Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Dossiers >> Photoshop >> Fachartikel >> Bildbearbeitung im grossen Stil

Bildbearbeitung im grossen Stil

Adobe Lightroom ist schon längst viel mehr als ein digitaler Leuchttisch. Immer mehr Bearbeitungsfunktionen aus Photoshop wandern zu Lightroom und sind dank der ­Synchronisierung mit Lightroom mobile auf Tablets und Smartphones überall verfügbar.

Sven Fischer Im April dieses Jah­res gab es einmal mehr ein Update der Creative Cloud. Dieses Mal konnten sich hauptsächlich Fotografen freuen, denn Adobe hat Lightroom erweiterte Funktionen verpasst und die Synchronisierung mit den mobilen Varianten für Tablets und Smartphones verstärkt.

Der Trend der letzten Jahre hat sich dabei fortgesetzt, nämlich dass immer mehr durchaus komplexe Be­arbeitungsfunktionen in Lightroom zur Verfügung stehen, die man sonst eher von Photoshop her kennt. Insbesondere Anwender, die es mit Fotoserien beziehungsweise grossen Mengen von Bilddateien zu tun haben, ziehen die Möglichkeit, solche Bearbeitungen in Lightroom auf ganze Serien und Ordner von Bildern anzuwenden, eindeutig der Einzelbildbearbeitung in Photoshop vor.

Lightroom verarbeitet die gleichen Datenformate wie Photoshop, also auch Kamera-Rohdaten (RAW), und greift auf die Möglichkeiten des Camera-Raw-Moduls zu, wie es auch in Photoshop zur Verfügung steht. Wie in Photoshop beschränken sich diese Entwicklungsfunktionen inzwischen nicht mehr nur auf Rohdaten, sondern sind auch auf andere Dateiformate wie JPG, PSD oder TIF anwendbar.

Mit dem April-Update sind weitere Funktionen hinzugekommen, sodass es immer seltener notwendig wird, Photoshop für die qualitative Bildbearbeitung zu bemühen. Dadurch wird Photoshop natürlich nicht überflüssig, vielmehr steigern die Zusammenarbeit und der einfache Austausch zwischen Photoshop und Lightroom die Effek­tivität. Und wie man es von Updates eigentlich immer erwartet, wurde unter anderem die Verarbeitungsgeschwindigkeit verbessert.

HDR-Bilder erstellen

High-Dynamic-Range-Bilder (HDR) enthalten einen sehr hohen Dynamik­umfang und zeigen von sehr dunklen bis sehr hellen Bildpartien die ganze Bandbreite des möglichen Belichtungsspektrums.

Um solche Bilder zu erstellen, werden mindestens drei verschiedene Aufnahmen eines Motivs (möglichst mit Stativ) benötigt, eine mit normaler Belichtung, eine unter- und eine überbelichtete Aufnahme. Diese drei oder mehr Einzelbilder werden dann mithilfe der HDR-Funktion, beispielsweise von Photoshop, zu einem einzigen Bild zusammengerechnet, welches den vollen Dynamikumfang der ursprünglichen Aufnahmen besitzt.

Auch wenn der HDR-Boom der letzten Jahre inzwischen nachgelassen hat, gibt es doch sehr viele Liebhaber dieses kontrastreichen und farben­frohen Fotolooks.

Nachdem man die entsprechenden Fotos, möglichst im Rohdatenformat, in Lightroom importiert hat, markiert man die gewünschten Bilder und wählt dann im Menü Foto den Befehl Zusammenfügen von Fotos > HDR. Lightroom fügt die betreffenden Bilder zusammen, richtet sie aus und führt eine automatische Tonwertanpassung durch. Auch eventuelle Geisterbilder, also Schattenstrukturen, die entstehen, wenn sich Bilder nicht exakt überlagern, oder wenn während der Aufnahmen beispielsweise Personen durchs Bild gelaufen sind, lassen sich in mehreren Stufen entfernen. Das geht alles relativ schnell und man muss den ganzen Prozess abschliessend nur durch Klick auf Zusammenfügen bestätigen. Das HDR-Bild wird automatisch dem aktuellen Katalog hinzugefügt. Eine individuelle Anpassung der Entwicklung ist danach jederzeit noch möglich.

Panoramen

Von Photoshop kennt man die Pano­rama-Funktion schon lange. Und sie liefert immer wieder faszinierende Ergebnisse. Neu ist, dass man nun auch direkt in Lightroom mehrere Aufnahmen zu einem Panorama-Bild zusammensetzen kann, ohne die Hilfe von Photoshop zu beanspruchen.

Ähnlich wie bei den HDR-Bildern importiert man einfach die gewünschten Aufnahmen, wählt diese im Lightroom-Katalog aus und lässt dann den Menübefehl Zusammenfügen von Fotos > Panorama im Menü Foto den Rest erledigen.

Das zusammengefügte Ergebnis steht schnell zur Verfügung, auf Wunsch wählt Lightroom automatisch die benötigte Projektion und man muss die Vorarbeit nur noch bestätigen.

Es ist auch möglich, das Bild gleichzeitig von den Randbereichen befreien lassen, Lightroom nennt das Freistellen. Auch in diesem Fall landet das fertige Bild dann automatisch im Lightroom-Katalog. Eine individuelle Nachbearbeitung im Entwicklungsmodul von Lightroom ist selbstverständlich auch hier möglich.

Gesichter erkennen

Photoshop Elements, Facebook und andere haben es längst vorgemacht. Nun unterstützt auch Lightroom die Gesichtserkennung im Rahmen eines Katalogs. Dazu klickt man im Menü Ansicht auf Personen oder auf das kleine Icon mit dem Gesicht am unteren Rand der Bibliotheksansicht.

