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Neue Kameras und Techniktrends

Ende September fand die Photokina in Köln statt. An der bedeutendsten Imaging-Messe und in deren Vorfeld wurden neue Kameras und Objektive sowie reichlich Zubehör gezeigt. Wir stellen die interessantesten Produkte vor und beleuchten aktuelle Kameratrends.

Markus Zitt An die weltweit wichtigste Messe zum breit gefächer­ten Thema Imaging kamen dieses Jahr rund 185 000 Besucher aus über 160 Ländern, um Produktausstellungen und die allerneusten Neuheiten zu bestaunen. 1074 Aussteller aus aller Welt waren vertreten.

Einen besonderen Fokus setzten die Messeveranstalter auf die Smartphone-Fotografie mit allerlei Veranstaltungen wie zum Beispiel Workshops über die Entwicklung von Apps.

Die Köln-Messe, aber auch einige Aus­steller, räumten dem fotografischen Bild den ihm gebührenden Platz ein, und so gab es etliche Ausstellungen zu sehen. Übrigens bot die Messe erstmals auch Gelegenheit, ausgewählte Fotokunst zu kaufen.

Fotozeugs braucht die Welt

Auf den Herbst hin und erst recht zu einer Photokina stellen Kamera- und Objektivhersteller etliche neue Produkte vor. Vieles wird bereits im Vorfeld der Messe angekündigt, die interessantesten Neuheiten werden aber oft erst unmittelbar vor oder an der Messe enthüllt.

Grosse Überraschungen sind dieses Jahr jedoch ausgeblieben. Überhaupt war das bisherige Jahr, wie schon das Vorjahr, eher neuheitenarm. Zwar hat es Sony vor einem Jahr geschafft, sich mit einigen interessanten Imaging-Produkten hervorzutun. Damals im Herbst 2013 hatte Sony ihr spiegelloses E-System, das auf Sensoren der APS-C-Grösse ausgelegt war, um zwei äusserst kompakte Kameras mit Sensoren im Kleinbild-Vollformat (KB) erweitert. Die Rede ist von der Sony Alpha 7r (36 Mpx) und der Alpha 7 (24 Mpx).

Doch zurück ins aktuelle Kalenderjahr und zur Photokina: Bei den meisten Kameraneuheiten der Messe und der letzten Monate handelt es sich nicht um grundsätzlich neue, sondern um aktualisierte Modelle. Diese warten mit den derzeit üblichen kleineren technischen und ausstattungsmässi­gen Verbesserungen auf: wie einer zusätzlichen ISO-Stufe, 50p und 60p (statt 50i bzw. 60i) bei Full HD-Video, integriertem Wi-Fi und einem Selfie-tauglichen LCD.

Die neue Nikon D750 (KB, 24 Mpx) ist ein gutes Beispiel für die aktuellen «Neuheiten». Sie unterscheidet sich von der Nikon D600/D610 durch solche kleine Verbesserungen: ISO-Steigerung, ausklappbarer LCD und integriertes Wi-Fi. Darüber hinaus erhielt die D750 aber auch das professionelle AF-System der ebenfalls relativ neuen D810 (KB, 36 Mpx).

Der bei allen Kameramarken zu beobachtende Mangel an «echten» Neuheiten, Fortschritten oder gar Innovationen liegt auch im derzeit hohen Technikstand begründet. Und allen Unkenrufen zum Trotz: Diese kleinen Verbesserungen sind natürlich willkommen und meist sinnvoll.

Doch gänzlich ist der Fortschritt bei Kameras nicht ausgeblieben. Im digitalen Mittelformat hat sich durch den Wechsel zu einem neuen CMOS-Sensor viel getan. Allein dieser Sensor hat die Einsatzmöglichkeiten von Mittelformatsystemen drastisch erweitert.

Ganz allgemein betrachtet bleiben aber echte Innovationen und somit die Kaufanreize aus. Viele der neuen Funktionen der Kameras stammen zudem nicht aus der Fototechnik, sondern aus der Unterhaltungselektronik, aus der IT oder aus der Telekommunikation. Das demonstrieren auch die Trendthemen Smartphone-Fotografie mit ihren boomenden Apps, Action Cams als ständige Begleiter für die actionreiche Freizeit oder Drohnen (Minicopter) als Gadgets und Tools für Fotografen.

