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Farbveredelungen mit Color Looks

Photoshop CS 6 wartet mit einigen neuen Funktionen, Filtern und Features auf. Eines davon: Color Lookup – ein Tool zur Erzeugung von Farboutfits, wie sie bislang vor allem in der Film-Postproduktion zur Anwendung kommen. Welche Technologie verbirgt sich dahinter und welche Alternativen gibt es?

günter schuler Dass sich neue Technologien auch in Form neuer Photo­shop-Funktionen niederschlagen, ist nichts Ungewöhnliches. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit sind die Features zur Bearbeitung von HDR-Bildern. Verglichen mit der Bildbearbeitung in 32 Bit ist das neue Feature Color Lookup zwar nicht ganz so spektakulär. Allerdings hat es mit HDR ein paar Gemeinsamkeiten. Zum einen steckt hinter der neuen Technik mehr, als die lapidare Bezeichnung Color Lookup (übersetzt, je nach Fall: Farblook oder Farbtabelle) vermuten lässt. Ursprünglich stammt diese Art der Farblookerzeugung aus der Film­industrie. Digitales Aufpeppen von Filmfarben ist im Postproduction-Metier schon lange Standard. Die Manipulation oder Veredelung, je nach Sichtweise, muss dabei nicht unbedingt spektakulär ausfallen. Umgekehrt jedoch kommen immer wieder Filme in die Kinos, die unter anderem durch ihre exaltierte Farbgebung Aufsehen erregen. Bekanntes Beispiel: die 3D-Produktion «Avatar».

Zweite Gemeinsamkeit mit den HDR-Befehlen in Photoshop: die Implementierung über mehrere Zwischen­etappen. Der Weg zu den aktuellen HDR-Pro-Befehlen erstreckte sich über mehrere Programmversionen. Eine ähnliche Karriere dürfte auch das neue Feature Color Lookup vor sich haben. Aktuell steht es an zwei Stellen zur Verfügung: im Menü Bild > Korrekturen und als Einstellungsebene. Das Interface präsentiert sich eher karg. Im Wesentlichen offeriert es drei Pop-up-Listen. Über diese kann der Anwender vordefinierte 3DLUT-Dateien, abst­rakte Profile oder Device-Link-Profile als Vorgabe laden. Die Vorgaben – werksmitgeliefert sind es derzeit 33 – erzeugen mal dezente, mal etwas grellere Farbgebungen. Im Sortiment enthalten ist unter anderem auch eine Vorgabe zur Umsetzung des Bleach-Bypass-Effekts – ein Farbausbleicheffekt, der in der Movie-Postproduktion und der Clip-Gestaltung derzeit sehr angesagt ist.

Movie- trifft Bildbearbeitung

Die restlichen Einstellungsmöglichkeiten bergen wenige Überraschungen.Zusätzliche Optionen bieten die 3DLUT-Vorgaben mit der Datei­bezeichnung «.cube». Ist eine cube-Vorgabe ausgewählt, erscheinen zusätzlich vier Radio-Buttons, die das Tauschen von Rotkanal- und Blaukanalinformationen ermöglichen. Da Farbeffekte auch über Gradationskurven oder andere Korrekturbefehle erstellbar sind, stellt sich als Erstes die Frage: Welchen praktischen Sinn ergibt das neue Feature? Erstes Argument dafür: Vereinfachung und Standardisierung. In vielen Fällen benötigt man für versierte Farb- und Effektstylings mehr als einen Befehl bzw. mehrere Einstellungsebenen. Für die Erzeugung von Bleach-Bypass-Farbgebungen etwa kursieren im Internet die unterschiedlichsten Rezepturen. Mit nur einem Schritt kommt keine einzige aus. Schlussfolgerung: Elaborierte Farbdesigns bedeuten Aufwand – vom kreativen Sichherantasten an die optimale Effektgestaltung erst gar nicht zu reden.

An dieser Stelle springen die neuen Color-Lookup-Vorgaben ein. Grob gesagt, kann eine solche Vorgabe unterschiedliche Einstellungen beinhalten: eine Kontrasterhöhung etwa, wie man sie mit einer Gradationskurve erzeugen kann, eine Reduzierung der Sättigung (bei der man üblicherweise auf Farbton/Sättigung oder Dynamik zurückgreift) und eine Veränderung der Farbgebung selbst. Der Vergleich mit korrespondierenden Photoshop-Befehlen greift allerdings etwas kurz. Technologisch gesehen kann man Color Lookups (oder, so die verbreitetere Bezeichnung, Color Tables) durchaus mit Farbprofilen vergleichen, ähnlich wie im Colormanagement. Die Farbtabelle kann dabei unterschiedliche Vorgaben enthalten: allgemeine Vermerke zum Anziehen des Kontrasts oder für die Veränderungen der Farben, ebenso jedoch dezidierte Vermerke, welches Farbspektrum in welche Richtung verändert wird. Welche Farb- und Kontrastveränderungen eine Vorgabe genau beinhaltet, hängt unter anderem von den Fähigkeiten der Erzeuger­applikation ab.

