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Der Logo-Generator, im Ernst

Die Zeiten sind endgültig vorbei, als der Grafiker sich wochenlang mit einem neuen Logo auseinandersetzen durfte. Im Internet werden Logos für unterirdische Preise angeboten, frei nach dem Motto: individuelle Massenware. Es geht auch ernsthaft.

Ralf Turtschi Nicht jedem ist die Gabe des Zeichnens in die Wiege gelegt. Einen Schriftzug individuell zu entwickeln, will heissen, die Schrift von Beginn weg zu zeichnen, ist Hohe Schule, aufwendig und meist wenig ­flexibel. Der Logoentwurf mündet früher oder später in eine Vektordatei, wie sie typischerweise Adobe Illustrator erzeugt. Eine Vektordatei deshalb, weil diese verlustfrei skaliert werden kann. Im Gegensatz dazu lassen sich Pixeldaten nicht beliebig skalieren, ohne dass irgendwann die Pixelstruktur sichtbar wird.

Der Weg des Entwurfs läuft oft über eine Schrift, die auf dem Rechner vorliegt und die in Illustrator gepfadet und nachbearbeitet wird. Was, wenn man eine Schrift verwenden möchte, die nicht auf dem Rechner zur Verfügung steht? Eine feine Sache führt über einen Workaround mit dem iPad.

Die iPad-App FontBook wird von Fontshop (gehört zu Monotype) herausgegeben. Diese App ist auch für Typophile unverzichtbar, ganz allgemein, und im Besonderen für den, der Logos entwerfen will. Die App ist eine Art mobile Zusammenfassung eines dicken Wälzers, der früher als Schriftmusterbuch in jede Agentur und satzproduzierende Abteilung gehörte. Die App bildet online Schriften ab, die bei Fontshop erhältlich sind. FontBook beherbergt die ganze Bibliothek, die Fontshop vertreibt, einige Tausend Schriften. Diese schiere Flut zu bewältigen ist allein schon eine Sisyphus­arbeit.

Die App bietet deshalb zahlreiche clevere Zugänge zur Schriftselektion. Zum Beispiel werden Fonts nach Genres unterschieden oder nach Designmerkmalen, nach dem Datum ihres Entstehens, nach ihrem Gestalter. Meine erste Wahl sind die Favoriten, die ich mir im Lauf der Zeit immer wieder anlege. Wenn ich zum Beispiel eine Script mit bestimmten Designmerkmalen (zum Beispiel verbundene oder nicht verbundene Buchstaben) suche, finde ich so schnell wie sonst nirgends eine Auswahl.

Logogestaltung mit FontBook

In groben Zügen beschrieben geht man wie folgt vor: Man lässt sich von der App die Buchstaben des Logos in der gewünschten Schrift anzeigen, zieht davon einen Screenshot (Printscreen) und sendet diesen per Mail-Attachment auf seinen Account. Der Screen­shot (PNG-File mit Retina-Auflösung) wird in Photoshop geöffnet, alles ausser dem Schriftzug wird gelöscht. Die Datei wird nun in Illustrator platziert und mit dem Bildnachzeichner vektorisiert. Die Umsetzungsqualität ist erstaunlich gut. Die Kurvenpunkte sind sauber, ab und zu ist auf einer Geraden ein Vektorpunkt zu viel. Für einen ersten Entwurf reicht die Qualität, ohne dass man sich zu viel um die Punkte zu kümmern braucht.

Liegt der Schriftzug einmal vektorisiert vor, kann er beliebig verändert werden, Farbe, Konturstärke, Buchstabenabstände können nach eigenem Gusto angepasst werden.

FontBook ist ein nicht wegzudenkendes Tool auf meinem iPad, sogar mit das meistgenutzte. Im Zusammenhang mit einem Logoentwurf erweitert es den kreativen Spielraum unendlich, so schnell und genau ist man sonst kaum unterwegs. FontBook ist gratis – ausprobieren!