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Variationen in Schwarzweiss

Schwarzweiss-Fotos haben ihren besonderen Reiz und sind den farbigen Verwandten in Sachen Ästhetik oft einiges voraus. Das Ausgangsmaterial ist heute meist ein digitales Farbbild. Es gibt verschiedene Wege, um ein stimmiges Schwarzweiss-Foto zu erhalten.

Sven Fischer Es gibt unterschied­liche Möglichkeiten, aus einem digitalen Farbbild ein Schwarzweiss-Foto zu generieren – mit sehr unterschiedlichen, qualitativen Ergebnissen. Um die bestmögliche Qualität und vor allem Flexibilität in der Bildbearbeitung zur Verfügung zu haben, sollten die Aufnahmen natürlich im RAW-Format fotografiert werden. Aber auch aus Fotos in anderen Formaten lassen sich interessante Schwarzweiss-Bilder erstellen.

Schwarzweiss-Fotografien wirken vor allem durch Helligkeitskontraste, geometrische Formen und Graustufenverläufe. Die Bearbeitung und Wiedergabe von Schwarzweiss-Fotos ist durch die technischen Entwicklungen vergangener Jahre inzwischen mit Datentiefen von bis zu 12-Bit (realistischer Wert) auch im Druck möglich.

Filter

In der analogen Schwarzweiss-Fotografie werden meist Farbfilter verwendet, um auf die Wirkung der Bilder gestalterisch Einfluss zu nehmen.

Durch einen Gelbfilter wird beispielsweise Blau reduziert und Gelb verstärkt. Er wird eingesetzt, um Aufnahmen kontrastreicher zu machen.

Der Orangefilter hingegen reduziert die Farben blau, violett, gelb und gelbgrün, bringt klare Konturen und erhöht auch den Kontrast. Er eignet sich hervorragend für Architektur- sowie für Aktaufnahmen. Er intensiviert die Beschaffenheit von Steinen, Hautunreinheiten hingegen werden abgeschwächt und Wolken wirken dramatischer.

Ein Rotfilter beeinflusst den Kontrast in hohem Masse und eignet sich gut für Landschaftsaufnahmen. Rot und Grün lassen sich fast zu Weiss aufhellen und Blau wird fast wie Schwarz wiedergegeben. Wolken werden durch einen Rotfilter stark dramatisiert. Im Extremfall verwendet man einen Infrarotfilter, der für sehr starke Kontraste in den Bildern sorgt und fast surreal wirkende Fotos hervorbringt.

Grüntöne werden mit dem Grünfilter sehr differenziert wiedergegeben, was sich insbesondere bei Aufnahmen von Wäldern, Feldern und Wiesen positiv auswirkt. Bei weichem Sonnenlicht oder moderatem Gegenlicht kann der Grünfilter auch für Porträtaufnahmen eingesetzt werden, da er Haut und Lippen etwas dunkler erscheinen lässt.

Wege

Der direkteste Weg, aus einem Farbbild ein Schwarzweiss-Foto zu machen ist natürlich die Modusumwandlung in Graustufen (Menü Bild > Modus > Graustufen). Das Ergebnis ist jedoch alles andere als optimal zu nennen. Der Kontrast ist nicht ausgeprägt, Helligkeitswerte werden schlecht umgesetzt und die Bilder laufen in den Tiefen zu. Dieser Effekt, am Bildschirm bereits deutlich sichtbar, verstärkt sich in der Druckausgabe eher noch. Die Modusumwandlung ist zwar der schnellste, aber qualitativ auch der schlechteste Weg.

Eine bessere Variante zur Er­zeugung von Schwarzweiss-Fotos bietet der Kanalmixer (Menü Bild > Anpassungen > Kanalmixer). Er besitzt einen speziellen Monochrom-Modus, der es erlaubt, die Informationen aus den einzelnen Farbkanälen individuell in einen Schwarz-Ausgabekanal zu mixen.

