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Photoshop unter der Haube

Zweifelsohne ist Photoshop ein ebenso ausgereiftes wie vielseitiges Programm. Viele Abläufe beruhen allerdings auf verblüffend einfachen Prinzipien. Was Scharfzeichnung mit Unschärfe zu tun hat und was derlei Basic-Bildbearbeitungswissen in der Praxis bringt, beleuchtet der folgende Blick unter die Programm-Motorhaube.

günter schuler Eine neue Version von Photoshop ist demnächst im Handel. Der genaue Erscheinungs­termin steht noch nicht fest. Als ausgemacht gelten kann allerdings, dass CS 6 vor Sommerbeginn im Handel ist. Nicht klar ist bislang, ob ein bereits vorgestelltes Highlight – der Filter Adobe Deblur – in der neuen Photo­shop-Version mit enthalten sein wird. Sicher ist ein Filter zum nachträglichen Fokussieren verwackelter Bilder ein Feature, auf das viele Digitalfotografen warten. Umgekehrt jedoch stellen sich nicht wenige Photoshop-Anwender eine ganz andere Frage: welche neuen Features man für eine ausgereifte Software wie Photo­shop überhaupt noch kreieren kann und wo genau die Schwelle zum Funktions-Overkill liegt. Aus diesem Grund möchte dieser Beitrag den umgekehrten Weg gehen und eine auf den ersten Blick ketzerisch klingende Frage in den Raum stellen: Was wäre, wenn 90 Prozent der Photo­shop-Filter fehlen würden? Ebenso zwei Drittel der gängigen Bildbearbeitungsfeatures? Wäre Bildbearbeitung dann undenkbar?

Die Antwort: natürlich nicht. Die Masse der Features, die sich im Lauf von mehr als einem Dutzend Softwareversionen angesammelt hat, ist auch ohne die zu erwartenden CS-6-Neuzugänge beeindruckend: über zwanzig Bildbearbeitungsfeatures, über einhundert Filter, versierte Funktionen zum programmübergreifenden Colormanagement, Ebenen bis zum Abwinken, Finetuning für Auswahlen sowie anwenderdefinierbare Tastenbefehle und Aktionsscripts. Hinzu kommen ein versierter Rohdatenkonverter sowie eine ebenso versierte Bildverwaltung. Bei der eigentlichen Bildbearbeitung hat man es allerdings mit einer recht überschaubaren Anzahl von Techniken zu tun. Der «Trick» ist der, dass das Programm seine Grundtechniken äusserst effizient miteinander kombiniert. Motto: Aus weich wird scharf – wie der Name des vermutlich bekanntesten Photoshop-Filters, Unscharf maskieren, bereits andeutet.

Was nützt dieses Wissen in der Praxis? Ebenso wie bei einem Automobil, wo es ebenfalls von Vorteil ist, sich mit der technischen Grundmotorik auszukennen, helfen auch im Photoshop-Alltag Kenntnisse über die grundlegenden Basic-Techniken in vielen Situationen weiter. Man kann beispielsweise – wie etwa der Autor dieses Beitrags – ein Fan des Korrekturbefehls Farbbalance sein. Weiss man jedoch, dass das Dimmen oder Hervorheben von Farbanteilen ebenso mit den Tools Tonwertkorrektur oder Gradationskurven in Angriff genommen werden kann, steigen die Wahlchancen immens. Ebenso sieht es bei den Helligkeits- und Kontrastkorrekturen aus. Standardmässig stellt man sie über Tonwertkorrektur oder Gradationskurven ein. Weniger alltäglich, jedoch ebenso wirksam ist die Vorgehensweise über Ebenenkopien in Kombination mit kontrastverstärkenden, abdunkelnden oder aufhellenden Füllmethoden. Frage: Was steckt hinter der Gleichung «weich wird scharf»? Warum beeinflusse ich in den RGB-Einzelkanälen Farben, im Composite-Kanal hingegen (vor allem) Helligkeit und Kontrast? Und warum sind Füllmethoden Äquivalente zu allem?

Korrekturbefehle: Was ist wirklich wichtig?

