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Ein Pl�doyer f�r die ungeliebte Sch�nheit

Der rasante Wandel in der Medienwelt erfordert oft eine Neustrukturierung der Arbeitsabläufe. Nötig ist aber auch ein Umdenken hinsichtlich traditioneller Vorstellungen im Umgang mit Farbe und Farbmodellen.

Sven Fischer In der letzten Ausgabe des Publisher (und nicht nur in dieser) wurde viel über das Thema Crossmedia-Publishing geschrieben. Dabei spielen bekanntlich Webtechnologien eine wichtige Rolle. Und es geht hierbei nicht nur um die Inte­gration von Print-to-Web-Technologie, sondern ebenso um Tablet-Publishing. Es geht aber auch um die Erstellung und die Integration klassischer Websites in Marketing- und Kommunikations­abläufe.

Diese Anwendungen, gerne unter dem Begriff Publishing 3.0 propagiert, weichen von klassischen Printmustern insofern ab, dass sie bildschirmbasiert sind. Dabei stellt sich nicht nur das Problem, dass Geräte mit unterschiedlichen Displays zum Einsatz kommen und die Inhalte sich an die verschiedenen Grössen der Displays anpassen müssen (Stichwort: Responsive Layout). Um Inhalte auf Bildschirmen oder Displays anzuzeigen, werden auch keine CMYK-Daten benötigt, es «reichen» RGB-Daten. Natürlich können Bildschirme auch CMYK-Daten anzeigen, die Problematik liegt woanders.

Wozu CMYK?

Provokant formuliert liesse sich das Problem mit der Frage «Wozu brauche ich eigentlich CMYK?» umschreiben. Warum arbeiten immer noch so viele Anwender in der Druck- und Medienvorstufe mit CMYK-Daten? Es ist gar nicht so selten, dass ich beispielsweise in einem Photoshop-Training von Teilnehmern höre, dass sie Daten zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Workflow in CMYK umwandeln und oft erst im Anschluss bearbeiten. Dann stelle ich meist die Frage: «Warum macht ihr das und ist das denn überhaupt notwendig?»

Zunächst einmal arbeiten alle Geräte, mit denen beispielsweise Bilddaten in einen digitalen Workflow eingeschleust werden, mit einem RGB-Farbraum. Das betraf früher die Scanner genauso, wie es heute für Digitalkameras gilt. Es gibt keine CMYK-Eingabegeräte, genauso wenig wie es LAB-Eingabegeräte gibt.

Ein RGB-Farbraum ist in aller Regel deutlich grösser als ein CMYK-Farb­raum, egal von welchem Gerät er produziert wird. Wenn also Daten in einem Workflow von RGB nach CMYK separiert werden, gehen zwangsläufig Farbinformationen verloren, und zwar unwiederbringlich.

Das beeinträchtigt einerseits die Qualität der Darstellung und verhindert in jedem Fall viele Möglichkeiten der Bildbearbeitung, da beispielsweise in Photoshop eine Menge Funktionen nur verfügbar sind, wenn das Bild im RGB-Modus vorliegt. Eine Rückkonvertierung von CMYK nach RGB ist jedoch problematisch. Die im ursprünglichen RGB-Bild noch vorhandenen Farb­informationen lassen sich nicht wieder herstellen. Darüber hinaus gehen bei jedem Konvertierungsschritt weitere Farbinformationen verloren, sodass von einem häufigen Hin-und-Her-Konvertieren dringend abzuraten ist.

Bildbearbeitung immer in RGB

Bildbearbeitung sollte also im jeweils grössten zur Verfügung stehenden Farbraum erfolgen. Und das ist der Farbraum des Eingabegerätes, beziehungsweise der Farbraum, den dieses Gerät in seinen gespeicherten Daten zur Verfügung stellt, also RGB. Sofern nicht mit Rohdaten gearbeitet wird, die den kompletten Farbumfang einer digitalen Kamera beinhalten, werden Daten von Kameras entweder mit dem Farbprofil sRGB oder AdobeRGB gespeichert. Hierbei ist AdobeRGB eindeutig vorzuziehen (sofern die Kamera diese Einstellmöglichkeit bietet), da dieser Farbraum grösser ist als sRGB und mehr Spielraum in der weiteren Verarbeitung bietet.