Nach der Umwandlung eines Fotos in Schwarzweiss mithilfe des Kanalmixers ist das Bild, technisch gesehen, immer noch eine RGB-Datei mit drei völlig gleichen Kanälen. Damit sie als reines Graustufenbild verarbeitet wird, muss noch der Modus in Graustufen gewandelt werden. Das ist in diesem Fall unbedenklich, da nur die Anzahl der Bildkanäle auf den Schwarz-Kanal reduziert wird.

Diese Methode ist qualitativ besser, da sie individuelle Einstellungen für jedes Bild ermöglicht, um eine optimale Verteilung der Grauwerte, eine gute Bildzeichnung und bestmögliche Bildkontraste zu erzielen.

Eine weitere Variante ist ein spe­zieller Dialog zur Erstellung von Graustufenbildern aus Farbvorlagen. Er ist zu finden im Menü Bild > Korrekturen > Schwarzweiss. Ähnlich wie beim Kanalmixer werden hier die Informationen der einzelnen Farbkanäle in ein Graustufenbild gemixt. Es stehen jedoch nicht nur die Kanäle R, G und B zur Verfügung, sondern ausserdem die Kanäle der Komplementärfarben C, M und Y. Dieser Befehl ist im Übrigen nur bei RGB-Bildern anwendbar.

Für beide Dialoge gibt es eine Reihe von Voreinstellungen, die an die aus der klassischen Fotografie bekannten Filter angelehnt sind – beispielsweise Blau-, Grün-, Gelb- oder auch Rotfilter. Darüber hinaus lassen sich eigene Einstellungen als Vorgaben für spätere Schwarzweiss-Umsetzungen speichern.

Der Befehl Schwarzweiss kann auch in Form einer Einstellungsebene verwendet werden. Das hat den Vorteil, dass man Änderungen jederzeit modifizieren kann, indem man die Parameter im Menü der Einstellungsebene verändert.

Dazu wird über das Menü Ebene oder das Bedienfeld Korrekturen eine neue Einstellungsebene Schwarzweiss angelegt. Im folgenden Dialog wird ein Name für die Ebene angegeben. Nach Klick auf OK erscheint der eigentliche Einstellungsdialog des Menüs Schwarzweiss.

Nachdem die gewünschten Einstellungen mit OK bestätigt wurden, liegt der Befehl Schwarzweiss auf einer eigenen Ebene. Durch Doppelklick auf das Symbol der Ebene erhält man jederzeit wieder den Dialog und kann die vorgenommenen Einstellungen modifizieren. Diese Technik ermöglicht die höchste Flexibilität in der Bildbearbeitung, da Einstellungen jederzeit verändert und gezielt aktiviert oder deaktiviert werden können.

Rohdaten

Aus Bildern, die als Rohdaten vorliegen, lässt sich über das Camera-Raw-Modul mit Hilfe des Tabs HSL/Graustufen ein Schwarzweiss-Foto er­zeugen. Die Möglichkeiten sind vergleichbar mit dem Korrekturdialog Schwarzweiss. Auch hier gibt es Regler für die Primär- und die Sekundärfarben.

Fazit

Schwarzweiss-Fotos sind ein faszinierender Bereich der Fotografie und erlauben viele kreative Möglichkeiten der Bildgestaltung. Adobe Photoshop liefert dazu ausgefeilte Werkzeuge, die lediglich entsprechend eingesetzt werden müssen.

25 Jahre Photoshop

Am 19. Februar wurde Photoshop 25 Jahre alt! Kaum zu glauben und sicher ein Grund, einmal zurückzublicken. Schliesslich hat Adobe Photoshop massgeblich dazu beigetragen, dass sich unsere Sicht auf die Welt verändert hat. In gewisser Weise ist Photoshop zu einem Synonym für digitale Bildbearbeitung geworden. Sein Einfluss reicht sogar bis in den täglichen Sprachgebrauch. Kommt man bei der Betrachtung eines Bildes heutzutage zu dem Schluss, es wurde «gephotoshoppt», dann weiss jeder, dass es digital manipuliert wurde. Wie fing das alles aber an?

