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Spiegellose auf der �berholspur

Diesen Herbst sind wiederum einige interessante Fotoprodukte auf den Markt gekommen. Vor allem die Entwicklung bei den spiegellosen Systemkameras ist ungebremst. Einige Modelle taugen punkto Bildqualität und Handling als Alternative zu den D-SLRs.

markus zitt Allen Widrigkeiten – wie Tsunami in Japan, Überschwemmungen in Thailand und der katastrophalen Weltwirtschaft – zum Trotz haben es sich die Kamerahersteller nicht nehmen lassen, diesen Herbst wieder massenhaft neue Kameras auf den Markt zu bringen. Dabei handelt es sich fast ausschliesslich um Kameras für Consumer, von simplen Kompaktmodellen bis zu den Systemkameras für anspruchsvollere Digitalfotografen.

Innovationen oder grössere technische Fortschritte blieben dieses Jahr weitgehend aus, dafür wurde an der Performance geschraubt. Durch höhere Rechenleistung wurden Kameraprozesse beschleunigt, was sich in hohen Bildraten bei Serienfotos und HD-Videos, in der Geschwindigkeit der automatischen Scharfstellung (AF) und beim simultanen Fotografieren und Filmen äussert.

Als vorherrschenden Trend lassen sich wie schon in den letzten drei Jahren die spiegellosen Systemkameras ausmachen, die auch als Compact System Cameras (CSC) bekannt sind.

Der CSC-Markt ist in Bewegung geraten. Einerseits ist das Angebot dank neuen Anbietern gewachsen und andererseits haben die etablierten CSC-Hersteller ihr Kamerasortiment total erneuert. Das Angebot an CSCs ist nun grösser, vielfältiger und interessanter geworden. Dass sich dagegen bei den digitalen Spiegelreflexkameras (D-SLRs) wenig tut und die Kompaktkameras heute meist so profillos sind, dürfte bei der Verbreitung von CSCs zusätzlich förderlich sein.

Neue Spiegelreflexkameras

Bei den klassischen Systemkameras, sprich den kleinformatigen D-SLR, hat sich dieses Jahr ausgesprochen wenig getan. Kein Wunder, denn es gibt nur noch wenige Anbieter.

Von Pentax und Olympus hat man zum Thema D-SLR seit der photokina 2010 nichts mehr gehört. Die D-SLR-Palette beider Hersteller ist mickrig und besteht aus den drei Modellen Pentax K-r, Pentax K-5 und Olympus E-5. Zu den Pentax D-SLRs gab es mit dem GPS-Empfänger O-GPS1 immerhin ein sehr innovatives Zubehör. Es ermöglicht nicht nur ein automatisches Geo-Tagging der Aufnahmen, sondern auch eine einfache Navigation und enthält einen elektronischen Kompass. Der Clou des Pentax O-GPS ist aber, dass er während einer Langzeitaufnahme des Sternenhimmels den Fotosensor passend zur Erdrotation verschieben kann und so für scharfe «Sternbilder» sorgt. Bislang wurde der Sensor nur deshalb beweglich eingebaut, um eine Bildstabilisierung (Sensor-Shift) zu ermöglichen und Staubpartikel vom Sensor abzuschütteln (Staubreinigung).

Die beiden führenden SLR-Hersteller Canon und Nikon haben im Frühling neue Einsteigermodelle (Canon EOS 1100D und EOS 600D, Nikon D5100) auf den Markt gebracht, denen jedoch keine weiteren Kameras folgten, obwohl neue Profimodelle längst überfällig sind.

Immerhin hat Canon mit der EOS 1D X ein neues Flaggschiff mit 18-Mpx-Vollformatsensor für März 2012 angekündigt. Gab es bislang die EOS 1 stets in zwei Varianten, nämlich als hochauflösende Vollformatmodelle (1Ds-Serie) und als schnelle, weniger hoch auflösende Reportagemodelle mit kleinerem APS-H-Sensor (1D-Serie), so soll die 1D X nun beide Belange abdecken. Fotoreporter können nun endlich einen Vollformatsensor nutzen, wobei jene Reporter mit telelastigen Motiven bislang vom kleineren Sensorformat und der daraus resultierenden Brennweitenverlängerung profitierten und nun vielleicht weniger glücklich sind. Für Besitzer und Nutzer der hoch auflösenden 1Ds ist die neue Kamera mit einer geringfügigen Auflösungsverminderung verbunden, wo doch eigentlich eine Auflösungssteigerung erwartet worden war. Als Folge dürften Fotografen, die hohe Auflösungen benötigen, sich spätestens jetzt nach einer Mittelformatkamera umsehen.