Unter Bild > Korrekturen offeriert die aktuelle Programmversion CS 5 22 unterschiedliche Einzelfunktionen. Als unabkömmliche Standardbefehle gelten Tonwertkorrektur, Gradationskurven und Farbton/Sättigung. Hinzu kommen das Schwarzweiss-Feature, der Kanalmixer, Fotofilter, Farbbalance sowie 15 weitere Befehle zum Verändern von Farben, Kontrast und Sättigung. Die Mehrzahl der Anwender wird sich vermutlich auf die aufgeführten Funktionen konzentrieren. Funktions-Overkill liefert das Korrekturen-Untermenü vor allem im Bereich des Bildfarben-Tunings. Um bestimmte Farbspektren zu betonen (und entsprechend das komplementäre Farbspektrum abzuschwächen), stehen gleich fünf Features zur Verfügung: Farbbalance, Fotofilter, Variationen, Tonwertkorrektur und Gradationskurven. Wirklich alternativlos ist lediglich eines: Gradationskurven. Wählt man unter Kanal einen der drei RGB-Einzelkanäle an, kann man wahlweise Farben verstärken oder abschwächen. Die Rot-Kurve beeinflusst Rot und Cyan, die Grün-Kurve Grün und Magenta, die Blau-Kurve Blau und Gelb.

Das Ganze funktioniert nicht nur unter RGB, sondern ebenso im CMYK- oder Lab-Farbmodus. Der Lab-Modus ist insofern interessant, als er das Modifizieren des a- und b-Farbspektrums (Aquatürkisgrün bis Rotmagenta sowie Gelb bis Cyanblau) unabhängig von der Bildhelligkeit (Kanal Helligkeit) ermöglicht.

Anmerkung am Rand: Anders als im RGB- oder CMYK-Modus offeriert Gradationskurven im Modus Lab-Farbe erst gar keinen Composite-Kanal. Nach demselben Schema funktionieren Farbverstärkungen und Farbabschwächungen unter Tonwertkorrektur. Seitdem das Gradationskurven-Tool ein zusätzliches Bild-Histogramm mit anzeigt, dürfte die Anzahl der Kurven-Anhänger weiter gestiegen sein. Umgekehrt muss man konstatieren, dass Tonwertkorrektur eingängiger funktioniert. Die beschriebenen Me­chanismen lassen sich hier nach demselben Schema in die Praxis umsetzen. Wer möchte, kann Farb- oder Kontrasteinstellungen als Vorgabe abspeichern. Vorgaben gibt es in Photo­shop zwar ebenfalls seit Urzeiten. Die praktischen Aufklapplisten hinter Vorgabe sind allerdings eine Innovation aus der Creative-Suite-Ära.

Overkill liefert Bildbearbeiters Lieblingsprogramm auch im Bereich der Kontrastbefehle. Neben den Klassikern Tonwertkorrektur und Gradationskurven stehen zusätzlich die Features Helligkeit/Kontrast und Belichtung zur Verfügung. Die Grobmotorik von Helligkeit/Kontrast gilt unter Profis zwar als inakzeptabel. Vor zwei Programmversionen spendierte Adobe dem Tool allerdings einen verbesserten Algorithmus. Belichtung wiederum ist ein Feature, dass aus der RAW-Bildbearbeitung kommt. Auch Belichtung tut letztlich nichts anderes, als Kontrast und Helligkeit zu erhöhen oder zu reduzieren. Spannender ist die Frage, ob man mit der im Vorabschnitt beschriebenen Einzelkanal-Bearbeitungstechnik auch Bildhelligkeit und -kontrast beinflussen kann (anstelle der Farben)? Die Antwort lautet Ja. Damit das Ganze funktioniert, muss allerdings eine zweite Komponente hinzutreten: eine geeignete Füllmethode.

Grundsätzlich lassen sich Füllmethoden auf zweierlei Weise zuweisen. Erstens durch Verblassen des zuvor getätigten Korrekturbefehls. Entgegen anderslautender Gerüchte funktioniert der im Menü Bearbeiten gelegene Befehl Verblassen (Befehlstaste + Umschalttaste + F) nicht nur mit Filtern, sondern auch mit den Bildkorrekturfeatures unter Bild > Korrekturen. Die zweite Möglichkeit sind Ebenen. Weisen Sie einer Bildkopie-Ebene oder Tonwertkorrektur-Einstellungsebene die Füllmethode Luminanz zu, wirken sich Veränderungen im Kanal Rot oder Grün nur auf die Kontraste aus. Effektiv ist diese Vorgehensweise dann, wenn bestimmte Farbspektren gezielt aufgehellt, abgedunkelt oder im Kontrast verstärkt werden sollen – beispielsweise zu dunkle Hauttöne bei einer Porträtaufnahme. Umgekehrt lässt sich die Technik auch nutzen, um Farben noch forcierter zu verändern. Weist man einer Ebenenkopie oder Einstellungsebene die Füllmethode Farbe zu, beschränkt sich die Auswirkung des angewandten Befehls auf die Bildfarben. Bei Farbtunings ist diese «Sicherheitsmassnahme» in vielen Fällen sinnvoll. Farbveränderungen bewirkt die Füllmethode Farbe jedoch auch beim Verändern der Composite-Kanäle. Eine Reduktion des Tonwertumfangs unter Tonwertkorrektur etwa führt in Kombination mit Farbe zu mehr oder weniger stark entsättigten Bildfarben.

