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Tools im Griff

Die Werkzeuge in Photoshop lassen sich auf vielfältige Weise einrichten. Zusätzlicher Clou: Das Programm ermöglicht das Abspeichern und Verwenden von Vorgaben. Der Rest ist leider etwas ein Dschungel. Ein Beitrag für den besseren Überblick.

günter schuler Die Werkzeuge von Photoshop gelten nicht nur unter Kreativen und High-end-Retuscheuren als leistungsstarke Tools. Wo immer es manuell in die Details geht, offeriert der Bildbearbeitungsklassiker zwei Dinge: a) ein auf die spezielle Aufgabe abgestimmtes Werkzeug, b) flankierende Einstellungen, um das Tool auf die aktuelle Aufgabe hin fein zu justieren. Was Kreativen als Stärke erscheint, sorgt bei normalen Anwendern jedoch oft für Irritation und Verdruss. Grund dafür ist der Overkill unterschiedlicher, sich in manchen Bereichen überschneidender Bedienfelder, Panels, Vorgaben-Einstellungen und Features. Wie findet man sich damit zurecht? Genauer: Wie lässt sich dieser Wust an Detaileinstellungen so überblicken, dass auch normale Anwender daraus Nutzen ziehen?

Ein Hauptgrund für viele Irritationen ist der, dass Photoshop für die in der Werkzeugleiste vorhandenen Werkzeuge drei unterschiedliche Pa­letten präsent hält: Pinsel, Pinselvorgaben und Werkzeugvorgaben. Da Pinsel und Pinselvorgaben bei einer Reihe von Werkzeugen zum Tragen kommen (Pinsel-Werkzeug, Stempel etc.), ist es schwer verständlich, wieso diese Tools auf separate Panels verteilt sind. Rein praktisch gesehen macht diese Aufteilung wiederum durchaus Sinn. Neben den Eigenschaften für die Definition der Pinselspitze als solcher (Grösse, Weichheit etc.) warten Pinselspitzen mit einer Unmenge zusätzlicher Modifizierungsmöglichkeiten auf. Aus ebendiesen Gründen liefert Photoshop eine entsprechende Unterteilung: ein Bedienfeld, bei dem hauptsächlich das Einrichten und Verwalten unterschiedlicher Pinselspitzen im Mittelpunkt steht (Pinsel) und eines für unterschiedliche Pinselvorgaben.

Irritierend wirkt sich dabei der Umstand aus, dass die Werkzeugvorgaben ebenfalls Pinselvorgaben enthalten können. Die Koexistenz unterschiedlicher Vorgabentypen setzt sich in der Optionsleiste fort. Ganz links aussen enthält sie einen Aufklappbutton mit den aktuellen Werkzeugvorgaben, rechts daneben einen weiteren mit den aktuellen Pinselvorgaben. Andere Werkzeuge – zum Beispiel das Freistell- oder das Lasso-Werkzeug – offerieren ebenfalls diese zweigleisige Form des Einsatzes von Vorgaben: in der Aufklappliste ganz links die regulären Werkzeugvorgaben, rechts daneben eine aufklappbare Auflistung werksmitgelieferter oder auch anwenderdefinierter Einstellungsvorgaben. Alles too much? Nicht, wenn Sie weiterlesen.

Beispiel: Freistellungsvorgaben

Ein Werkzeug, welches speziell bei Fotografen sowie im Workflow von Print-Magazinen wichtige Dienste leistet, ist das Freistellungswerkzeug (Tasten-Kurzgriff: C). Werksvoreingestellt offeriert Photoshop zwei Gruppenan Vorgaben: fünf Formate mit Druckauflösung in der Werkzeugvorgaben-Aufklappliste ganz links und ein knappes Dutzend Parameter-Vorschläge in der Aufklappliste rechts daneben. Beide Vorgabentypen bewirken, dass der Freistellrahmen im Bild auf das angewählte Format umspringt. Werkseingestellt leider nicht in der Vorauswahl mit enthalten sind gängige Fotoformate – beispielsweise 9 × 13 oder 20 × 30 cm. Für Fotografen sowie Anwender, die ständig mit standardisierten Formaten arbeiten, ist es daher naheliegend, sich eigene Vorgaben für das Freistellungstool zu erstellen. Beispiel: 20 × 30 cm 256 ppi. Anlegen und abspeichern lässt sich diese Vorgabe nunmehr für beide Panels – die Aufklappliste für «on the fly»-Vorgaben etwas weiter rechts und die Aufklappliste für die «offiziellen» Werkzeugvorgaben ganz links aussen. Die Vorgehensweise unterscheidet sich nur minimal. Im ersten Fall wählen Sie den Punkt Neue Freistellungsvorgabe in der weiter innen liegenden Aufklappliste an. Im zweiten müssen Sie in das Palettenmenü gehen, welches der kleine Button im aufgeklappten Panel oben rechts anbietet. Dialogname hier: Neue Werkzeugvorgabe.