In der Druckvorstufenpraxis werden häufig die Bilddaten nach der Bearbeitung, wenn feststeht, dass nichts mehr an den Bildern verändert werden muss, in CMYK konvertiert und dann im Layout platziert. Ist dieser Schritt der Konvertierung aber wirklich notwendig? Dazu ein einfaches Gedankenexperiment.

CMYK zum Drucken?

Die meisten Anwender haben sicherlich irgendwo im Büro einen Farb­drucker stehen, sei es ein Tintenstrahl- oder ein Laserdrucker. Was passiert, wenn man ein RGB-Bild an diesen Drucker schickt? Richtig, es kommt erstaunlicherweise immer ein CMYK-Ausdruck heraus! Jeder Druckertreiber beziehungsweise jedes RIP wandelt eingehende RGB-Farben in druckbares CMYK um. Das ist schliesslich eine der Aufgaben einer solchen Software. So gesehen besteht also keine Notwendigkeit, RGB-Daten für den Druck vorher bereits in CMYK umzuwandeln.

Natürlich kann es sein, dass das Druckergebnis in diesem Fall nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. An dieser Stelle kommt nun eine der wichtigsten Technologien der Druckvorstufe ins Spiel, die zwar seit fast 20 Jahren vorhanden ist, aber leider immer noch nicht so selbstverständlich geworden ist, wie es sein sollte. Die Rede ist von Farbmanagement.

Nur mithilfe von Farbbeschreibungen, wie sie im Rahmen von Farbmanagement genutzt werden, ist es möglich, Farben eindeutig zu definieren. Erst das Farbprofil stellt den Rahmen zur Verfügung, der es ermöglicht, Farbwerte exakt zuzuordnen. Und das gilt sowohl für RGB- als auch für CMYK-Farben.

Farbnomenklaturen

Sowohl das RGB- wie auch das CMYK-System nutzen Zahlenwerte, um die jeweiligen Anteile von Rot, Grün, Blau beziehungsweise Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz anzugeben. Bei RGB sind dies Werte von 0 bis 255, bei CMYK von 0 bis 100. Diese Zahlenwerte gibt beispielsweise die Infopalette in Photo­shop für jeden einzelnen Pixel eines Bildes aus.

Ohne ein zugehöriges Farbprofil sind diese Zahlenwerte jedoch nur bedingt aussagekräftig. Auch hierzu wieder ein gedankliches Experiment (bei dem ich ganz bewusst Farbmanagement erst einmal aussen vorlasse): Legt man in einem beliebigen Programm beispielsweise eine Farbfläche mit dem Wert 100% Cyan an und schickt diese Information an einen Farbdrucker, gibt der natürlich eine cyanfarbene Fläche aus. Nun legt man ein anderes Papier in den Drucker ein und schickt genau die gleiche Datei mit den gleichen Druckeinstellungen wie vorher an den gleichen Drucker. Das Ergebnis wird sich vom vorherigen Druck unterscheiden. In beiden Fällen wurde jedoch die gleiche Information geschickt – 100% Cyan.

Das Ergebnis muss sich aber zwangsläufig unterscheiden, weil ein CMYK-Ausdruck immer das Ergebnis eines Prozesses ist, in dem viele Details mitspielen. Ganz einfach ausgedrückt wird Farbe auf Papier aufgebracht. Da Papier aber immer eine Eigenfarbe hat, die in der Wahrnehmung einer gedruckten Farbe berücksichtigt wird und jedes Papier unterschiedliche Eigenschaften besitzt, wie Farbpigmente vom Substrat aufgenommen werden, muss ein Papierwechsel zwangsläufig zu einem anderen Druckergebnis führen.

