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Spiegellos in die Zukunft?!

Die vielseitigen und leistungsstarken Spiegelreflexkameras erhalten zunehmend Konkurrenz von den spiegellosen Systemkameras, die diese vielleicht bald verdrängen werden. Wir zeigen am Beispiel der Panasonic GH2, was der neue Kameratyp leistet, und vergleichen sie mit zwei DSLRs: Canon EOS 60D und Nikon D7000.

MARKUS ZITT Seit etwas über zwei Jahren gibt es einen neuen, trendigen Digitalkameratyp, der wie die Spiegelreflexkamera (DSLR) ebenfalls mit verschiedenen Wechselobjektiven bestückt werden kann und damit unterschiedlichsten Aufgaben gerecht wird. Die Kameras dieses neuen Typs sind etwas kompakter als DSLRs und sind von Grund auf für die Digitaltechnik entwickelt worden. Sie gewinnen auch zunehmend an Beliebtheit, was sich in wachsenden Marktanteilen äussert. Aktuell soll in Japan bereits jede zweite Kamera mit Wechselobjektiv eine Kamera dieses neuen Typs sein.

Ein markanter Unterschied der neuen Kameras gegenüber den DSLRs ist der Verzicht auf einen beweglichen Spiegel, weshalb sie als spiegellose Systemkameras bezeichnet werden. Eine knackigere Bezeichnung konnte sich bislang nicht etablieren, und so ist manchmal auch von Compact System Camera (CSC) oder von EVIL-Kamera die Rede. Letzteres gilt aber eigentlich nur für eine bestimmte Modellvariante und steht für eine Kamera mit elektronischem Sucher und austauschbaren Objektiven oder auf Englisch: Electronic Viewfinder and Interchangeable Lens. Wir werden sie hier einfach Spiegellose nennen.

Gegenwärtig gibt es zwei Bauformen unter den Spiegellosen. Die Bridge- oder auch EVIL-Modelle besitzen einen elektronischen Sucher (Electronic Viewfinder, EVF) und sehen wie geschrumpfte DSLRs aus, wogegen die Kompaktmodelle auf den EVF verzichten und als fette, grössere Kompaktkameras daherkommen.

Ob sich der neue Kameratyp der spiegellosen Systemkamera in der Praxis gegenüber der DSLR als klassische Systemkamera behaupten kann, ist nun eine Frage, die wir durch eine Gegenüberstellung beider Kameratypen im weiteren Verlauf dieses Artikels beantworten wollen. Es stehen sich dabei die Panasonic GH2 auf der einen Seite und die DSLRs Canon EOS 60D und Nikon D7000 auf der anderen Seite gegenüber.

Spiegellose: Konzept im Detail

Typisch für diese Kameras ist, dass anstelle des optischen (SLR-)Suchers ausschliesslich ein elektronisches Sucherbild geboten wird. Dieses wird bei allen Spiegellosen auf dem integrierten Bildschirm und bei einigen Modellen alternativ auch in einem elektronischen Sucher angezeigt. Die konsequente Nutzung eines elektronischen Sucherbilds hat einige Vorteile, aber auch gewisse Nachteile. Erwähnenswert an dieser Stelle ist, dass ein Sucherbild auf dem Kamerabildschirm (Live View) auch bei DSLRs heutzutage gefordert wird und für das Videofilmen gar unverzichtbar ist.

Durch den Verzicht auf einen Spiegelreflexsucher ergibt sich noch ein weiterer Unterschied zu DSLRs, und zwar hinsichtlich der automatischen Scharfstellung (Autofokus, AF). DSLRs verfügen über einen spezialisierten AF-Sensor und können damit superschnell scharf stellen. Aus Konstruktionsgründen müssen Spiegellose darauf verzichten und stattdessen ihren Fotosensor auch für das Scharfstellen nutzen, was tendenziell länger dauert. Die hier besprochene Panasonic GH2 verspricht nun aber, als erste Spiegellose beim Autofokustempo mit DSLRs mithalten zu können.

Ein weiteres typisches Merkmal der Spiegellosen ist die Grösse ihrer Fotosensoren. Diese sind gleich gross wie jene in den meisten DSLRs (um 23 × 15 mm und 17,3 × 13 mm) und versprechen damit die gleichen Eigenschaften und Bildqualitäten. Grossflächige Sensoren liefern ja in der Regel rauschärmere Bilder als kleinere Sensoren mit derselben Auflösung und in identischer Bauweise. Darüber hinaus bieten die grossen Sensoren mehr krea­tiven Spielraum wegen der geringeren Schärfentiefe, die natürlich stets von der verwendeten Objektivbrennweite und der eingestellten Blende abhängt.

