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Setzen Sie mal ein Zeichen oder ein Malzeichen?

Wer kennt sich heute schon aus in den Weiten der Tastatur! Apostroph, Anführungs­zeichen, Satzzeichen, Schrägstrich, Et-Zeichen, Bis-Strich, Streckenstrich, Geviertstrich, Festwert, Spatium: Schnell bewegt man sich auf dünnem Eis, wenn es um mikro­typografische Anwendungen geht.

Ralf Turtschi Die einen behaupten, die Satzqualität war noch nie so schlecht wie heute, die andern meinen, früher sei auch nicht alles zum Besten bestellt gewesen.

Sicher ist, dass mit OpenType und den heutigen Satzprogrammen InDesign/XPress eine nie da gewesene Qualität möglich ist. Es gibt aber zunehmend Anwender/-innen, die diese potenzielle Qualität nicht ausschöpfen können oder wollen. Vor allem dort, wo keine gelernten Korrektoren für die richtige Schreibweise sorgen, ist einer gewissen Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Bei Beschriftungen, Beschilderungen oder auch im Inhouse-Publishing werden die Zeichen und ihre Abstände oft etwas «frei» verwendet. Zum einen ists eine ökonomische Frage – man hat keine Zeit und will sich nicht um Details kümmern, das Anstreben von Fehlerfreiheit hat schliesslich Grenzen. Zum andern werden Zweifel am Nutzen der mikro­typografischen Details moniert: es komme nicht darauf an, das merke niemand, heisst es dann. Mit diesem Argument können wir gleich auf die radikale Kleinschreibung wechseln und alle Satzzeichen weglassen.

Eigene Fehler lässt man (sich) eher durchgehen als fremde. Dabei besteht in Unternehmen durchaus der Anspruch, etwas Schriftliches fehlerfrei zu kommunizieren, nicht nur in Sachen Rechtschreibung, auch Sonderzeichen und Abstände sind Teil unserer Ausdrucksfähigkeit. Über Satz-, Begriffs-, Hilfszeichen und deren Abstände gibt es nur spärliche Informationen im Internet, im «Duden» oder in «Heuer», die zudem teilweise widersprüchlich sind. In der Schweiz werden manche Zeichen anders gesetzt als in den Nachbarländern. Dann gibt es diverse Normen, welche wieder andere Vorschläge unterbreiten. Das alles macht es nicht eben einfacher.

Wer es gar noch bei den Abständen typografisch optimal machen möchte, hat es besonders schwer. Google schafft für einmal nicht Abhilfe. Kaum ein Grafikatelier, eine Agentur, ein Werbetechniker weiss über den Einsatz der Sonderzeichen Bescheid, aber alle produzieren teure Kommunikationsmittel. Dabei wäre Fehlerfreiheit in Anzeigenkampagnen oder im Fernsehen kein Kostenfaktor.

Der Autor

Ralf Turtschi ist gelernter Schriftsetzer, Buchautor und Publizist. Er schreibt im Publisher seit Jahren Beiträge zu Themen rund um Desktop Publishing, Grafik und Gestaltung. Zudem ist er als Referent und Schulungsleiter unterwegs. Ralf Turtschi beschäftigt sich im Moment mit einem neuen Werk zum Thema Zeichensetzung und Mikrotypografie, welches Anfang 2014 mit einem Umfang von etwa 200 Seiten erscheinen wird. Darin wird der Einsatz aller Satz-, Hilfs- und Sonderzeichen und deren Schreibweisen ausführlich behandelt. Auch die Abstände vom Spatium bis zum geschützten Leerschlag kommen nicht zu kurz. Fotos von richtigen und richtig falschen Dokumenten aller Art können als Ideengeber an den Autor gesandt werden. Er nimmt auch gerne Interessenten auf eine Bestellliste auf: turtschi@agenturtschi.ch