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Perspektivenfehler korrigieren

Es gibt immer wieder Situationen, die ohne technischen Aufwand zu unbefriedigenden Kameraergebnissen führen. Perspektivische Verzerrungen sind ein typisches Beispiel. Photoshop bietet hervorragende Möglichkeiten, solche Fehler zu korrigieren.

Sven Fischer Genau genommen bietet Photoshop inzwischen ein ganzes Arsenal an hochwertigen Korrekturfiltern für perspektivische Probleme. Stürzende Linien lassen sich beispielsweise oft bereits mit den klassischen Transformieren-Werkzeugen begradigen. Bei Fish-Eye- oder Weitwinkel-Verzerrungen hilft meist die Objektivkorrektur. In extremen Fällen kommt dann die Adaptive Weitwinkelkorrektur zum Einsatz, die es seit Version CS 6 gibt. Anwender einer Creative-Cloud-Version können seit Anfang dieses Jahres zudem auf die Perspektivische Verformung zurückgreifen. Diese neue Möglichkeit haben wir in Ausgabe 2-14 des Publisher bereits vorgestellt.

Smart Filter und Datenbank

Alle genannten Korrekturfilter lassen sich übrigens als Smart Filter einsetzen. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass Einstellungen und Korrektureffekte jederzeit verlustfrei nachjustiert werden können. Dazu werden die betreffenden Bildebenen über das Menü Filter in eine Smart-Filter-Ebene konvertiert.

Sowohl der Filter Adaptive Weitwinkelkorrektur als auch die Objektivkorrektur greifen auf eine Datenbank zurück, in der Informationen zu han­delsüblichen Objektiven hinterlegt sind. Ruft man einen der beiden Filter zum ersten Mal auf, wird diese Datenbank geladen. Je nach Internetverbindung kann das zwar ein bisschen dauern, danach stehen die Informationen jedoch jederzeit zur Verfügung, sodass keine zusätzlichen Wartezeiten anfallen.

In dieser Datenbank stehen Korrekturwerte hinsichtlich optischer ­Verzerrungen, chromatischer Aberrationen und Vignettierung zur Verfügung. Enthalten sind Informationen zu den Standardobjektiven der wichtigsten Kamerahersteller wie beispielsweise Canon, Nikon, Olympus, Samsung, Leica, Hasselblad und einige weitere. Von den reinen Objektivherstellern ist bislang nur Sigma enthalten.

Anhand der EXIF-Metadaten, die in jedem digitalen Kamerabild enthalten sind (Angaben zu Kamera- und Objektivmodell sowie diverse Aufnahmeparameter wie Belichtungszeit, Blende und andere mehr), kann der Photoshop-Filter feststellen, mit welcher Kamera und mit welchem Objektiv das Foto aufgenommen wurde, liest aus der Datenbank automatisch die entsprechenden Korrekturwerte aus und wendet diese Informationen zur Korrektur des Bildes an.

Die standardmässige Automatikkorrektur kann bereits zu erstaunlichen Ergebnissen führen. Das Bild unten beispielsweise wurde mit einem extremen Weitwinkelobjektiv aufgenommen, da vor der Druckmaschine zu wenig Platz war. Dennoch ist die Objektivkorrektur in Photoshop in der Lage, die durch das Objektiv hervorgerufene Verzerrung auszugleichen. Ein interessanter Aspekt ist, dass die Bildinformationen, die durch die Korrektur zunächst nicht mehr dargestellt werden können, erhalten bleiben. Sie können mithilfe manueller Einstellungen wieder angezeigt werden.

Schaltet man beispielsweise von der Auto- auf manuelle (benutzerdefinierte) Korrektur um, lassen sich beispielsweise Skalierung sowie horizontaler oder vertikaler Blickwinkel verändern. Dadurch kann man Bildteile wieder sichtbar machen.

Es besteht auch die Möglichkeit, für Kameras und Objektive, die in der Datenbank nicht enthalten sind, eigene Objektivprofile zu erstellen. Dazu bietet Adobe auf ihrer Website den Lens Profile Creator an (bit.ly/LensProfile). Mit dieser Software für Mac und Windows lassen sich solche Korrekturdaten ermitteln und als Profil abspeichern, das im Anschluss beim Einsatz der Korrekturfilter in Photoshop verwendet werden kann.