Marktentwicklung

Es wird mehr denn je fotografiert. Dennoch steckt die Fotobranche derzeit in einer Krise, die besonders die Hersteller von Consumer-Kameras trifft. Nachdem die Digitalisierung der Fotografie seit der Jahrtausendwende die Branche mit fortwährenden Umsatzsteigerungen verwöhnt hat, zeichnen sich seit einiger Zeit eine Abnahme der Nachfrage nach Kameras und ein Rückgang der Umsätze ab. Aktuell hat die GfK-Marktforschung einen besonders drastischen Rückgang von bis zu 24% gegenüber dem Vorjahr gemeldet. Der Rückgang variiert je nach beobachteter Region und nach Kamerasegment. In einigen Produktbereichen ist dementgegen sogar ein Umsatzwachstum zu verzeichnen.

Während zum Beispiel die Nachfrage nach einfachen Kompaktkameras – wohl wegen den Smartphones – drastisch gesunken ist, sind die besser ausgestatteten, teureren Modelle nach wie vor beliebt. Es handelt sich zum einen um Kompaktkameras mit Superzooms von 15 ×, 20 × oder mehr (Beispiel: Panasonic TZ61 mit 30 ×), Diese Modelle passen im Gegensatz zu den sperrigen Bridgekameras in jede Jackentasche und sind somit ideale Reisekameras. Die andere Gruppe sind die höherwertigen Kompaktkameras für versierte Fotografen. Diese Edelkompakten besitzen einen eher grossen Sensor, der mindestens dem 1-Zoll-Format (13,2 × 8,8 mm) oder grösser (z. B. APS-C) entspricht und eine hohe Bildqualität bei allen Lichtverhältnissen verspricht.

Erstmals verzeichnen auch digitale Spiegelreflexkameras (DSLR) einen Umsatzrückgang, während die spiegellosen kompakten Systemkameras (CSC) dagegen mit Zuwachs brillieren – allerdings auf tieferem Niveau. Bislang fanden die CSCs vor allem in Asien viele Anhänger, während ihr Marktanteil in Europa nur mässig wuchs. Das scheint sich nun zu ändern, wobei die DSLR weiterhin die marktbeherrschende Systemkamera bleibt – insbesondere in der professionellen Fotografie.

Veränderte Kameranutzung

Die Ursachen für die gesunkene Nachfrage werden einerseits in einer gewissen Marktsättigung und anderseits in der verstärkten Konkurrenz durch die Smartphones ausgemacht. Als Antwort auf letzteres haben Hersteller wie Nikon und Samsung Kameras mit Android-OS lanciert, die mit Apps erweitert werden können. Die Samsung-Modelle sowie die neue an dieser Photokina vorgestellte Lumix CM1 nutzen nicht nur Android, sondern können zudem über das Handynetz kommunizieren und Bilder von überall ins Internet bringen.

Weitere Ursachen für die negative Umsatzentwicklung sehen manche auch in der wechselhaften Wirtschaftssituation, wobei auch der ruinöse Preiskampf der letzten Jahre den Herstellern wohl zu wenig Geld in die Kassen spülte. Aufgrund all dieser Umstände sind in Japan die Kameraproduktionen zurückgefahren worden. Offensichtlich wird auch weniger in die Entwicklung neuer Modelle investiert.

Die Kompaktkamera ist tot, es lebe die Kompaktkamera

Während also die einfachen, günstigen Kompakten obsolet werden, boomen jene mit grossem Superzoom sowie die leistungsstarken, eher teuren Edelkompakten. Die Kameras bieten zudem etliche (manuelle) Einstellmöglichkeiten samt passenden Be­dienelementen, so zum Beispiel oft einen konfigurierbaren Einstellring am Objektiv. Über diesen lassen sich rasch Blende, ISO, EV-Werte oder sonstiges wählen. Die Edelkompakten begnügen sich mit geringeren Zoomfaktoren oder gar einer Festbrennweite.

