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Von Flaggschiffen und Topmodellen

Zum Ende des Jahres 2016 und nach der Photokina fassen wir die Highlights der Systemkamera-Neuheiten der vergangenen Monate zusammen.

Markus Zitt Ein weiteres schwieriges Jahr für die Fotobranche nähert sich ihrem Ende und hat Ende September mit der Imaging-Messe Photokina wohl ihren Höhepunkt hinter sich gebracht. Unter dem Titel «Qualität statt Quantität» kann man die diesjährigen Fotoneuheiten resümieren, denn es wurden besonders viele hochwertige Produkte mit fortschrittlicher Technik angekündigt.

Schubweise Neuheiten

Hinsichtlich Kameraneuheiten ist das Jahr 2016 fulminant gestartet und brachte in den ersten Wochen viele starke Kameraneuheiten. Etliche waren allerdings vorhersehbar und kursierten auch als Gerüchte.

Phase One durchbrach gleich zum Jahresbeginn die 100-Megapixel-Schallmauer mit der Einführung ihres «IQ3 100»-Digitalbacks, in dem ein 101-Mpx-CMOS-Bildsensor von Sony steckt. Hasselblad folgte mit demselben Sensor etwas später und stellte gleichzeitig das Kameragehäuse H6D vor. Damit hatten die Schweden ihr Pulver aber noch längst nicht verschossen – wie sich später im Juni herausstellen sollte, als sie mit der X1D die erste spiegellose Systemkamera des Mittelformats ankündigten.

Doch zurück zum Start des Jahres: Auch Nikon trumpfte gleich in der ersten Woche mit starken Neuheiten auf. Die Japaner vermeldeten ihr 12 fps schnelles Spiegelreflex-Flaggschiff D5 mit 20-Mpx-Kleinbild­sensor. Knapp vier Wochen später tat es Canon ebenso und kam mit der EOS 1D X Mark II und Mitte Februar folgte Pentax endlich mit ihrer ersten Vollformat-DSLR K-1 (36 Mpx). Seit 10 Jahren hatten Pentax-Fans darauf gehofft, doch erst im Februar 2015 gab es eine erste offizielle Vorankündigung.

Überraschen konnte Nikon mit der DSLR D500 (20 Mpx) als neuem APS-C-Topmodell, das nach der D300s von 2009 mehr als überfällig war. Längst hatte niemand mehr an (semi-)professionelle APS-C-DSLRs von Nikon geglaubt, zumal keinerlei Gerüchte kursierten.

Im Januar und Februar wurden nicht nur Spiegelreflexkameras bzw. DSLRs, sondern auch spiegellose kompakte Systemkameras, so genannte Compact System Cameras (CSC) angekündet. Attraktive CSC-Topmodelle im Retrostil kamen in dieser Zeit von Olympus mit der PEN F und von Fujifilm mit der X-Pro2, die mit starker Technik die bisherigen Kameras der beiden Marken deutlich übertreffen.

Ausgebremst

Mitte April ereigneten sich auf der japanischen Insel Kyushu in der Gegend von Kumamoto zwei heftige Erdbeben samt unzähligen Nachbeben, die etliche Opfer forderten und u. a. eine Sony-Fabrik für Bildsensoren für lange Zeit lahm legten. Da Sony dort nicht nur Sensoren für eigene Kameras produziert, sondern längst zu einem der grössten, bedeutendsten Sensorlieferanten für viele andere Kameramarken geworden ist, kam es in der Folge bei etlichen Kameramodellen zu Lieferengpässen. Dies dürfte auch die Ankündigung mancher Neuheiten verzögert – oder vielleicht bis heute gar ausgesetzt – haben.

2016 war also als aussichtsreiches Neuheitenjahr gestartet, konnte aber im weiteren Verlauf nur mit wenigen Neuheiten begeistern. Erst unmittelbar vor und an der Photokina kam eine zweite Neuheitenwelle.

