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Adobe retuschiert das Composing

Im Jahresupdate der Creative Cloud sind spektakuläre und nützliche Funktionen dabei. In Photoshop profitieren Retusche und Composing von den Neuerungen, und Webdesigner freuen sich über einen verbesserten Workflow.

Sven Fischer Im Juni gab es das alljährliche Sommer-Update der Creative Cloud. Es beinhaltet für Photoshop neue Möglichkeiten und auch einige sehr grundlegende Änderungen, die insbesondere die typischen Abläufe im Webdesign betreffen. Vorab lässt sich bereits sagen, dass es hilfreiche Verbesserungen sind, auch wenn sich mancher Anwender erneut umgewöhnen muss.

Dunst und Nebel

Beginnen wir mit der spektakulärsten Neuerung. Im Camera-RAW-Filter oder im -Modul findet sich relativ gut versteckt ein einfacher Schieberegler, der in der Lage ist, Dunst in Fotos zu entfernen. Klingt zuerst nicht sonderlich aufregend, bringt aber einen erheblichen Zuwachs an Kontrast in die Bilder und damit eine bessere Grundlage zur Optimierung eines Bildes.

Da es sich lediglich um einen Schieberegler handelt, gibt es keine grossen Erklärungen – einfach ausprobieren. Kleiner Tipp am Rande: Man kann den Filter auch mehrmals hintereinander anwenden, als Smartfilter lässt er sich dann jederzeit variieren und dosieren. Und: Man kann den Regler natürlich auch in die andere Richtung anwenden, nämlich um Dunst hinzuzufügen und Fotos etwas mystischer erscheinen zu lassen.

Noch mehr inhaltsbasiert

Auch die inhaltsbasierten Funktionen sind ausgeweitet worden. Die Berechnungen erfolgen beim Bereichsreparaturpinsel nun schneller und eine Vorschau der erfolgten Retusche ist fast in Echtzeit zu sehen.

Darüber hinaus kommen inhaltsbasierte Berechnungen auch bei der Photomerge-Funktion zum Einsatz. Bei grösseren Panoramen entstehen durch die perspektivischen Verzerrungen zwangsläufig mehr oder weniger grosse transparente Bereiche. Bisher musste man diese Bereiche nach der Photomerge-Berechnung eigenhändig auffüllen oder im ungünstigen Fall beschneiden. Nun werden die Ebenen, auf denen die berechneten Originalbilder liegen, auf eine Ebene reduziert kopiert und auf dieser zusätzlichen Ebene werden die transparenten Bereiche inhaltsbasiert aufgefüllt. Der Anwender entscheidet, ob er die Berechnung übernimmt oder verwirft.

Eine wichtige und hilfreiche Ergänzung findet sich beim Werkzeug zum inhaltsbasierten Verschieben. Basis der Arbeit ist hier bekanntlich ein Auswahlbereich, der an eine neue Position verschoben und berechnet wird. Hier besteht nun die Möglichkeit, an der Zielposition die Auswahl zu skalieren und damit beispielsweise eine Figur optisch weiter in den Hintergrund rücken zu lassen. Erst nach der Skalierung werden die Neuberechnungen vorgenommen, das heisst, der verschobene Bildteil an die neue Umgebung angepasst und die Stelle, an der er vorher lag, inhaltsbasiert aufgefüllt.

Körnig weichzeichnen

Im Rahmen der CC-Version wurde die Weichzeichnergalerie eingeführt und mit jedem Update kamen weitere interessante Weichzeichnungsfilter hinzu. Das aktuelle Update hat zwar keinen neuen Weichzeichner gebracht, aber eine interessante Funktion, mit der es möglich ist, den weichgezeichneten Bereich mit einer Körnung zu versehen.

Es handelt sich um einen zusätzlichen Effekt, der bei jedem Filter derWeichzeichnergalerie einsetzbar ist und separat für den jeweils verwendeten Weichzeichner eingestellt wird. Damit lassen sich realistischere Übergänge zwischen scharfem und weichgezeichnetem Bildbereich erzeugen. Soll die Körnung eines Fotos bewusst erhalten bleiben, kann sie jetzt auch im weichgezeichneten Bereich fortgeführt werden.

Glyphentabelle

InDesign-Anwender schätzen die Glyphentabelle, mit der man direkten Zugriff auf den kompletten Zeichensatz der installierten Fonts hat. In diesem Bedienfeld werden alle für einen Schriftfont verfügbaren Zeichen angezeigt. Diese lassen sich dann per Doppelklick an der aktuellen Position des Textcursors einfügen.

Nun besitzt auch Photoshop eine solche Glyphentabelle, was die Suche nach Sonderzeichen erheblich vereinfacht. Wer kennt schon alle Tastenkombinationen für Sonderzeichen? Oder denken Sie nur mal an Icon-Fonts, wie sie vor allem im Webdesign häufig zum Einsatz kommen.