Komplexe Technik – einfacher Befehl zur Anwendung: Bedientechnisch ist Color Lookup einfach gestrickt: Als Anwender weisen Sie einfach eine bestimmte Vorgabe zu. Zusätzlich dosieren können Sie den ausgewählten Farblook über die Deckkrafteinstellung der Einstellungsebene, durch das Zuweisen einer Füllmethode oder aber – wenn Sie Color Lookup über Korrekturen anwenden – eine entsprechende Modifizierung über Verblassen. Interessant sind einige Details in Bezug auf das Farbverhalten. Welchen Farblook eine bestimmte Vorgabe genau erzeugt, hängt unter anderem von der Farbtiefe ab. Im 32-Bit-Modus erzeugen so gut wie alle Vorgaben andere Ergebnisse als bei 16- oder 8-Bit-­Bildern – ein Umstand, der sich natürlich auch kreativ nutzen lässt. Darüber hinaus können Sie Color-Lookup-Vorgaben miteinander kombinieren – in Form mehrerer übereinandergelegter Color-Lookup-Einstellungsebenen, entweder mit ein und derselben oder mit unterschiedlichen Vorgabeeinstellungen.

Vorgaben: Internet oder Adobe SpeedGrade?

Wie erstellt man Vorgaben für Color Lookup? Ein Photoshop-Feature zum Erzeugen anwenderdefinierter Vorgaben wird derzeit schmerzlich vermisst. Aktuell ist dies der grösste Schwachpunkt des neuen Befehls. Eine Möglichkeit, sich Vorgaben zu besorgen, bietet das Internet. Für Farbtabellen gibt es derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Vorgabetypen und Formate. Color Lookup kann zwar längst nicht alle auslesen, allerdings einige wichtige Standardformate. Aktuell sind dies Lookup-Tabellen (Abkürzung: LUT) in den Formaten .3dl, .look und .cube. Die Suche nach entsprechenden Vorgaben zum Download gestaltet sich aktuell noch durchwachsen. Mittelfristig allerdings ist davon auszugehen, dass das Angebot steigt und entsprechende Photoshop-Presets zum Download angeboten werden.

Die zweite Möglichkeit ist die Erstellung von Color-Lookup-Vorgaben in einem externen Programm. Eine gute Gelegenheit, sich mit dieser Technologie vertraut zu machen, bietet eine neue Adobe-Applikation mit dem Namen SpeedGrade. Als spezialisierte Anwendung für die Farbgestaltung in der Movie-Postproduktion ist SpeedGrade zwar nicht gerade billig. Allerdings besteht die Möglichkeit, SpeedGrade testweise für 30 Tage zu installieren. Vorteil: Die während der Tryout-Periode erzeugten Color-Looks können auch nach der Testphase in Photoshop verwendet werden.

Wie funktioniert das Erstellen eines Color-Looks in SpeedGrade? Die Vorstellung der SpeedGrade-Arbeitsabläufe kann hier leider nur in komprimierter Form erfolgen. Als Erstes benötigen Sie eine Vorlage – entweder eine Filmsequenz oder ein Bild, das Sie via Photoshop in ein Movie-Format umgewandelt haben. Der Ladevorgang in SpeedGrade gestaltet sich für Photoshop-User etwas gewöhnungsbedürftig. Dazu steuern Sie über den Desktop-Reiter im oberen Bereich den Ordner an, in dem sich die Movie-Vorlage befindet, die Sie als Vorlage für die Erzeugung eines Looks verwenden wollen. Wichtig ist, dass diese Vorlage im .mov-Format abgespeichert ist. Haben Sie den Ordner mit der Testvorlage angesteuert, können Sie in der Ordnerhierarchie links die Movie-Datei anwählen, in der Übersicht im Hauptfenster rechts auswählen und im Anschluss der darunterliegenden Timeline hinzufügen.