High-End statt Ende

Den seit Jahren sinkenden Stückzahlen begegnen Kamera- und Objektivhersteller mit der Konzentration auf hochwertige und entsprechend hochpreisige Produkte. Mit wenigen, aber deutlich teureren Produkten, wird ähnlich viel Geld eingenommen wie mit der Masse an günstigen Produkten. Die höherwertigen Produkte können sich zudem punkto Ausstattung und Bedien­barkeit deutlicher von der Smart­phone-Konkurrenz abheben. Die Käufer erhalten so hochwertigere Produkte, müssen bei Neuheiten und Nachfolgemodellen jedoch damit rechnen, dass diese in einer höheren Preisklasse lanciert werden.

Bei Kompaktkameras wird der Trend zu höherwertigen und «höherpreisigen» Produkten besonders deutlich. Zwar lancieren einzelne Marken noch immer regelmässig Modelle zu Preisen von 80 bis 300 Franken, doch ist das Angebot inzwischen mager geworden. Immer mehr Kamerahersteller konzentrieren sich sehr oder (wie Fujifilm) gar ausschliesslich auf teure Modelle mit attraktiver Ausstattung, zu der starke oder lichtstarke Zooms oder hochauflösende elektronische Sucher zählen.

Bei Objektiven setzen Hersteller vermehrt auf edle lichtstarke Festbrennweiten, die in höheren Preisregionen angesiedelt sind. Beispiele sind die Milvus- und die exklusive Otus-Reihe von Zeiss oder die Art-Reihe von Sigma. Immer mehr Objektivhersteller entdecken zudem die Filmschaffenden als lukrativen Markt und präsentieren für diese besondere und deutlich teurere Ciné-Optiken, wie sie früher nur von Angénieux und Cooke zu haben waren.

Mit oder ohne Spiegel

Bei Systemkameras zeichnet sich eine unverminderte Entwicklung mit sinkenden Stückzahlen bei Spiegelreflexkameras und leicht wachsenden bei spiegellosen Systemkameras ab. Es sind meist die CSCs, die mit fortschrittlicher Technik und innovativen Funktionen (z.B. integriertes Fokus Stacking, 4K-Fotoserie) auftrumpfen, während neue DSLRs «lediglich» durch mehr Leistung (Serientempo, Auflösung, Empfindlichkeit) protzen.

Bei den DSLR-Marken Canon, Nikon und Pentax ist das Thema «Spiegellos» ein Trauerspiel. Während Ricoh Pentax die CSC-Reihen ihrer beider Marken schon lange eingestellt hat, scheint bei Nikon die CSC-Serie «Nikon 1» ein ähnliches Schicksal zu ereilen, denn dieses Jahr wurden keine Neuheiten präsentiert. Canon, die in ihren spiegellosen «EOS M»-Kameras im Gegensatz zur «Nikon 1»- und zur ehemaligen «Pentax Q»-Reihe auf den grossen APS-C-Sensor setzt, konnte bislang weder mir ihren Kameras noch dem mageren EF-M-Objektivsortiment überzeugen. Doch zur Photokina wurde mit der EOS M5 eine CSC angekündigt, die endlich punkto Design und Ausstattung auch ambitionierte Fotografen ansprechen könnte.

Allgemein scheint die Zeit reif dafür, dass CSCs auch in der Profifotografie Einzug halten, wo DSLRs noch immer als das einzig wahre Fotowerkzeug gelten. Immerhin haben Sony mit ihrer «Alpha 7»-Vollformatreihe und inzwischen auch Fujifilm mit ihrer X-Serie ein beachtliches Renommee bei Profis erlangen können.

Ein Indiz in Richtung CSCs für Profis sind auch die beiden ersten spiegellosen Mittelformatkameras. Überraschend hat Hasselblad im Sommer die X1D samt drei Objektiven als erstes spiegelloses Mittelformatsystem angekündigt. An der Photokina zeigte dann auch Fujifilm ein spiegelloses System, das aus der Kamera GFX 50s und vorerst sechs Objektiven besteht. Es soll 2017 erhältlich sein.

