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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


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Kann Massenoutput sch�n sein?

Unternehmen der Finanzbranche sprechen ihre Kunden periodisch mit �Formularen, Kontoausz�gen, Reportings oder Versicherungsnachweisen an. Was Typografie dazu beitragen kann.
RALF TURTSCHI Wer seine eigenen Bankauszüge einmal auf ihre gestalterische Qualität überpüft, wird vielleicht feststellen, dass die Zahlen schlecht leserlich sind, dass zu magere Schriften zu klein und zu eng gesetzt sind, dass die Grossbuchstaben schwer leserlich sind und dass man sich überhaupt nicht länger damit befassen möchte. Es sei denn aus beruflichen Gründen.

Der hier beschriebene Druck von Massenoutputs, wird meistens in-house hergestellt. Die IT-Abteilung ist dafür zuständig, nicht das Marketing – wohl der Grund dafür, dass die gepflegte Erscheinungsweise weniger Beachtung findet und von farbigem Corporate Design keine Rede sein kann. Die Daten stammen aus unterschiedlichen Datenbanken, die es mit einer Softwarelösung zu strukturieren und zu formatieren gilt. Die Kontokorrent­auszüge des Kunden A vom Konto B und das Reporting des Anlagevermögens C sollen monatlich am 25. Tag in einem Couvert gesammelt und verschickt werden. Die Daten des Kontos D müssen an eine andere Adresse geliefert werden, hier will der Eigentümer namentlich nicht genannt sein. Welche Dokumente auf die Post gingen, muss belegbar archiviert werden. Fehler sind unverzeihlich, jeder einzelne individualisierte Druck muss perfekt an seinen Bestimmungsort gelangen. Diese in Publishing-Kreisen weniger bekannte Druckart wird als Transaktionsdruck bezeichnet. Transaktionsdruck ist überall dort zu finden, wo es um individualisierte Finanzdaten geht, die periodisch zum Kunden gelangen: bei Banken, Versicherungen, Pensionskassen oder Krankenkassen.

Transaktionsdruck

Heute ist die Situation so, dass die Kunden gestalterisch sehr aufwendig akquiriert werden. Sobald sie gewonnen sind, kommt nach einem Monat der erste Transaktionsdruck in einem himmeltraurigen Look daher. Vom Corporate Design keine Spur, keine Farben, keine Bilder. Das muss nicht so sein – und wer sein Vermögen anlegt, hat Anspruch auf ordentlich aufgemachte Dokumente. Der Digitaldruck auf der anderen Seite hat seit ein paar Jahren enorm an Leistung zugelegt. Ein hoher farbiger Output ist heute üblich, das Farbpotenzial der Druckmaschinen wird aber schlecht genutzt weil die IT-Abteilungen nicht mit den Marketingleuten reden und technische Schwierigkeiten vorschieben. Die meisten Drucksysteme verarbeiten das Format A4, nicht randabfallend. Dabei werden die Daten aus den Datenbanken exportiert und in einem neuen ­Filezusammengestellt, woraus dann ein Druck-PDF generiert wird. Die Gestaltung muss so ausgelegt werden, dass eine Ausgabe mit Graustufen oder sogar in Schwarz-Weiss möglich ist, weil sie auch dezen­tral in einer Filiale mit einem schwächeren Drucker erfolgen kann. Die Farbkonsistenz ist eine etwas heikle Angelegenheit, die Maschinenkalibration, aber auch Farbtöne, die weniger anfällig auf Farbschwankungen reagieren, sind wichtig. Ausserdem setzt «umweltfreundliches» Papier gewisse typografische Grenzen.

Design

Um die Vermögensentwicklung oder Anteilsverhältnisse darzustellen, kommen eine tabellarische Darstellung und Charts zum Tragen. Es gibt Standardlösungen, welche die Zahlen aus den Datenbanken automatisch in Tabellen und Charts umsetzen. Solche Standardlösungen lassen längst nicht alle typografischen Feinheiten zu. Wer über den Standard hinausgeht und sich vom Markt abheben will, muss eine massgeschneiderte Lösung ins Auge fassen. Führend auf diesem Gebiet ist die IT-Firma Docucom in Rapperswil (www.docucom.ch), welche in Sachen Implementierung, Datenmigration und Archivierung bei vielen Kunden über einen entsprechenden Leistungsausweis verfügt.

Heute gibt es fast keine gestalterischen Grenzen mehr: Es können Bilder­welten eingebunden werden, stufenlose Schriftgrössen, transparente und überlagernde Schmuckelemente oder weis­se Schrift auf farbigen Balken sind machbar. Die gestalterischen Herausforderungen sind die tabellarische Lese­führung, die Aufbereitung kleiner, aber trotzdem leserlicher Schrift, der Umgang mit Zahlen.

Die hier gezeigten anonymisierten Entwürfe entstanden in Zusammenarbeit mit Agenturtschi, Adliswil. Die Gestaltung erfolgte jeweils mit InDesign. Es zeigte sich, dass Corporate Design Manuals oft nicht für Digitaldruck taugen. Farben sind «nicht druckbar» definiert oder die Erfordernisse der tabellarischen Gestaltung werden meistens nicht berücksichtigt.