Ist ein passendes Standbild in der Timeline ausgewählt, können Sie sich der eigentlichen Look-Erzeugung widmen – genauer: den SpeedGrade-Tools für Farb- und Kontrastverfremdungen. Klicken Sie auf den Reiter Look, erscheint in der unteren Hälfte links eine ebenenähnliche Schachtelung, über die Sie neue Ebenen für die Farbgestaltung hinzufügen können. Der Hauptbereich in der unteren Hälfte offeriert nunmehr diverse Farbkreise und Regler, mit deren Hilfe Sie die Farbgebung verändern können. Beim Erzeugen eines Farblooks sind Sie nicht auf eine Ebene festgelegt. Im linken Bereich können Sie jederzeit zusätzliche Farbebenen erstellen. Entspricht eine Farbgestaltung Ihren Vorstellungen, können Sie sie über den Look-speichern-Button in der Palettendarstellung auf der linken Seite unten rechts als Look sichern.

Der Exportvorgang für die spätere Verwendung in Photoshop gestaltet sich vergleichsweise pflegeleicht: Sie wählen den Look in der Look-Leiste unter ./settings/looks an, klicken auf das E-Symbol und bestätigen die anschliessend erscheinenden Exportvorgaben. Die exportierten Looks legt SpeedGrade am anvisierten Zielort in Form eines ZIP-Archivs ab. Dieses brauchen Sie nur noch zu entpacken. Der Ordner mit dem entpackten Archiv enthält den exportierten Look in unterschiedlichen Formaten. Photoshop-geeignet sind: .3dl, .look und .cube. Wie bei allen Photoshop-Vorgaben haben Sie ablagetechnisch zwei Möglichkeiten. Möglichkeit eins: Sie können sie irgendwo auf Ihrer Festplatte ablegen. Möglichkeit zwei: Sie legen sie in den Programm-Presets (im Ordner 3DLUTs) ab oder dem entsprechenden Ordner in Ihrer User-Library (User XY > Library > Application Support > Adobe > Photoshop CS6 > Presets). Vorteil: In diesem Fall können Sie nicht im Lieferumfang enthaltene Vorgaben direkt über die Pop-up-Liste hinter 3DLUT ansteuern.

Alternative Erstellungstechniken für Farblooks

In gewisser Weise ähneln Color-Lookup-Vorgaben den im Programm ansteuerbaren Farbprofilen für das Colormanagement. Anwendungstechnisch betrachtet ist der Unterschied zwischen Color-Lookup-Vorgaben und ICC-Farbprofilen ebenfalls kleiner, als man vielleicht denkt. Allerdings: Die meisten Farbprofile können vorerst nicht in Color Lookup geladen werden. Die Überlegung, die Photoshop-Farb­einstellungen für das Erzeugen spezieller Farb-Outfits zweckzuentfremden, liegt jedoch nah am Thema.

Was passiert beim Anwenden der Colormanagement-Befehle, und wie lassen sie sich kreativ nutzen? Grundsätzlich stellt das Farbmanagement zwei Varianten der Farbprofilanwendung zur Verfügung. Die erste ist das Konvertieren von Bildfarben in die Farben eines bestimmten Profils. Der Befehl dazu ist In Profil umwandeln. Da dieser Befehl versucht, so gut es geht, den Farbumfang des aktuellen Bildes zu erhalten, fallen Veränderungen in aller Regel moderat aus. Anders verhält sich die Angelegenheit, wenn Sie dem Bild ein neues Farbprofil zuweisen – über den Befehl Profil zuweisen. Abhängig vom neuen Profil können die Farbverschiebungen deutlich bis extrem ausfallen.

Nehmen wir als Beispiel ein Bild, das mit dem Farbprofil Adobe RGB daherkommt. Weisen Sie diesem Bild ein Profil mit einem weniger umfangreichen Farbraum (beispielsweise sRGB) zu, hat dies unter anderem eine Entsättigung der Bildfarben zur Folge. Konvertieren Sie die neu erzeugten Farben in den ursprünglichen Bildfarb­raum um (also Adobe RGB), werden die entsättigten Farben in Pixelwerte umgerechnet, werden also Bestandteil des Bildes. Die Technik lässt sich ebenso in die andere Richtung anwenden: Indem Sie temporär ein Profil mit einem sehr weiten Farbraum einbetten, beispielsweise Wide Gammut RGB oder ProPhoto RGB. Wichtig bei dieser Art der Farbmanipulation ist lediglich, dass am Ende das ursprüngliche Farbprofil (oder ein anderes workflowtaugliches Profil) eingebettet wird. Welche Effekte können über temporäre Farbprofilveränderungen erzielt werden? Die beschriebene Technik eignet sich vor allem für das Entsättigen oder Sättigen problematischer Farbtöne. Haben Sie zu gesättigte oder allgemein zu farbige Hauttöne, ist sRGB ein recht effektiver Problemlöser. Verglichen mit den beiden Standardbefehlen Farbton/Sättigung und Dynamik, wirkt sich eine Farbentsättigung via sRGB deutlich vorteilhafter auf die allgemeinen Farbkontraste aus.