Mustergültige Beispiele sind die Frühlingsneuheiten Canon PowerShot G1X Mark II (1,5-Zoll-Sensor bzw. 18,7 × 14,0 mm, 12 Mpx, 24–120 mm, Wi-Fi), die etwas gross und schwer geraten ist, sowie die zigarettenschachtelgrosse Sony RX100 Mark III (1 Zoll, 20 Mpx, 24–70 mm, Wi-Fi). Schon die erste RX100 konnte mit ihrer Kompaktheit und ihrer Bildqualität be­eindrucken.

Ebenfalls sehr beliebt – und zwar vor allem wegen Bildqualität, Design und Ergonomie – sind die retrogestylten Kompaktmodelle der X-Serie von Fujifilm. Zur Photokina kamen mit der X30 (2/3-Zoll, 12 Mpx, 28–112 mm) und der X100T (APS-C, 16 Mpx, 35 mm) zwei Neuauflagen.

Weitere attraktive Messeneuheiten sind die Leica X (APS-C-Sensor, 16 Mpx, 35 mm), die Panasonic Lumix LX100 (FourThirds-Sensor, 16 Mpx, 4K-Video) sowie die Canon PowerShot G7X (1 Zoll, 20 Mpx, 24–100 mm, Wi-Fi). Letztere kann 700 Fotos in Folge mit einem Tempo von 6,5 Fotos pro Sekunde schiessen und ist deutlich von der Sony-RX100-Serie inspiriert.

Neue DSLRs von allen vier wichtigen Herstellern

Neue DSLRs gibt es nur wenige, wobei diese immer häufiger einen Sensor im Kleinbildformat (KB: 36 × 24 mm) statt einen im APS-C-Format (ca. 15 × 23 mm) besitzen. ­

Gerade einmal drei DSLRs kamen zur Photokina, wobei in den vorausgegangen Monaten immerhin schon einige «neue« Modelle eingeführt worden waren (eine Übersicht unter markuszitt.ch/publisher).

Zur Messe brachte Nikon die be-reits erwähnte D750, während zu Beginn des Jahres das Einsteigermodell D3300 (APS-C, 24 Mpx, Wi-Fi) und die schnelle, professionelle D4s (KB, 16 Mpx) eingeführt worden waren. Mit einer maximalen Lichtempfindlichkeit, die ISO 409 600 entspricht, konnte die D4s einen neuen Rekord verbuchen. Im Sommer folgte die Nikon D810 (KB, 36 Mpx), die sowohl die D800 als auch die D800E ablöste. Wie die D800E verzichtet die D810 auf einen moiréunterdrückenden, aber schärfemindernden Tiefpassfilter.

Von Pentax gab es mit der K-S1 (APS-C, 20 Mpx) lediglich eine Ein­steiger-DSLR zur Messe. Farbige LEDs am Gehäuse, das in vielen Farben verfügbar ist, und beleuchtete Tasten sollen ihre Bedienung vereinfachen.

Sony, die auf DSLRs mit feststehendem, teiltransparentem Spiegel und auf elektronische Sucher setzt, beschränkte sich auf die 10fps-schnelle Alpha 77 Mark II (APS-C, 24 Mpx).

Viel war von Canon erwartet wor-den, doch nach dem Einsteigermodell EOS 1200D zum Jahresbeginn kam erst an der Messe die längst überfällige 10fps-schnelle EOS 7D Mark II (APS-C, 20 Mpx). Vergeblich warteten Canon-Freunde auf eine hoch auflösende DSLR oder eine mit 4K-Video. Nicht einmal eine EOS-M, wie Canon ihre CSC-Serie nennt, wurde angekündigt.

Neue spiegellose CSCs

Was spiegellose kompakte Systemkameras anbelangt, hat Canon bislang enttäuscht und es muss weiter gewartet werden. Nikon hat derweil im ersten Halbjahr drei 20fps-schnelle CSCs der Nikon 1-Serie eingeführt. Für versierte Fotografen ist am ehesten die V3 (1-Zoll-Sensor, 18 Mpx) geeignet.

