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Aufmerksamkeitshascher

Der Verein PDFX-ready startet im Herbst mit einem Relaunch seiner Anzeigenkampagne. Das Making-of.

RALF TURTSCHI PDF ist heute das Standardaustauschformat und der Standard für den Druck gemeinhin. Es gibt einige Tools für die Erzeugung und Prüfung von PDF-Dateien und die Adobe Creative Suite ist in der Lage, mit Bordmitteln ganz einfach druckfähige PDF zu erzeugen. Die Entwicklung von PDF bis zum heutigen ISO-Standard schlug immer wieder Wellen unter Fachleuten, die sich darüber ausliessen, welche Profile zum Einsatz kommen sollten. Heute gibt es verschiedene PDF wie PDF-A oder PDF-X, die in der Office-Kommunikation oder im Druck eingesetzt werden. Selbst aus einer Applikation können unterschiedliche PDF erzeugt werden: PDF-X3, PDF-X4 oder PDF-X1a. Den Durchblick zu erhalten, ist nicht ganz ohne, denn es stecken auch Philosophien dahinter.

Der Verein PDFX-ready hat sich zum Ziel gesetzt, eine pannenfreie Druckproduktion zu ermöglichen. Er besteht aus rund 250 Einzel- und Firmenmitgliedern, die die gemeinsame Plattform nutzen, um relevante Informationen zu erhalten. Vorstandsmitglieder pflegen den Kontakt zu den entsprechenden Entwicklergremien, die Vereinsmitglieder profitieren auch von einem Premiumstatus bei Problemfällen.

Eine neue Anzeigenkampagne soll den stagnierenden Mitgliederzahlen zu neuem Schwung verhelfen und die Aufmerksamkeit der Publishingszene auf die Website lenken, welche ausführliche Informationen rund um PDF enthält. Eine PDF-ready-Zertifizierung kann auf der Website online erlangt werden – die Zertifizierung ist übrigens Voraussetzung für die Zulassung zur PSO-Zertifizierung (Prozess Standard Offset), die von der Ugra (www.ugra.ch) durchgeführt wird.

Die pannenfreie Druckproduktion als oberste Maxime muss eigentlich jedermanns Denken beherrschen, der in irgendeiner Form mit Druckdaten zu tun hat. Der Jahresbeitrag von 85 Franken für Einzelmitglieder und 250 Franken für Firmenmitglieder steht in keiner Relation mit dem Gewinn an Produktionssicherheit, der mit dem entsprechenden PDF-Know-how einhergeht.

Der Relaunch

Die bestehende Kampagne basierte auf verschiedenen Bildern, die sich auf eine Panne bezogen oder auf irgend­etwas, das schiefgelaufen ist. Die gelbe Rahmengestaltung war auffällig inszeniert, als Schrift wurde die Univers eingesetzt. Der Schreibende wurde beauftragt, eine neue Kampagne für die bestehenden Mittel Anzeigen und Flyer zu entwickeln. Die Website blieb unangetastet, der Relaunch sollte also als Weiterführung des Bestehenden wahrgenommen werden.

Als gesetzt darf die Farbe Gelb betrachtet werden. Gelb ist ein Eyecatcher, ist die Farbe des Erkennens, der Erleuchtung, der Sonne, des Denkens, des Planens. Gelb ist die erste Farbe eines Lebenszyklus nach Weiss und passt somit wunderbar zum Thema. Zudem wirkt Gelb extrem auffällig, Gelb wird ja auf Verpackungen oder auf Schildern auch als Warnfarbe eingesetzt. Gelb ballt Farbintensität und Helligkeit zu einer unübersehbaren visuellen Kraft. Gelb erzielt auf kleinstem Raum die grösste Wirkung, damit ermöglicht Gelb das beste Preis-Leistungs-Verhalten in einem Anzeigenumfeld.

Die bestehenden Anzeigen benützen Gelb als dicken Linienrahmen; bei der Optimierung galt es, die Wirkung der An­zeige mit der Farbe Gelb deutlich zu erhöhen. Auch im Logo kommt Gelb vor.

Ein weiterer Punkt betrifft die Headlines, wie sie oben zu sehen sind. Gucci und ein Baby mit Kopftuch sind etwas ab dem Thema und auch Timbuktu mit der leeren Tankanzeige vermag den Bezug zu PDFX-ready nicht sofort herzustellen. Der Zwanziger fällt erst beim Nachdenken. Die neue Ansprache sollte nicht nur die Mitarbeitenden in der Druckvorstufe oder bei Auftraggebern ansprechen, sondern auch die Entscheidungsträger, die Abteilungsleiter und Firmenchefs, welche genauso von pannenfreier Druckproduktion profitieren. Die pannenfreie Druckproduktion als Claim war bestehend, nur sah man den Claim nicht auf Anhieb. Das war zu optimieren. Das Logo PDFX-ready ist bei den alten Anzeigen etwas unscheinbar, auch die wichtige Internetadresse geht fast unter. Dann werden zum Beispiel auch die Preise für eine Vereinsmitgliedschaft nicht erwähnt. Die bisherigen Bildsujets sind natürlich auf die alten Headlines ausgerichtet, sie taugten nicht für eine neue Kampagne. Als Bildidee wurden zwei Hände fotografiert und illustrativ mit einer Kontur umgesetzt. Der ausgestreckte Zeigefinger bedeutet: Aufgepasst! Jeder Lehrer und jedes Kind kennt diese Geste. Die beiden zum Victory-Zeichen gespreizten Finger wurden durch Churchill um die Welt getragen, neuerdings von Simon Ammann oder Usain Bolt als Siegersgeste schlechthin gebraucht. In der Kombination erzählen sie die Geschichte: Pass auf, hier ist was für dich, und damit wirst du Erfolg haben. Die Fingergesten sind einprägsam, zudem können sie in allen Anzeigen und Medien gleich verwendet werden. Es gibt also keine Verzettelung der Kommunikationskraft auf mehrere Motive.

Die Headlines schliesslich werfen in der direkten Ansprache eine Frage auf, sie beginnen mit «Haben Sie…». Das Wortspiel endet mit Trennfehlern, die Wortteile hervorheben, die aus dem Zusammenhang gerissen …ende, …eiter, …ration, …sternabend oder …tüfeler heissen. Die Kampagne ist nur​ in Deutsch ausgelegt, bei einer Übersetzung müssten völlig neue Sprachblüten geschaffen werden. Um die Fehlerhaftigkeit zusätzlich zu betonen, tragen diese Wortteile eine Kontur, sie sind etwas dicker geraten, zudem mit einer orangen Schraffur unterlegt. Die Wörter sind ausserdem mit Überdrucken und Aussparen definiert, so dass der «Fehler» augenfällig wird. Die Univers blieb bestehen. Die Head­line aber wurde in Condensed Italic gestaltet, einerseits wegen der engen Platzverhältnisse bei den hochformatigen Anzeigen, anderseits weil dieser Schnitt einiges auffälliger ist als zum Beispiel die normale Univers Bold.