Durch den Wegfall des Spiegelkastens sind dünnere Kameragehäuse möglich, wie Sony mit ihren NEX-Modellen zeigt. So ist bei Spiegellosen das Auflagemass bzw. die Distanz von der Oberfläche des kameraseitigen Objektivanschlusses zur Sensorebene deutlich geringer. Die Objektive können näher über dem Sensor montiert und anders konstruiert werden. Als Folge fallen Kameras und die passenden Objektive kompakter und leichter aus.

Die spiegellosen Systemkameras bieten zusammenfassend weitgehend dieselben Möglichkeiten wie DSLRs. Sie und auch ihre Objektive sind jedoch etwas kleiner und leichter. Dies macht sie angenehmer zum Mitnehmen und ideal als Reisekamera für versierte Fotografen.

Spiegellose: gestern bis heute

Spiegellose Systemkameras sind eigentlich keine neue Erfindung. Schon zu analogen Fotozeiten und lange vor der Spiegelreflex gab es Kamera­gehäuse, die mit Wechselobjektiven bestückt werden konnten. Bekanntestes Beispiel ist das M-System von Leica, deren Messsucherkameras inzwischen auch als digitale Varianten – allerdings ohne Live-View-Funktion – erhältlich sind.

Was man heute jedoch als spiegellose Systemkameras bezeichnet, gibt es erst seit Herbst 2008. Damals kündigten Panasonic und Olympus an, künftig solche Kameras und passende Objektive zu bauen. Sie bezeichneten ihr System als Micro Four Thirds (MFT), da es auf dem 2003 von Olympus und Kodak entwickelten Four Thirds (FT) basiert. Das alte Four Thirds für DSLRs sieht eine bestimmte Sensorgrösse sowie einen einheitlichen Objektivanschluss vor und sollte als offener Standard die markenübergreifende Kompatibilität von Kameras und Wechselobjektiven ermöglichen. Allerdings konnte sich Four Thirds nicht breit etablieren. Das neue Micro Four Thirds bedient sich desselben Konzepts und derselben Sensorgrösse. Weil aber auf den Spiegel verzichtet wird, konnten der Durchmesser des Objektivanschlusses und das Auflagemass verringert und so kompaktere Hardware gebaut werden.

Auf die damalige Ankündigung folgte alsbald die Panasonic G1, die eine Vorfahrin der hier besprochenen GH2 ist. 2009 kamen weitere Modelle von Panasonic sowie die erste PEN von Olympus auf den Markt, und im letzten Jahr stiegen dann weitere Hersteller in das Geschäft mit den Spiegellosen ein. So lancierte Samsung ihr NX- und wenig später Sony ihr NEX-System mit Foto- und Videokameras.

Andere Kamerahersteller wie Canon, Nikon und Pentax haben bislang noch keine vergleichbaren Produkte angekündigt, was aber nur eine Frage der Zeit sein dürfte.

Gegenwärtig gibt es also drei spiegellose Systeme: MFT (Olympus, Panasonic), Samsung NX und Sony NEX, die übrigens nicht zueinander kompatibel sind. Für jedes System wurde ein neuer Objektivanschluss geschaffen. Mit der Lancierung dieser neuen Systeme wurden nicht nur neue Kameras eingeführt, sondern jeweils ein kleines Objektivsortiment aus dem Boden gestampft. Die Objektive der DSLR-Systeme, die Olympus und Sony weiterhin anbieten, lassen sich selbst an ihren spiegellosen Kameras lediglich mittels Adapter und mit Funktionseinschränkungen verwenden.

Die spiegellosen Kameras von Sam­sung und Sony nutzen übrigens Sensoren im APS-C-Format (ca. 23 × 15 mm), jene von Olympus und Panasonic dagegen das kleinere im Four-Thirds-Format (17,3 × 13 mm), was noch etwas kompaktere Kameras erlaubt. Wegen der Sensorgrösse müssen die Objektivbrennweiten mit Faktor 1,5 bzw. 2,0 bei Micro Four Thirds multipliziert werden, um die Objektive mit Kleinbildbrennweiten vergleichen zu können.