Soll nun aber eine im Layout festgelegte Farbe auf einem anderen Substrat möglichst gleich aussehen, reicht eine Angabe nach CMYK-Pro­zentwerten nicht aus. Das sind letztlich nur Angaben der Flächendeckung, also wie stark ein Bedruckstoff von der Farbe abgedeckt wird. Soll aber auf einem anderen Bedruckstoff ein visuell zumindest ähnlicher, wenn möglich gleicher Farbton herauskommen, müssen die CMYK-Zahlenwerte in Bezug zu einem Bedruckstoff und einem Druckverfahren gebracht und angepasst werden. Und diese Informationen finden sich in einem Farbprofil.

Mithilfe von ICC-Farbprofilen be-kommen sowohl RGB- wie auch CMYK-Zahlenwerte einen Bezugsrahmen und werden intern den entsprechenden LAB-Koordinaten zugeordnet. Bei einem Farbraumwechsel können dann Farben exakt umgerechnet werden, da definiert ist, wie die Zahlenwerte der RGB- oder auch der CMYK-Nomenklatur interpretiert werden sollen.

Die Gedankenexperimente sollen vor allem eines verdeutlichen – der Umgang mit Farbe ohne Farbprofile ist Blindflug! Weder ein RGB- noch ein CMYK-System geben verlässlich Auskunft darüber, wie eine Farbe aussehen soll, solange nicht durch ein Farbprofil definiert ist, auf welchen Farbraum sich ein Zahlenwert bezieht. Erst durch die Kombination aus RGB- oder CMYK-Nomenklatur mit einem Farbprofil werden Farben eindeutig beschrieben. Und erst dann können sie exakt wiedergegeben oder umgerechnet werden.

Farbprofile definieren Farben

Wird nun in dem Beispiel mit der cyan-farbenen Fläche (100% Cyan) beim Ausdruck jeweils ein Farbprofil mitgeschickt, das dem verwendeten Papier entspricht, erhöhen sich die Chancen, dass das Druckergebnis in beiden Fällen recht ähnlich aussieht.

Der aufmerksame Leser wird an meiner vorsichtigen Formulierung merken, dass es in der Praxis wohl immer noch Unterschiede geben wird. Natürlich kann Farbmanagement keine physikalisch bedingten Grenzen überwinden, sondern nur das technisch Machbare bestmöglich umsetzen. Eine Farbe kann eben auf Zeitungspapier nicht genauso aussehen wie auf Bilderdruckpapier. Das wäre Harry-Potter-Farbmanagement und bis es so weit ist, müssen wir wohl noch etwas warten.

Aber mithilfe von Farbprofilen lassen sich Farben exakter definieren, exakter umrechnen und damit auch exakter drucken. Und damit ist auch ein RGB-Workflow mit vorhersagbaren Ergebnissen umsetzbar.

Farb-Workflows nur mit Profilen

Wird also eine mit einem Farb­profil versehene RGB-Datei an einen Farb­drucker geschickt, interpretiert dieser die RGB-Daten anhand des eingebetteten Profils und kann sie genauer in sein Drucker-CMYK umwandeln.

Mithilfe von Farbprofilen werden auch CMYK-Daten vorhersagbar. Denn auch CMYK-Daten sind ohne eingebettetes Farbprofil wenig aussagekräftig. Die Zahlenwerte würden dann vom Drucker auf seinen jeweils hinterlegten Arbeitsfarbraum bezogen und sehen auf jedem Drucker beziehungsweise auf jedem Papier anders aus.

Farbprofile werden also in jedem Fall benötigt, egal ob RGB oder CMYK zur Anwendung kommt. Nicht umsonst setzen offizielle Standards wie Prozessstandard Offsetdruck (PSO) oder Medienstandard Druck den konsequenten Einsatz von Farbmanagement voraus. Das gilt auch für den Datenaustausch nach PDF/X-Norm. Empfohlen wird hierzulande der Standard PDF/X-4, der explizit RGB- und CMYK-Daten erlaubt. Aber alle müssen mit Farbprofilen versehen sein und die Datei muss ein Ausgabeprofil besitzen, welches den Farbraum beschreibt, in dem eine Datei gedruckt werden soll. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, um Farbe vorhersagbar verarbeiten zu können.