Zu den Highlights der 1D X gehören ein verbessertes AF-System und eine bislang unerreichte Empfindlichkeit von maximal ISO 204 800. Die Kamera besitzt nun zwei CF-Slots statt einen für SD- und einen für CF-Karten. Neben der 1D X hat Canon noch eine äusserlich identische Variante für Filmer in Aussicht gestellt. Da keinerlei Infos zur EOS 1D C (C = Cinema) verfügbar sind, ist unklar, was sie auszeichnet und wie viel Sinn sie in der Canon-Palette überhaupt macht.

Für Filmer bietet Canon einerseits bereits die neue EOS 1D X und andere bewährte D-SLRs mit Videofunktion an und hat andererseits diesen Herbst ihr Camcordersortiment erstmal mit Kino-tauglichen Filmkameras nach oben erweitert. Die Canon C-300 bzw. C-300PL, die je nach Ausführung mit normalen SLR-Objektiven (Canon EF-Bajonett) oder Cinemaobjektiven (Arri PL-Bajonett) bestückt werden kann, ist für eine Full-HD-Kinokamera erstaunlich kompakt und wurde von ersten Benutzern hoch gelobt.

SLT statt SLR

Während von den «traditionellen» SLR-Kameraherstellern im zweiten Halbjahr bloss ein Produkt vorangekündigt wurde, hat Sony gleich drei Modelle zu ihrem SLR-System Sony Alpha eingeführt, das sie einst von (Konica) Minolta übernommen hatte.

Die SLT-A35, SLT-66V und SLT-A77V sind allerdings keine Spiegelreflexkameras im eigentlichen Sinne, denn sie besitzen anstelle eines beweglichen Spiegels einen fest stehenden, teildurchlässigen Spiegel. Diese Konstruktionsweise hat Sony mit den Modellen SLT-A55V (16 Mpx, 1080/50i, ab CHF 1000.–) und SLT-A33 im Herbst 2010 eingeführt.

SLT steht für Single Lens Translucent Mirror gegenüber der Bezeichnung Single Lens Reflex (SLR bzw. D-SLR) für eine «normale» Spiegelreflexkamera.

Ein Vorteil der SLT-Konstruktion ist, dass der schnelle Phasen-AF immer, das heisst auch im Live-View- und Videobetrieb, genutzt werden kann. Der zweite Vorteil ist, dass der aufwändige Spiegel-Rückschwingmechanismus entfällt und so in einer günstigen Kamera schnelle Serienbilder möglich werden. Die SLTs von Sony schaffen 10 bis 12 Bilder pro Sekunde. Nun schiesst zwar nicht jedermann Action- und Sportmotive, doch lässt sich das hohe Serientempo auch für Multi-Shot-Aufnahmen nutzen, die aus der Hand statt ab Stativ oder von bewegten Objekten geschossen werden können.

Bei Multi-Shots werden zwei oder mehr Aufnahmen des gleichen Motivs aufgenommen und zu einem Bild verschmolzen. Bekanntestes Beispiel für die Multi-Shot-Technik ist die HDR-Fotografie, wo aus mehreren unterschiedlich belichteten Aufnahmen ein HDR-Bild entsteht, das einen viel grösseren Dynamikbereich umfasst (High Dynamic Range). Um ein normal nutzbares Bild zu erhalten, wird aus dem HDR-Bild per Tonemapping ein optimiertes Normalbild erzeugt, bei dem selbst in hellsten und dunkelsten Bildbereichen Strukturen sichtbar sind.

Für HDR sollten die einzelnen Aufnahmen möglichst deckungsgleich sein, was ein Stativ voraussetzt. Für aus der Hand geschossene HDRs trägt ein hohes Serienbildtempo dazu bei, dass sich Kameraposition und damit der Bildausschnitt zwischen den Belichtungsvarianten nur minimal ändert.

Die SLT-Bauweise bietet also viele Vorteile. Als Nachteil empfinden manche das elektronische Sucherbild wegen seiner Pixelstruktur. Sony setzt bei ihren neuen SLT-Modellen auf EVFs in OLED-Technologie mit 2,3 Millionen Bildpunkten und bietet eine bislang unerreichte Qualität.