DSLR-Highlights

Für Fans leistungsstarker Spiegelreflexkameras und für Profis war 2016 ein gutes Jahr, denn jeder Hersteller brachte neue Flaggschiffe. Allen voran brillieren die Profi-DSLRs Canon EOS 1D X Mark II und Nikon D5, die gegenüber den Vorgängermodellen mit mehr Auflösung, mehr Serienbildtempo, mehr ISO und zeitgemässem 4K/UHD-Video punkten. Die Canon übertrumpft die Nikon mit Tempo bei Serienbildern (14 fps) und Video-Frameraten (echtes 4K mit 60 und 50 fps sowie Full HD mit 120 und 10 fps).

Die Nikon schlägt dagegen die Canon mit Lichtempfindlichkeit, die sich bis über ISO 3 Millionen steigern lässt, was bei den maximalen ISO-Werten wohl kein «berauschendes» Ergebnis bringen dürfte, dafür aber sicherlich eine überragende Qualität gegenüber der Canon bei ISO-Werten im Bereich von ISO 25 600 bis 204 800 erwarten lässt. Enttäuschend ist, dass sich Nikon bei 4K-UHD in der D5 und der D500 auf das Consumerformat UHD (3840 × 2160 px) beschränkt und nicht auch Ciné 4K (4096 × 2160 px bei 24p) unterstützt.

Auch Pentax brachte im Februar mit der K-1 ein Profi-Flaggschiff auf den Markt. Sie ist die erste digitale SLR des Pentax-Systems mit 36-Mpx-Sensor im Kleinbild-Vollformat und zudem massiv gegen Spritzwasser und Staub geschützt. Sie bietet einen grossen Funktionsumfang und eine moderne Ausstattung (Wi-Fi/WLAN, GPS). Speziell ist die bewegliche Befestigung des LCDs, das sich an Stangen herausziehen und sehr flexibel positionieren lässt.

Nicht minder interessant ist die Nikon D500 (20 Mpx; APS-C), die als eine kleine D5 betrachtet werden kann. Sie bietet nämlich eine ähnliche Ausstattung, breite AF-Abdeckung des Sucherbildes, hohes Serienbildtempo (10 fps) und moderne Funktionalität unter anderem mit dauernder Kommunikation mit einem Smartphone per Low-Energy-Bluetooth, was Nikon Snapbridge nennt. Eher als die D500 war eine D810-Nachfolgerin erwartetet worden, die vielleicht den 2015 bei Sony eingeführten 42-Mpx-Sensor besitzen würde. Aber daraus wurde nichts, denn Nikon hatte an der Photokina lediglich neue Action-Cams zu bieten.

Der 42-Mpx-Kleinbild-Vollformatsensor kam dann aber doch noch in einer DSLR. Mit der Alpha 99 II präsentierte auch Sony ihr neues Flaggschiff des A-Mount-Systems, das Sony vor 10 Jahren von Konica Minolta übernommen hatte, zuletzt aber etwas zu vernachlässigen schien – wohl wegen des Erfolgs mit dem spiegellosen E-Mount-System. Wie alle Sony-DSLRs seit 2010 nutzt auch die A99 II einen starren, teiltransparenten Spiegel, der etwas Licht zum schnellen AF-Phasen-Sensor zur Fokusmessung abzwackt und gleichzeitig zum Bildsensor durchlässt. Wie viele neuere Bildsensoren enthält auch dieser zusätzlich AF-Phasen-Detektoren und ist nicht auf die AF-Kontrast-Messmethode beschränkt. Die A99 II verspricht durch Kombination der beiden AF-Systeme und eine grossflächige Abdeckung des Sucherbilds einen schnellen, präzisen Autofokus. Darüber hinaus bietet sie eine hohe Serienbildrate von 12 fps und kann diesbezüglich mit den Profi-DSLRs von Canon und Nikon mithalten, wobei sie mit ihren 42 Mpx die doppelte Datenmenge einer EOS 1D X Mark II oder einer D5 verarbeitet.

Ein weiteres DSLR-Highlight kam von Canon einige Wochen vor der Photokina mit der ebenfalls lang ersehnten EOS 5D Mark IV, die nun mit einem höher auflösenden 30-Mpx-Sensor ausgestattet ist. Der Sensor zeigt einen höheren Dynamikumfang als bisherige Canon-Sensoren und bietet durch die enthaltenen «Dual Pixel AF»-Elemente eine schnellere Autofokussierung im Live-View- und Videobetrieb. Speziell ist die Möglichkeit des neuen «Dual Pixel Raw»-Formats, die Schärfeebene bei der Raw-Konvertierung am PC ein klein wenig zu verlagern, um zum Beispiel die Schärfe in einem Porträt nachträglich exakt auf ein Auge zu legen.