Werden in einem Katalog oder einer Sammlung mehrere Bilder gefunden, die der gleichen Person zugeordnet werden können, dann fasst Lightroom diese automatisch zu einem Stapel zusammen und zeigt auch die Anzahl der im Stapel enthaltenen Fotos an. Der Stapel lässt sich auch wieder entfalten, um die Einzelbilder zu begutachten. Bei noch unbekannten Personen kann man unter das jeweilige Bild klicken und den entsprechenden Namen eingeben.

Mit Doppelklick auf das Bild eines Gesichts wird das dazugehörende Foto angezeigt, auf dem sich unter Umständen ja noch weitere Personen befinden können. Auch hier lassen sich die entsprechenden Namen eingeben.

In der Personen-Ansicht kann man auch per Rechtsklick im Kontextmenü Fotos mit ähnlichen Gesichtern anzeigen lassen und diese dann manuell zuordnen.

Bearbeitungswerkzeuge

In Lightroom gibt es nun auch mehrere Werkzeuge, um Entwicklungseinstellungen partiell auf ein Bild anzuwenden. Photoshop-Anwender kennen diese Werkzeuge bereits aus dem Camera-Raw-Modul. Es handelt sich im Einzelnen um den Bereichsreparaturpinsel, die Rote-Augen-Korrektur (die es schon länger gibt), den Verlaufsfilter, Radialfilter und den Korrekturpinsel. Die Werkzeuge funktionieren genauso wie in Photoshop, somit lassen sich Entwicklungseinstellungen beispielsweise verlaufend, radial oder punktuell in ein Bild einarbeiten oder Makel, Kratzer und Flecken entfernen.

Alle Bearbeitungen lassen sich im Übrigen über das Protokoll jederzeit zurücksetzen.

Diashows

Die schönen und optimierten Fotos möchte man sicherlich auch mal prä­sentieren. Dazu bietet Lightroom CC die Möglichkeit einer Diashow.

Die Bilder eines Ordners oder einer Sammlung lassen sich mit Zoom- und Übergangseffekten kombinieren, Texte können mit eingeblendet werden. Die Diashow kann man auch mit Musik unterlegen und den Bildwechsel mit der Musik synchronisieren lassen. Als Musiker kann ich bestätigen, dass bei meinen Tests die Synchronisierung erstaunlich taktgenau gelang.

Sobald die Diashow erstellt wurde, kann man sie aus Lightroom heraus jederzeit wieder abspielen. Sie lässt sich aber auch als Video im Format MP4 oder als PDF exportieren und damit weitergeben. Beim PDF-Export ist allerdings keine Musik­untermalung möglich.

Lightroom mobile

Seit längerem gibt es Adobe Lightroom auch für mobile Geräte. Unterstützt werden die Betriebssysteme iOS und Android. Im Rahmen eines Creative-Cloud-Abos sind die mobilen Lightroom-Versionen bereits inbegriffen.

Über den im Creativ-Cloud-Abo enthaltenen Speicherplatz lassen sich Sammlungen in beide Richtungen synchronisieren. Sammlungen von Fotos auf dem mobilen Gerät werden zur Desktop-Version synchronisiert und es lassen sich auch Desktop-Sammlungen zum mobilen Gerät synchronisieren, was vor allem im Zusammenhang mit einer Diashow reizvoll ist.

Die mobile Lightroom-Version un­terstützt ausserdem Bewertungen und Markierungen einzelner Fotos, Wahl des Bildausschnitts, sowie Bearbeitungen – auch nach Voreinstellungen. Bearbeitungen können natürlich mit der Desktop-Version synchronisiert werden.

Lightroom für Android unterstützt nun auch das DNG-Format, Voraussetzung ist allerdings die aktuelle Android-Version 5 (Lollipop). Mobile Sammlungen lassen sich dann mit ein paar Klicks (bzw. Taps) mit anderen Anwendern teilen.

Lightroom Web

Und wenn gerade mal kein Rechner mit Lightroom Desktop verfügbar und das Tablet auch nicht greifbar ist, genügt ein normaler Webbrowser. Über die Adresse lightroom.adobe.com loggt man sich mit seiner Adobe ID ein und hat Zugriff auf alle synchronisierten Sammlungen, egal ob sie nun von Lightroom Desktop oder der mobilen Variante kommen.

Das ist schon sehr komfortabel, sofern man sich mit dem Cloud-Gedanken anfreunden kann.

Adobe Slate

Zu guter Letzt noch ein kurzer Blick auf ein kostenloses mobiles Werkzeug, das im iTunes Store zur Verfügung steht, aktuell ausschliesslich für iPads mit iOS 8. Adobe Slate soll es ermöglichen, Geschichten visuell zu erzählen. Dazu stehen Layoutvorlagen und Schriften zur Verfügung, man kann eigene Fotos einbauen (beispielsweise aus Lightroom-Sammlungen) oder auf Bildmaterial von Adobe zurückgreifen.

Das Ganze basiert auf Webtechnologien und erinnert in vielerlei Hinsicht an typische Widgets, die auch in Adobe Muse zur Verfügung stehen und beispielsweise bei Onepage-Websites eingesetzt werden.

Die fertige Geschichte mit einem durchaus attraktiven Erscheinungsbild kann man dann über mobile Endgeräte, Twitter oder Facebook mit dem Rest der Welt teilen.

Fazit

Das Frühjahrs-Update der Creative Cloud richtet sich vorrangig an bildaffine Anwender wie Fotografen und stellt interessante Bearbeitungs- und Präsentationsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Unterstützung mobiler Funktionen steht im Vordergrund. Es ist zu erwarten, dass kommende Updates diesen Trend verstärken werden. Man sieht immer deutlicher, wohin die (mobile) Reise geht.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instruc­tor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.

www.mediadigitale.de