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Alternative zum Klassiker

Adobes Abokonzept Creative Cloud stösst immer noch auf geteiltes Echo. Anwender suchen nach Alternativen zu den Adobe-Programmen. Für viele Standardaufgaben in der Bildbearbeitung reicht Photoshop Elements durchaus – ohne Cloud-Zwang.

Sven Fischer Von vielen Photo­shop-Anwendern wurde die «kleine» Variante Photoshop Elements lange Zeit belächelt, obwohl es zeitweilig sogar Testarena für Funktionen war, die später vom «grossen» Photoshop übernommen wurden. Ein Beispiel dafür ist das Rote-Augen-Werkzeug. Inzwischen ist Elements auch schon bei Version 13 angelangt und mehr als erwachsen geworden.

Adobe umwirbt zwar gerade die Fotografen und Bildbearbeiter mit einem attraktiven Creative-Cloud-Angebot (Photoshop zusammen mit Lightroom für CHF 14.–/Monat), aber wer mit der Creative Cloud überhaupt nichts zu tun haben möchte, der sollte mal einen Blick auf Photoshop Elements werfen. Und das hat nicht nur mit dem Preis zu tun (aktuell CHF 96.10). Den grössten Teil der üblichen Aufgaben und Anforderungen digitaler Bildbearbeitung erledigt das Programm mit Bravour und gewiss nicht schlechter als der «grosse» Bruder. Und es hat den grossen Vorteil, nicht an die Creative Cloud gebunden zu sein.

Alte Hüte

Das Hauptargument der professio­nellen Photoshop-Anwender gegen Elements war früher die fehlende Unterstützung für den CMYK-Farb­raum. Da haben sich nun die Zeichen doch deutlich gewandelt. Ein Bildbearbeiter braucht keinen CMYK-Farbraum. Bilder sind und bleiben in RGB (siehe dazu Artikel im Publisher 3-13). Und auch in der weiteren Verarbeitung spielt CMYK erst ganz am Schluss eine Rolle, und auch nur dann, wenn gedruckt werden soll.

Das CMYK-Argument zieht also nicht mehr. Bleiben noch die stark vereinfachenden Automatikfunktionen, die Elements früher den Ruf eines «Photoshop für Dummies» eingebracht haben. Hier gibt es gleich zwei Gegenargumente – zum einen besitzt Elements inzwischen einen hervorragenden Expertenmodus, in dem sich praktisch so arbeiten lässt wie im «grossen» Photoshop, zum anderen sollte man heutzutage über automatische Bildanalysen nicht mehr die Nase rümpfen. Auch Photoshop besitzt viele solche Funktionen, die teilweise spektakuläre Ergebnisse liefern. Ich möchte hier nur mal an die inhaltssensitiven Funktionen erinnern. Da ist schon vielen Usern die Kinnlade heruntergeklappt.

Module und Modi

Also gehen wir doch mal in die Praxis und schauen uns das Programm an. Zunächst einmal gibt es zwei grundlegende Module – Organizer und Editor.

Der Organizer dient als eine Art Bilddatenbank, die schnellen Zugriff auf grosse Mengen von Bildern ermöglicht. Im Organizer werden Bilder in Ordnern oder Alben verwaltet. Ordner entstehen quasi automatisch, sobald Bilder von Festplatten, Kameras oder einem Scanner importiert werden. Auch aus Apple iPhoto lassen sich Fotos importieren.

Mithilfe von Alben können Fotos thematisch sortiert werden. Das können lokale Alben sein oder auch mobile Alben. Diese ermöglichen einen Cloud-basierten Zugriff über Adobe Revel. Dieser ist kostenlos und benötigt nur eine Adobe-ID. Die Fotos können dann mit dem Smartphone oder dem Tablet synchronisiert werden.

Sowohl Ordner als auch Alben bieten die Möglichkeit, Fotos mit Metadaten zu versehen und sie darüber hinaus Personen, Orten oder Ereignissen zuzuordnen.