Zusatznutzen von Spiegellosen

Wegen des geringeren Auflagenmasses lassen sich Objektive, die für Kameras mit grösserem Auflagenmass (SLRs) konstruiert wurden, einfach adaptieren. So ein Adapter besteht lediglich aus einem passend langen Tubus mit zwei verschiedenen Anschlüssen, vorne für das Objektiv, hinten für die Kamera. Die Konstruktion ist einfach, erfordert jedoch feinmechanische Präzision, die sich auch im Preis niederschlägt. Für jedes System gibt es deshalb eine grosse Auswahl an Adaptern. Die meisten Adapter beschränken sich auf eine rein mechanische Adaption ohne Informationsaustausch. Die Kamera weiss also nicht, welches Objektiv montiert ist, und kann weder darauf reagieren noch objektivbezogen Exif in die Fotos schreiben.

Das Adaptieren ist interessant für alle, die bereits zu anderen Ausrüstungen Objektive besitzen und diese an der Spiegellosen nutzen können und/oder weil so günstige Occasionsobjektive verfügbar werden. Allerdings sind hochwertige Adapter eher teuer und kosten oft um die 200 Franken. Adapter für die drei spiegellosen Systeme gibt es unter anderem mit folgenden Objektivanschlüssen (Auswahl): Leica R, Leica M, M-42 Nikon, (Konica) Minolta, Olympus OM, Pentax K.

Natürlich sind funktionelle Einschränkungen mit der Adaptierung verbunden. So gibt es in der Regel keinen Autofokus, keine Fokushilfe und keine Aufzeichnung der Objektivdaten und -einstellungen in den Exif-Daten der Fotos. Die Arbeitsweise ist weitgehend manuell und erfolgt per Arbeitsblendenmessung (Lichtmessung bei geschlossener Blende). Während dies bei optischen SLR-Suchern zu einem dunklen Sucherbild führt, können elektronische Sucher das Abdunkeln kompensieren, was aber mit Qualitätseinbussen des Sucherbildes (Rauschen) verbunden sein kann. In jedem Fall erweitern die Adaptiermöglichkeiten das kreative Potenzial der Spiegellosen.

Suchervarianten

Der Sucher ist eine essenzielle Komponente einer Kamera. Er ermöglicht dem Fotografen, sein Bildmotiv anzuvisieren und einen Ausschnitt der Umgebung festzulegen. So bestimmt er, was beim Auslösen in Fotos oder Videos festgehalten wird. Darüber hinaus ist der Sucher eine Informationszentrale, die dem Fotografen hilft, das gewünschte Bild optimal einzufangen und allfällig nötige Einstellungen vorzunehmen.

Sucher lassen sich grob in optische und elektronische unterteilen. Bei Ersterem blickt der Fotograf durch ein optisches System und sieht bzw. bestimmt, was der Sensor später zu «sehen» bekommt. Beim elektronischen Sucher schaut dagegen der Fotosensor durchs Aufnahmeobjektiv und bringt in Echtzeit ein Sucherbild auf einen Bildschirm – oder auf mehrere. Die Funktion wird als Live View oder manchmal auch als Live Preview bezeichnet. Der Live-View-Monitor kann sich übrigens an einem beliebigen Ort befinden, wogegen optische Sucher stets möglichst nahe an der Aufnahmeoptik platziert und parallel ausgerichtet sein müssen.

Beim optischen Sucher handelt es sich meist um eine separate Optik, die entweder in der Kamera integriert ist oder in den Zubehörschuh gesteckt wird. Was im Sucher und in der Aufnahme abgebildet ist, stimmt oft nicht ganz exakt überein. Wegen der Distanz der Sucher- zur Aufnahmeoptik wirkt die Abweichung bei Motiven im Nahbereich gravierend (Parallaxenfehler).

Dieses Problem vermeidet der optische Spiegelreflexsucher, da Sucher und Aufnahmeeinheit dieselbe Optik nutzen. Bei (D)SLRs wird das durch die Optik einfallende Licht von einem Spiegel nach oben auf eine Suchermattscheibe abgelenkt. Dieses Mattscheibensucherbild betrachtet der Fotograf, wenn er durchs Sucherokular über ein Prisma auf die Mattscheibe schaut. Beim Auslösen wird dann der Spiegel aus dem Strahlengang geklappt und der Weg für das Licht auf den Sensor freigegeben. Derweil bleibt es im Sucherokular dunkel. Der Spiegel muss ebenfalls oben bleiben, wenn DSLRs ein Live-Sucherbild auf dem Kameramonitor anzeigen sollen.

