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Beautyretusche, leicht gemacht

Eine ambitionierte Technik sorgt im Bereich der Beauty-, Lifestyle- und Porträtretusche seit einigen Jahren für Furore: die Frequenztrennung. Was aber bewirkt diese Technik und wie setzt man sie richtig ein?

Günter schuler Begriffe wie die in Publisher 1-15 thematisierte Frequenzmodulierung oder die an dieser Stelle behandelte Frequenztrennung mögen für manche erst einmal fremd klingen. Allerdings verbergen sich hinter den beiden Begriffen Techniken, die Photoshop seit seinen Anfängen mit an Bord hat: die Möglichkeit, Kontraste nicht nur bildweit zu erhöhen oder zu verringern (beziehungsweise innerhalb manuell getätigter Auswahlen), sondern auch lokal – wobei die Konturkanten als Referenz dienen. Obwohl das Arbeiten mit lokalen Kontrasten in der Bildbearbeitung gang und gäbe ist – das wohl alltäglichste Beispiel ist die Scharfzeichnung –, stieg erst mit dem Erfolg des Tiefen/Lichter-Features sowie des Camera-Raw-Filters das Interesse an diesen Techniken spürbar.

Letztlich war es nur eine Frage der Zeit, bis Lokalkontrastverfahren auch für den Bereich der ambitionierten Porträtretusche adaptiert wurden. Erfunden hat die Technik der Frequenztrennung, wie man so hört, ein US-amerikanischer Fotograf. Zwischenzeitlich kursieren online und fachpresseseitig die unterschiedlichsten Rezepturen. Was genau aber meint der Begriff Frequenztrennung? Mit der in Publisher 1-15 vorgestellten Technik der Frequenzmodulierung hat diese Technik zwar ein paar Sachen gemein. Während es bei der Frequenzmodulierung darum geht, lokale Kontraste auf multiple Weise zu erhöhen oder zu dimmen, dient die Frequenztrennungstechnik dazu, ein Bild in unterschiedliche Frequenzen aufzusplitten. Umgesetzt wird diese Aufsplittung über zwei Ebenen. Während eine weichgezeichnete Variante des Bildes die niedrigen Frequenzen konserviert, beinhaltet die zweite die hohen Frequenzen mit den Details. Vorteil der ganzen Chose: Hautfein­strukturen und Grobdetails lassen sich getrennt voneinander bearbeiten.

Frequenztrennung: die Technik

Die Technik der Frequenztrennung basiert auf zwei Ebenen, die – ineinander geblendet – zunächst einmal die Originalbildversion wiedergeben. Beim eigentlichen Trennvorgang kommen zwei Features zum Tragen: zum einen ein Weichzeichnung1sfilter (je nach Feinrezeptur entweder der Gausssche Weichzeichner oder aber Helligkeit interpolieren), zum andern das Feature Bildberechnungen im Hauptmenü Bild. Miteinander kombiniert werden die beiden Ebenen durch den Füllmodus Lineares Licht.

Die Vorgehensweise im Detail: Als Erstes erzeugen Sie zwei Duplikate der Originalbildebene. Die untere, später zuständig für die niedrigen Frequenzen, benennen Sie mit «Low» oder einer anderen passenden Bezeichnung. Etwa: «Grobkontraste» oder «Weichgezeichnet». Im Anschluss filtern Sie die «Low»-Ebene mit einem Weichzeichnungsfilter. Aufgrund seiner stärker auf die Flächen fokussierenden Eigenschaften bevorzuge ich persönlich den Filter Helligkeit interpolieren. Sinn der nun erfolgenden Weichzeichnung ist, Poren, Falten und Hautstruktur so abzusoften, dass sie glatt erscheinen. Die Bildkontraste als solche sollten dabei jedoch klar erkennbar bleiben. Viele Rezepturen propagieren dabei einen Radius-Wert von 10 Pixeln. Allerdings ist dieser immer abhängig vom konkreten Bild. Heisst: Visieren Sie eine subtilere Hautglättung an, ist eventuell ein Wert von 5 angesagt. Haben Sie hingegen extremere Glättungsergebnisse im Sinn, können Sie mit dem Radius-Wert weiter hochgehen – etwa auf 12, 15 oder 20.