Aus dem Organizer werden Fotos an den Editor zur Bearbeitung weitergegeben. Der Organizer zeigt dann auch an, dass ein Foto aus einem Ordner oder Album gerade in Bearbeitung ist, und sperrt das Foto, während es im Editor bearbeitet wird.

Der Editor bietet drei Arbeitsmodi – Schnell, Assistent und Experte. Im Modus Schnell stehen nur wenige Werkzeuge zur Verfügung und grundlegende Bildkorrekturen erfolgen mithilfe von Aufklappmenüs, die eine Art visuelles Multiple-Choice-Verfahren darstellen. Das sind sicherlich keine Profikorrekturen, dennoch funktionieren sie bei vielen Bildern erstaunlich gut. Eine Vorher-nachher-Ansicht zeigt die Wirkung der jeweiligen Korrektur sehr anschaulich.

Neben Text- und Freistellungswerkzeug stehen in diesem Modus auch das Rote-Augen-Werkzeug, der Bereichs­reparaturpinsel und das Schnellauswahl-Werkzeug zur Verfügung. All diese Werkzeuge lassen sich über Optionen genauso wie in Photoshop einstellen, bis hin zum Befehl Kante verbessern, der schon deutlich in Richtung Profifunktion geht.

Im Modus Assistent stehen umfangreichere und detailliertere Retuschen zur Verfügung. Sie werden rechts in einem Menü aufgelistet. Klickt man auf eine Retuschefunktion, erscheint eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, in der die jeweilige Retusche erklärt wird. Das reicht von einfachen Anpassungen in Helligkeit und Kon­trast, teilweise mit Auto-Funktion, bis hin zu komplexeren Abläufen, etwa ein altes Foto auf neu zu trimmen, wobei eine ganze Reihe von Arbeitsschritten nötig sind. Die Abläufe sind aber leicht verständlich beschrieben, sodass man hier eigentlich kaum etwas falsch machen kann.

Neben den Retuschen stehen eine ganze Reihe von Effekten zur Verfügung. Auch hier werden schrittweise Anleitungen angeboten. Dabei sind High-Key- und Low-Key- sowie Schwarzweiss-Fotoeffekte zu finden wie auch kamerabasierende Effekte, beispielsweise Tilt-Shift oder Zoom-Burst. Weitere kreative Effekte, wie Spiegelung, Out-of-Bounds oder die Erstellung eines Puzzles, vervollständigen die kreativen Möglichkeiten. Und ganz ehrlich – ein Foto mit einem umfangreichen Puzzleeffekt zu versehen, geht in Photoshop eindeutig nicht so schnell wie in Elements.

Modus Experte

In diesem Modus stehen viel mehr Werkzeuge zur Verfügung. Dazu gehören praktisch alle Auswahl­werkzeuge, die man von Photoshop kennt, und auch die inhaltssensitiven Werkzeuge wie Bereichsreparaturpinsel oder auch das Werkzeug zum inhaltsbasierten Verschieben sowie eine ganze Reihe weiterer bekannter Werkzeuge.

In diesem Modus hat der Anwender auch Zugriff auf die Bildebenen, einschliesslich Ebenenmasken, Einstellungs- und Formebenen, sowie Füllmodi. Selbst das Speichern von Auswahlbereichen in Alphakanälen ist möglich. Allerdings hat man nirgends direkten Zugriff auf die Alphakanäle, kann diese also nicht manuell bear­beiten.

Bearbeitete Bilder lassen sich in den üblichen Webformaten (JPG, GIF oder PNG) speichern sowie als PSD oder TIF, wenn Ebenen erhalten bleiben sollen. Weitere Formate braucht man normalerweise nicht. Beim Öffnen versteht Elements dieselben Formate sowie Rohdaten digitaler Kameras, die auch im Camera-RAW-Modul geöffnet werden. Wie in Photoshop stehen dort bereits professionelle Bearbeitungsmöglichkeiten zur Verfügung, allerdings nicht im gleichen Umfang, den Photoshop zu bieten hat. Es fehlen beispielsweise viele Bearbeitungs­werkzeuge.