Das elektronische Sucherbild wird vom Fotosensor geliefert, der sowohl für die Aufnahme als auch für das Sucherbild zuständig ist. Sein Sucherbild wird auf einem Monitor angezeigt, der sich auf der Kamerarückseite befindet oder Teil eines elektronischen Suchers ist.

Beim elektronischen Sucher (Electronic Viewfinder, kurz EVF) handelt es sich um einen Bildschirm hinter einem vergrössernden Sucherokular. Der Fotograf nutzt ihn wie einen optischen Sucher, hält also die Kamera direkt am Auge. EVFs sind schon seit analogen Videokameras bekannt und typischerweise in Bridge-Kameras zu finden.

In der Vergangenheit war die Auflösung der EVFs gering, sodass die Pixelstruktur störte und die Beurteilung der Schärfe erschwerte. Wie bei den Kameramonitoren hat sich die Auflösung von EVFs in den letzten zwei Jahren erhöht. So verfügt der EVF der Panasonic GH2 über 1,5 Millionen Bildpunkte. Mit diesem feinpixeligen Sucherbild ist er einem SLR-Sucher beinahe ebenbürtig.

Bereits vor rund drei Jahren ist die Auflösung der Kameramonitore sprunghaft angestiegen. Bessere Kompakt- und Bridge-Kameras und ebenso die Panasonic GH2 besitzen LCDs aus 460 000 Bildpunkten. DSLR-Monitore, wie jene in der Canon EOS 60D und der Nikon D7000, verfügen sogar über 920 000 RGB-Bildpunkte.

Dass DSLRs Live-View-Funktion haben bzw. ein Live-Sucherbild am Kameramonitor zeigen können, ist übrigens erst seit wenigen Jahren möglich. Lange Zeit stand der Spiegel dieser Funktion sprichwörtlich im Weg. Zuvor diente der Kameramonitor einer DSLR ausschliesslich zur Bildwiedergabe und zur Menüdarstellung.

Optisch versus elektronisch

Das elektronische Sucherbild zeigt im Unterschied zu optischen Suchern prinzipiell 100 Prozent von dem, was aufgenommen wird. Optische Sucher sind weitaus ungenauer und selbst diejenigen von DSLRs zeigen oft nicht alles. Ein Grossteil der (D)SLRs zeigt wie die Canon EOS 60D lediglich um etwa 96 Prozent. Ein 100-Prozent-Sucherbild, wie es die Nikon D7000 bietet, ist in der Regel nur in höherwertigen Modellen zu finden.

Separate optische Sucher beschränken sich auf das Festlegen des Ausschnitts aus der Umgebung, wogegen SLR-Sucher zusätzlich eine Beurteilung der Schärfe und präzises manuelles Scharfstellen erlauben. Mittels Abblenden bzw. Schliessen der Objektivblende auf den gewählten Blendenwert lässt sich im SLR-Sucher die daraus resultierende Schärfentiefe beurteilen. Dabei wird das Sucherbild entsprechend abgedunkelt, was besonders bei hohen Blendenwerten eine Beurteilung erschwert.

Das elektronische Sucherbild auf Monitoren und in EVFs bietet all dies, aber noch viel mehr. Es zeigt Ausschnitt, Schärfe, Schärfentiefe (mit Kompensation der Abdunklung) und darüber hinaus auch die Auswirkungen aktueller Einstellungen wie Belichtung (Blende, Zeit, Plus-Minus-Korrektur), Weissabgleich, Bildstile (Farbcharakter, Sättigung) und Effekte.

Zusätzlich lassen sich zur Gestaltung verschiedene Hilfslinien und Gitter, zur Beurteilung der Helligkeit ein Live-Histogramm (nicht bei der Nikon D7000) und zur präzisen Scharfstellung eine Fokuslupe einblenden.

Im Sucherbild können zudem zahlreiche Informationen eingeblendet werden, die sich über die Display-Taste jederzeit ein- und ausschalten lassen. In optischen Suchern sind dagegen am Sucherrand nur die allerwichtigsten Infos (Betriebsart, Zeit, Blende, Lichtwaage, Plus-Minus-Korrektur, Bilderzahl) zu sehen.

