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Ein Filmemacher, ein Pixel-Monster und ein Action-Held im Showdown

Die Fortsetzung von Canons überraschendem Video-DSLR-Erfolg hat auf sich warten lassen. In diesem Frühling kam endlich die EOS 5D Mark III. Keine blossen Remakes alter Erfolgsmodelle sind die beiden Vollformat-DSLRs von Nikon: die superschnelle D4 und die hoch auflösende D800. Wir haben uns die drei Vollformat-DSLRs näher angeschaut.

markus zitt In den ersten drei Monaten dieses Jahres kündeten die beiden führenden DSLR-Hersteller Canon und Nikon endlich die längst erwarteten Nachfolgemodelle ihrer legendären, inzwischen jedoch nicht mehr ganz zeitgemässen Vollformat-DSLRs an: Canon EOS 5D Mark II (August 2008), Nikon D700 (Juli 2008) und Nikon D3s (September 2009). Für den ersten Imaging-Schwerpunkt dieses Jahres haben wir uns diese drei Vollformat-DSLRs näher angeschaut.

Canon brachte mit der neuen EOS 5D Mark III ein moderates Upgrade der Mark II, die vor vier Jahren den Boom des Videofilmens mit Fotokameras auslöste und der Filmergemeinde neue Camcordergenerationen mit grossen Sensoren bescherte. Aber auch Nikon hat ihr Vollformat-Sortiment aufgefrischt und mit ihrer Hi-ISO-fähigen, schnellen Profi-Reportagekamera D4 sowie mit der besonders hoch auflösenden D800 zwei starke Modelle auf den Markt gebracht.

Seit Frühling tröpfeln diese drei DSLRs nun in den – nach einer jahrelangen Durststrecke – ausgetrockneten Markt, wobei wegen der immensen Nachfrage und den Nachwehen des Katastrophenjahres 2011 manche Käufer noch bis in den Sommer wochenlange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten.

Wir haben diese drei Kameras in den vergangenen Monaten in der Praxis erproben können und fassen in diesem zweiteiligen Artikel kurz unsere Erfahrungen und Eindrücke zusammen. Vierter Musketier in diesem Kamera-Thriller wäre eigentlich die schnelle Canon EOS 1D X, die ein Gegenstück zur Nikon D4 darstellt. Sie stand jedoch nicht rechtzeitig für Praxistests zur Verfügung, denn obwohl sie schon im Herbst 2011 vorangekündigt worden war, hat sich ihre Markteinführung vom ursprünglich anvisierten Frühling auf den Sommer verschoben.

Die Kameras

Von ihrer Positionierung her entsprechen sich pärchenweise die Canon 5D Mark III und die Nikon D800 sowie die Canon 1D X und die Nikon D4, wobei diese vier DSLRs die aktuellen Spitzenmodelle im Sortiment des jeweiligen Herstellers darstellen.

Die D4 und die 1D X sind zwei professionelle Hochleistungskameras für den Reportageeinsatz und für Actionmotive geschaffen. Dafür bieten sie einen besonders schnellen Autofokus, eine ultraschnelle Serienbildfunktion und eine hohe Lichtempfindlichkeit beziehungsweise einen grossen ISO-Spielraum, der sich über Push-Stufen bis auf ISO 204 800 hochschrauben lässt. Beim Serienbildtempo schafft die Canon 1D X in voller 18-Megapixel-Auflösung 12 Bilder pro Sekunde (fps) und bei Beschränkung auf JPEGs sogar 14 fps, während die Nikon D4 mit 11 fps bei 16 Megapixeln nur wenig nachsteht. Im Gegenzug beschränken sich beide auf eine für heutige Verhältnisse durchschnittliche Auflösung (1D: 18 Mpx; D4: 16 Mpx). Ihre Gehäuse sind grösser und vor allem höher als jene normaler DSLRs, weil sie mit einem Unterbau versehen sind, der auch als Hochformatgriff mit entsprechenden Bedienelementen dient und der einen grossen Akku aufnimmt. Die Professionalität hat ihren Preis, denn die unverbindlichen Preisempfehlungen für beide Kameras liegen jeweils bei rund 7000, die Stras­senpreise unter 6000 Franken.