Advantage RGB

Die Vorteile eines RGB-basierten Workflows sind vielfältig. Als Erstes ist natürlich die im Vergleich zu CMYK etwas kleinere Datenmenge zu nennen. Dieses Argument ist aber lediglich ein Nebenaspekt.

Viel wichtiger sind die Vorteile hinsichtlich der Abbildungsqualität von Farbe. Im Rahmen des eingangs erwähnten Crossmedia-Publishing müssen Farbinformationen sowohl für die RGB-basierte Ausgabe (Displays) wie auch für eine Druckausgabe verwendbar sein.

Bei einer Konvertierung von RGB-Daten in einen CMYK-Farbraum werden jedoch Anpassungen hinsichtlich eines ganz bestimmten Druckprozesses gemacht. Dazu gehört neben dem Farbannahmeverhalten des Bedruckstoffes und dem damit verbundenen Tonwertzuwachs auch der mögliche Gesamtfarbauftrag, der spezifische Schwarzaufbau (Stichwort GCR und UCR), das Maximal-Schwarz und der eine oder andere maschinenspezifische Parameter. Gesetzt den Fall, all diese Parameter sind zum Zeitpunkt der Farbkonvertierung bekannt, und vorausgesetzt, sie ändern sich bis zum endgültigen Druck nicht mehr, spricht rein theoretisch nichts gegen die Umwandlung der RGB-Daten. Sollen die konvertierten Daten (jetzt CMYK) aber auch für einen anderen Druckprozess Verwendung finden, sind sie nicht mehr optimal aufbereitet. Eine «Querkonvertierung» von CMYK 1 nach CMYK 2 bringt meist nur unbefriedigende Ergebnisse, wie jeder gequälte Anwender sicher bestätigen kann. In extremen Fällen scheitert der Versuch sogar, beispielsweise wenn Daten für den Bogenoffset auf gestrichenem Papier (z.B. Profil ISOcoated v2) im Zeitungsdruck (z.B. Profil ISOnewspaper) verwendet werden sollen. Dann helfen meist nur zusätzliche Technologien wie Device-Link-Profile, was mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre.

Hier führt eine Konvertierung aus dem Original-RGB-Farbraum in den jeweils gewünschten CMYK-Zielfarb­raum zu deutlich besseren Ergebnissen, da die Originaldaten noch alle Informationen beinhalten und jeweils optimal für das Zielausgabeverfahren konvertiert werden können.

Im besten Fall erledigt diese Konvertierung das RIP des jeweiligen Belichters beziehungsweise der Digitaldruckmaschine. Dann werden RGB-Daten mit Profil an das RIP geschickt. Dort werden die Daten anhand der mitgelieferten Profile umgerechnet und im CMYK-Farbraum des jeweiligen Verfahrens ausgegeben. Die Ausgangs­daten verbleiben jedoch immer im Original-RGB-Farb­raum. Dadurch ent-fällt eine ständige Hin-und-Her-Konvertierung (unter Qualitätsgesichtspunkten sowieso zweifelhaft) und die RGB-Daten können in bestmöglicher Qualität auch für die displaybasierte Darstellung verwendet werden, also für Tablet-Publishing, Websites oder Präsentationen.

Im Falle von Bilddatenbanken sollten Daten natürlich immer im RGB-Modus gespeichert sein, mit Farb­profil sRGB oder besser AdobeRGB, denn dies sind die Farbräume, in denen die meisten Digitalkameras ihre Bilder zur Verfügung stellen.

Es spricht also einiges für RGB-Workflows, vorrangig hinsichtlich der Bilddaten. Grafikinformationen, beispielsweise aus Illustrator, lassen sich natürlich weiterhin als CMYK-Dateien nutzen. In jedem Fall müssen die Daten für die korrekte Verarbeitung mit Profilen versehen sein. Und da man in den gängigen Standardprogrammen sowieso an Farbmanagement und Profilen nicht mehr vorbeikommt, ist die Flexibilität eines RGB-Workflows keine Unmöglichkeit mehr.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instructor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.

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