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1001 Wege zum Schwarzweissbild

 

GÜNTER SCHULER Unter Bildbearbeitungsprofis eine altbekannte Tatsache: Wer sich beim Umwandeln von Farb- in Graustufenbilder stets an die Photoshop-Standardmethode Graustufen hält, bekommt in vielen Fällen ein mittelprächtiges Ergebnis. Das ist zwar durchaus solide. Die Kontraste sind akzeptabel bis gut und die Ergebnisse – spätestens nach einer Aufhellung via Gradationskurven – meist zweckdienlich. Die Umwandlung in den Graustufenmodus ist zweifelsohne das einfachste Verfahren, das Photoshop in petto hat. Soll ein Schwarzweissbild ästhetisch mehr hermachen, sind unter Umständen versiertere Methoden gefragt. Welche Rezeptur darf es sein? Der Befehl Entsättigen gilt allgemein als die qualitativ schlechteste Methode. Bei Photoshop-Cracks hoch im Kurs stehen hingegen Kanalmixer, der Lab-Helligkeitskanal sowie das neue CS3-Tool Schwarzweiss.

Verschiedene Methoden führen zum Ziel

Standardmethode, Kanäle verwenden, eines der beiden Anpassungen-Features oder ein alternatives Verfahren? Tatsache ist: Der Wunsch nach «klassischem Schwarzweiss» erweist sich als zeitlos beständig. Paradoxon oder Folgerichtigkeit: Gerade die digitale Bildbearbeitung bietet hier Möglichkeiten ohne Ende. Grundlegende Voraussetzung sind allerdings Aufnahmen, die in Farbe gemacht wurden. Fotografierte Farbe liefert mehr Pixelinformation, letztlich also Durchzeichnung und Tiefe. Die Farbkanäle des Digitalbildes sind zudem ein wichtiges Hilfsmittel bei der eigentlichen Schwarzweissumsetzung. Generell gilt: Je dramatischer die Farbgebung in einem Foto ausfällt (bildbearbeiterisch gesprochen: je gesättigter und unterschiedlicher die Farben sind), desto mehr Möglichkeiten bestehen bei der Schwarzweissumwandlung. Die Methoden, die Photoshop hier bereithält, lassen sich wie folgt aufgliedern:

Helligkeitsbezogene Umsetzungen: Hierunter fallen die Standardmethode Graustufenumwandlung, der Befehl Entsättigen, das Verwenden des Lab-Helligkeitskanals sowie das Verwenden des HSB- oder des HSL-Helligkeitskanals – zwei spezielle Methoden, die nur über den optional zu installierenden Filter HSB/HSL umsetzbar sind.

Farbkanalbezogene Umsetzungen: Das Verwenden einzelner Farbkanäle – Rot, Grün und Blau in RGB, unter bestimmten Umständen auch des Schwarzkanals in CMYK – bringt in der Regel sehr akzentuierte Ergebnisse.

Umsetzungen per Feature: Neben dem neuen Befehl Schwarzweiss sind hier vor allem der Kanalmixer sowie das weniger bekannte Feature Kanalberechnungen aufzuführen.

Schwarzweiss im Eigenbau: Kreativen Anwendern sind hier kaum Grenzen gesetzt. Ob speziell zurechtgetunte Kombinationen aus Einstellungsebenen oder Ebenenmontagen unterschiedlicher Graustufenversionen – die Möglichkeiten von Photoshop überragen die der altbetagten Dunkelkammer um ein Vielfaches. Sehen wir uns die einzelnen Optionen näher an.

Helligkeitsbezogene Umsetzungen

Gemeinsam ist den hier zusammengefassten Methoden, dass sie die Helligkeitswerte eines Graustufenbildes nicht primär aus den Bildfarben ableiten, sondern die Bildhelligkeit als eine eigenständige Variable betrachten. Drei der fünf hier aufgeführten Methoden greifen hierfür auf Farbmodelle zurück, welche die Bildhelligkeit explizit von den Bildfarben trennen. Photoshops Standardmethode Graustufen hingegen ist streng genommen eine farbkanalbasierende Durchschnittsberechnung – bestehend aus mässig viel Rotkanal, viel Grünkanal und wenig Blaukanal. Entsättigen wiederum greift intern auf das HSL-Modell zurück; nicht umsonst ist das Ergebnis identisch mit einer Anwendung von Farbton/Sättigung bei komplett reduzierter Sättigung. Grundsätzlich eignen sich all diese Methoden dann, wenn Bildfarben nicht besonders akzentuiert werden sollen. Die Methoden im Einzelnen:

Modus Graustufen. Einfacher Umwandlungsbefehl, der in der Regel eine Graustufenversion mit ausreichendem bis gutem Kontrast erzeugt. Geeignet für ausgewogene Farbbilder ohne besondere weitere Merkmale. Ergebnisse lassen sich mit Tonwertkorrektur oder Gradationskurven oft essenziell nachbessern.

Anpassungen-Befehl Entsättigen. Erzeugt eine mitteltonforcierte, kontrastarme Graustufenvariante, die zudem oft zu dunkel wirkt. In den meisten Fällen nicht zu empfehlen.