Die 5D Mark III und die D800 sind dagegen zwei Allround-Kameras, die Fotoprofis und versierte Amateurfotografen gleichermassen ansprechen. Die beiden sind nicht ganz so lichtempfindlich und langsamer. Ihr Serientempo ist jeweils rund halb so schnell, wie jenes der Actionprofis (5D: 6 fps; D800: 4 fps, mit Griff bis 6 fps). Dafür kosten die kleinen auch «nur» die Hälfte. Der offizielle Preis liegt um 3600 Franken, im Handel zahlt man rund 3000 Franken. Ihre Gehäuse sind normal hoch, aber im Vergleich zu günstigen DLSRs mit APS-C-Sensor immer noch recht voluminös und schwer (beinahe ein Kilogramm ohne Objektiv). Beide Kameras können durch einen Hochformatgriff aufgestockt werden, der einen zusätzlichen Akku oder normale AA-Batterien aufnimmt und Bedien­elemente für hochformatiges Fotografieren (Auslöser, Einstellräder, AF/AE-Speichertaste) bereitstellt.

Während die beiden Actionprofis von ihren Spezifikationen einander weitgehend ebenbürtig sind, gibt es zwischen der 5D und der D800 einen massiven Unterschied: die Auflösung (5D: 22 Megapixel; D800: 36 Megapixel). Die D800 bietet die derzeit höchste Auflösung einer normalen Kamera – von Mittelformatkameras und -rückteilen sowie dem Smartphone Nokia PureView 808 abgesehen. Diese hohe Auflösung hat negative Auswirkungen auf das Serienbildtempo und die erreichbaren ISO-Werte. Die D800 hinkt der 5D nominell zwei ISO-Stufen hinterher (5D: ISO 25 600, maximal 102 400; D800: ISO 6 400, maximal 25 600). Der Grund dafür liegt wohl in der kleineren Pixelgrösse als Resultat der Auflösung im Verhältnis zur Sensorfläche. Kleinere Sensorpixel sind tendenziell weniger empfindlich, was sich negativ auf die Bildqualität auswirkt. Allerdings sind die 36 Megapixel auf dem Vollformatsensor der D800 nicht derart extrem, wie es scheint, denn manch andere DSLR mit halb so grossemFotosensor (APS-C, ca. 17 × 23 mm) und 18 oder 16 Megapixeln spielt in der selben Pixelgrössen-Liga. Zudem schneidet die D800 – entgegen allen Unkenrufen – in der Praxis besser als befürchtet ab. Auch die langsame Seriengeschwindigkeit relativiert sich, denn mit angesetztem Batteriegriff und im DX-Format mit 15 Megapixeln schafft die D800 auch 6 fps.

Von der D800 wird übrigens mit der D800E noch eine 400 Franken teurere Variante erhältlich, die auf eine Anti-Aliasing-Filterschicht vor dem Fotosensor verzichtet und dadurch eine höhere Detailschärfe verspricht. (Andere Filter­schichten wie der Infrarotfilter sind aber vorhanden.) Umgekehrt erhöht sich damit das Risiko von Moirés und Aliasing in Aufnahmen. Die D800E wird deshalb mit dem Raw-Programm Nikon Capture NX2 geliefert, das beim Beseitigen allfälliger Moirés in Fotos hilft. Sie ist nur über ausgewählte Fachhändler erhältlich, die ihren Käufern die nötige Beratung und Unterstützung bieten können.

Gemeinsamkeiten und kleine Unterschiede

All diese DSLRs wurden für die professionelle Verwendung konzipiert und verfügen weitgehend über vergleichbare Merkmale und Funktionen, wobei zwischen den beiden Gruppen konzeptionell bedingte Unterschiede bestehen.

Alle hier besprochenen Kameras besitzen einen CMOS-Vollformat­sensor, der dem Kleinbild-Filmformat (KB: 36 × 24 mm) entspricht, während das Gros an (günstigeren) DSLRs weiterhin kleinere Fotosensoren im so genannten APS-C-Format (ca. 23 × 15 mm) besitzt. Nikon spricht übrigens von FX- und DX-Format. Passend zu den günstigeren DSLRs mit kleineren Sensoren bietet Nikon die DX- und Canon die EF-S-Objektive. DX-Objektive lassen sich an einer Nikon-Vollformat-DSLR verwenden, wobei dann ein entsprechend kleiner Bereich des Sensors genutzt wird. An den Vollformat-DSLRs von Canon können dagegen nur EF-Objektive, nicht aber jene mit EF-S-Anschluss verwendet werden.