Erst «Low» dann «High»

Ist die Weichzeichnung der «Low»-Ebene getätigt, geht es zum zweiten Schritt. Um beide Ebenen miteinander zu verbinden, weisen Sie der oberen Ebene (Bezeichnung: «High», »Details» oder ein anderer sinnvoller Begriff) die Füllmethode Lineares Licht zu. Im Folgenden führen Sie mit der «High»-Ebene eine Bildberechnung durch. Die Einstellungen finden Sie im unten abgebildeten Screenshot. Wichtig sind folgende Einstellungen: Auswahl der Ebene «Low» unter Quelle, Aktivierung der Box Umkehren, Zuweisung der Mischmodusmethode Addieren und schliesslich unter Skalieren Eingabe des Wertes 2. Das wars. Bestätigen Sie mit OK, ergeben die beiden – via Lineares Licht ineinander eingeblendeten – Ebenen eine exakte Kopie des Originalbildes. Perfektionieren lässt sich die Anordnung, indem man beide Ebenen in einer Gruppe zusammenfasst. Blenden Sie die Gruppe ein und aus, können Sie jederzeit Originalbild und bearbeitete Version miteinander vergleichen.

Die beiden aufgesplitteten Ebenen enthalten zunächst zwar ein exaktes Duplikat des Originalbildes. Der grosse Vorteil dieser Konstellation ist jedoch der, dass Sie nunmehr Details und Grobstruktur getrennt voneinander angehen können. Die Detail­ebene («High») ist dabei vorwiegend den Aufgaben vorbehalten, die auch bei konventionellen Retuscheverfahren anfallen: sichtbare Po­­ren, Flecken, Fältchen und ähnliche Hautunebenheiten beseitigen. Ob althergebrachter Kopierstempel, Bereichsreparatur-Pinsel oder ein anderes Reparaturtool – welchem Werkzeug Sie den Vorzug geben, bleibt Ihnen überlassen. Bei der Verwendung des Stempelwerkzeugs sollten Sie allerdings zwei Dinge im Auge behalten: a) die Verwendung einer Pinselspitze mit einer weitgehend harten Kante (zwecks Vermeidung weicher Übergänge), b) die Option «Aktuelle Ebene» unter Aufnehmen in den Werkzeugoptionen (um zu vermeiden, dass das Werkzeug auch auf die «Low»-Ebene mit zurückgreift).

Dient die «High»-Ebene dazu, bessere Bedingungen für konventionelle Retuschen zu schaffen, ermöglicht die «Low»-Ebene tiefer gehende Eingriffe in Sachen Hautstruktur – konkret: das Erzeugen einer sanfteren, ebenmässigeren Oberfläche. Vorteil: Aufgrund der «High»-Ebene bleibt – anders als bei herkömmlichen Hautglättungsverfahren – eine gewisse Porigkeit erhalten. Die Glättung der Hautstruktur in der «Low»-Ebene erfolgt in der Regel durch eine zusätzliche Weichzeichnung. Da dieser Part in aller Regel auf problematische oder besonders hervorstechende Partien beschränkt sein sollte (wie etwa Wangen oder Stirn), erweisen sich spätestens hier zusätzliche Auswahlen oder auch Ebenenmasken als sinnvoll. Ebenenmasken bieten dabei den Vorteil, dass sie sich nicht nur auf eine einzelne Ebene anwenden lassen (wie etwa die «Low»-Ebene), sondern gleich auf die komplette Korrekturgruppe. Die konkrete Verfahrensweise: Als Erstes markieren Sie die Ebenengruppe. Die dazugehörige Ebenenmaske legen Sie über den Befehl Ebene > Ebenenmaske > Alle einblenden an. Nachdem Sie im Bedienfeld Kanäle sichergestellt haben, dass Sie die Ebenenmaske bearbeiten (und nicht etwa versehentlich eine der Ebenen), können Sie mit einer grossen weichen Pinselspitze in der Ebenenmaske jene Bereiche schwarz ausmalen, die von der Frequenztrennungskorrektur nicht betroffen werden sollen: die Umgebung, Kleidungsstücke, die Haare und so weiter. Weitere Kandidaten sind hervorstechende Partien wie Augen, Nasenspitze und Mund. Malen Sie auch diese Partien in der Ebenenmaske aus (eventuell mit einer kleineren Pinselspitze), erreichen Sie beides: geglättete, retuschierte Hautpartien und knackig scharfe Eyecatcher.