Photoshop-Joker Ebenen

Ebenen, Deckkraft und Füllmethoden sind – in Kombination mit den ebenfalls sehr versierten Auswahltechniken – die Photoshop-Killertechniken schlechthin. Einstellungsebenen bieten innerhalb der vorgegebenen Architektur zwei Vorteile: a) eine bildschonende, nichtdestruktive Methode zur Bildoptimierung und b) die Möglichkeit, Korrekturbefehle in Form von Ebenen einzusetzen. Richtig effektiv werden Ebenen dann, wenn man sie in Kombination mit Füllmethoden einsetzt. Die wichtigsten Füllmethoden (Multiplizieren, Negativ multiplizieren, Ineinanderkopieren, Differenz, Farbe und Luminanz) sind seit Urzeiten im Programm enthalten. Allerdings haben sich im Verlauf der letzten Photoshop-Versionen ein paar nützliche Neuzugänge hinzugesellt: Strahlendes Licht, Lineares Licht, Subtrahieren und Unterteilen. Die Füllmethoden sind nach Gruppen sortiert. Die zweite Gruppe in der Aufklappliste enthält abdunkelnde Methoden, die dritte aufhellende, die vierte kontrastverstärkende und die fünfte differenzbetonende. Die letzte, sechste, filtert Eigenschaften – darunter die beiden wichtigen Eigenschaften Farbe (belässt Kontrast) und Luminanz (belässt Farben).

Praktischen Nutzen bieten Ebenen und Füllmethoden auf vielerlei Weise. Generell ermöglichen sie es, unterschiedliche Bilder oder Bildversionen ineinanderzu blenden. Darüber hinaus offerieren sie eine Methode, Bilder ohne die Zuhilfenahme von Reglern oder Kurven zu optimieren – nämlich rein tastaturgesteuert. Verfahrensweise: mit dem Allround-Shortcut Befehlstaste + J aktuelle Ebenenauswahl kopieren (wer viel mit Ebenen arbeitet, sollte sich diese Tastenkombination fest einprägen), anschliessend eine abdunkelnde, aufhellende oder kontrastverstärkende Füllmethode zuweisen. Auch dies kann shortcutgesteuert geschehen – mithilfe der Tastenkombination Umschalttaste plus Optionstaste plus Zeichentaste. Die wichtigsten Zeichentasten für Füllmethoden: N (Normal), M (Multiplizieren), S (Negativ multiplizieren), O (Ineinanderkopieren), F (Weiches Licht), J (Lineares Licht), E (Differenz), C (Farbe) und Y (Luminanz). Die Veränderung der Ebenendeckkraft ist noch einfacher: Hier genügt die Eingabe von Ziffern – entweder von zwei Ziffern kurz hintereinander (77 Prozent) oder nur einer Ziffer für die Steuerung in Zehnerschritten (70 Prozent). Eine tastengesteuerte Kontrasterhöhung funktioniert dementsprechend wie folgt: a) Befehlstaste + J (Erzeugung einer Ebenenkopie), b) Umschalttaste + Optionstaste + O (Zu­weisung der kontrastverstärkenden Füllmethode Ineinanderkopieren) und c) Eingabe einer Zifferntaste (Effektsteuerung durch Reduzierung der Ebenendeckkraft).

Dieselbe Technik funktioniert nicht nur mit Bildkopie-Ebenen, sondern auch mit Einstellungsebenen. Der Typ der Einstellungsebene ist dabei weitgehend ohne Belang. Die beschriebene Ineinanderkopieren-Kontrasterhöhung funktioniert mit einer Tonwertkorrektur-Einstellungsebene ebenso wie mit einer Dynamik-Einstellungsebene. Lediglich Schwarzweiss, Verlaufsumsetzung, Tontrennung sowie weitere Features in der untersten Einstellungsebenen-Gruppe spielen hier nicht mit. Interessant wird die Kombination aus Ebenen, Füllmethoden und Deckkrafteinstellungen dann, wenn man a) unterschiedliche Versionen ein- und desselben Bildes ineinander einblendet (Beispiel: Farbversion = Hintergrundebene plus Schwarzweissversion) und b) mit der Tastenkombination Befehlstaste + J nicht komplette Ebenenkopien erzeugt, sondern solche, die auf einer Auswahl basieren.