Vorgehensweise im Lab-Helligkeitskanal: Bild in den Lab-Modus umwandeln, in der Kanälepalette den Kanal Helligkeit auswählen, anschliessend über Graustufen in Graustufenbild umwandeln. Nicht wenige Bildbearbeiter und Fotografen favorisieren diese Methode. Hauptvorteil: ausgewogene Helligkeitsverteilung und gute Durchzeichnung. Da die Helligkeit in vielen Fällen jedoch zu hoch ausfällt, ist eventuell ebenfalls eine Nachbesserung vonnöten.

HSB-Brightness und HSL-Lightness. Erzeugt werden können diese Va­rian­ten nur mit dem Filter HSB/HSL, der auf der Programm-DVD vorliegt und optional installiert werden muss. Vorgehensweise: Sicherheitshalber Ebenenkopie erzeugen, anschliessend HSB/HSL unter Sonstige Filter aufrufen und Bild in HSB bzw. HSL konvertieren. Anschliessend Blaukanal auswählen (er enthält die nach HSB bzw. HSL generierten Helligkeitswerte), Inhalt kopieren und als eigene Ebene einsetzen oder auch Bild bei angewähltem Kanal in den Modus Graustufen konvertieren. Anders als zu vermuten, offerieren die beiden Graustufenvarianten keine Wiedergänger von Entsättigen, sondern eigenständige Graustufenumsetzungen, die – wie das Bildbeispiel für diesen Beitrag – mit einer Kontrastoptimierung via Tonwertkorrektur weiter optimiert werden können.

Farbkanalbezogene Umsetzungen

Rotkanal, Grünkanal, Blaukanal oder eventuell ein abgerippter Schwarzkanal im CMYK-Modus? Die Verwendung einzelner Farbkanäle als Graustufenbildversion ist stets dann eine attraktive Lösung, wenn bestimmte Bildelemente besonders betont werden sollen. Die meiste Dramatik entfaltet sich im Rotkanal: Hauttöne erscheinen hier besonders hell, Himmel hingegen dunkel bis sehr dunkel. Mit den durchzeichnetsten Bildpartien wartet gewöhnlicherweise der Grünkanal auf; der Blaukanal hingegen ist aufgrund verstärkter Rauschartefakte und wenig Durchzeichnung meist nicht zu gebrauchen.

Zumindest theoretisch eine reizvolle Lösung ist der Modus CMYK – genauer: der Schwarzkanal. Allerdings: Die gewöhnlich zum Tragen kommenden Farbeinstellungen erzeugen eine äusserst abgerippte, weisstondominierte Schwarzauszugsversion. Die Einstellung GCR maximum unter Eigenes CMYK generiert zwar einen etwas volleren Schwarzauszug. Da stimmige Farbeinstellungen eine elementare Voraussetzung für die Druckausgabe sind, ist das temporäre Verändern dieser Einstellungen lediglich solchen Usern zu empfehlen, die sich mit Photoshop sehr gut auskennen. Generelle Vorgehensweise beim Verwenden einzelner Farbkanäle: RGB-Farbkanal (oder CMYK-Schwarzkanal) in der Kanälepalette auswählen und Bild anschliessend in den Graustufenmodus konvertieren. Variante für Vorsichtige: Kanal kopieren und als eigene Ebene über der Originalebene einsetzen.

Umsetzungen per Feature

Mit den Anpassungen-Befehlen Kanal-mixer und Schwarzweiss sowie dem im Hauptmenü Bild gelegenen Befehl Kanalberechnungen stellt Photoshop insgesamt drei Features zur Verfügung für das Erstellen von Schwarzweissbildversionen. Anders als die zuvor vorgestellten Methoden stellen sie für die Graustufenerzeugung griffige Regler, Popup-Listen und Klickboxen zur Verfügung. Im Detail funktionieren sie allerdings recht unterschiedlich.

Kanalmixer: Unter kreativen Anwendern geniesst der Kanalmixer schon seit Jahren einen guten Ruf. Die Methode: Klicken Sie die Box Monochrom an, mischt der Kanalmixer aus frei definierbaren Anteilen Rot, Grün und Blau ein Graustufenbild. Im Idealfall sollte die Summe der Prozentwerte 100 betragen; Abweichungen nach Augenschein sind jedoch möglich. Mit dem Regler Konstante lässt sich das Ergebnis zusätzlich austarieren. Bei 100 Prozent Rot und null Prozent anderen Kanalanteilen erzeugt der Kanalmixer übrigens eine kräftigere, durchzeichnetere Rotversion als die oben beschriebene direkte Vorgehensweise über den Kanal. Weiterer Vorteil des Kanalmixers: Übersteuerungen und Kompensationseingaben durch negative Werte in den anderen Kanälen sind ebenso möglich.