Die Anfänge reichen zurück in das Jahr 1987. Damals war ein gewisser Thomas Knoll Doktorand an der University of Michigan und hatte auf seinem Apple Macintosh ein kleines Programm geschrieben, um Graustufenbilder auf einem Schwarzweiss-Monitor anzuzeigen. Die Software nannte er «Display». Das wäre sicher eine akademische Fingerübung geblieben, wäre nicht sein Bruder John bei Industrial Light & Magic beschäftigt gewesen. Diese Firma war aus der Trickfilm-Abteilung von George Lucas’ Star-Wars-Projekt entstanden und beschäftigte sich bereits mit den Anfängen digitaler Spezialeffekte. John wusste also, was die Spezialisten brauchten. Einige Jahre später (1993) sollten daraus einmal die Dinosaurier des Jurassic Park werden. Aber der Reihe nach …

John Knoll hatte die Idee, der Software seines Bruders einige Funktionen hinzuzufügen, um verschiedene Bildformate lesen und Filter verwenden zu können. Damit konnte man beispielsweise die Farben in Teilen des Bilds verändern (damals gab es bereits Auswahlbereiche!) sowie Bildteile kopieren und damit inhaltliche Veränderungen eines Bilds herbeiführen. Auf Youtube findet man einen schönen Clip, in dem John Knoll diese anfänglichen Möglichkeiten demonstriert.

Sodann gingen die Knoll-Brüder auf die Suche nach Partnern im Silicon Valley. Zunächst lehnten alle damals grossen Firmen wie Supermac oder Aldus ab. Lediglich der Scanner-Hersteller BarneyScan nutzte die Knoll-Software und lieferte insgesamt 200 Kopien mit seinen Diascannern aus. Der Autor dieser Zeilen hat 1989 mit dieser Software gearbeitet und gehört damit wohl zu den ersten 200 Photoshop-Anwendern weltweit.

Schliesslich wurde Russel Brown, der damalige Creative Director von Adobe Systems (vielen Photoshop-Anwendern eher bekannt als «verrückter Professor», dies aufgrund seiner Maskerade, in der er bei vielen seiner Tutorials auftrat), auf die Software aufmerksam. Eigentlich hatte Adobe eine andere Bildbearbeitungssoftware im Blick, lud jedoch die Knoll-Brüder im September 1988 zu einem Demo-Termin ein. Die Demo war offensichtlich überzeugend, denn man wurde sich per Handschlag einig.

Erst im Frühjahr 1989 wurde ein Vertrag unterzeichnet, in dem die Knoll-Brüder Adobe Systems eine Lizenz für die Nutzung ihrer Software einräumten (erst später verkauften sie die erfolgreiche Software an Adobe) und dann dauerte es nochmals fast ein ganzes Jahr, bis das Programm als Adobe Photoshop 1.07 auf den Markt kam. Zunächst lief das Programm nur auf dem Macintosh, erst mit der Version 2.5 vom November 1992 kam die erste Version für das Windows-Betriebssystem heraus.

Thomas Knoll zeichnete bis zur Version CS 4 für die Software-Entwicklung verantwortlich. Er war unter anderem massgeblich an der Entwicklung des Camera-RAW-Moduls beteiligt. Sein Bruder John blieb Visual Effects Supervisor bei ILM und war beispielsweise verantwortlich für die Spezialeffekte der Star-Wars-Trilogie, vieler Star-Trek-Kinofilme und der erfolgreichen Serie «Fluch der Karibik». Als Computer Graphics Project Designer für «The Abyss» (1989) und «Avatar» (2009) bekam er sogar Oscars verliehen.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instruc­tor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.

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