CSC-Highlights

Wie bei den DSLRs wurden auch bei den spiegellosen kompakten Systemkameras überwiegend starke Topmodelle oder gar Flaggschiffe lanciert. Darüber hinaus wurden die ersten beiden spiegellosen Mittelformatkameras angekündigt.

Den Auftakt machte Fujifilm Mitte Januar und stellte mit der X-Pro2 die Nachfolgerin der X-Pro1 vor. Die neue besticht durch viele sinnvolle Verbesserungen und endlich mit einem 24-Mpx-Sensor anstelle des bis dato bei Fuji üblichen 16-Mpx-Sensors. Herausragendes Merkmal ist wie bei der Vorgängerin der Hybridsucher, der sich zwischen optischem und elektronischem Sucher umschalten lässt. Des weiteren besticht die X-Pro2 durch Leistungssteigerung (AF, Auflösung, ISO) und optimierte Bedienung (Joystick für AF-Punkt).

Im Sommer folgte die X-T2 von Fuji, die designmässig an eine DLSR erinnert, die meisten Neuerungen der X-Pro2 (ausser dem Hybrid-Sucher) übernimmt, aber mit beweglichem LCD, höherem Serienbildtempo sowie UHD-Video noch einiges oben drauf setzt.

Kurz nach der X-Pro2-Ankündigung im Januar folgte Olympus mit dem Flaggschiff der gestylten PEN-Linie. Die PEN F wurde gegenüber bisherigen PEN-Modellen stark verbessert und brilliert mit mehr Auflösung (20 Mpx statt der bislang üblichen 16 Mpx), hoch auflösendem EVF, schnellerem AF und gesteigerten ISO-Werten (siehe dazu auch Publisher 3-16, Seite 49).

An der Photokina kündigte Olympus als eines der Messe-Highlights das erwartete Flaggschiff der DSLR-ähnlichen «OM-D»-Reihe an. Die neue OM-D E-M1 Mark II besticht durch pures Tempo, denn sie schiesst 18 Fotos pro Sekunde mit Autofokus, bei fixiertem AF sogar 60. In ihrem Pro-Capture-Modus nimmt die E-M1 Mark II bereits 14 Fotos vor dem Drücken des Auslösers auf. Dazu kommt ein schneller Autofokus bei grossflächigerer Abdeckung des Sucherfeldes.

Eine frühe Überraschung anlässlich der Fotomesse CP+ Ende Februar 2016 waren die zwei ersten Spiegellosen von Sigma. Die sd Quattro (39 Mpx, 23,5 × 15,5 mm) und die sd Quattro h (51 Mpx, 26,6 × 17,9 mm) sind weitgehend identisch, aber mit unterschiedlich grossen Sensoren bestückt. Ihre Foveon-Sensoren sind statt einschichtig in drei RGB-Schichten aufgebaut und verzichten auf die gängigen Bayer-Farbfilter und vermeiden so die qualitätsmindernde Farbinterpolation. Dank ihrem «Sigma SA»-Bajonett können bestehende (D)SLR-Objektive von Sigma verwendet werden.

Von Sony hatte man – allerdings vergeblich – spätestens zur Photokina eine professionelle Alpha 7 erwartet, zumal Sony ihr E-Mount-System dieses Jahr mit sechs Vollformatobjektiven ausgebaut hat. Vier davon waren lichtstarke Festbrennweiten und Zooms, die eigentlich nicht so richtig an die zierlichen «Alpha 7»-Kameras, sondern eher an ein fettes Profimodell passen. Während es Objektive zum spiegellosen E-Mount-System hagelte, blieb es Kamera-mässig ruhig. Im Frühling kam lediglich die sehr kompakte Alpha 6300 mit APS-C-Sensor. Sie reklamiert für sich den schnellsten Autofokus aller CSCs mit dieser Sensorgrösse und die meisten Autofokuspunkte. Anfang Oktober erschien bereits die Alpha 6500 mit noch mehr AF-Punkten, höherem Serienbildtempo und sensorbasierter 5-Achsen-Bildstabilisierung.