Eine Option dabei sind grobe Lasso-Auswahlen mit sehr weicher Kante (sehr weich = Radius 120 bis 250). Auswahlen dieser Art eignen sich sehr gut zum Korrigieren lokal auftretender Kontrast-, Helligkeits- und Farbdefizite. Ein weiterer Auswahl-Typ liegt im Bild bereits fertig vor. Klickt man mit gehaltener Befehlstaste auf einen Kanal im Kanäle-Bedienfeld, werden die Helligkeitswerte dieses Kanals als Auswahl aktiviert. Betätigt man im Anschuss den Ebenenkopie-Kurzbefehl Befehlstaste + J, wird lediglich aus der aktiven Auswahl eine neue Ebene erstellt. Vorteil: Im Unterschied zu kompletten Ebenen bieten Luminanzmaskierungen dieser Machart recht zielgenaue Eingriffsmöglichkeiten. Im Normalfall führt das Zuweisen einer aufhellenden Füllmethode nun nicht mehr zu einer kompletten, den gesamten Tonwertbereich umfassenden Aufhellung, sondern einer partiellen. Da in der beschriebenen Beispielanordnung die dunklen Bereiche weitgehend intakt bleiben, geht die Aufhellung mit einer Kontrastverstärkung einher. Anders Multiplizieren. Weist man eine entgegengesetzte Füllmethode zu, wird – zusätzlich zur Abdunkelung – der Kontrast gedimmt. Eine weitere Variante dieser Technik besteht darin, die Auswahl für die Ebenenkopie umzukehren. In dem Fall werden nicht die hellen, sondern die dunklen Bildpartien auf eine neue Ebene gestellt. Folge: Negativ multiplizieren (siehe Screenshot) wirkt aufhellend und kontrastdimmend, Multiplizieren hingegen abdunkelnd und kontrastverstärkend.

Scharf = Umkehren + Weich: ein Filter-ABC

Zu digitaler Zauberkunst werden die beschriebenen Ebenentechniken in Kombination mit einigen Basic-Filtern. Sicher fragen sich viele Photoshop-User, was der Unscharf-maskieren-Filter mit Unschärfe zu tun hat. Die Antwort gibt ein Experiment mit drei Ebenen: der Original-Bildebene, zwei Bildkopie-Ebenen und einem Ebenenordner, welcher die beiden oberen Ebenen zusammenfasst. Kehrt man nun die obere der beiden Ebenen um, weist ihr die Füllmethode Strahlendes Licht zu, dem Ebenenordner hingegen wahlweise Ineinanderkopieren oder Weiches Licht (anstatt der Standard-Methode Hindurchwirken), erhält man exakt dasselbe Ausgangsbild. Zeichnet man nunmehr die obere, invertierte Ebene mit dem Gaussschen Weichzeicher weich, verhält sich der Weichzeichnungsfilter wie ein Scharfzeichnungsfilter – und zeichnet das Bild scharf anstatt weich.

Ein weiterer Filter, der den engen Zusammenhang zwischen Weich- und Scharfzeichnung aufzeigt, ist der unter Sonstige Filter abgelegte Filter Hochpass. In der oben beschriebenen Anordnungskonstellation führt er zu einer Art Weichzeichnung. Anders als die herkömmliche Weichzeichnung hat sie starke Ähnlichkeit mit dem Hamiltonschen Softschleier – einem in der Fotografie der Siebzigerjahre gängigen Weichzeichnungseffekt. Unter Bildbearbeitungsprofis ist der Hochpass-Filter vor allem als avancierte Alternative zum Scharfzeichnungs-Allrounder Unscharf maskieren bekannt. Voraussetzung: Man wendet Hochpass nicht unmittelbar an, sondern in Kombination mit einer kontrastverstärkenden Füllmethode wie Ineinanderkopieren, Weiches Licht oder Lineares Licht. Am praktischsten lässt sich diese Technik über Ebenenkopien umsetzen: Als erstes wird dabei die Füllmethode zugewiesen. Hält man diese Reihenfolge ein, kann man die Auswirkung der Hochpass-Schärfung direkt im Bild nachverfolgen. Eine ergiebige Alternative zum Unscharf-maskieren-Filter ist die Hochpass-Technik vor allem deswegen, weil sie erlaubt, unterschiedliche Radiuseinstellungen auf separaten Ebenen anzuwenden. Die Dosierung der Scharfzeichnung erfolgt zum einen über die Füllmethode: Weiches Licht wirkt vergleichsweise dezent, Ineinanderkopieren etwas stärker und Lineares Licht schliesslich rasiermesserscharf. Dosierungssteuerung nach unten: die Ebenendeckkraft.