Das Sony-SLT-Sortiment

Von den drei neuen Modellen hat die neue A35 (16 Mpx, 1080/50i, ab CHF 749.–) im Sommer die letztjährige A33 abgelöst, während die ebenfalls letztjährige A55V (16 Mpx, 1080/50i, ab CHF 1348.–) weiter im Sortiment bleibt. Im Herbst folgten dann die A65V (ab CHF 1348.–) und A77V (ab CHF 1598.–), die mit der bislang höchsten Auflösung beim EVF, einem OLED-EVF mit 2,3 Millionen Bildpunkten, und einem 24,3-Mpx-Fotosensor in APS-C-Grösse auftrumpfen. Das V im Namen steht für einen GPS-Empfänger. Beide Kameras bieten eine Empfindlichkeit bis ISO 16 000, die im Multi-Shot-Rauschunterdrückungsmodus auf ISO 25 600 gesteigert werden kann. Die Sony SLTs können auch Schwenkpanoramas in 2D oder 3D aufnehmen.

Die robuste, etwas voluminöse SLT-A77V ist für ambitionierte Fotografen gedacht und ist die Nachfolgerin der SLR-A700. Die A77V schiesst bis zu 12 Fotos pro Sekunde und Full-HD-Video mit Bildraten von 50 und 60 Ganzbildern, was andere Fotokameras nur beim kleinen HD-Format (1280 × 720 px) vermögen. Anders als bei allen sonstigen Sony-Kameras lässt sich das bewegliche 3-Zoll-Display in jede Position bringen und so sinnvoll nutzen.

Die Sony Alpha SLT-A65V ist das günstigere Modell im Kunststoffgehäuse. Sie ist mit 10 Serienbilder pro Sekunde «langsamer», besitzt nur ein Einstellrad und verzichtet auf das Statusdisplay auf der Oberseite. Der 3-Zoll-LCD lässt sich wie bei der älteren A55V nach unten ausklappen und drehen, was problematisch wird, wenn die Kamera mit ausgeklapptem LCD hingestellt oder auf einem Stativ benutzt werden soll.

Mit System, ohne Spiegel

Im Herbst kamen viele CSC-Kameras auf den Markt. Vom einfachen bis zum leistungsstarken Modell mit Profiambitionen ist alles dabei. Olympus, Panasonic, Samsung und Sony, die bereits seit längerem CSCs anbieten, haben nahezu alle «alten» Modelle durch neue ersetzt. Neu sind nun auch Pentax und Nikon in diesen Markt eingestiegen, und so warten alle gespannt auf Canon, wobei wohl Fujifilm demnächst ein eigenes spiegelloses System lancieren dürfte.

Die CCSs wurden geschaffen, um die Vorteile von D-SLRs mit grossem Sensor und Wechselobjektiven in einem kleineren, «mobileren» Gehäuse zu vereinen. Zur Erinnerung: Grosse Sensoren bieten tendenziell eine bessere Bildqualität, haben gute Lowlight-Eigenschaften (höhere Empfindlichkeit bei geringem Rauschen) und ermöglichen mit den passenden Brennweiten kreative Schärfentiefengestaltung.

Olympus, Panasonic, Samsung und Sony haben sozusagen ihre D-SLRs durch Weglassen des Spiegels samt mechanisch aufwändigerem und voluminöserem Spiegelgehäuse zu CSCs geschrumpft.

Die Neueinsteiger Pentax und Nikon haben den umgekehrten Ansatz gewählt, indem sie von einer Kompaktkamera ausgingen und diese mit Wechselobjektiven aufrüsteten. Während bislang für CSCs grosse Sensoren aus D-SLRs verwendet werden, setzen die Neueinsteiger auf kleinere. Beim Pentax-Q-System misst der Sensor 4,6 × 6,1 mm, bei den Kameras des Nikon-1-Systems ist er 13,2 × 8,8 mm gross. Wegen der kleinen Sensoren kamen nach den Produktankündigungen Bedenken bezüglich der Bildqualität auf.

Dass Pentax und Nikon diesen Weg wählten, liegt wohl daran, dass sie auf Zusatzgeschäfte hoffen, aber ihr D-SLR-Geschäft nicht kannibalisieren wollen.

Nikon als Nummer 1?