Der Unterschied im Detail: Die Freistellungsvorgaben enthalten lediglich einen Teil der in der Optionsleiste an­gebotenen Werkzeugvorgaben. Nicht mit enthalten ist beispielsweise die Vorgabe, ob beim Freistellen der von vielen Anwendern bevorzugte Classic-Modus verwendet werden soll oder nicht. Die Werkzeugvorgaben hingegen enthalten diese Einstellung sehr wohl mit. Auch in verwaltungstechnischer Hinsicht gibt es bedeutsame Unterschiede. Freistellungsvorgaben existieren lediglich «on the fly». Als Set – beispielsweise mit unterschiedlichen Fotoformaten – sind sie nicht abspeicherb5ar. Deshalb sollten Fotografen, die darauf Wert legen, Festformate für das Freistell-Tool ständig präsent zu halten, diese Vorgaben unbedingt in dem »offiziellen« Panel für die Werkzeugvorgaben abspeichern – also über den Button links aussen. Vorteil: Der im Palettenmenü abgelegte Befehl Werkzeugvorgaben speichern umfasst sämtliche Vorgaben, die aktuell im Panel präsent sind – respektive: die Sie an diesem Ort angelegt haben.

Abgespeichert werden anwenderdefinierte Vorgaben immer im Ordner User XY > Library > Application Support > Adobe > Photoshop (Version) > Presets. Anwenderdefinierte Werkzeugvorgaben befinden sich dort im Ordner Tools. Grundsätzlich können Sie Photoshop-Vorgaben zwar irgendwo abspeichern. Vorteil des programmseitig vorgesehenen Ablageorts ist allerdings, dass sie in diesem Fall unten in der Bedienfeld-Liste mit aufgeführt werden (und für das Hinzuladen einfacher ansteuerbar sind). Ob simple Freistellungsvorgabe oder «offizielle» Werkzeugvorgabe: Als Vorgabe abgespeichert werden stets die Einstellungen, die aktuell getätigt sind. Tipp für die User, die den «Classic»-Modus als Standardeinstellung bevorzugen: Möchten Sie das Freistellungswerkzeug auf «Classic» umpolen, genügt es, dieses bei ungeöffnetem Bild einzurichten, das Programm zu schliessen und neu zu starten. Allerdings: Sobald Sie eine werksmitgelieferte Werkzeugvorgabe mit deaktiviertem «Classic»-Modus verwenden, ist «Classic» wieder einzustellen. Allround-Notnagel daher: eine Werkzeugvorgabe mit aktiviertem «Classic»-Modus – quasi als «Umschalter» für alle Fälle.

Werkzeugvorgaben in der Praxis

Nicht alle Werkzeugvorgaben in Photo­shop sind derart differenziert ausgestaltet. Beispiel: das Lasso-Werkzeug (Shortcut: L). Sinnvoll als Werkzeugvorgabe sind hier insbesondere Festwerte für die Weichheit der Lassokante – also die Weichheit der zu treffenden Auswahl. Auch in diesem Fall führt der Weg über den Werkzeugvorgaben-Button links aussen in der Optionsleiste und das dort aufklappbare Palettenmenü. Die Vorgehensweise ist dieselbe wie bei den Vorgaben für das Freistellungswerkzeug: Befehl Neue Werkzeugvorgabe aufrufen, Namen vergeben und mit OK bestätigen. Soll ein kompletter Satz an Lasso-Vorgaben gesichert werden, kommt auch hier der Befehl Werkzeugvorgaben speichern zum Zug. In den meisten Fällen dürfte es übrigens recht unpraktisch sein, das Panel sämtliche Werkzeugvorgaben in epischer Länge auflisten zu lassen. Eine praktische Einschränkung hier: der Anklick-Button Nur aktuelles Werkzeug unten im Panel (oder der entsprechende Befehl im Palettenmenü).

