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Digitaldruck wird alltagstauglich

Nachlese Drupa 2004

Digitaldruck wird alltagstauglich

An der Drupa 2004 hat sich der Digitaldruck definitiv als selbstverständlicher Teil der Druckindustrie etabliert. Die neu vorgestellten Systeme zeigen sich produktiver, wirtschaftlicher und einfacher im Handling.

MARTIN SPAAR Während die Drupa 2000 den Kulminationspunkt des vom Internet getriebenen Wirtschaftsbooms markierte, scheint die jetzige Drupa wiederum für einen neuen Wendepunkt zu stehen. Drupa-Präsident Albrecht Bolza-Schünemann griff in seinem Resumé zum Messeschluss wohl nicht zu hoch, wenn er meinte, die Drupa habe der internationalen Druck- und Medienindustrie wieder «Optimismus und Aufbruchstimmung» zurückgebracht. Auch die Aussteller zeigen sich durchs Band zufrieden und können zum Teil mit eindrücklichen Verkaufserfolgen belegen, dass hier nicht nur auf Zweckoptimismus gemacht wird.

Die Entwicklung vom Millenniumshype zurück auf den Boden der Realität ist besonders ausgeprägt beim Digitaldruck spürbar. Nicht mehr hochtrabende Visionen standen hier im Vordergrund, sondern praxistaugliche und handfeste Lösungen. Der Digitaldruck hat sich mit der Drupa 2004 als selbstverständlicher Teil der Druckindustrie etabliert. Am augenfälligsten zeigt dies das Beispiel der Firma Xerox, die an der Drupa 2000 die gewünschte Fläche von der Messe nicht zugestanden bekam und ihre Zelte im wahrsten Sinne des Wortes ausserhalb der Messehallen aufschlagen musste. Dieses Jahr belegte Xerox mit einem Stand von 3500 Quadratmetern einen Drittel der Halle 13. Das entspricht immerhin knapp der Hälfte der Fläche, die die Heidelberger Druckmaschinen AG in den Hallen 1 und 2 für sich beanspruchte.

Weiterentwickelte XeroxDocuColor iGen3

Eine der Hauptattraktionen am Xerox-Stand war die schon an der IPEX 2002 vorgestellte DocuColor iGen 3. Xerox hat das im letzten Jahr über hundert Mal verkaufte Digitaldruck-Flaggschiff nochmals in diversen Punkten weiterentwickelt. Die maximale Papiergrösse wurde auf 364 x 571 mm erhöht und neu können Papiergewichte bis zu 350 g/m2 verarbeitet werden. Auch die Möglichkeiten im Bereich des Inline-Finishing wurden weiter ausgebaut. Mit dem neuen Xerox Square Fold Booklet Maker können Booklets vollständig automatisiert hergestellt werden. Ab nächstem Jahr wird für die iGen3 zudem ein UV-Beschichtungssystem verfügbar sein.

Als Messeneuheiten präsentierte Xerox zwei Schwarzweiss-Produktionssysteme, die viele Technologien der DocuColor iGen3 nutzen. Die Geräte mit der Bezeichnung Nuvera 100 und 120 lösen die erfolgreiche Docutech-Familie ab und wollen bei einer Geschwindigkeit von 100 resp. 120 Seiten pro Minute und mit einer Auflösung von 4800 x 600 dpi eine dem Offsetdruck vergleichbare Druckqualität bieten.

Die beiden ebenfalls neu vorgestellten Hochgeschwindigkeits-Rollendrucksysteme DocuPrint 525 und 1050 zielen neben dem Akzidenz- vor allem auch auf den Transaktionsdruck (Rechnungen, Bankbelege etc.).

Xeikon mit eindrücklichem Comeback

Die beiden Digitaldruckpioniere HP Indigo und Xeikon präsentierten an der Messe je eine Neuheit. Nach einigen wirtschaftlichen Turbulenzen meldet sich Letzterer mit der Xeikon 5000 auf eindrückliche Art und Weise am Markt zurück. Die Xeikon 5000 steht in der Tradition der bisherigen Systeme aus diesem Haus und weist dessen Vorteile aus: Der One-Pass-Duplexdruck erlaubt hohe Druckleistungen ohne Abstriche bei der Qualität. Mit einer Druckleistung von 130 A4 Seiten pro Minute erreicht die Xeikon 5000 damit die höchste Produktivität unter den Digitalsystemen mit Offsetqualität. Als einziges Rollensystem in diesem Marktsegement bietet die Xeikon mit einer Breite von 500 mm und praktisch unbegrenzter Bogenlänge zudem den grössten Spielraum bezüglich Druckformaten. Die Xeikon 5000 ist auf hohe Druckvolumen ausgelegt und soll monatlich bis zu 3 Millionen A4-Seiten bewältigen. Bei dieser vollen Auslastung sollen die Gestehungskosten pro A4-Druckseite lediglich bei 0,02 liegen. Gemäss Auskunft des Herstellers konnten im Laufe der Messe 42 Xeikon-5000-Systeme verkauft werden.