Eine weniger bekannte Zusatzoption der Hochpass-Scharfzeichnung ist die Möglichkeit, via Weichzeichnung feine Details wieder in den Hintergrund zu drängen. Weichzeichnung in Kombination mit Scharfzeichnung und Kontraststeuerung sind auch die Grundprinzipien der beiden avancierten Bildoptimierungstools Tiefen/Lichter und HDR-Tonung. Beide Features kombinieren herkömmliche Methoden der Kontraststeuerung mit zusätzlichen, an den Bildkonturen ansetzenden Weich- und Scharfzeichnungstechniken. Insbesondere bei Tiefen/Lichter ist dieses Vorhaben so gut implementiert, dass der normale User sich wenig Gedanken macht über das, was unter der Tool-Haube steckt. Vergröbert dargestellt, kombiniert Tiefen/Lichter Kontrasterhöhung mit Kontrastreduzierung – allerdings nicht global, sondern entlang der im Bild vorgefundenen Konturbereiche. Auch hier erläutert ein kleines Ebenenexperiment die zugrunde liegende Technik recht gut. Dupliziert man die Bildebene (Befehlstaste + J), invertiert die Ebenenkopie (Befehlstaste + I) und weist der Ebenenkopie die Füllmethode Ineinanderkopieren zu (Umschalttaste + Optionstaste + O), erhält man eine stark kontrastreduzierte Version des Bildes. Zeichnet man diese mit einem Filter weich, werden die Kantenkontraste – abhängig von der Radius-Einstellung im Filter – reaktiviert. Kleine Radien bewirken einen scharfzeichnungsähnlichen Effekt bei kaum veränderter Kontrastdimmung. Grosse Radien hingegen holen die Bildkontraste zunehmend zurück.

In der Regel ist bei diesem «Tiefen/Lichter-per-Ebenen»-Effekt die moderat kontrastverstärkende Füllmethode Weiches Licht sinnvoll. Ebenso eine Ent­sättigung der invertierten Ebenenkopie (Befehlstaste + Umschalttaste + U). Be­merkenswert ist, dass auch bei dieser Ebenenkonstellation die drei wichtigen Filter Gaussscher Weichzeichner, Unscharf maskieren und Hochpass anders funktionieren als normal. Hochpass beispielsweise erzeugt, auf die obere Ebene angewendet, einen Softschleier-Effekt ähnlich dem im vorletzten Absatz beschriebenen Effekt. Last but not least: Miteinander kombinierte Dosierungen aus Scharfzeichnung, Weichzeichnung, Kontrasterhöhung und Kontrastreduzierung sind letzten Endes auch die Techniken, die bei der Bearbeitung von HDR-Bildern zum Zug kommen. Mit dem kleinen Unterschied natürlich, dass das Ausgangsmaterial echter HDR-Bearbeitungen über einen wesentlich höheren Farbumfang verfügt.

Verzerren, drehen, wölben, zusammenziehen

Grundlegende Programmfunktionen finden sich auch im Highlight-Filterzugang der letzten Photoshop-Versionen: Objektivkorrektur. Dass die Kernkompentenz dieses Filters vor allem aus Verzerren, Drehen, Wölben und Zusammenziehen besteht, verdeutlicht bereits die Benennung der einzelnen Funktionen. Was wäre, wenn es diesen Filter nicht gäbe? Notgedrungen müssten Photoshop-Anwender wohl auf althergebrachte Hilfstechniken zurückgreifen – insbesondere die Transformieren-Features unter Bearbeiten > Transformieren. Verzerren beispielsweise ist das Äquivalent zu den beiden Filterreglern Vertikale Perspektive und Horizontale Perspektive, Drehen zu dem Eingabefeld unter Winkel (beziehungsweise dem Gerade-Ausrichten-Button für das Lineal-Werkzeug) und Skalieren schliesslich zu Skalieren. Lediglich Verzerrungen kommt man mit manuellem Transformieren nicht bei. Doch auch hierfür hatte Photoshop schon immer einen Spezialisten: den Verzerrungsfilter Distorsion.