Die vier Fotoapparate können in HD (1080p, 720p) und mit Stereoton filmen. Videos werden als H.264/MPEG-4 AVC codiert und in Dateicontainern mit der Endung .MOV gespeichert.

Alle Kameras besitzen zwei Speicherkartenslots, um wahlweise die zweite Karte als Reserve (Überlauf) zu verwenden, Aufnahmen auf zwei Karten parallel zu speichern (Spiegelung), oder um JPEGs und Raws oder Fotos und Videos getrennt abzulegen. Alle haben einen CompactFlash-Slot, die 1D X sogar zwei. Als zweiten Karten-Slot besitzen die 5D und die D800 einen für die gängigen SD-Karten, während die D4 auf das neue Kartenformat XQD setzt.

Die Kameragehäuse sind auf professionelle Einsatzbedingungen ausgerichtet. Sie sind deshalb robust sowie gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet. Für die Bedienung sind zahlreiche Tasten vorhanden, um Parameter wie zum Beispiel ISO-Werte aufzurufen und diese direkt über zwei Einstellräder (vorne, hinten u.a. zum Einstellen von Blende und Zeit) zu verstellen. Zusätzlich ist meist ein Joystick für die manuelle Wahl eines AF-Feldes vorhanden. Die Kameras lassen sich über ein umfangreiches Menü detailliert konfigurieren.

Als Schnittstellen verfügen die Kameras über einen HDMI-Ausgang sowie einen schnellen USB-Port, wobei die D800 passenderweise mit superschnellem USB 3.0 auftrumpft. Die beiden Actionprofis haben zudem je eine Ethernet-LAN-Buchse integriert. Mit teurem Zubehör werden alle WLAN-fähig. Vorhand ist auch ein Anschluss für ein Stereomikrofon, um externe Mics oder Funkstrecken anstelle des internen Monomikrofons verwenden zu können. Neu gehört ein Kopfhörerausgang zur Ausstattung, der für die Audiokontrolle während der Aufnahme essenziell und bei der Wiedergabe nützlich ist.

Mehr Funktionen

Gemeinsam ist allen Kameras, dass sie gegenüber ihren Vorgängermodellen mehr und ausgefeiltere Einstellungen zur Videofunktion bieten. Dazu gehören der erwähnte Kopfhörerausgang, eine feine Tonaussteuerung mit Pegelbalken auf dem LCD sowie ein praktischer Schalter für Live-View-Foto- und Videomodus. Darüber hinaus hat Canon ihren DSLRs neu noch eine Timecode-Funktion spendiert, die nützlich für Aufnahmen mit mehreren Geräten und deren Synchronisation im Schnitt ist. Die Nikon-DSLRs können Indexmarken setzen und für Videos (und Fotos) unterschiedliche Sensor­bereiche (D800: 3; D4: 4) nutzen, was bei gleichbleibender Videoauflösung wie ein Telekonverter wirkt. Nett ist, dass die Nikon-übliche Intervallfunktion nicht mehr nur Fotoserien liefert, sondern auf Wunsch gleich einen Zeitrafferfilm erzeugt. Schade dabei ist nur, dass man sich entweder für Fotos (JPEG und NEF) oder für ein Video entscheiden muss.

Am interessantesten ist aber, dass die Nikon-DSLRs während Videoaufnahmen das Bildsignal direkt und ohne Sucheranzeigen über HDMI ausgeben können. So lassen sich mit einem externen HDMI-Recorder Videos unkomprimiert (8 Bit) aufzeichnen. Unter allen filmenden Fotokameras sind die D800 und die D4 bislang die einzigen, die einen solch «cleanen» HDMI-Output offerieren. Diese Funktion bleiben die neuen Canon-DSLRs schuldig. Doch immerhin bieten sie neben der normalen Videokomprimierung, bei der mehrere Einzelbilder zusammen komprimiert werden (IPB), zusätzlich die hochwertigere, bearbeitungsfreundlichere, aber speicherhungrigere Variante (All-I) an, bei der jedes Frame einzeln komprimiert wird.