HP Indigo Press 5000 mit neuen ElecroInk-Flüssigfarben

Ebenfalls einen Meilenstein bedeutet für HP Indigo die neue HP Indigo press 5000. Dies ist das erste System, das seit der Übernahme von Indigo durch Hewlett Packard gemeinsam entwickelt wurde. Auch die neueste Indigo bleibt der für diesen Hersteller typischen Technologie mit Flüssigtoner treu, die eine satte und leuchtende Farbwiedergabe mit einer offsetähnlichen Anmutung ergibt. Dabei wurde auf die Drupa hin eine neue Version dieser ElecroInk-Flüssigfarben (Ink 4) vorgestellt, die eine höhere Abriebfestigkeit bietet und das Bedrucken eines breiteren Spektrums von Papieren ohne Vorbehandlung (Primern) erlaubt. Von Ink 4 profitieren übrigens auch die heute verfügbaren Systeme HP Indigo press 3000 und 3050. Weitere Verbesserungen der Indigo Press 5000 betreffen zusätzlich Papiereinzüge, die das Handling vereinfachen und die Produktivität erhöhen.

Fokus auf Produktivität und Wirtschaftlichkeit

Zusammenfassend kann man also sagen, dass bei den grossen Digitaldrucksystemen von Xerox, Xeikon und HP Indigo der Trend hin zu verbesserter Produktivität und Wirtschaftlichkeit geht.

Bei allen neuen Systemen wurde das Operating massiv vereinfacht; die Entwicklung geht klar in Richtung von «Green-Button-Geräten», für deren Betrieb und Service man keine hoch qualifizierten Spezialisten mehr benötigt. Bei der Druckqualität scheint dagegen ein Niveau erreicht, das – zumindest für den Moment – keine grossen Quantensprünge mehr erlaubt.

Typisch für diese Fokussierung in Richtung Alltagstauglichkeit der einst hochsensiblen Digitalsysteme ist auch der Umstand, dass alle Anbieter ihre Systeme nicht isoliert präsentierten, sondern im Rahmen ganzer Lösungen respektive Produktionsstrassen vorführten. Da wurden allenthalben fertige Broschüren, Bücher, CD-Hüllen, Wein­etiketten etc. produziert.

Océ mit kompletten Produktonsstrassen

Besonders eindrückliche Produktionslösungen konnte man am Océ-Stand sehen, wo als strategischer Partner die Firma Stralfors in mehreren Produktionsstrassen mit Vor- und Nachbearbeitungsgeräten vertreten war. So wurden mit dem neu vorgestellten Rollensystem VarioStream 9000 hochwerige Bücher «on demand» produziert. Mit dem bis zu 1200 A4-Seiten pro Minute schnellen Vario­Stream 7000 wurde ein Fachlexikon der grafischen Industrie in fünf Sprachen gedruckt und am Partnerstand fadengeheftet und gebunden.

Im Bereich der Farbdigitaldrucksysteme zeigte Océ die im Frühling vorgestellte CPS900 (siehe Publisher 2-04), mit der Umschläge für Bücher und Kataloge produziert wurden.

Canon mit Cluster-Systemen

Neben den etablierten Anbietern von Digitaldruck-Produktionssystemen drängen immer mehr auch die bisher mehr aus der Office-Welt bekannten Anbieter von Kopier-/Printsystemen in die grafische Industrie. Neben Konica-Minolta, Kyocera-Mita, Ricoh (in der Schweiz Lanier), Oki und Toshiba ist hier vor allem Canon zu nennen.

Canon zeigte an der Messe unter anderem den CLC 3220 MEAP, eine Weiterentwicklung des in der grafischen Industrie bereits sehr erfolgreichen CLC 3200. Das System bietet dank feinem Polymertoner eine sehr gute Druckqualität und ist dank der MEAP-Schnittstelle (Multifunctional Embedded Application Platform) an individuelle Bedürfnisse und Abläufe anpassbar.

Der CLC 3220 wurde am Canon-Stand in einer Tandem-Konfiguration gezeigt, in der zwei Geräte über einen Lastenausgleichsserver «EFI Balance 3.0» angesteuert werden. Damit lässt sich ein Job, ähnlich wie man das von Server-Clustern her kennt, auf mehrere Geräte verteilen. Somit bieten solche Cluster von mehreren kleinen Geräten eine interessante und preisgünstige Alternative zu den grossen Digitaldrucksystemen. Zudem hat man den Vorteil einer höheren Produktionssicherheit: Fällt ein Gerät im Cluster aus, wird die «Drucklast» automatisch auf die verbleibenden Geräte im Verbund umverteilt.