Vorteilhaft ist auch, dass EVFs und Kameramonitore nicht starr mit dem Kamerabody verbunden sein müssen. Ausschwenkbare Displays vereinfachen extreme Aufnahmepositionen (Froschperspektive, mit ausgestreckten Armen) und Selbstporträts.

Dieser Fülle von Vorteilen stehen wenige Nachteile gegenüber. So ist die Pixelstruktur eines elektronischen Sucherbildes sichtbar. Auf Kameramonitoren kann Umgebungslicht die Deutlichkeit der Anzeige mindern. Grösster Nachteil ist jedoch der Energieverbrauch.

EVF als SLR-Ersatz

Optische Sucher, wie der SLR-Sucher, und EVF haben gemeinsam, dass der Fotograf sie direkt vor dem Auge benutzt. So lassen sich bewegte Objekte leichter verfolgen (Video, Serienfotos), als wenn die Kamera in Distanz zum Körper gehalten wird. Gleissendes Umgebungslicht, das die Betrachtung von Monitoren durch Reflexionen und trübendes Streulicht erschwert, stört beim EVF nicht. Dinge und Geschehnisse in der näheren Umgebung lenken weniger ab. Nachteilig kann sein, dass dem Fotografen interessante Motive entgehen oder er mit der Kamera am Auge auffällt.

Autofokus

Spiegelreflexkameras sind bekannt für ihre schnelle automatische Fokussierung (AF), die ein spezialisierter Phasen-AF-Sensor ermöglicht. Dieser AF-Sensor steckt im Boden des Spiegelgehäuses und erhält etwas vom Licht abgezwackt, das auf den Spiegel fällt. Der Spiegel ist in der Mitte teildurchlässig, wodurch Licht auf einen zweiten Minispiegel gelangt, der dieses auf den AF-Sensor ablenkt.

Ist der Spiegel hochgeklappt, kann der Phasen-AF seine Arbeit nicht verrichten. Dann muss die DSLR für die AF-Detektion den Fotosensor nutzen, wie dies Kompakt-, Bridge- und spiegellose Systemkameras generell tun.

Der Fotosensor sorgt für die Scharfstellung, indem er das Objektiv fokussiert, bis der Kontrast am höchsten ist. Diese «Suche nach der Schärfe» dauert, weshalb der Kontrast-AF langsamer als der Phasen-AF ist. DSLRs wie die Canon EOS 60D und die Nikon D7000 nutzen also im SLR-Betrieb den superschnellen Phasen-AF, im Live-View- und Video-Betrieb erfolgt die Scharfstellung mit dem langsameren Kontrast-AF.

Das Scharfstellen durch den Fotosensor hat aber auch Vorteile. So kann eine beliebige Stelle des Sensors für die Scharfstellung gewählt werden. Ausserdem können intelligente Erkennungsfunktionen zur Scharfstellung genutzt werden. Die Gesichtserkennung der drei Kameras entdeckt Gesichter im elektronischen Sucherbild und stellt auf diese scharf. Nach diesem Prinzip funktioniert auch die Objektverfolgung der Nikon D7000 und der Panasonic GH2. Eine Stelle im Sucherbild wird ausgewählt und mittels Erkennungsfunktion vom AF «im Auge behalten», selbst wenn sich deren Position im Sucher durch ihre Bewegung oder die Kamerabewegung ändert.

Die Systemvertreter

Im Zentrum dieses Artikels stehen spiegellose Systemkameras und als deren Vertreter die Panasonic GH2. Sie ist das Topmodell im Panasonic-Sortiment und derzeit wohl die leistungsstärkste und vielseitigste Kamera unter den Spiegellosen.

Der Herausforderin stehen zwei vergleichbare DSLRs gegenüber: die Canon EOS 60D und die Nikon D7000. Beide sind im Sortiment ihrer Hersteller in der oberen Mittelkasse positioniert. Alle drei Modelle sind semiprofessio­nelle Kameras und richten sich mit vielen – teils manuellen – Einstellmöglichkeiten sowie hoher Leistung an versierte Hobbyfotografen, können aber auch professionellen Ansprüchen genügen.

Alle drei Kameras versprechen eine ähnliche Leistung, bieten einen vergleichbaren Funktionsumfang und werden je nach Kamera-Objektiv-Kit zwischen 1500 und 2300 Franken angeboten (Listenpreise).