Das neue System von Nikon heisst Nikon 1 und das Sensorformat CX. Es gibt vorderhand zwei Kameras: die Nikon 1 V1 (ab CHF 1028.–) und die Nikon 1 J1 (ab CHF 708.–), dazu vier Objektive. Die V1 ist das Modell für anspruchsvolle Fotografen. Sie besitzt einen elektronischen Sucher (EVF), einen Zubehörschuh und einen leistungsstärkeren Akku für 400 Aufnahmen. Die kompaktere und günstigere J1 ist als Lifestyle-Modell in vier Farben erhältlich. Ihr Akku soll für 230 Fotos reichen. Die «Junior 1» verzichtet auf Sucher und Zubehörschuh, besitzt dafür einen integrierten Blitz. Beide Kameras begnügen sich mit 10 Mpx für Fotos und Filmen in Full-HD (1050/30p).

Speziell an den Kameras ist ihre Schnelligkeit. Sie ermöglichen 10 Fotos pro Sekunde und können auch während des Filmens hoch aufgelöste Fotos schiessen (8 Mpx im 16:9-Format).

Es gibt einen Best-shot-Modus, der schnell 20 Aufnahmen schiesst, wovon die Kamera die fünf besten Fotos auswählt und präsentiert. Der Fotograf kann daraus ein Bild auswählen und nur dieses oder alle fünf speichern. Welches die besten Fotos sind, wird anhand einer Bildanalyse ermittelt, bei der Schärfe, die Platzierung des Hauptobjektes, geschlossene/geöffnete Augen einer Person und anderes berücksichtigt werden. Neu ist der «Bewegter Schnappschuss»-Modus, der ein paar Augenblicke vor und einige nach einer Fotoaufnahme als Videoclip zeigt.

Es gibt ein flaches Weitwinkel mit 10 mm, ein Standardzoom 10–30 mm, ein Telezoom 30–110 mm und ein motorisiertes Superzoom 10–100 mm. Erhältlich ist auch ein Adapter, mit dem sich die Spiegelreflex-Objektive der FX- und der DX-Linie an der V1 und der J1 verwenden lassen. Nur zur V1 sind optional ein Blitzgerät sowie ein GPS-Tagger erhältlich.

Beim Test einer V1 gefiel die für eine so kleine Kamera grosse Schnelligkeit (Auslösen, Serienbildtempo). Nur das Aktivieren des EVF dauert etwas lang. Das reduzierte Design ist hübsch und die Kamera fühlt sich wertig und robust an. Das Handling ist vom Gehäusedesign her, der menülastigen Bedienung und den wenigen externen Bedienelementen auf Dauer für versierte Fotografen weniger befriedigend. Die V1 ist eher eine Kamera für spontane Schnappschüsse und da macht ihre Schnelligkeit auch Spass.

Micro FourThirds

Olympus hat gleich drei neue PEN-Modelle, die hinsichtlich der technischen Daten weitgehend gleich sind, sich durch ihr Gehäusedesign, die Grösse und durch die Anzahl externer Bedienelemente etwas unterscheiden. Sie verfügen über einen 12-Mpx-Sensor im FourThirds-Format (17,3 × 13 mm) und einen Micro-FourThirds-Objektiv­anschluss. Neu filmen die PEN-Modelle nun auch in Full-HD (1080/30p und 720/60p) im AVCHD-Standard, beschränken sich jedoch auf eine Bildrate pro Auflösung, was nicht ganz zeitgemäss ist. Die Kameraprozesse wurden beschleunigt, und durch eine verdoppelte Ausleserate ist der Kontrast-Autofokus nun schneller. Sie erreichen ISO-Werte bis 12 800.

Die PEN E-P3 (ab CHF 1000.–) ist das Flaggschiff und am grössten. In der dritten Generation hat die retro-gestylte P nun einen OLED-Touchscreen und einen internen Blitz erhalten. Sie begnügt sich mit einer unterdurchschnittlichen Serienbildrate von 3 fps. Die PEN Lite E-PL3 (ab CHF 900.–) ist ebenfalls in der dritten Generation lanciert worden. Sie zeichnet sich durch die schnellste Serienbildfunktion (5,5 fps) der PENs und ein neigbares Display aus. Neu in der PEN-Familie ist die Mini E-PM1 (ab CHF 700.–), die am kleinsten ist und am wenigsten Bedienelemente besitzt. Alle drei können mit optionalen EVFs benutzt werden.