Hilfreich ist es zudem, die Systematik von Photoshop-Werkzeugen im Hinterkopf zu behalten. Während einige ganz kompakt daherkommen, arbeiten andere mit zusätzlichen Komponenten. Zum Beispiel die bereits erwähnten Pinsel – in der Praxis eine Grossgruppe, die verschiedene Werkzeuge (mit entsprechend verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten) enthält. Mehr zu dieser Thematik in einer der folgenden Publisher-Ausgaben. Mit unterschiedlichen Komponenten und Vorgaben arbeitet ein weiteres viel benutztes Werkzeug – das Verlaufswerkzeug (Shortcut: G). Des Rätsels Lösung: Die aktuell verfügbaren Verläufe (also die hinzugezogenen Komponenten) finden sich in der Optionsleiste unter dem Aufklappfenster rechts neben den Werkzeugoptionen. Die eigentlichen Werkzeugvorgaben hingegen (= ganz links) können weitere Festlegungen zum Modus, zur Deckkraft sowie der Ausrichtung des Verlaufs enthalten.

Zentral verwaltet werden die be­schriebenen Vorgabentypen über den Befehl Bearbeiten > Vorgaben > Vorgaben-Manager. Die Aufklappliste hinter Vorgabe enthält zum einen die Werkzeugvorgaben im engeren Sinn (Bezeichnung: Werkzeuge). Zusätzlich mit verwaltet werden an dieser Stelle auch die weiteren Komponenten, die beim Arbeiten mit Werkzeugen eine Rolle spielen können: Pinsel, Verläufe, Farbfelder, Stile und so weiter. In dem über das Rädchen-Symbol ansteuerbaren Befehlsmenü sind ganz unten die anwenderdefinierten Sets mit aufgelistet, die in den jeweiligen Vorgaben-Ordnern abgelegt wurden – also Verläufe in «Gradients», Pinselspitzen in «Brushes» und so weiter.

Darüber hinaus verfügt Photoshop noch über einen Befehl zum Importieren resp. Exportieren von Vorgaben. Praktisch ist dieser dann, wenn man Sets mit Vorgaben aus früheren Photo­shop-Versionen importieren möchte. Der Befehl Vorgabe exportieren/impor-tieren enthält zwei Reiter. Wichtig im Reiter zum Importieren ist der Button zum Auswählen des Ordners oder der Ordner, wo sich die für den Import vorgesehenen Vorgaben-Sets befinden. Sollen anwenderdefinierte Sets etwa aus Photoshop CS 6 importiert werden, empfiehlt sich das Ansteuern des entsprechenden Vorgaben-Ordners («Presets») in der User-Library unter dem oben angegebenen Pfad. Sind Anwender-Vorgaben an anderen Orten abgelegt, müssen diese angesteuert werden. Zum Schluss ermöglichen die beiden Pfeil-Buttons in der Mitte eine Auswahl. Nach Klicken auf den gleichnamigen Button werden die angewählten Vorgaben importiert – und stehen in den entsprechenden Panels zur Verfügung.

Fazit

Hat man sich in die Verwaltungstechnik der Werkzeugvorgaben erst einmal hineingewühlt, finden sich die Gründe für das Arbeiten mit anwenderdefinierten Vorgaben fast von allein. Die weiter oben thematisierten Fotoformate für das Freistellungswerkzeug sind lediglich ein besonders prägnantes Beispiel. Allerdings hält auch das Arbeiten mit Sets den einen oder anderen Fallstrick parat. Beispielsweise dann, wenn eine Aktion auf eine Werkzeugvorgabe zugreifen soll, die in der aktuell geladenen Vorgabenbelegung nicht präsent ist. Das letztgenannte (zugegeben etwas konstruierte) Beispiel sollte Sie jedoch nicht entmutigen. Sondern – im Gegenteil – abschliessend darauf hinweisen, dass es sich lohnt, die Werkzeug-Vorgaben von Photoshop nicht einfach als «Detailkram» zu betrachten und entsprechend links liegen zu lassen.