Alle drei verfügen über eine hohe Fotoauflösung von 16 Mpx, wobei die Canon mit 18 Mpx ein paar Sensorelemente mehr offeriert. Die Lichtempfindlichkeit beträgt ISO 100 (Canon und Nikon) bzw. ISO 160 und lässt sich auf ISO 12 800, bei der Nikon gar auf ISO 25 600 steigern.

Die Kameras bieten als Betriebsarten die gängigen halb- und vollautomatischen Belichtungsprogramme, diverse Motivprogramme (Scene Modes) sowie die manuelle Einstellung einer Blenden-Verschluss-Kombination. Die Belichtungsprogramme werden über das Betriebsartenrad oben auf der Kamera gewählt. Dort können auch zwei (Panasonic drei) persönliche Betriebsmodi abgerufen werden, die zuvor festgelegt wurden.

Die Kameras schiessen 5 bis 6 Bilder pro Sekunde und speichern Fotos im Raw- und/oder JPEG-Format ab. Als Speichermedium dienen SD/SDHC/SDXC-Karten und als Energiequelle ein proprietärer Akkublock. Die drei Kameras können hochwertige Videos in Full-HD, im kleinen HD-Format und in geringerer Auflösung aufzeichnen. Full-HD-Videos zeichnen alle mit einer Bildrate von 24 fps auf, wobei weitere Bildraten zur Verfügung stehen. Die Videoaufnahmen sind mit automatischer und manueller Belichtungssteuerung sowie mit Auto- und Manualfokus möglich. Audioaufnahmen erfolgen mit dem eingebauten Mikrofon (Canon und Nikon in Mono, Panasonic in Stereo) oder über ein externes Stereomikrofon. Eingebaut sind ein ausklappbarer Blitz sowie ein 3-Zoll-LCD. Als Schnittstellen sind jeweils USB 2.0 Hi-Speed für die Datenübertragung, HDMI zur Übertragung von digitalen Videosignalen (Wiedergabe und Live-View-Sucherbild), ein analoger AudioVideo-Ausgang sowie ein proprietärer Zubehöranschluss vorhanden.

Panasonic Lumix DMC-GH2

Die GH2 ist die direkte Nachfolgerin der GH1 vom Frühling 2009 und die siebte Micro-Four-Thirds-Kamera von Panasonic. Ihre Bauform entspricht einer Bridge-Kamera. Somit ist sie ähnlich geformt und aufgebaut wie eine DSLR, doch fehlen ihr der Spiegel und der SLR-Sucher. Anstelle des Letzteren besitzt die GH2 einen hochauflösenden elektronischen Sucher (EVF). Zwischen EVF und LCD kann der Fotograf per Tastendruck wechseln, oder er überlässt dies einer Automatik mit Annäherungssensor, der beim Blick ins Sucherokular automatisch den EVF ein- und das LCD ausschaltet.

Gegenüber ihrer Vorgängerin zeichnet sich die GH2 durch attraktive Verbesserungen aus. So wurde das Tempo des Kontrast-AF auf das Niveau von (D)SLRs beschleunigt, indem die Frequenz der Sensorauslesung verdoppelt wurde. Der schwenk- und drehbare 3-Zoll-Kameramonitor ist nun berührungssensitiv und ermöglicht die Bedienung durch Fingertippen oder mit dem mitgelieferten Stift. Wird im Aufnahmemodus auf eine Stelle des Sucherbildes getippt, stellt die Kamera dort scharf und löst danach aus. In der Wiedergabe kann mit einem Finger geblättert oder ein Bereich zum Ver­grössern ausgewählt werden.

Die GH2 verfügt mit 16 Mpx über die bis dato höchste Auflösung aller Panasonic-G-Modelle, die sich bislang mit 12 Mpx begnügten. Der Sensor selbst ist jedoch mit 18 Millionen Elementen bestückt. So kann je nach gewähltem Aufnahmeformat ein anderer Ausschnitt verwendet werden, wobei der Bildwinkel der aktuellen Brennweite stets der gleiche bleibt. Je nach Format ist die Auflösung dennoch etwas geringer: 4:3 (max. 16 Mpx), 3:2 (max. 15 Mpx), 16:9 (max. 14 Mpx) und 1:1 (max. 12 Mpx). Der Sensor der GH2 ist, wie bei allen bisherigen und aktuellen Four-Thirds- und Micro-Four-Thirds-Kameras, 17,3 × 13 mm gross und im Seitenverhältnis 4:3 ausgelegt. Dies ist jedoch nicht typisch für die Spiegellosen, denn die anderen Marken setzen auf Sensoren im APS-C-Format.