Zu ihren neuen Kameramodellen hat Olympus noch zwei edle Festbrennweiten-Objektive lanciert, mit denen sich manuell gut arbeiten lässt. Es handelt sich um das M.Zuiko ED 12 mm 1:2.0 Weitwinkel (KB-Brennweite 24 mm, CHF 1000.–) und das Porträttele 45 mm 1:1.8 (entspricht 90 mm KB, CHF 400.–). Da Olympus die Bildstabilisierung dem beweglichen Sensor überlässt (Sensor-Shift), sind alle Objektive von Olympus – verglichen mit den Panasonic-Pendants – schlank und leicht.

CSC-Pionier Panasonic hat in ihrer Lumix G-Serie mit Micro-FourThirds-Objektivanschluss zwei Kameraserien. Es gibt Bridge-Modelle mit integriertem EVF und einem DSLR-ähnlichen Aussehen. Zur letztjährigen GH2 (16 Mpx, ab CHF 1500.–) ist die neue, günstigere G3 (12 Mpx) gestossen. Beide bieten HD-Videoaufnahmen (1080/50i und 1080/24p), einen beschleunigten Kontrast-AF sowie einen ausklapp- und drehbaren 3-Zoll-LCD-Touchscreen. Gut gelungenen ist die konfigurierbare Symbolleiste für die Kamerafunktion.

In der Kompaktserie ohne EVF hat Panasonic im Sommer die Lumix GF3 (12 Mpx, 1080/50i, ab CHF 650.–) mit 3-Zoll-LCD-Touchscreen lanciert. Die GF3 hat nach knapp einem halben Jahr die GF2 abgelöst und ist deutlich kleiner und wohl vom Erfolg der dünnen Sony-NEX-Modelle beeinflusst. Die Kamera ist so klein, dass ihr viele Bedienelemente, der Zubehörschuh und mit Letzterem auch der Halt für einen EVF oder grösseren Blitz fehlen. Mit grossen Objektiven kann sie nicht auf einem Stativ befestigt werden. Von der menüorientierten Bedienung und den mageren Spezifikationen her ist sie nur für Einsteiger sowie für Umsteiger von Kompaktkameras zu empfehlen.

Ganz anders ist die grössere, kompakte GX1 mit LCD-Touchscreen, die jedoch erst ab Januar 2012 für 749 Franken (nur Gehäuse) zu haben sein wird. Sie bietet 16 Mpx, Full-HD-Video, Touchscreen-LCD, viele Bedienelemente und einen Zubehörschuh für den optionalen EVF oder Blitz.

Interessante Herbstneuheiten sind zwei motorgetriebene Zooms. Ihr Motor erlaubt eine gleichmässige Brennweitenveränderung, wie sie besonders während Videoaufnahmen wichtig und ansonsten komfortabel ist. Bei den beiden Objektiven handelt es sich um ein Standardzoom, das alleine und im Kit mit der GF3 oder der GX1 angeboten wird, sowie um ein Telezoom. Das Vario PZ 3,5–5,6/14–42 mm (CHF 550.–) ist ein kompaktes «Pancake» und entspricht einem 28 – 84 mm bei Kleinbild. Mit einem leisen Autofokus empfiehlt es sich als vielseitiges Standardzoom. Für das manuelle Scharfstellen ist das Objektiv mit einem Fokushebel ausgestattet. Das PZ 4,0–5,6/45–175 mm (CHF 650.–) bietet dagegen eine Kleinbild-Brennweite von 90–350 mm.

Spiegellos im Retrolook

Der südkoreanische Mischkonzern ist schon lange im Digitalkamerageschäft mit dabei. Für wenige Jahre bot er auch D-SLRs unter eigenem Namen, bei denen es sich um Pentax-Kameras handelte. Anfang 2010 hat Samsung ihr NX-System vorgestellt und in der Folge bereits mehrere Kameras und Objektive (aktuell 9) eingeführt. Aktuell führt Samsung mit der NX11 (14,6 Mpx, 720/30p, CHF 750.–) eine CSC in Bridge-Form mit EVF (NX11) sowie seit kurzem die NX200 (20 Mpx, 1080/30p, CHF 900.–). Sie ähnelt auf den ersten Blick stark den NEX-Modellen von Sony, doch greift das Design auf frühere Samsung-Kompaktmodelle zurück.