Von Panasonic wurde vor allem von Filmschaffenden das Flaggschiff Lumix GH5 erwartet, doch diesbezüglich beschränkte sich Panasonic an der Photokina auf dessen vage Vorankündigung. Die GH5 soll im ersten Halbjahr 2017 kommen und 4K/UHD mit 60 fps aufnehmen sowie einen 6K-Fotomodus besitzen, der eine schnelle Serie mit 30 (oder 60) fps an Einzelbildern mit 18 Mpx liefert. Schaut man sich die Videofähigkeiten der an der Photokina vorgestellten Bridgekamera Lumix FZ2000 an (kann als günstigere Kamera 4K/UHD per HDMI in 10 Bit 4:2:2 extern ausgeben), dürfte die leistungsstärkere GH5 dies sicher auch beherrschen – vielleicht sogar bei interner Aufzeichnung.

Mittelformat-CSCs

Überraschend hat Hasselblad Mitte Juni 2016 mit der X1D die erste kompakte spiegellose digitale Mittelformat-Systemkamera vorgestellt. In ihr steckt der Sony CMOS-Sensor (43,8 × 32,9 mm) mit 50 Mpx und einem Dynamikumfang von bis zu 14 Blendenstufen. Dazu gibt es die neue XCD-Objektivreihe mit 30 mm, 45 mm und 90 mm (KB: 24 mm, 50 mm, 71 mm). Die drei Objektive verfügen über einen Zentralverschluss, was die Verwendung eines Blitzgerätes bei allen Verschlusszeiten bis 1/2000s erlaubt. Objektive des H-Systems lassen sich adaptieren. Das wettergeschützte Gehäuse ist modern gestaltet, klein (150 × 98 × 71 mm) und leicht (725 Gramm mit Akku). Die X1D bietet einen Empfindlichkeitsbereich von ISO 100 bis 25 600 und kann Videos in Full HD (1080/25p) aufnehmen. Sie verfügt über zwei SD-Speicherkartensteckplätze sowie GPS und Wi-Fi/WLAN.

Schon seit Jahren war spekuliert worden, dass auch Fujifilm ins digitale Mittelformat einsteigen könnte, zumal Fuji einst analoge Mittelformatkameras hergestellt hatte. 2016 verdichteten sich die Gerüchte. So war die Pressekonferenz an der Photokina zum Bersten voll, als Fujifilm ihr spiegelloses Mittelformatsystem mit der Kamera GFX 50s und sechs Objektiven für 2017 ankündigte. Während die Hasselblad mit ihrer Touchscreen-Bedienung und ihrem modernen Design wie ein edles Lifestyle-Gerät wirkt, tritt die Fuji als Fotowerkzeug mit vielen Bedienelementen auf. Ihr Gehäuse wirkt wie eine vergrösserte X-T2 ist aber kaum grösser als eine Kleinbild-DSLR. Auch in ihr steckt derselbe 50-Mpx-Sensor. Ihr elektronischer Sucher lässt sich entfernen, was die Kamera etwas kompakter macht. Mit einem optionalen Gelenk kann er hochgeklappt und seitlich geschwenkt werden. Auch der LCD ist beweglich und kann bei Quer- und Hochformataufnahmen geneigt werden. Während bei der Hasselblad der Verschluss in den Objektiven steckt, hat ihn Fujfilm in die Kamera integriert. Er erlaubt so kürzere Verschlusszeiten von 1/4000s. Dafür beträgt die kürzeste Blitzsynchronzeit nur 1/125s. Dank dem internen Verschluss lassen sich Fremdobjektive adaptieren. Die GFX 50s wird mit Sucher, aber ohne Objektiv ausgeliefert und soll mit einem Objektiv günstiger als das Hasselblad-Gehäuse (CHF 9595.–) sein.

Beide Kameras sind unter der 10 000-Franken-Grenze angesiedelt und bilden neben der Mittelformat-DSLR Pentax 645Z die günstigsten Einstiegsmöglichkeiten.