Neben den genannten Bearbei­tungsfunktionen bietet der Modus Experte Zugriff auf eine Vielzahl von Effekten, Filtern und Ebenenstilen. Bei den Stilen können die Einstellungen in den meisten Fällen nachträglich variiert werden, wie im «echten» Photoshop auch.

Viele der kreativen Filter, die man aus Photoshop kennt, finden sich auch in Elements. Allerdings sind sie hier nicht als Smartfilter einsetzbar, diese kennt Elements verständlicherweise nicht.

Eine Möglichkeit, die es so in Photo­shop erst mal nicht gibt, besteht darin, ein Foto mit Grafiken zu versehen. Hier gibt es eine riesige Auswahl an Hintergründen, Rahmen und sonstigen Grafiken, die mit einem Doppelklick online geladen werden und nach dem Download jederzeit zur Verfügung stehen. Es handelt sich dabei um SVG-Dateien, also vektorbasierte, auflösungsunabhängige Grafiken, die als Smart-Objekte auf einer jeweils eigenen Ebene platziert werden. Auch auf diese Elemente lassen sich natürlich Ebenenstile und Filter anwenden.

Spielereien und Kommunikation

In allen drei Bearbeitungsmodi von Photoshop Elements stehen Verfahren bereit, um die bearbeiteten Fotos weiterzuverwerten.

Das beginnt mit dem Ausdrucken von Abzügen auf einem lokal angeschlossenen Drucker, als Bildpaket, Kontaktabzug oder als Weitergabe an einen Online-Fotodienst. In der deutschen Version ist das der Cewe-Fotodienst.

Auch lassen sich Fotobildbände erstellen, die entweder lokal oder online gedruckt werden. Dazu stehen eine Reihe von Layoutvorgaben zur Verfügung. Auf ähnlich schnelle Art und Weise lassen sich auch Fotokalender, Grusskarten, Fotocollagen oder CD- beziehungsweise DVD-Hüllen erstellen und drucken – lokal oder online.

Auch eine Diashow lässt sich anhand ausgewählter Fotos generieren (auch mit musikalischer Untermalung) und abspeichern oder auf Facebook posten. Dabei entsteht eine MP4-­Datei. Apropos Facebook: Elements bietet auch eine schnelle und einfache Möglichkeit, aus den eigenen Fotos ein neues Titelbild für Facebook zu generieren und hochzuladen.

Sicherlich, alle diese Möglichkeiten richten sich eindeutig an den kreativen und vielleicht auch fortgeschrittenen Hobbyanwender, vieles davon wird man aber auch als Photoshop-Profi nutzen können oder wollen. Davon abgesehen bietet Elements auch die Möglichkeit, Bildkorrekturen in qualitativer oder inhaltlicher Hinsicht vorzunehmen. Je nach Arbeitsmodus unterscheidet sich die Vorgehensweise kaum von der Arbeit im «grossen» ­Photoshop. Für den gängigen Alltag eines Bildbearbeiters reichen die Funktionen in den meisten Fällen aus.

Fazit

Photoshop Elements 13 ist ein umfangreiches Bildbearbeitungsprogramm, das viele Möglichkeiten des «grossen» Photoshop bietet. Es ist eindeutig auf den kreativ-spielerischen Bereich ausgelegt und braucht hier den Vergleich gewiss nicht zu scheuen. Jedoch finden sich auch professionelle Werkzeuge wie in Photoshop sowie die Unterstützung von Ebenen und Masken.

Für Standardaufgaben des Alltags reicht Elements völlig aus und wer noch einige Profifunktionen dazu haben möchte, wie etwa ein ausgefeiltes Color Management, Smartfilter und umfangreiche Automatiken für grosse Mengen an Bildern, der hat die Alternative des Fotografen-Bundles (Photo­shop/Lightroom), dann allerdings nur im Cloud-Abo.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instruc­tor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.www.mediadigitale.de

Im Dezember veröffentlichte Sven Fischer im Rheinwerk Verlag (ehemals Galileo Press) eine Trainings-DVD zu Photoshop Elements 13. Sie finden das DVD-Training im Publisher-Shop: www.publisher.ch/shop.Einen ersten Vorgeschmack bekommen Sie unter bit.ly/fischer_elements13.