Auch hinsichtlich Fotofähigkeiten wurde verbessert und die Kameras haben «dazugelernt». So bietet die neue Generation nicht nur einen grösserenISO-Spielraum, sondern auch die ISO-Automatik wurde verbessert und kann nun präziser eingegrenzt werden (maximaler ISO-Wert, minimale Verschlusszeit). Bei den Nikons kann dabei die Verschlusszeitgrenze abhängig von der verwendeten Brennweite automatisch gewählt werden. Neu bei der 5D und verbessert bei den Nikons ist der Silent-Mode, der eine leisere Verschlussauslösung ermöglicht. Im Live-View-Betrieb entfällt ohnehin der lärmende Spiegelschlag und da können die Nikons sogar komplett geräuschlos knipsen.

Neu ist bei den Kameras auch die HDR-Funktion (High Dynamic Range), um trotz extremen Helligkeitsunterschieden für Zeichnung in dunklen und hellen Bildbereichen zu sorgen. Dabei schiessen die Kameras eine Belichtungsserie von zwei (Nikon) oder drei Aufnahmen (Canon) und erzeugen dann intern durch Kombination der Aufnahmen und per Tonemapping ein HDR-Bild. Nikon hat die Funktion jedoch schlecht implementiert, denn eine allfällige RAW-Aufzeichnung muss erst deaktiviert werden, um dann im Menü die HDR-Aufnahme aktivieren zu können. Bei der 5D lässt sich der HDR-Modus jederzeit über die Bildstil-Taste oder im Menü aktivieren. Es stehen zudem fünf verschiedene HDR-Tonmapping-Effekte zur Wahl. Praktischerweise kann die Canon auf Wunsch alle drei Bilder der Belichtungsserie (Raw und JPEG) speichern. Nervig ist nur, dass die 5D während der Erzeugung eines HDR-Bildes nicht weiter fotografieren kann. Je nach Speicherkarte dauert die Unterbrechung zehn bis 15 Sekunden.

Canon EOS 5D Mark III

Schaut man sich die wichtigsten Eckdaten der 5D Mark III an, so bietet sie gegenüber ihrer Vorgängerin Mark II (21 Mpx, 1080p, 3,9 fps, ISO 6400 maximal 25 600) auf den ersten Blick statt grossen Neuerungen, lediglich zeitgemässe Anpassungen. Dazu gehören die Anhebung der ISO-Werte um zwei Stufen, sehr viel mehr Autofokusfelder (Mark ll: 9; Mark lll: 61), eine Steigerung der Serienbildfunktion auf 6 fps und einen zusätzlichen Slot für SD-Speicherkarten. Die Auflösung ist nahezu gleich geblieben, was den Verdacht auf eine kommende hoch auflösende Canon-DSLR erhärtet. Was man an der 5D Mark lll vermisst, ist ein eingebauter Blitz, ein ausklappbarer LCD, wie ihn die günstigeren Canon-DSLRs 600D und 650D besitzen. Ein beweglicher (Touchscreen-)LCD wäre für Live-View- und Videoaufnahmen hilfreich. Konservative Kameranutzer könnten ihn ja für immer eingeklappt lassen.

Äusserlich erkennt man an der Mark lll einige neue Tasten gegenüber der Mark ll. Darunter befindet sich der mit der 7D eingeführte praktische Umschalter für den Wechsel zwischen Foto-Live-View- und Videomodus sowie die Q-Taste des Quick-Menüs um die wichtigsten Einstellungen auf dem LCD anzuzeigen, auszuwählen und zu ändern. Der LCD ist etwas grösser und bietet – kaum wahrnehmbar – einige RGB-Bildpunkte mehr. Massiv haben die Konfigurationsmöglichkeiten zugenommen und zu einem umfangreichen Menü geführt. Ein Beispiel ist die AF-Konfiguration, wo eine Menüseite sieben anpassbare AF-Szenerien zur Auswahl bereitstellt. Der verbesserte Autofokus mit viel mehr AF-Feldern wirk sich vorteilhaft aus, wobei leider nur (wie bei den Nikon ebenso) rund die Hälfte des Suchers durch die AF-Felder abgedeckt ist. Gilt es auf eine Stelle am Sucherrand zu fokussieren, muss man klassisch mit AF-Messwertspeichertaste (AF-L) arbeiten oder in den Live-View-Modus wechseln, wo jede Stelle des Suchers zum Fokussieren bestimmt werden kann.