Das Designgehäuse wirkt recht wertig, doch drücken die Kanten an der Ober- und Unterseite in die Hand. Ein Blitz ist nicht eingebaut. Es wird aber ein kleiner mitgeliefert, der in den Standard-Zubehörschuh gesteckt und von der Kamera mit Energie versorgt wird. Optional sind ein grösserer Blitz mit Schwenkreflektor und ein etwas grosser GPS-Empfänger verfügbar. Negativ aufgefallen ist, dass die Kamera beim Fotografieren im RAW-Format und bei JPEG-Serien länger durch das Speichern blockiert ist. Interessant ist die Schwenkpanoramafunktion, die im Gegensatz zu der von Sony auch bei wenig Licht funktioniert. Schade ist, dass es keinen EVF gibt und der gute OLED-Monitor nicht beweglich ist.

Sony spiegellos

Nachdem im Sommer die letztjährige NEX-3 durch die NEX-C3 (16 Mpx, 1080/30p, CHF 698.– mit 18–55 mm) abgelöst wurde, hat Sony Ende August ihr Sortiment an CSCs mit der NEX-7 um ein Topmodell erweitert sowie mit der NEX-5N eine Neuauflage der NEX-5 herausgebracht. Auch die bislang menülastige Bedienung wurde überarbeitet.

Die Sony NEX-7 (24,3 Mpx, 1080/50p, ab CHF 1359.–) ist die am höchsten auflösende CSC. Im Unterschied zu anderen und bisherigen NEX-Modellen verfügt sie über einen eingebauten OLED-EVF (2,3 Mpx) sowie mehr Bedienelemente.

Die Sony NEX-5N (16 Mpx, 1080/50p, ab CHF 700.–) bietet die höchste Lichtempfindlichkeit unter den CSCs mit ISO 25 600. Wie die «alte» NEX-5 schiesst die neue Fotos mit 16 Mpx und Full-HD-Videos. Optional gibt es nun einen elektronischen Sucher. Sowohl die NEX-5N als auch die NEX-7 schiessen auch schnelle Bildfolgen mit bis zu 10 fps.

Die bislang auf drei Objektive begrenzte Objektivpalette (16 mm, 18–55 mm und 18–200 mm) wurde kürzlich erweitert. Bereits im Sommer kam das 30-mm-Makro (45 mm bei KB) dazu. Ende August folgten dann das 55–210 mm sowie zwei lichtstarke Festbrennweiten von Zeiss. Dabei handelt es sich um das gemässigte Weitwinkel 1:1,8 / 24 mm (KB: 36 mm, CHF 999.–) und das leichte Tele 1:1,8/50 mm (KB: 75 mm, CHF 449.–).

Ein interessantes Zubehör ist der neue Adapter LA-EA2 (CHF 499.–), der wie der weiterhin erhältliche, günstigere LA-EA1 das Anschliessen von SLR-Objektiven mit Sony-Alpha-Anschluss bzw. (Konica) Minolta-A-Mount ermöglicht.

Im Gegensatz zu Adaptern von Fremdherstellern bleiben bei beiden Sony-Adaptern alle Funktionen wie Datenübertragung, Objektivsteuerung und Autofokus erhalten. Während beim alten EA1 die automatische Fokussierung jedoch nur mässig schnell ist, sorgt der EA2 für ultraschnelle Scharfstellung, wie man sie von SLRs gewohnt ist. Dies wird durch einen im Adapter integrierten Phasen-AF-Sensor ermöglicht, der sein Licht von einem teildurchlässigen Spiegel im Adapter erhält. So wird aus einer CSC eine etwas voluminöse SLT. Interessant ist der Adapter nur für Leute, die von einer Sony SLR / SLT auf eine Sony CSC oder den Camcorder umsteigen oder eine NEX als Zweitkamera einsetzen.

Zusammen mit den NEX-Fotokameras wurde auch der NEX-Camcorder NEX-VG20 eingeführt. Er löst den letztjährigen VG10 ab und unterstützt den neuen AVCHD-2.0-Standard, der höhere Bit-Raten erlaubt. Der Camcorder kann Fotos sogar im RAW-Format speichern, nimmt Full-HDs-Videos auch mit 50 Bildern progressiv auf und ermöglicht manuelle Tonaussteuerung.

Ricoh und Pentax: Vereinigung

Ab Herbst gehört Pentax Imaging Systems zu Ricoh, die mit dem Kauf der traditionsreichen Fotomarke ihr Kamerageschäft stärken will.

Ricoh selbst hat in der Vergangenheit immer wieder interessante Kompaktkameras angeboten und 2009 eine CSC-ähnliches, modulares System lanciert, bei dem Sensor und Objektiv eine feste Einheit bilden. Angeboten werden Module mit kleinem Sensor und Zoomobjektiv, aber auch ein Modul mit APS-C-grossem Sensor und einem Makroobjektiv. Die Aufnahmemodule werden am Kameramodul angeschlossen, das Bedienelemente, LCD, Kartenlaufwerk und Energieversorgung enthält.

