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Personen darstellen

Kunden möchten auf der einen Seite Konstanz, auf der anderen Seite drängen sie nach Veränderung. Wie der Spagat zu meistern ist, zeigt das Fallbeispiel einer IT-Schulungsbroschüre.

RALF TURTSCHI Die Rede ist von den Zürcher IT-Unternehmen AnyWeb AG und Osys AG, zwei Unternehmen, die gemeinsam Schulungen anbieten. Und zwar gehts um Trainings an Cisco-Grosssystemen (www.anyweb-osy.ch). Agenturtschi gestaltet seit 2004 das Schulungsprogramm in Form einer A4-Broschüre, worin das Kursangebot zusammengefasst ist. Die Broschüre entstand, als auch ein neues Erscheinungsbild gefordert wurde. Gesetzt sind die Farben Blau und Türkis als Hausfarben der beiden Unternehmen. Die praktische Frage ist die, eine Schulungsbroschüre jedes Jahr so zu gestalten, dass sie bei den Kursteilnehmern als neu empfunden wird, ohne dass aber das Erscheinungsbild total verlassen wird. Eine Affinität zum Bestehenden soll bestehen bleiben. Als Schrift wird die Fago, im Jahr 2000 von Ole Schäfer entworfen, eingesetzt. Die Inhalte mit den Schulungsangeboten Lehrgängen, Zertifizierungswegen und Kursen sind gestalterisch identisch, die visuelle Änderung findet über die Bil­derwelt statt.

Nun ist es jedoch so, dass Bilder ab Bilddatenbanken generisch sind, man findet die gleichen Bilder in den Broschüren und Websites der Versicherungs- und Finanzwelt und bei ­grösseren Unternehmen, im schlimmsten Fall sogar bei der direkten Konkurrenz. Mit solchen Businessbildern ist heute kein Staat mehr zu machen.

Damit ein eigenständiger Look entsteht, müssen die Bilder als Rohmaterial verstanden werden, die mit kreativer Technik massgeschneidert werden. Damit kommt man sofort vom üblichen 08/15-Look weg. Die kreative Veränderung ist zudem eine anspruchsvolle Aufgabe, die sehr viel mehr Spass macht, als den Textinhalt auszuwechseln und anzupassen.

Im Wandel der Zeit

Die im Lauf der Jahre entstandenen Figuren erlauben auch eine gewisse Reise in den kreativen Zeitgeist. Anfänglich war eher eine gewisse Zurückhaltung gegenüber Bildern zu spüren, man befürchtete eine zu starke Wirkung, die von abgebildeten Personen ausgehen würde. Tragen sie eine Krawatte, würde man damit eher die Freaks abstossen, ist eine ältere Person zu sehen, stösst man damit die Jüngeren vor den Kopf.Und überhaupt, soll man Frauen und Männer zahlenmäs­sig im richtigen Verhältnis abbilden – oder gibt es dafür dann Schelte von einer Gleichstellungsorganisation? Solche Fragen muss man sich stellen, wenn Personen abgebildet werden.

Die anfangs deshalb bewusst diffuse Personendarstellung erlaubt keine sol-chen konkreten Rückschlüsse, die Darstellung ist rein dekorativer Natur. Je konkreter, also je realitätsnaher die Personen gezeigt werden, desto eher nehmen Leserinnen und Leser an, die Protagonisten seien an der Schule be­schäftigt oder als Teilnehmer anzutreffen. Es ist durchaus möglich, eine sanfte Renovation zu realisieren, ohne dass man immer die ewig gleichen Pfade beschreiten muss. Kontinuität im Wandel, das ist es doch, was wir ananderer Stelle schon so oft gehört ha-ben. Wenn man gewisse typografische Elemente stehen lässt und nur wenig ändert, dann ist über die Jahre hinweg eine typografische Evolution möglich.

Die Affinität zum Coverbild muss ebenfalls hergestellt werden. Farbgebung und Stilmittel sollen übereinstimmend eingesetzt werden. Wenn neue Software eingeführt wird, ergeben sich daraus immer wieder neue Kombina­tionsmöglichkeiten, die vor ein paar Jahren nur sehr kompliziert zu realisieren gewesen wären.

Kombinationsgabe

Grundlage für die Darstellungen bildet immer Photoshop, weil die Originalbilder RGB-Pixelbilder sind. Die kreativen Filter in Photoshop allein genügen jedoch oftmals nicht, Die Ergänzung erfolgt mittels Freihandzeichnungen, mittels Illustrator oder seit Neustem mit InDesign, welches heute ja ebenfalls viele Kreativinstrumente bereithält. Die Kreativitätstechnik zu solchen Bildern führt nie über eine Skizze, die hier völlig unsinnig wäre, sondern über Ausprobieren und Kombinieren. Je mehr Programme beteiligt sind, desto einmaliger wirkt das Bild. Was nicht heissen will, dass eine hohe Komplexität automatisch zu einem besseren Bild führt. Auch hier sind der Kreativität Grenzen gesetzt, weil man ja nicht unendlich an einer Idee herumpröbeln kann. Der finanzielle Rahmen oder das Zeitbudget dürfen nicht überstrapaziert werden.

Der Wert von Bildern

Wenn man die Bilder nun betrachtet,wirken sie sehr eigenständig und unverwechselbar. Bilder lockern die trockene Broschüre auf, sie animieren zum Blättern und Lesen. Die Gestaltung der Bilderwelt sollte auf gar keinen Fall unterschätzt werden. Die Models mit Mimik und Gestik vermitteln wie die sorgfältige und lesefreundliche Gestaltung Hochwertigkeit, die wiederum mit Vertrauenswürdigkeit und Seriosität zusammenhängt. Die Entscheider erwarten eine Topqualität mitunter aufgrund des Erscheinungsbildes.