Erhältlich ist die Kamera in zwei Kits, entweder zusammen mit dem 10-fachen Superzoom 14–140 mm zu einem Listenpreis von 2199 Franken oder mit dem kompakten, günstigeren Standardzoom 14–42 mm für 1499 Franken.

Canon EOS 60D

Die Canon ist die Nachfolgerin der EOS 50D vom August 2008 und kann auf eine lange Ahnenreihe (D30, D60, 10D, 20D, 30D, 40D, 50D) verweisen. Sie ist zwischen der 7D und der 600D angesiedelt.

Die 60D ist die erste Spiegelreflex von Canon mit einem ausklapp- und drehbaren LCD, obwohl Canon schon zahlreiche Kompakt- und Bridge-Modelle damit ausgestattet hat. In unserem Vergleich bietet sie mit 18 Mpx die höchste Auflösung und die vielseitigsten Videoeinstellungen.

Wie die meisten DSLR besitzt die 60D einen Sensor im APS-C-Format. Dieser ist Canon-typisch etwas kleiner, weshalb die Brennweitenverlängerung 1,6 × beträgt. Bilder werden im Seitenverhältnis 3:2 aufgenommen, wobei wahlweise auch weitere Formate mit Beschnitt möglich sind: 4:3, 16:9 und 1:1. Für niedrigere Auflösungen kann die Canon auch kleine Raw-Dateien abspeichern. Die Canon EOS 60D gibt es ohne Objektiv für 1508 Franken sowie mit verschiedenen Standardzooms ab 1868 Franken.

Nikon D7000

Sie ist die direkte Nachfolgerin der D90, der ersten DSLR mit Videofunktion. Mit 16 Mpx bietet sie nach dem High-End-Modell D3x (25 Mpx) die zweithöchste Fotoauflösung im Nikon-System, während sich die sonstigen Nikon DSLRs mit 12 Mpx begnügen. Als erste DSLR von Nikon filmt die D7000 in Full HD, denn bislang hat sich Nikon auf das kleine HD-Format beschränkt.

Die Kamera besitzt umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten. Sie ist etwas kompakter und weniger breit als die Canon EOS 60D. An der D7000 können auch Objektive ohne eingebauten AF-Motor verwendet werden, die Brennweitenverlängerung beträgt aufgrund des Sensorformats 1,5 ×.

Zu den Besonderheiten gehören ein 100 %-Sucherbild, eine integrierte Intervallfunktion und ein zweifaches Kartenlaufwerk. Die zweite Karte kann als Überlauf oder gleichzeitig genutzt werden, um Backups anzulegen sowie JPEG und Raw oder Fotos und Filme getrennt zu speichern.

Zwischenergebnis

Nach diesen technischen und theoretischen Betrachtungen und vor dem abschliessenden Test, dessen Ergebnisse in der nächsten Ausgabe folgen, ist ein erstes Teilfazit angebracht.

Mit der Panasonic GH2 kommen spiegellose Systemkameras den DSLRs schon extrem nah. Durch ihre Ausstattung und Konzeption ist die GH2 in manchen Punkten (Kompaktheit/ Gewicht) den beiden DSLRs sogar überlegen. Diese Aussage gilt jedoch ausschliesslich für die GH2 und nicht generell für diesen Kameratyp, wie frühere Tests mit spiegellosen Kompaktmodellen offenbarten.

Als Systemkamera ist auch der Blick auf das System relevant. Die Sortimente von Canon und Nikon lassen mit 62 bzw. 53 Objektiven kaum Wünsche offen. Zur GH2 gibt es 11 Objektive von Panasonic sowie weitere 7 von Olympus, doch gibt es noch einige Lücken zu füllen. Die Möglichkeit, Objektive zu adaptieren, ist zwar attraktiv, wegen der Einschränkungen jedoch eher etwas für Leute, die in Fototechnik verliebt sind oder ein bestimmtes Objektiv benötigen. Alles in allem ist die Spiegellose durchaus eine Alternative für viele versierte Hobbyfotografen, wenn auch nicht für leistungshungrige Hobby- und Profifotografen. Für gewisse Anwendungen wie Reisen, Filmen und den kombinierten Einsatz als Multimediawerkzeug sind Spiegellose generell attraktiv, und die GH2 ist ganz besonders zu empfehlen. Hier stellt sie mehr als nur eine Alternative zu DSLRs dar.