Frequenztrennung für Fortgeschrittene

Sicher haben Sie bereits bemerkt, dass das Arbeiten mit dieser Methode wenig mit Vorgehen nach Schema F zu tun hat. Das Retuschieren und Glätten erfolgt grossteils manuell; die beiden Frequenztrennungsebenen liefern lediglich bessere Voraussetzungen für die jeweiligen Eingriffe. Für den Kernvorgang selbst – die im vorigen Abschnitt beschriebene Bildberechnung – kursieren ebenfalls mehrere Rezepturen. Für 8-Bit-Bilder etwa bringt folgende Abwandlung dieselben Ergebnisse: Mischmodus Subtrahieren (anstatt Addieren), Box Umkehren nicht aktivieren (anstatt aktivieren) und bei Versatz den Wert 128 (anstatt 0). Grundsätzlich möglich ist darüber hinaus eine Variante, bei der statt Bildberechnungen der Hochpass-Filter zum Einsatz kommt.

Im Prinzip stellt sich bei der Frequenztrennungsmethode allerdings eine weitere Frage: Lässt sich der Prozess der Hautpartiemodulierung variabler gestalten? Die Antwort: Ja, das ist möglich. Dreh- und Angelpunkt beim Finetuning der Struktur ist der Radius-Wert, den Sie für die Weichzeichnung der «Low»-Ebene eingeben. Regel hier: Je höher der Radius, desto grobporiger die Details in der «High»-Ebene. Da die eigentliche Porenglättung erst durch das zusätzliche Weichzeichnen der «Low»-Ebene erfolgt, kommen zwei Variablen ins Spiel: a) die Differenz zwischen der Vor-Weichzeichnung beim Erstellen der beiden Ebenen und der nachträglichen, zusätzlichen Weichzeichnung, b) die Detailhaltigkeit der «Low»-Ebene gegenüber dem Originalbild. Zugegeben, das klingt ziemlich theoretisch. Über unterschiedliche Versuchsanordnungen (mit hohem Grundradius, niedrigem Grundradius, hoher nachfolgender Weichzeichnung, moderater nachfolgender Weichzeichnung) können Sie allerdings selbst austesten, welcher Mix aus Glättung und Feindetails bei Ihren Bildern am besten funktioniert.

Und – Action

Photoshop-Aktionen sind auch beim Anwenden der Frequenztrennungstechnik ein hilfreicher Faktor. Bereits der Aufbau der Grundanordnung ist für eine entsprechende Aktion prädestiniert. Aufwendigere Ebenengerüste sind via Aktion ebenfalls möglich. Beispiel: der abgebildete Ebenenscreenshot mit den fünf blauen und fünf gelben Ebenen. Die gelben Ebenen beinhalten fünf Varianten der benötigten «Low»-Ebene. Behandelt wurden sie jeweils mit dem Radius-Wert, der in der Namensbezeichnung angegeben ist: 1, 2, 5, 10 und 20.