In der Hand beziehungsweise beim Fotografieren fühlt sich die Kamera satter, knackiger und spürbar schneller (AF, Serien) an, was die alte 5D Mark ll als lahmes, lottriges Ding stehen lässt. Die neue 5D bietet signifikante Temposteigerung und viele praxisrelevante Verbesserungen.

Nikon D800

War das Vorgängermodell, die D700 von 2008 (12 Mpx, kein Video, ISO 25 600, 5 fps, mit Griff 8 fps) noch eine kleine, langsamere Variante der damals einjährigen D3, so ist die D800 von ihren Eckdaten her etwas komplett anderes als die D4. Sie entspricht eher einer kleinen D4x, wie ein mögliches höchst auflösendes Profimodell vermutlich heissen würde. Mit ihren 36 Megapixeln ist die D800 im aktuellen Kameraangebot über alle Marken hinweg einzigartig und dringt in Bereiche vor, die bislang dem digitalen Mittelformat vorbehalten waren. Dort sind heute 40 Megapixel üblich, aber auch Auflösungen bis zu 80 Megapixeln verfügbar. Die hohe Auflösung der D800 schlägt sich in der Grösse der Bilddaten nieder. JPEGs sind im Schnitt etwa 19 MB schwer, während die auf Wunsch komprimierten Raws mit 14 Bit Farbtiefe etwa 45 MB wiegen. In einer Bildbearbeitung geöffnet, beanspruchen Fotos 103 MB.

Video zeichnet die D800 in HD mit verschiedenen Bildraten auf. Zur Wahl stehen 1080p mit 30, 25 und 24 fps sowie 720p mit 60, 50, 30 und 25 fps. In der besseren von zwei Qualitätsstufen werden Videos noch stark komprimiert, sodass die Datenrate für Full-HD maximal 24 MBit/s beträgt (normale Qualität: 12 MBit/s). Mancher wünscht sich hier mehr und kann dies erhalten, denn bei der D800 lässt sich das Videosignal über HDMI unkomprimiert sowie ohne Bildschirmanzeigen, also «clean» ausgeben und extern aufzuzeichnen.

Was die D800 auszeichnet, ist nicht nur die Auflösung des Sensors, sondern auch dessen Grösse als so genannte Vollformatsensor. DX-Objektive lassen sich auch an der D800 verwenden, wobei die Kamera dann nur einen entsprechend kleinen Sensorbereich nutzt und 15-Megapixel-Fotos liefert. Durch die Beschneidung des Bildwinkels (Crop) kommt es zum Effekt der Brennweitenverlängerung mit Faktor 1,5. Man kann den DX-Modus auch bei FX-Objektiven manuell aktivieren und als «eingebauten Telekonverter» nutzen. Bei aktiviertem DX-Format werden JPEG- und Raw-Fotos mit 15 Megapixeln aufgenommen, wodurch die Dateigrössen kleiner ausfallen und schnellere Serien mit Bildraten von 5 fps und bei anderen Akkus im montiertem Griff sogar solche mit 6 fps möglich werden. Neben dem FX- und dem DX-Format im 3:2-Seitenverhältnis stehen ein 5:4-Format mit seitlicher Beschneidung (nutzt 30 × 24 mm des Sensors) und ein weiterer Crop-Modus 1,2 × (3:2) zur Wahl.

Die Bedienung der D800 bietet schnelle Einstellungen über diverse Tasten und Einstellräder. Die meisten Aufnahmeparameter werden durch Drücken einer Taste und Drehen des vorderen oder hinteren Einstellrades verstellt. Die Werte können dabei am Statusdisplay oder am LCD mit aktivierter «Infoanzeige» abgelesen werden. Leider dient die Infoanzeige nicht wie bei der Canon als Quick-Menü zum Ändern von Parametern. Alternativ ist auch die Einstellung per Menü möglich. Praktisch für den Wechsel zwischen Foto- und Videomodus ist der Schalter hinten, unten rechts neben dem LCD. Drücken der LV-Taste schaltet den Live-View-Modus ein. Für die eigentlichen Videoaufnahmen gibt es hinter dem Fotoauslöser einen kleinen Videoauslöser. Soweit betrachtet, ist die Nikon D800 weitaus mehr als ein blosses Upgrade der D700. Zahlreich sind die Detailverbesserungen und massiv der Zugewinn bei den Spezifikationen (FX- und DX-Auflösung, ISO-Werte, Videofunktion, Konfigurationsmöglichkeiten). Mit ihr und der D4 bietet Nikon zudem erstmals vollwertige Video-DSLRs an.