Interessant ist, dass inzwischen auch Samsung auf den kleinen 1-Zoll-Sensor setzt und mit der NXmini (20 Mpx, Wi-Fi) ein zweites CSC-System eingeführt hat. Bei ihrem Q-System setzt Pentax ebenfalls auf kleine Sensoren und hat zur Messe die kleine Q-S1 (12 Mpx) vorgestellt.

Zu den beliebten spiegellosen Kompaktsystemen gehört aber auch die zweite X-Serie von Fujifilm. An­fangs Jahr wurde die schwarze X-T1 (APS-C, 16 Mpx, Wi-Fi) lanciert, die zur Photokina eine Variante in silberner Gehäusefarbe und mit einem erweitertem Funktionsumfang erhielt. Mittels Firmware-Upgrade erhält auch die ältere, schwarze T1 diese neuen Funktionen.

Panasonic und Olympus haben für ihr gemeinsames Micro-FourThirds-System ebenfalls neue CSCs lanciert. Sie alle verfügen über Sensoren im FourThirds-Format (FT: 17,3 × 13 mm). Zum Jahresbeginn brachte Olympus mit der E-M10 (16 Mpx, Wi-Fi) ein einfaches Modell ihrer OM-D-Serie für versierte Fotografen. Zur Messe folgten die kleinen Lifestyle-Kameras PEN E-PL6 (16 Mpx) und PEN E-PL7 (16 Mpx, Wi-Fi).

CSCs von den UE-Giganten

Von Panasonic wurde im Mai endlich die bereits Ende 2013 angekündigte Lumix GH4 (16 Mpx, 4K-Video, Wi-Fi) eingeführt, die durch professionelle Videofunktionen begeistert. Zur Messe folgte dann lediglich das kleine Lifestyle-Modell GM5 (16 Mpx, Wi-Fi).

Von Samsung gab es einerseits die erwähnte NXmini sowie zu ihrem etablierten NX-System mit Sensoren im APS-C-Format zwei Modellupdates: die NX30 (20Mpx, Wi-Fi) und die kompaktere NX3000 (20Mpx, Wi-Fi).

An der Messe präsentierten die Südkoreaner dann ihr neustes Flaggschiff, das auch professionellen Ansprüchen genügen soll: Die NX1 ist total auf Leistung getrimmt und hebt das Leistungsniveau von CSCs über jenes von DSLRs. Ihr Sensor hat mit 28 Mpx die derzeit höchste Auflösung im APS-C-Format. Die Kamera schafft dennoch ein Serientempo von 15 fps und schiesst Videos in 4K und UHD.

Von Sony, die im Herbst 2013 mit der Alpha-7-Serie wegen ihres KB-Sensors im kleinen Kameragehäuse für Furore gesorgt hatte, kam auf den Sommer hin eine weitere Alpha 7. Die A7s beschränkt sich auf 12 Mpx, erreicht dafür die extrem hohe Lichtempfindlichkeit der Nikon D4s mit ISO 409 600. Interessant ist die A7s auch für Filmer, da sie 4K beherrscht. Allerdings kann sie 4K-Videos nur auf einem externen Rekorder aufzeichnen.

Für das einst unter dem Namen NEX gestartete E-System, das bis zur A7-Serie nur APS-C-Sensor nutzte, brachte Sony anfangs Jahr die Alpha 6000 (24 Mpx, Wi-Fi) mit einem beachtlichen Serientempo von 11 fps und im Sommer das Mittelklassemodell Alpha 5100 (24 Mpx, Wi-Fi).

Mit der Sony A7-Serie, der Samsung NX1 und der Panasonic GH4 wird deutlich, dass die CSCs die DSLRs technologisch übertrumpfen und dass die Unterhaltungselektronikfirmen (UE) momentan die fortschrittlicheren Kameras bauen.

Revolutioniertes Mittelformat

Das Jahr 2014 war gekennzeichnet von der Einführung des CMOS-Sensors in Mittelformatkameras und in digitalen Rückteilen (Digibacks), in denen bis anhin auf CCD-Sensoren gesetzt wurde (Einführung ins Thema Mittelformat in Publisher 4-11).