Wie sich die Panasonic GH2 in der Praxis schlägt und ob sie sich nicht nur auf dem Papier gegen die Canon EOS 60D und die Nikon D7000 behaupten kann, lesen Sie in der nächsten Ausgabe des Publisher.

Canon EOS 60D Nikon D7000 Panasonic Lumix DMC-GH2
System Canon EOS (62 Objektive) Nikon F (53 Objektive) Panasonic Micro G (11 Objektive)
Sucher
optisch (Dachkant-Spiegelprisma) 96 %
LCD mit Live-View; 100 %
optisch (Pentaprisma); 100 %
LCD mit Live-View; 100 %
elektronisch (EVF mit 1,5 Mpx) 100 %
LCD mit Live-View; 100 %
LCD
3 Zoll (7,7 cm) 3:2; 1040 kpx
ausklapp- und drehbar
3 Zoll (7,5 cm); 921 kpx
starr
3 Zoll (7,6 cm) Touchscreen 3:2; 460 kpx
ausklapp- und drehbar
Autofokus TTL-Phasen-AF (9 Kreuzsensoren); Kontrast-AF (Gesichts-AF) TTL-Phasen-AF (39 Felder, 9 Kreuz); Kontrast-AF (Gesichts-AF, Objektverfolgung) Kontrast-AF (Gesichts-AF, Objektverfolgung)
Objektivanschluss;
Crop-Faktor
Canon EF-S; 1,6 × Nikon F (FX und DX); 1,5 × Micro FourThirds; 2 ×
Sensor 22,3 × 14,9 mm CMOS 23,6 × 15,6 mm CMOS 17,3 × 13 mm Live MOS
Max. Bildauflösung:
Foto; Video
18 Mpx; 1920 × 1080 px 16,2 Mpx; 1920 × 1080 px 16 Mpx; 1920 × 1080 px
Serienbilder 5,3 fps (58 JPEGs, 16 RAWs in Folge) 6 fps (100 JPEGs, 15 RAWs) 5 fps (JPEGs bis Karte voll, 7 RAWs)
Video 1080p @ 24/25/30 fps; 720p 50/60 fps und 649 x 480 @ 50/60 fps 1080p @ 24fps; 720p @ 24/25/30 fps und 640 × 424 @ 24/25/30 fps 1080p @24 fps;1080i @50 fps; 720p @30/50 fps; 848 × 480 @30 fps; 640 × 480 @30 fps, 320 × 240 @30 fps
Videocodec; Datei-Format MPEG-4 AVC/H.264 (VBR); MOV MPEG-4 AVC/H.264; MOV AVCHD; MTS und Motion-JPEG; MOV
ISO 100 bis 6400 (12 800) (Video 6400) 100 bis 6400 (12 800, 25 600) 160 bis 12 800 (Video 3200)
Anschlüsse USB 2.0 Hi-Speed, AV, HDMI, Fernauslöser, Stereomikrofon USB 2.0 Hi-Speed, AV, HDMI, Zubehörport (GPS, Fernauslöser), Stereomikrofon Digital-Port (USB 2.0 Hi-Speed, AV), HDMI, Stereomikrofon
Energie LiIon-Akku, opt. Batteriegriff u. Netzteil LiIon-Akku, opt. Batteriegriff u. Netzteil LiIon-Akku, optionales Netzteil
Akkudauer: Fotos; Videos 1100 Fotos (Live-View: 320); 120 min 1060 Fotos (Live-View: k.A.); k.A. 330 Fotos (Live-View: 330); 165 Min
Masse;
Gewicht Body inkl. Akku
144,5 × 105,8 × 78,8 mm; 755 g 132 × 105 × 77 mm; 780 g 124 × 89,6 × 75,8 mm; 392 g
Listenpreis (CHF) 1508.– nur Gehäuse 1518.– nur Gehäuse 1499.– mit 14 – 42 mm
Kontakt Canon
0848 833 838, www.canon.ch
Nikon
043 277 27 00, www.nikon.ch
John Lay Electronics
044 947 66 62, www.panasonic.ch

Ein Liste weiterer Systemkameras finden Sie in der stets aktuellen Marktübersicht (PDF) auf der Website des Autors www.markuszitt.ch. Detaillierte Ansichten der Kameras finden Sie als Add-on ebenfalls auf der Website.