Mittelformat-Highlights

Den Auftakt zur Neuheitenrunde 2016 machte Mittelformathersteller Phase One mit seinem digitalen Rückteil IQ3 100, in dem ein 101-Mpx-Sensor mit einem Dynamikumfang von 15 Blendenstufen steckt. Dieser stammt von Sony ist ein CMOS-Typ wie jener, der als erster CMOS-Sensor fürs Mittelformat im Jahr 2014 eingeführt und ab da in vielen Mittelformatsystemen verbaut wurde. Jener 50-Mpx-CMOS-Sensor hat ab da die Anwendungsmöglichkeiten des Mittelformats durch höhere ISO-Empfindlichkeiten, schnellen Live View und sogar Videoaufnahmen revolutioniert. Dieser 50-Mpx-CMOS-Sensor steckt in den beiden kompakten spiegellosen Mittelformat-Systemkameras von Hasselblad und Fujifilm. Der neue 100-Mpx-Sensor ist mit 53,4 × 40,0 mm grösser als der 50-Mpx-Sensor mit seinen 43,8 × 32,9 mm und gilt daher als Mittelformat-Vollformatsensor.

Auch Hasselblad hat den 100-Mpx-Sensor in das neue Kameragehäuse H6D verbaut, das so als H6D-100c zu haben ist. Eine günstigere Variante gibt es als H6D-50c mit dem 50-Mpx-Sensor. Beide H6D-Kameras können in Full HD filmen, die H6D-100c beherrscht sogar UHD/24p und kann Videos als Cinema-DNG aufzeichnen. Das neue H6D-Gehäuse bietet endlich einen etwas zeitgemässeren LCD mit 920 statt 230 Bildpunkten sowie Touch-Bedienung. Integriert sind zudem Wi-Fi/WLAN und USB 3.1 mit dem neuen Stecker des Typs C.

Von Mamiya-Leaf, die zu Phase One gehört, und Pentax hatte man ebenfalls eine Sortimenterweiterung mit 100 Mpx erwartet, doch diese werden, wenn überhaupt, erst im kommenden Jahr ein Thema werden. Stattdessen kündigte Phase One ein zweites 100-Mpx-DigiBack an. Das preiswertere «IQ1 100» steckt im einfacheren IQ1-Gehäuse.

Dass es keine Pixelrekorde für interessante Mittelformatprodukte braucht, zeigt die seit 2013 zur Leica gehörende Sinar. Sie hat zur Photokina ein Rückteil vorgestellt, das mit einem relativ kleinen (30 × 45mm) und vergleichsweise niedrig auflösenden 36- Mpx-Sensor auskommt. Im «Sinar S 30|45» steckt ein CMOS-Sensor, wie er in der Leica S (Typ 007) zum Einsatz kommt. Damit erlaubt das Back an einer modularen Sinar-Kamera rauscharme Aufnahmen mit hohen ISO-Werten und sogar Videoaufnahmen in 4K, UHD und Full HD – mit den Verstellmöglichkeiten einer Fachkamera.

FaZitt

Das Jahr 2016 ist trotz wirtschaftlich trüben Aussichten für die Fotobranche mit den vielen starken Kameraneuheiten ein Jahr voller Highlights gewesen. Fans beinahe jeder Marke können sich über neue und sehr leistungsstarke Kameras freuen. Canon, Nikon, Pentax und zuletzt Sony sowie Hasselblad brachten mit ihren DSLR-Profimodellen und den universelleren (semi)professionellen Topmodellen die ersehnten Werkzeuge mit fortschrittlichster Technik.

Die Post ging jedoch bei den spiegellosen Systemkameras ab, wo Olympus (PEN F und OM-D E-M1 Mark II), Fujfilm (X-Pro2, X-T2 und GFX-System) und Hasselblad (X1D) die wahren Highlights des Jahres präsentierten.

Hier finden Sie weitere Infos zur Photokina und eine Liste der Neuheiten mit technischen Daten.

Auf der Website des Autors (markuszitt.ch/publisher) steht ein PDF mit einer ausführlichen Kamera-Marktübersicht bereit.