben respektive «Impressions» auf der Indigo.

In der Vorstufe wurde das Weiss im Layout bei allen Umschlagseiten als separate Ebene angelegt. Damit InDesign beim Erzeugen des PDF im Weiss nichts ausspart, wurde diese Ebene für den PDF-Export zuoberst positioniert. Über den Controller der HP liess sich dann die Druckreihenfolge der einzelnen Farbauszüge steuern. Hier wurde das Weiss als erste druckende Farbe definiert, sodass es als Grundierung vollflächig zuunterst zu liegen kommt.

Cromatico Digital: anspruchs­volles Transparenzpapier

Das von Papyrus gelieferte Transparenzpapier «Cromatico Digital» ist Indigo-zertifiziert, das heisst, es kann ohne zusätzliches Primern direkt bedruckt werden. Die Transparenz dieses Papiers wird ohne chemische Behandlung nur durch Mahlen des Zellstoffs erreicht. Die aufgeschlagenen Zellulosefasern werden so lange gerührt, bis daraus eine Art Gelee entsteht. Dieser wird dann gefärbt, entwässert und getrocknet und ergibt so das Transparentpapier. Cromatico ist FSC-zertifiziert und wird aus Zellstoff hergestellt, welcher aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Das Papier ist frei von Chlor, Schwermetallen und sonstigen gefährlichen Zusatzstoffen. Papyrus weist ausdrücklich darauf hin, dass Cromatico infolge der intensiven Mahlung besonders empfindlich auf Veränderungen von Temperatur oder Feuchtigkeit reagiert und bei der Verarbeitung viel Sorgfalt erfordert. Dies musste auch die RTK feststellen, indem es anfänglich durch die Schwankungen beim Papier zu Problemen mit dem Passer kam. Durch ein genügend langes Aklimatisieren des Papieres vor dem Druck liess sich dieses Problem jedoch in den Griff bekommen.

Gemäss Andreas Lehmann, Geschäftsführer der RTK, verlief die Produktion der 10 000 Publisher-Covers problemlos. Lehmann lobt dabei speziell die hervorragende Konstanz der HP Indigo auch über grössere Auflagen hinweg.

Offset-Transfer aus dem Schulbuch

Die HP Indigo 5500 ist bei der RTK seit März in Betrieb und zwar als Ergänzung zu zwei «altgedienten» Offsetdruckmaschinen von MAN-Roland im 50 × 70-Format. Die RTK ist damit geradezu ein Schulbeispiel für das Schlagwort Offset-Transfer. Alle Druckjobs mit kleinen Auflagen oder knappem Terminplan werden nun digital statt im Offsetdruck produziert. Dies mit dem Resultat, dass heute die eine der Offsetpressen im Medienhaus Kloten statt wie früher in zwei nur noch in einer Schicht betrieben wird. Die Rentabilität bei diesen Aufträgen ist dabei gemäss Lehmann deutlich besser als früher im Offsetdruck, wo man oft mehr Papier als Makulatur entsorgte, als für die verkaufte Auflage verwertet werden konnte.

Bei eiligen Aufträgen macht die Indigo gegenüber dem Offsetdruck das Rennen, weil die Bögen trocken aus der Maschine kommen und sofort weiterverarbeitet werden können. So verlassen Express-Aufträge das Haus noch am selben Tag, an dem sie gedruckt wurden. Dass dieser Service extra kostet, versteht sich von selbst und trägt seinen Teil zur guten Rentabilität der Indigo bei.

Um flexibel zwischen Digital- und Offsetdruck wechseln zu können, verwendet die RTK in diesen Fällen ein auf den Prozessstandard Offsetdruck (PSO) «kastriertes» Farbprofil. Dieses reduziert den an und für sich grösseren Farbraum der Indigo, sodass er mit dem Offsetdruck übereinstimmt. Für reine Digitaldruckjobs gibt es ein zweites Profil, welches den ganzen Farbraum der Indigo aufs Papier bringt. Selbstverständlich wurde auch unser Cover damit produziert!

Eigene Mischstation für Pantone-Farben

Unerlässlich für den funktionierenden Offset-Transfer bei der RTK ist die Möglichkeit, auch digital mit Pantone-Sonderfarben drucken zu können. Gemäss Lehmann bestehen viele seiner Kunden darauf, dass ihre Hausfarben nicht über CMYK simuliert, sondern als echte Sonderfarbe gedruckt werden. Die RTK verfügt daher über eine eigene Mischstation, mit der jede gewünschte Pantonefarbe für die Verwendung in einem der zusätzlichen Farbwerke der Indigo hergestellt werden kann.