Darüber hinaus hat Photoshop weitere Farbmapping-Techniken in petto. Eine verbirgt sich hinter dem Feature Gleiche Farbe unter Bild > Korrekturen. Der Befehl versucht, die Farb­gebung eines anderen Bildes oder einer Statistik­datei auf das aktuelle Bild zu übertragen. Für die Feinsteuerung der übertragenen Farbgebung stehen drei Regler zur Verfügung – Luminanz, Farbintensität und Verblassen. Flankierend hinzu kommt ein Button zum Ein- oder Ausschalten einer Angleichsfunktion. Gleiche Farbe kann als Quelle zwar auch Bilddateien auslesen – sofern sie aktuell geöffnet sind. Soll eine bestimmte Farbgebung jedoch als Look zur Anwendung kommen, empfiehlt es sich, die Farbgebung des Quellbildes als Statistik zu speichern. Vorteil: Ein Öffnen des Quellbildes ist beim Arbeiten mit Statistikvorgaben nicht vonnöten. Ein weiterer Vorteil: Anders als bei Color Lookup können Sie Vorgabendateien problemlos erzeugen. Lediglich die Look-Ausgestaltung selbst reicht an die Möglichkeiten von Color Lookup nicht heran.

Eine weitere Möglichkeit, Bild­farben in Photoshop zu «mappen», ist der Modus Indizierte Farben. Anwenderdefinierte Farbtabellen, die über Indizierte Farben erzeugt werden, können nicht nur zum Reduzieren der Bild­farben zur Anwendung kommen, sondern auch als Technik, um die Farbgebung eines bestimmten Bilds zu manipulieren. Da die Umwandlung in indizierte Farben bei dieser Methode lediglich ein Zwischen­schritt ist, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Als Erstes erzeugen Sie eine Bildkopie. Um das Dithering zu umgehen, das bei der Umwandlung in indizierte Farben zur Anwendung kommt, erhöhen Sie die Bildauflösung. Da Farben vom Auge weitaus weniger empfindlich wahrgenommen werden als Kontraste, reicht eine Verdoppelung in den meisten Fällen aus. Als Nächstes wandeln Sie die Bildkopie in den Modus Indizierte Farben um. Welche Palette Sie bei der Umwandlung verwenden, wie viele Farben und ob Sie die Bildfarben selbst verwenden (Palette: eine Lokalvariante) oder eine zuvor erstellte Tabelle (Palette: benutzerdefiniert), ist letzten Endes gleich. Abschliessende Massnahme: Rückumwandlung des Bildes in den RGB-Modus, Reduzierung der Auflösung auf den alten Stand und Einkopieren der Bildkopie als Ebene in die Originalbilddatei. Die Farbgebung der neuen Ebene können Sie wie gehabt über Ebenen-Deckkraft und Ebenen-Füllmethode austarieren.

Fazit

Obwohl Photoshop auch unkonventionellen Farbverfremdungstechniken breiten Raum bietet, dürfte die Color-Lookup-Funktion in den nächsten Jahren einen überzeugten Anhängerkreis gewinnen. Die Formatoptionen, die in dem Feature angeboten werden, dürften ebenfalls noch einige Überraschungen in petto haben – etwa in Bezug auf die Verwendung von ICC-Farbprofilen als Vorgaben. Darüber hinaus wird Photoshop in den nächsten Versionen sicher auch das Erstellen von Color-Lookup-Vorgaben in der einen oder anderen Weise unterstützen. Mögliches Zukunftsszenario: eine neue Schnittstelle, über die dezidiertere Farbeffekte erzeugt und zugewiesen werden können. Doch auch ohne Spekulation ist eines sicher: Die Schnittstelle selbst wird sich – dank kreativer Anwender – mit Sicherheit schnell füllen: mit anwendererzeugten Looks, die man aus dem Internet herunterladen kann.

Vorgaben für Color Lookup

Um die Möglichkeiten der Color-Lookup-Technologie näher zu veranschau­lichen, stellen Autor und Publisher einige Presets mit Color-Lookup-Vorgaben zur Verfügung. Die im Downloadbereich zur Verfügung stehenden Presets wurden mit Adobe SpeedGrade erzeugt. Die Vorgaben enthalten eine Alternative zu dem eher mittelprächtigen Bleach-Bypass-Effekt im Standard­sortiment sowie drei Vorgaben für die am Artikelanfang abgebildeten Beispiele. Legen Sie die Vorgaben in den Presets der Programm-Library oder den Photo­shop-Presets in Ihren User-Vorgaben ab (Unterordner: 3DLUTs), werden sie in der 3DLUT-Aufklappliste in Color Lookup mit aufgeführt.

Vorgaben für Color Lookup (Windows und Mac)