Neu ist das Modul A12 worden. Anstelle eines Objektivs besitzt es ein «Leica M»-Bajonett. Der integrierte CMOS-Sensor bietet eine Auflösung von 12,3 Mpx und misst 23,6 × 15,7 mm.

Pentax selbst hat diesen Herbst das erwähnte Q-System neu eingeführt. Die Pentax Q im Retrolook (12 Mpx, ab CHF 950.–) hat einen kleinen Sensor (4,6 × 6,1 mm). Dieser ermöglicht die Konstruktion kleinerer Kameras und Objektive, verzichtet dafür aber auf die erwähnten Vorzüge grosser Sensoren.

Das Q-System erinnert an ein SLR-System aus den 70er-Jahren, das Pentax für den kleinen «Pocket»-Kassettenfilm (110) auf den Markt gebracht hatte. Das digitale Q-System umfasst fünf Objektive: 1,9/47 mm, 2,8-4,5/28 – 83 mm, 35 mm, 17,5 mm Fish Eye und 100 mm Toy Lens (Brennweiten auf KB umgerechnet).

Und sonst?

Viele Neuheiten gab es natürlich bei den Kompakt- und Bridge-Kameras. Es fand der übliche Modellwechsel ohne herausragende Produkte statt. Lediglich im Topbereich kamen Fuji und Nikon mit attraktiven Modellen.

Die Nikon P7100 (10 Mpx, 720/30p, CHF 640.–) empfiehlt sich für Fotobegeisterte, die gerne manuelle Einstellungen vornehmen und externe Bedienelemente einer menügesteuerten Bedienung vorziehen. Die P7100 löst die letztjährige P7000 ab und besitzt nun einen neigbaren 3-Zoll-LCD. Ihr 7,1 ×-Zoom deckt einen 28 – 200-mm-Brennweitenbereich ab.

Fujifilm hat letztes Jahr mit ihrer edlen retro-gestylten Kompaktkamera X100 (12 Mpx, KB: 35 mm) für Furore gesorgt. Grund waren Design und der innovative Hybrid-Sucher, der zwischen optischem und elektronischem Sucher umgeschaltet werden kann. Mit der neuen, günstigeren X10 (12 Mpx, 1080p) ist nun ein zweites X-Modell lanciert worden. Die schwarze Kompaktkamera ist gleich gestaltet wie die silberne X100. Auch Funktionsumfang, die Anordnung der Bedienelemente und das Kameramenü sind nahezu identisch. Unterschiede bestehen im kleineren Sensor, dem eingebaute 4 ×-Zoom mit 28–112 mm (X100: 35 mm) und dem Verzicht auf den Hybrid-Sucher. Dafür hat sie einen ausklappbaren Blitz.

Am oberen Ende der Preisspanne hat Hasselblad eine neue Variante des H4-Kameragehäuses angekündigt, das nur Besitzern älterer Gehäuse (H1, H2, H2F) im Eintausch angeboten wird – zumindest vorläufig. Im Gegensatz zu aktuellen H4D-Gehäusen lässt sich die neue H4X auch mit Filmmagazin und vielen «fremden» Digitalrückteilen nutzen.

Alles in allem brachte das Jahr 2011 einige interessante Entwicklungen im Kameramarkt und lässt auf starke Produkte im 2012 hoffen – sofern sich die Fotoindustrie von den diesjährigen Ereignissen erholen wird.

Eine Marktübersicht mit technischen Daten und weiterführende Infos zu einigen Kameras gibt es auf der Website des Autors: www.markuszitt.ch

SLT im Detail

Bei einer (digitalen) SLR sorgt der Spiegel für das optische Sucherbild. Für eine Fotoaufnahme wird er einen Sekundenbruchteil hochgeklappt, für LiveView- und Video-Betrieb dauerhaft. Bei einer SLT bleibt der teildurchlässige Spiegel stets im Strahlengang. Er lässt den Grossteil des Lichtes passieren und auf den Sensor fallen, wo dieser für Foto- und Videoaufnahmen, aber gleichzeitig auch für ein elektronisches Sucherbild genutzt wird. Dieses wird nicht nur wie bei D-SLRs auf dem Monitor, sondern auch in einem elektronischen Sucher (Electronic View Finder, kurz EVF) angezeigt.