Nikon D4

Sie ist die Nachfolgerin der D3s von 2009 (12 Mpx, 720/24p, ISO 102 400, 9 fps), die ihrerseits die D3 von 2007 (12 Mpx, kein Video, ISO 25600, 9 fps) ablöste und dieser gegenüber eine enorm gesteigerte Lichtempfindlichkeit sowie eine – eher mässige –Videofunktion mitbrachte.

Die D4 (16 Mpx, 1080/30p/25p/24p, ISO 204 800, 11 fps) geht nun einen Schritt weiter bei Auflösung, Tempo und ISO. Zudem bietet sie vollwertige Videofunktionalität mit Full-HD, diversen Bildraten, manueller Belichtung, Tonsteuerung, cleanem HDMI-out und vielem mehr.

Die D4 kann alles, was die D800 kann und noch etwas mehr. Deshalb gehen wir in diesem kurzen Abschnitt auf die Unterschiede ein.

Markant unterscheidet sich die D4 von der D800 durch ihre Gehäuseform sowie einige anders angeordnete Bedien­elemente. So befinden sich die Tasten für ISO und Qualität auf der Rückseite unten, wogegen sie bei der D800 auf der linken Oberseite eingestellt werden. Zusätzlich besitzt die D4 neben dem Multicontroller zwei weitere Joyticks, wobei der untere für den Hochformatbetrieb gedacht ist. Oben rechts beim hinteren Einstellrad befindet sich bei der D4 nur ein AF-ON-Knopf, der standardmässig die automatische Scharfstellung startet. Dagegen hat die D800 an dieser Stelle die klassischen Messspeichertaste für Fokus und Belichtung samt Drehschalter für die drei Belichtungsmess­varianten. Diese werden bei der D4 auf der «Rückspulkurbel» eingestellt. Auf einen internen Blitz, so nützlich er hie und da als Aufheller oder zur Steuerung anderer entfesselter Blitzgeräte wäre, muss man – wie bei Profikameras üblich – leider verzichten.

Bedeutende Unterschiede zwischen der D4 und der D800 gibt es bei der Auflösung, der Serienbildgeschwindigkeit und der Lichtempfindlichkeit. Während die D800 ihre hohe Auflösung in Landschafts, Architektur- und Sachfotografie ausspielen kann, ist die D4 mit ökonomischen 16 Megapixeln, die schnelle Serienbilder und hohe ISO-Wert ermöglichen, auf Reportage- und Actionbilder beziehungsweise auf Tempo und den möglichen Einsatz bei wenig Licht getrimmt. Viele kleine Zusatzfunktionen unterstützen sie in ihrer Bestimmung. So lassen sich die Tasten auf der Rückseite der D4 beleuchten, damit der Fotograf auch im Dunkeln Einstellungen vornehmen kann. Wie bei dieser Kameraklasse üblich, kann der Fotograf zudem über ein rückseitiges Mikro einen Kommentar zu einzelnen Aufnahmen sprechen (WAVE-Datei).

Wie die D800 kann auch die D4 vier unterschiedlich grosse Sensorbereiche (Bildfeld-Modi) für Fotos und zum Teil für Videos wählen. Darüber hinaus lässt sich bei der D4 exklusiv für Videoaufnahmen noch ein besonders kleiner Sensorbereich nutzen, bei dem ein Sensorpixel einem (Full-HD-)Bildpixel entspricht. Der Crop-Faktor beziehungsweise die Brennweitenverlängerung beträgt dabei 2,7.

Mit all den Detailverbesserungen beim Handling und den zeitgemässenAnpassungen bei Serientempo, ISO-Werten und Auflösung sowie der massiv erweiterten Videofunktion ist die D4 ein sinnvolles, wenn auch nicht grosses Upgrade, das aber auch Raum für massivere Verbesserungen und ein etwas kompakteres Gehäuse geboten hätte.

In der kommenden Ausgabe 5-12 des Publisher folgt ein Vergleich der Aufnahmen der vier Kameras.

Weitere Infos und Bilder finden Sie in einem Add-on zu diesem Artikel:

www.markuszitt.ch/publisher