Adaptive Weitwinkelkorrektur

Eine Art Kombination aus der Korrektur grundlegender Objektivverzerrungen und der Korrektur perspektivischer Probleme stellt der Filter Adaptive Weitwinkelkorrektur dar. Einerseits kann er Verzerrungen durch Fish-Eye- oder Weitwinkel-Objektive ausgleichen, bietet aber zusätzlich die Möglichkeit, Horizonte und Senkrechten im Bild festzulegen. Dabei kommt vorrangig das Constraint-Werkzeug zum Einsatz (Constraint = Einschränkung, Restriktion). Mit diesem Werkzeug werden Linien im Bild gezogen, die der Filter anschliessend zur Begradigung verwendet.

Übergibt man ein Foto an diesen Filter, wird automatisch anhand der Metadaten eine perspektivische Korrektur durchgeführt. Im nächsten Schritt zieht man mithilfe des Con­straint-Werkzeugs Geraden im Bild entlang der Objekte, die begradigt werden sollen. Diese Linien werden türkisfarben dargestellt und besitzen Anfasserpunkte, an denen Linie und Bild gedreht werden können. So kann man stürzende Linien und Horizonte manuell begradigen. Gegenüber dem klassischen Transformationswerk­zeug Verzerren hat die Adaptive Weitwinkelkorrektur den Vorteil, dass das Ergebnis nicht derart gestaucht erscheint.

Wenn durch Weitwinkelaufnahmen Kanten gebogen dargestellt werden und man entlang dieser Kanten eine Constraint-Linie zieht, dann passt sich diese der Krümmung an und begradigt sie.

Noch effektiver wird die Vorgehensweise, indem man mit gedrückter Shift-Taste eine Constraint-Linie zieht, die beispielsweise im Bild entlang eines Objekts verläuft, das eigentlich senkrecht stehen sollte. Im Beispiel rechts wäre das der Campanile auf dem Markusplatz. Eine solche Linie stellt der Filter pinkfarben dar. Er sorgt dafür, dass an dieser Linie das Bild­motiv senkrecht gestellt wird, er erzwingt also die Bild-Senkrechte. Ebenso lässt sich eine zweite Linie ziehen, die beispielsweise den waagrechten Horizont des Bildes erzwingen kann (wird gelb dargestellt). Auf diese Weise kann man in einem Bild Waagrechte und Senkrechte erzwingen. Gerade bei architektonischen Motiven ist somit eine natürlichere Perspektivenwirkung schnell erreicht.

Im Übrigen können mehrere solcher Linien erstellt werden. Insbesondere bei Senkrechten macht das durchaus Sinn, wie das Beispiel der Burgmauer zeigt. Hier wurden an der rechten und der linken Mauerbegrenzung senkrechte Constraints erzeugt sowie zusätzlich noch ein senkrechter Constraint in der Mitte. Der daraus resultierenden starken Krümmung der Horizontalen kann man mit einem horizontalen Constraint entgegenwirken.

Um Anfangs- und Endpunkt einer Constraint-Linie genau festlegen zu können, kann man auch auf das kleine Quadrat am Ende der Linie klicken. Zieht man dann den Punkt im Bild, wird der daran anschliessende Bereich vergrössert dargestellt.

Es gibt ausserdem die Möglichkeit, ein Polygon-Constraint anzulegen. Das funktioniert ähnlich wie die neue Perspektivische Verformung in Photo­shop CC. Dabei wird ein Polygon (meist ein Rechteck) über dem Bereich aufgezogen, der gerade gestellt werden soll.

Fazit

Das Photoshop-Arsenal zur Korrektur von Bildfehlern und -problemen wächst beständig. Die Korrekturfilter sind insbesondere in der Variante Smart Filter problemlos einsetzbar und liefern trotz extremer Eingriffe in die Pixelstruktur eine hohe Bildqualität.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instruc­tor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.

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