Die CMOS-Sensortechnik bringt eine höhere Lichtempfindlichkeit und eine schnellere Sensorauslesung. Letzteres erlaubt wiederum ein Echtzeit-Sucherbild (Live-View), Videoaufnahmen, schnellere Bildfolgen und längere Verschluss- bzw. Belichtungszeiten, als dies mit den herkömmlichen CCD-Sensoren möglich war.

Unter den Mittelformatmarken kün­digte Hasselblad zum Jahresbeginn als erste Marke mit der H5D-50c eine CMOS-Mittelformatkamera an. Unmittelbar darauf folgte Phase One mit der Ankündigung des digitalen Rückteils IQ250, das im Gegensatz zur Hasselblad kurz darauf verfügbar war. Das Back ist einzeln, aber auch als Kamerakit (bestehend aus Back, Kamera und Objektiv) erhältlich. Wenig später vermeldete auch Pentax, dass ihre seit Monaten erwartete neue Mittelformatkamera ebenfalls mit CMOS-Sensor ausgestattet sei.

In all diesen Produkten steckt ein 50-Mpx-Sensor im Format 32,9 ×43,8 mm. Dieser stammt von Sony, die damit ihren ersten Sensor in dieser Grössenklasse entwickelt hat.

Hasselblad hat nach der ersten Kamera noch ihr universelles Rückteil CVF-50c sowie die beiden Multishot-Modelle mit diesem CMOS-Sensor versehen. Die Multishot-Kameras können nicht nur im 1-Shot, sondern auch im 4- oder 6-Shot-Modus fotografieren. Dabei wird der Sensor zwischen den vier oder sechs Teilaufnahmen in Ganz- oder Halbpixelschritten verschoben und die Teilaufnahmen zu einem finalen, besonders hochwertigen Bild (ohne Moiré und Farbartefakte) zusammengefügt.

Zur Photokina hat dann die zu Phase One gehörende Mamiya Leaf ebenfalls mit dem Credo 50 ein Rückteil bzw. ein Kamerakit mit diesem CMOS-Sensor eingeführt. Aber auch Phase One reichte mit dem IQ150 noch ein zweites günstigeres CMOS-Back nach. Das IQ150 besteht aus dem neuen Sensor in einem «alten» Gehäuse der IQ1-Serie und kommt ohne Wi-Fi und mit einfacherer Garantieleistung aus. Auch Hasselblad legte zur Photokina eine Variante der Hasselblad H5D-50c mit Wi-Fi nach.

Von Leica, die in ihren S-Kameras schon einen relativ kleinen Mittelformatsensor (35 × 45 mm) verwendet hat, war ebenfalls eine 50-Mpx-CMOS-Kamera erwartet worden. Zur Photokina wurde die bisherige S Typ 006 neu als vereinfachtes, günstiges «Einsteigermodell» S-E Typ 006 eingeführt und für 2015 die neue S Typ 007 mit CMOS-Sensor angekündigt. Technische Details wurden nicht kommuniziert, doch soll sie filmen können.

CMOS und der feine Unterschied

Interessant ist, was die verschiedenen Marken aus dem Sensor technisch herausholen. Der Sensor bietet einen Dynamikumfang von 14 Blenden. Bislang waren etwa 12 Blenden üblich. Die Daten werden aber in 14 Bit statt mit 16 Bit intern verarbeitet. Während sich Hasselblad und Phase One mit maximal ISO 6400 begnügen (bislang maximal ISO 800 oder 1600), stellt die Pentax 645Z gleich extreme ISO 204 800 bereit.

Als längste Belichtungszeit gibt Phase One 60 Minuten, Hasselblad nur 12 Minuten an. Die Pentax 645Z ist zudem die erste Mittelformat-Kamera überhaupt, die filmen kann. Leica hat dies für ihre kommende S Typ 007 ebenfalls versprochen, wobei sogar 4K-Videos möglich sein sollen.