Im oberen Teil des Ebenen-Panels befinden sich die komplementären «High»-Ebenen. Bei der erfolgten Bildberechnung kam jeweils die «Low»-Ebene mit dem korrespondierenden Radius-Wert zum Zug. Praktisch ist eine derartige Versuchsanordnung dann, wenn Sie ausprobieren möchten, welche Kombination aus «Low» und «High» das beste Ergebnis bringt. Arbeitserleichterung bei dieser Variante: Zusätzliches Weichzeichnen in der «Low»-Ebene ist bei dieser Anordnung unnötig. Der Glättungseffekt ergibt sich aus der Kombination aus höherem «High»-Radius und niedrigerem «Low»-Radius.

Auch bei dieser Anwendungsvariante sorgt eine Ebenenmaske dafür, dass der frequenztrennungsbearbeitete Teil des Bildes eingegrenzt wird. Bei der im Folgenden vorgestellten Abwandlung ist die ergänzende Ebenenmaske ebenfalls obligatorisch. Unterschied bei der Vorgehensweise: Die «High»-Ebene wird hierbei nicht über eine Bildberechnung erstellt, sondern durch Anwendung des Hochpass-Filters. Die Aussehensgleichheit zum Originalbild ergibt sich durch identische Radius-Werte bei Weichzeichnung (obligatorischer Filter bei dieser Variation: Gaussscher Weichzeichner) und Hochpass-Anwendung. Leider hat die Vorgehensweise über Hochpass eine kleine Nebenwirkung: Ein originalbildidentisches Ebenensandwich ist ohne zusätzlichen Schritt nicht drin: die Anwendung des Befehls Bild > Korrekturen > Helligkeit/Kontrast auf die «High»-Ebene – und zwar mit den beiden Einstellungen –50 für Kontrast und Aktivierung der Box Früheren Wert verwenden.

Die eben beschriebene Ersatzvorgehensweise ist nicht nur für Photo­shop-lose Bildbearbeiter von Interesse. Anders als Bildberechnungen kann der Filter Hochpass auch als Smartfilter angewendet werden. Legen Sie sowohl «Low»- als auch «High»-Ebene als Smartebenen an, erzeugen Sie eine Frequenztrennungskonstellation, bei der Sie beide Frequenzen jederzeit nachtunen können. Etwas Umweg ist lediglich beim Einbau der ausgleichenden Helligkeit/Kontrast-Funktion vonnöten. Diese lässt sich allerdings in Form einer Einstellungsebene hinzufügen. Vervollständigt wird die Anordnung durch eine Ebenengruppe, die sowohl die Helligkeit/Kontrast-Einstellung als auch das Smartobjekt mit der «High»-Einstellung enthält. Die Füll­methode Lineares Licht ist in diesem Fall der Ebenengruppe zugewiesen, nicht der «High»-Ebene. Der Vorteil dieser speziellen Frequenztrennungsvariante: Über die Einstellungsebene Helligkeit/Kontrast können Sie die Beschaffenheit der Hautoberfläche zusätzlich auspegeln. Regulieren Sie den Kon­trast weiter in den negativen Bereich hinein, wird sie zunehmend feinporiger. Spätestens dann, wenn Sie die «High»-Ebene manuell retuschieren, müssen Sie das Smartobjekt auflösen und die Ebene rastern.

Fazit

Die Frequenztrennungstechnik ist zwar erst wenige Jahre alt. Die Rezepturen für ihre Anwendung differenzieren sich allerdings immer weiter aus. Ihre Potenziale unterstreicht die einleitende Bildgegenüberstellung – wobei das gewählte Korrekturausmass im mittleren Bereich liegt. Was heisst: Sowohl diffizilere als auch extremere Veränderungen sind möglich. Ein Problem sind die – auch in der einfachen Variante nicht ganz einfachen – Vorbereitungen für die Anwendung dieser Technik.

Aktionsset

Um unseren Leserinnen und Lesern einen möglichst einfachen Einstieg in die Photoshop-Technik der Frequenztrennung zu ermöglichen, steht im Downloadbereich des Publisher ein Aktionsset mit den in diesem Artikel besprochenen Varianten bereit.