Kanalberechnungen: Der ewige Geheimtipp unter den Photoshop-Befehlen ist vielleicht nicht der allerintuitivste. Für ambitonierte Kanalmischberechnungen ist das Tool jedoch gerade richtig. Anders als der Kanalmixer mischt Kanalberechnungen nicht unmittelbar Anteile. Vielmehr ermöglicht das Feature eine Verrechnung von zwei Kanälen mittels Füllmethode und Deckkraftwert. Zusätzlich kann ein dritter Kanal zugeschaltet werden, welcher als Maskierung verwendet wird; die Maskierung schwächt das Ergebnis entsprechend ab. In der Praxis lassen sich via Kanalberechnungen nicht nur Farbkanäle miteinander verrechnen – wobei als Ergebnis standardmässig ein neuer Alphakanal entsteht. Auch «modusfremde» Farbkanäle, die zuvor als Alphakanal gesichert wurden, können in eine solche Berechnung einbezogen werden. Recht viel versprechend oder zumindest interessant: eine Verrechnung der meist recht hell ausfallenden Varianten Lab-Helligkeitskanal und Rotkanal, etwa via Multiplizieren.

Schwarzweiss: Von der Bedienoberfläche her ist der neue CS3-Befehl unverkennbar von analogen Schwarzweissfotofiltern inspiriert worden. Grünfilter, Rotfilter und andere Exponate tauchen folgerichtig auch in der Popup-Liste mit vorgefertigten Einstellungen auf. Obwohl bei dem neuen Feature Assoziationen an Farbkanäle beziehungsweise den Kanalmixer aufkommen, arbeitet Schwarzweiss nach einer etwas anderen Logik. Anders als der Kanalmixer mischt die Funktion keine Kanalanteile, sondern hellt das Farbspektrum des jeweiligen Reglers entweder auf oder dunkelt es ab. In der Praxis taugt es eher für etwas behutsameres Arbeiten – oder aber für Anwender, die mit dem kreativ-forschen Stil des Kanalmixers weniger gut zurechtkommen.

Schwarzweiss im Eigenbau

Spezielle Möglichkeiten der Schwarzweissbilderzeugung bieten auch andere Anpassungen-Befehle. Voraussetzung ist, dass man sie nicht im normalen Modus, sondern als Einstellungsebene verwendet. Alternative Varianten von Kanalmixer und Schwarzweiss bieten folgende Konstellationen: Als oberste Einstellungsebene wird eine Einstellungsebene Kanalmixer (mit 33 Rot-, 34 Grün- und 33 Blauanteilen) oder eine Einstellungsebene Schwarzweiss (mit der Standardeinstellung) angelegt. Legen Sie unter dieser eine weitere Einstellungsebene mit einem Farbbearbeitungsbefehl an (Beispiel: Farbton/Sättigung oder Farbbalance), bewirken die dort vorgenommenen Farbmanipulationen nicht mehr eine Veränderung der Bildfarben, sondern eine Veränderung der Graustufenkomposition. Im Ergebnis erhalten Sie so weitere Schwarzweissfilter, die nach anderen Algorithmen funktionieren, sich jedoch ebenso reglergesteuert variieren lassen.

Eine andere Methode zur ambitionierten Graustufenbilderzeugung besteht darin, zwei Graustufenbildversionen über unterschiedliche Ebenen miteinander zu mischen. So hätten Sie beispielsweise für den Himmel im oberen Bildbereich gerne die Version aus dem Rotkanal, für den Rest hingegen gerne die ausgeglichene Durchzeichnung des Grünkanals. Das Erfolgsgeheimnis einer solchen Komposition ist lediglich die weiche Überblendung. Eine Möglichkeit, diese zu erzeugen, besteht darin, die in der oberen Ebene liegende Graustufenbildversion mit einer Ebenenmaske zu ergänzen und die Ebenenmaske mit einem Verlauf zu versehen. Alternativ kann auch der Bildbereich, der in der oberen Version bleiben soll, mit dem Lasso ausgewählt und über den Befehl Kante verbessern (frühere Photoshop-Versionen: Weiche Kante) mit einer weichen Kante versehen werden (Radius: sehr hoch, am besten 250). Kehren Sie die Auswahl um und löschen die nicht mehr benötigten Teile der oberen Ebene weg, blendet sich der verbliebene Rest ohne abrupte Übergänge in die Bildversion der unteren Ebene ein.

Fazit

Wie man sieht, offeriert Photoshop eine Vielzahl von Möglichkeiten, Farbbilder in Graustufenbilder umzuwandeln. Der Mangel an Alternativen ist im Grunde kaum ein Problem. Gravierender ist eher der Zeitmangel vieler Anwender. Manche dürften zusätzlich auch vor der – realen oder auch nur befürchteten – Kompliziertheit der einen oder anderen Verfahrensweise zurückschrecken. Zugegeben: HSB/HSL, Kanalberechnungen, selbst gebastelte Einstellungsebenenkombinationen oder gar Ebenenmontagen lohnen sich in der Praxis vor allem bei ambitionierten Fine Art Prints und ähnlich hochwertigen Bildversionen. User, die sich mit dem Graustufenstandard nicht zufriedengeben, können auf eine Reihe relativ einfach umsetzbarer Verfahren zurückgreifen.