Da der CMOS-Sensor von Sony stammt, war auch über einen Einstieg von Sony ins Mittelformat spekuliert worden. Ähnliche Spekulationen gibt es seit Jahren über Canon und Nikon. Erfolgreich vorgemacht hat dies Leica mit ihrem 2008 eingeführten S-System. Doch weder von Canon, Nikon oder Sony kam bislang eine entsprechende Ankündigung. Ein neues Mittelformatsystem aus dem Boden zu stampfen wäre ja auch ein (zu) schwieriges Unterfangen, denn die damit verbundenen Investitionen sind enorm und dies für einen relativ begrenzten Markt und in einer wirtschaftlichen schwierigen Zeit.

Aktuelle Kameratrends

Als Zusammenfassung listen wir hier die derzeit angesagten Ausstattungs- und Funktionsmerkmale von Digitalkameras auf.

  • Wi-Fi: Nichts geht mehr ohne Wi-Fi an Bord. Ein Grossteil der neuen Kameras kommt heute mit Wi-Fi-Funk und kann direkt kommunizieren oder in ein WLAN eingebunden werden. Wi-Fi wird genutzt für die direkte Kamerafernsteuerung via Smartphone/Tablet samt Gratis-App, für den Bildertransfer zu Tablet, PC, Drucker etc. sowie – vor allem von Konsumenten – für sofortiges Teilen über das Handy.
  • Smartphones verdrängen einfache Kompaktkameras. Nur besser ausgestattete (Zoom, grosser Sensor) sind weiterhin gefragt und sinnvoll.
  • Grosse Sensoren sind gefragt: Bei DSLRs ist Kleinbild angesagt. Bei CSCs werden von jeher grosse FourThirds- und APS-C-Sensoren verbaut, seit 2013 auch KB (Sony Alpha 7). Bei Kompaktkameras werden immer häufiger grosse Sensoren (1 Zoll und grösser) verbaut. Es existieren gar einige Edelkompakte mit Sensoren im FT-, APS-C- und seit 2012 sogar im KB-Format (Sony RX1).
  • CSCs entwickeln sich zur ernst­zunehmenden DSLR-Konkurrenz. Der CSC-Umsatz nimmt zu, derjenige von DSLRs ab. DSLRs bleiben aber die dominierenden Systemkameras (40% Marktanteil). CSCs schiessen z.B schnellere Serien als DSLRs, da kein Spiegel im Weg steht.
  • Schneller Phasen-Autofokus bei Live-View: Bislang verfügten nur DSLRs über die schnellen Phasen-AF-Detektoren in ihren SLR-Suchern. Seit einige Phasendetektoren auch auf dem Bildsensor untergebracht werden, ist mit dem Bildsensor damit auch die schnelle automatische Fokussierung möglich. (Die fehlenden Bildpixel wer-den per Interpolation hinzugefügt.) Nicht nur CSCs profitieren von dieser Technik, sondern ebenfalls die DSLRs für ihren Live-View- und Videomodus. DSLRs mit dieser Technik sind die neue Canon EOS 7D Mark II und die vor einem Jahr eingeführte EOS 70D.
  • Selfie-Tauglichkeit ist bei Kompaktmodellen und CSCs offenbar «un­verzichtbar». Nach dem Hype um Smartphone-Selfies will die Fotobranche nicht hintanstehen und integriert vor allem in Lifestyle-Kame­ras neigbare Bildschirme, die sich für kontrollierte Selbstporträts nach vorne richten lassen. Dies ist zwar nicht wirklich neu, aber trendy. Neigbare oder ausklapp- und drehbare Bildschirme sind aber ohnehin für viele Aufnahmesituationen nützlich.

Back to the Roots

Während digitale Kameras mit intel­ligenten Automatikfunktionen und die sofortige Nutzung von Digitalfotos – bei Konsumenten häufig durch sofortiges Teilen über soziale Netzwerke – immer extremere Ausmasse annehmen, zeichnet sich auch eine Bewegung in die entgegengesetzte Richtung ab: Man nutzt einfachere, auf das Wesentliche reduzierte Kameras oder gar solche mit Fotofilm.