Lange Rede, kurzer Sinn: Gut, dass es Objektivkorrektur gibt. Nichtsdestotrotz ist es nicht von Nachteil, die einzelnen Transformationsfunktionen näher zu kennen. Verzerren beispielsweise hilft auch dort weiter, wo Perspektivbegradigungen mittels Objektivkorrektur an ihre Grenzen stossen. Notanker für besonders knifflige Perspektivkorrekturen ist der Transformieren-Befehl Verkrümmen. Anstatt vier Anfasser wie der Rest offeriert er eine Matrix mit insgesamt 16 Ansatzpunkten. Für kleine Irritationen sorgt bislang der Abschluss der Verkrümmung. Grund dafür: Vollzogen wird die Verkrümmung erst dann, wenn ein anderer Transformieren-Befehl ausgewählt wird. Letzter Basic-Tipp ist der Filter Versetzen. Da für die Anwendung dieses Filters eine zusätzliche Matrixdatei nötig ist, gilt er bis heute mitunter als der schwierigste Photo­shop-Filter. Einerseits besteht der Ruf nicht zu Unrecht. Das Grundprinzip, dass dunkle Pixel der Matrixdatei nach oben und links, helle hingegen nach unten und rechts versetzen, erfordert eine stark abstrahierende Herangehensweise. Andererseits: Hat man das Grundprinzip des Filters erst einmal verstanden, sind Matrices keine Hexenkunst – sofern man sich nicht lieber die Arbeit spart und im Netz nach welchen sucht. «Basic» ist die Verzerren-durch-Versetzen-Methode allerdings nicht wegen ihrer leichten Erlernbarkeit, sondern aus einem anderem Grund: Die Mehrzahl der Photoshop-eigenen Verzerrungsfilter arbeitet intern mit einem ähnlichen Prinzip.

Welchen Praxisnutzen haben die vorgestellten Techniken nun? Auch wenn Adobe viel dazu tut, die zugrunde liegenden Basistechniken in ein möglichst benutzerfreundliches Gewand zu kleiden, ist es klar von Vorteil, selbige zu kennen. Die geschickte Umsetzung führt nicht nur immer wieder zu erstaunlichen Lösungsansätzen. Ein Beispiel hierfür ist die unter anderem von der Zeitschrift «Docma» publizierte Methode der Hautglättung durch Frequenztrennung – eine Technik, über die auch der Publisher berichtete. Auch im normalen Bildbearbeitungsalltag haben Anwender, die Methoden geschickt zu kombinieren wissen und im Zweifelsfall einen «Plan B» in petto haben, meist die besseren Karten.

Basisfunktionen und abgeleitete Features

Im Folgenden ein kurzer Überblick über die Basic-Tools der Bildbearbeitung in Photoshop und die Funktionen, die (teilweise) von ihnen mit abgedeckt werden:

Gradationskurven: Tonwertkorrektur, Belichtung, Helligkeit/Kontrast, ­Farbbalance, Fotofilter, Variationen

Abdunkelnde, aufhellende und kontrastverstärkende Füllmethoden: Gradationskurven

Farbeigenschaftsfilternde Füllmethoden (Farbton, Sättigung, Farbe, ­Luminanz): Farbton/Sättigung, Dynamik

Luminanzmaske als Ebenenkopie + Füllmethode: Gradationskurven, Tiefen/Lichter

Gaussscher Weichzeichner (in Kombination Originalebene + Ebenengruppe aus Ebenenkopie und invertierter Ebenenkopie + 2 × Füllmethode Strahlendes Licht): Unscharf maskieren

Gaussscher Weichzeichner (in Kombination invertierte Ebenenkopie + ­kontrastverstärkende Füllmethode): Tiefen/Lichter, HDR-Tonung

Gaussscher Weichzeichner (in Kombination Ebenenkopie + Füllmethode ­Differenz sowie, wahlweise, Einstellungsebene Umkehren): Leuchtende ­Konturen, Konturen finden

Hochpass (in Kombination invertierte Ebenenkopie + kontrastverstärkende Füllmethode): Tiefen/Lichter, HDR-Tonung, matter machen

Hochpass (in Kombination Ebenenkopie + kontrastverstärkende ­Füllmethode): Unscharf maskieren

Objektivkorrektur: Transformieren-Befehle; Filter Distorsion

Versetzen-Filter (in Kombination mit einer geeigneten Matrix): die meisten Verzerrungsfilter