Der vom Spiegel abgelenkte Teil des Lichts wird bei der SLT auf den AF-Sensor umgelenkt, sodass der schnelle Phasen-Autofokus dauernd genutzt werden kann. Bei herkömmlichen D-SLRs steht dagegen der Phasen-AF nur bei heruntergeklapptem Spiegel zur Verfügung. Deshalb muss während dem Live-View und Videobetrieb der Fotosensor zur AF-Detektion genutzt werden. Diese erfolgt in der Regel durch Kontrastmessung und ist langsamer.

Kameratrends

Auflösung Dieses Jahr war die Auflösung ein eher untergeordnetes Thema. Nur Sony protzte mit hoher Auflösung auf einem APS-C-Sensor in den SLT- und CSC-Kameras. Mittelformat: 40 Mpx ist Standard, 50 bis 80 Megapixel das Maximum. D-SLRs: 16 bis 18 Mpx, maximal 25 Mpx. CSCs: 10 bis 12 Mpx üblich, Topmodelle 16 bis 24 Mpx. Kompakt- und Bridge-Kameras: 14 bis 16 Mpx.

Video Auflösung: Full-HD aus 1920 × 1080 px (1080p oder 1080i) bietet heute eigentlich jede Fotokamera. Für professionelles Kino sind 2K (2048 × ca. 1536 px) oder eher 4K (4096 × ca. 2160 px) gefragt. Bildraten: Videos werden heute in Vollbildern (p = progressiv) mit 24, 25 oder 30 Bildern pro Sekunde (frames per second, fps) aufgenommen (z.B. 1080 / 24p). Aufnahmen mit 50 und 60 fps werden in Full-HD meist als Halbbilder (i = interlaced) oder dann als Vollbilder im kleinen HD-Format (720p bzw. 720/50p und 720/60p) aufgezeichnet.Codierung: In der Regel werden Videodaten heute mit dem effizienten H.264/MPEG-4 AVC codiert. Der von Canon (nur Camcorder), Olympus, Panasonic und Sony genutzte AVCHD-Standard basiert ebenfalls auf diesem Codec. Neu ist der AVCHD 2.0-Standard mit Bitraten über 24 Mbit /   s für bessere Qualität, progressives Full-HD mit hohen Bildraten und für zwei 3D-HD-Videoströme (Stereo).

Serienbilder 5 Fotos pro Sekunde (fps) schafft heute eine D-SLR oder CSC. 9 bis 12 Fotos in voller Auflösung pro Sekunde markieren die Spitze. Diese hohen Serientempi standen nur bei teuren Profi-D-SLRs zur Verfügung. Nun gibt es diese auch bei günstigeren SLRs, SLTs und CSCs.

EVF/Sucher und Monitor Rund 920 000 Bildpunkte besitzt ein Kameramonitor heute. Die Zahl muss aber durch 3 dividiert werden, da jeweils ein rotes, grünes und blaues Bildschirmelement zusammenarbeiten. Die Bilddiagonale misst 3,0 bis 3,5 Zoll. Meist handelt es sich um LCDs (Liquid Crystal Display), doch einige Kameras besitzen die leuchtkräftigeren, energiesparenderen OLED-Displays (Organic Light Emitting Diode). Was die Auflösung und die Bauweise angeht, gilt dies auch für den elektronischen Sucher.

Panorama Breitbilder werden heute meist durch einen langsamen Kameraschwenk aus der Hand erzeugt. Dies ist nicht immer perfekt, ist aber eine nette Funktion, die auch in D-SLRs und CSCs zu finden ist. Perfektionisten setzen weiterhin auf Einzelaufnahmen ab Stativ und Stitching-Software.

3D Die dreidimensionale Abbildung hat sich noch immer nicht etabliert. Es gibt nur wenige 3D-Foto- und -Videokameras mit Stereoobjektiven. Viele Kompaktmodelle und CSCs erzeugen Stereofotos mit nur einem Objektiv – beispielsweise durch eine Schwenkbewegung während der Aufnahme.

GPS Das Aufzeichnen der Koordinaten des Aufnahmeortes (Geo-Tagging) gewinnt stetig an Bedeutung. Neben externen GPS-Loggern gibt es immer mehr Kameras mit integrierten GPS-Empfängern. Vor allem kompakte Allwetter/Outdoor- und Reisekameras sind damit ausgestattet.