Rund zwei Drittel der Auslastung der Indigo kommt über den Offset-Transfer. Dazu kommen Digitaldruck-Spezialitäten, welche im Offset gar nicht möglich sind. Das sind nicht nur Druckjobs ab variablen Daten, sondern auch solche mit Deckweiss wie bei unserem Cover. Denn mit den lasierenden Offsetfarben ist ein deckendes Weiss nicht möglich.

Das Potenzial an Premium-Drucksachen mit den HP-Indigo-Spezialitäten wie Mattlack oder Deckweiss sieht Andreas Lehmann bei der RTK noch längst nicht ausgeschöpft. Aber auch so läuft die Indigo nur ein halbes Jahr nach der Installation schon oft in zwei Schichten.

HP Indigo 5500

Die 5500 ist heute in der Schweiz das meistverkaufte HP-Indigo-System. Sie bietet die praktisch identische Druckqualität wie die schnellere HP Indigo 7500, braucht jedoch nicht so hohe Druckvolumen für eine wirtschaftliche Auslastung.Die Indigo 5500 bietet mit ihren bis zu 7 Farbstationen ein sehr breites Einsatzspektrum. Einerseits können diese Stationen mit Sonderfarben bestückt werden, andererseits lässt sich dank dem grossen Farbraum des IndiChrome-Sechsfarbendrucks ein grosser Teil der Pantonefarben simulieren. Für die Produktion von Fotobüchern usw. kann mit Light Cyan und Light Magenta gedruckt werden.Für eine hohe Produktivität des Systems sorgen unter anderem die Papierzuführungseinheit mit vier Eingabefächern und das On-Press-Farbwechselsystem: Damit können Spezial- und Schmuckfarben ausgetauscht werden, während das System weiterdruckt

Chromos AG
8157 Dielsdorf

www.chromos.ch

Reprotechnik Kloten AG

Die Reprotechnik Kloten AG wurde 1971 als klassischer Reprobetrieb gegründet. Schon früh zeichnete sich die RTK als innovationsfreudige Firma aus. Sie durchlief sämtliche Entwicklungsstufen der Prepress-Branche. Man investierte in verschiedene Generationen von Trommelscannern und EBV-Systemen und entwickelte hauseigene Techniken für eine rationelle Erzeugung von Film-?gigantos für den Plakatdruck. Später kamen die ersten PCs und Macintoshs für Datenübernahme und Satz/Bildbearbeitung dazu.Heute arbeiten rund 40 Mitarbeiter als Typografen, Bildbearbeiter, Fotografen, Datenbank-, Web-to-Print- und Redaktionssystem-Spezialisten HandinHand mit dem Druckteam. Dieses produziert auf modernen, Latex-basierten Grossformatdruckmaschinen Strassenplakate und Poster direkt ab Daten. Mit konventionellen Offsetdruckmaschinen und einer digitalen Offsetdruckmaschine HP Indigo 5500 mit Mischfarben- und Deckweiss-Option sowie der Möglichkeit, bis 400-grämmige Bedruckstoffe zu verarbeiten, werden alle Arten von Akzidenzen und Periodikas hergestellt.

Reprotechnik Kloten AG
8302 Kloten
Tel. 044 804 91 11

www.rtk.ch

Produktions-Partner

Bei der Produktion des Coversdieser Ausgabe des Publisher unterstützten uns folgende Partner, bei denen wir uns herzlich bedanken möchten:

Binkert Partner AG
Gestaltung des Covers
Collage: Nina Binkert
Projektleitung: Peter Binkert

www.binkertpartner.ch

Chromos AG
Projektleitung: Adrian Meyer
Technischer Support: Guy Meyer

www.chromos.ch

Jordi AG – das Medienhaus
Druck Heftinhalt und Ausrüsten der Zeitschriften
Projektleitung: Stephan Rossel

www.jordibelp.ch

Reprotechnik Kloten AG
Druck der Covers mit Digitaldrucksystem HP Indigo 5500
Projektleitung: Andreas Lehmann

www.rtk.ch