Ebenenstile

Eine Menge hat sich bei den Ebenenstilen getan. Der Dialog wurde völlig umgestaltet, um den neuen Möglichkeiten Raum zu geben. Die herausragende Neuigkeit ist, dass man nun einen Ebenenstil mehrfach mit unterschiedlichen Einstellungen einsetzen kann.

Im Beispiel auf der linken Seite wurde etwa der Ebenenstil «Kontur» doppelt angewandt. Das kann man einfach durch Klicken auf das Plus-Zeichen rechts neben Kontur erreichen. Für jede Instanz eines Ebenenstils lassen sich unterschiedliche Einstellungen vornehmen. Dadurch kommt die zweifarbige Kontur im Beispiel zustande. Auf diese Weise kann man beispielsweise auch mehrere Schatten anlegen, die sich überlagern und mit unterschiedlichen Deckkrafteinstellungen nach aussen laufen. Sie können aber auch in unterschiedliche Richtungen fallen.

Was auffällt ist zudem, dass die Liste der Ebenenstile aufgeräumt wer­den kann, sodass zum Beispiel nur die wirklich verwendeten Ebenenstile angezeigt werden. Die verborgenen Stilmöglichkeiten lassen sich aber auch jederzeit wieder einblenden. Die Neuerungen erweitern diese Spielwiese fast ins Unendliche.

Zeichenflächen

Eine Funktion, die für Illustrator-Anwender schon seit langer Zeit eine Selbstverständlichkeit ist, hat nun auch in Photoshop Einzug gehalten. Es ist jetzt in Photoshop möglich, mehrere Zeichenflächen in einer einzigen Datei zu verwalten. Das ist sehr hilfreich, wenn man beispielsweise mehrere Entwürfe eines Layouts oder eines Composings anlegen möchte. Bisher gab es nur die Möglichkeit, entweder die Varianten in verschiedenen Dateien zu verwalten oder die Versionen mittels von Ebenenkompositionen in einer Datei abzulegen.

Mithilfe von Zeichenflächen ist dies nun etwas einfacher geworden. Sie werden zunächst über den Befehl Datei > Neu… erzeugt. Im Dialogfeld dazu gibt es als Dokumenttyp den neuen Eintrag Zeichenfläche. Für die Grösse der neuen Zeichenfläche bietet Photo­shop im Dropdown-Menü typische Grössen von Smartphones und Tablets an. Natürlich kann man auch beliebige eigene Grösseneinstellungen vornehmen, aber die Liste deutet schon an, für welche Anwendergruppe diese Funktion ein regelrechter Segen sein dürfte – für Webdesigner, die ihre Entwürfe in Photoshop anlegen.

Nun kann man beispielsweise den Entwurf eines Screenlayouts innerhalb einer einzigen Datei verwalten und Elemente natürlich auch von einer Zeichenfläche zur anderen kopieren.

Um weitere Zeichenflächen anzulegen, gibt es unter dem Verschieben-Werkzeug ein neues Werkzeug für Zeichenflächen. Jede Zeichenfläche kann beliebig viele Ebenen enthalten. Auch die Grösse der Zeichenflächen lässt sich jederzeit verändern und sie können innerhalb eines Dokuments auch unterschiedlich gross sein.

In diesem Zusammenhang bietet Photoshop eine noch experimentelle und daher englischsprachige Design­oberfläche an. Diese erinnert sehr an Adobe Web-Tools wie Edge Animate oder Edge Reflow.

Export

Eine weitere Änderung betrifft ebenfalls die Webdesigner. Der Befehl Für Web speichern wurde ersetzt durch einen «Export»-Dialog. Er bietet jedoch kaum Einstelloptionen, Anwender können aber parallel auf den bisherigen Dialog mit allen Optionen zugreifen, er findet sich im Menü Datei > Exportieren > Für Web speichern (Legacy).

Im neuen Export-Dialog ist dafür das SVG-Format hinzugekommen, allerdings auch ohne Einstelloptionen. Man kann mithilfe der Photoshop-Voreinstellungen auch ein Format für eine Schnellspeicherung festlegen.

Die Entwürfe lassen sich über die Preview CC App direkt aus Photoshop heraus auf einem angeschlossenen Smartphone oder Tablet testen.

Das neuste Creative-Cloud-Update bietet nützliche Verbesserungen, die fast jeder Photoshopper gebrauchen kann. Die grundlegenden Neuerungen betreffen wieder einmal die Arbeit von Webdesignern, vor allem mit Schwerpunkt mobiles Design. Der Trend, Photoshop immer mehr mit Web- und Mobil-Funktionen auszustatten, setzt sich also fort.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instruc­tor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.

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