Statt Fast-Food-Fotos wird die Fotografie wieder entschleunigt und vereinfacht. Dies durch die (sparsame) Benutzung von Fotofilm oder bei Digitalkameras durch den Verzicht auf Funktionen wie z. B. Videoaufzeichnung und Wi-Fi. Beispiele für reduzierte Digitalkameras sind die 2013 eingeführte DSLR Nikon Df sowie die neue digitale Leica M Edition 60 – ein limitiertes Sammlermodell – ohne LCD-Monitor. Passend dazu hat Leica mit der M-A auch eine analoge Kamera ohne jegliche Elektronik und somit ohne Belichtungsmessung lanciert. Sogar Hasselblad hat ihre H5-Kameras wieder kompatibel zu Fotofilmmagazinen gemacht und mit der H5X ein Modell ohne Digiback vorgestellt.

Der Fotofilm selbst erlebt derzeit ein Revival mit neuem Filmmaterial und dem wieder beliebten Sofortbild (Fujfilm Instax und Impossible als Polaroid-Nachfolge).

Um analoge Fotos dennoch in der digitalen Welt zu nutzen, braucht es Scanner, die immer seltener werden. Glücklicherweise haben an der Messe Reflecta den KB-Filmscanner RPS 10M mit 10 000 ppi und Epson den A4-Flachbettscanner Perfection V800 Photo und seine Ausstattungsvariante V850 Pro vorgestellt.

FaZitt

Die Photokina und die vergangenen Monate haben einige neue, attraktive Kameras gebracht, die man sich näher anschauen sollte. Dem Kameramarkt dürfte jedoch eine schwierige Zeit bevorstehen. Die Fotografie an sich ist weiterhin im Umbruch.

Die Photokina wird alle zwei Jahre durchgeführt. Die nächste findet vom 20. bis 25. September 2016 statt.

Infos und Links zu dieser und weiteren Messen sowie zu allen Kameraneuheiten finden Sie im Add-on zum Artikel: www.markuszitt.ch/publisher

Trends bei Funktionen und Ausstattung

Schnellere Serienbilder Die schnellsten CSCs schiessen 10 bis 15 fps, die schnellsten DSLRs schaffen 10 bis 12 fps. CSCs profitieren von ihrer spiegellosen Konstruktion (kein Zeitverlust für Spiegelgeklapper).

Elektronische Sucher Die EVFs verdrängen optische Sucher bei Edelkompakten und sind Standard bei höherwertigen CSCs. Mit hoher Auflösung (2,7 Millionen Punkte) sind EVFs den optischen nahezu ebenbürtig, übertrumpfen diese aber durch höheren Nutzwert (Echtbildvorschau).

Videoauflösung Full HD (1920 × 1080) ist der Standard. Erste Mittelformatkameras können filmen. 4K und UHD-Auflösung (vierfaches Full HD) kommt, wird derzeit aber erst von wenigen Kameras beherrscht.

Video-Bildraten 24, 25 und 30 fps sind bei Full HD üblich, aber nicht Standard. Vermehrt kann mit 50 und 60 fps in Ganzbildern (progressiv, d. h. 1080/50p und 1080/60p) gefilmt werden. Bisher filmten Kameras bei 50 und 60 fps im Interlaced-Verfahren oder dann in geringerer Auflösung.

Höhere Videoqualität Durch weniger starke Komprimierung (mehr Daten pro Sekunde) und neue Codecs (H.265) wird höhere Bildqualität möglich.

RAW-Video Bleibt weiterhin den Cinema-Kameras und Hacks vorbehalten.

Wi-Fi/WLAN in Kameras etabliert (nur wenige neue verzichten darauf).

NFC (Near Fild Communication) dient zur einfachen Koppelung von Wi-Fi-Geräten (Smartphone mit Kamera).

USB 2.0 ist noch immer Standard und dient bei kleinen Kompaktkameras mit MicroUSB-Buchse auch zum Akkuladen.

USB 3.0 Erst in wenigen Kameras – meist in Topmodellen (Nikon D800/810, Canon EOS 7D, Samsung NX1) – zu finden sowie bei vielen Mittelformatsystemen, wo aber FireWire noch etabliert ist.

HDMI Bei einigen Systemkameras kann via HDMI ein unkomprimiertes Videosignal extern aufgezeichnet werden. Kameras müssen dazu Menüanzeigen (Overlays) unterdrücken können («cleanes» HDMI).