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Ziffernformen im Wandel

Mit den heute gebräuchlichen 10 arabischen Ziffern lässt sich die ganze Zahlenwelt abbilden. Aber erst OpenType erfüllt alle Wünsche und Anforderungen des gehobenen Corporate Design.

RALF TURTSCHI «Die indischen Ziffern (in Europa auch als indisch-arabische Ziffern oder umgangssprachlich arabische Ziffern bekannt) sind eine Zahlschrift, in der Zahlen positionell auf der Grundlage eines Dezimalsystems mit neun aus der altindischen Brahmi-Schrift herzuleitenden Zahlzeichen und einem eigenen, oft als Kreis oder Punkt geschriebenen Zeichen für die Null dargestellt werden.» So beschreibt Wikipedia das Zahlensystem, welches im 10.–12. Jahrhundert in unserem Kulturraum die griechischen und römischen Zahlzeichen verdrängte.

Hier soll es jedoch nicht auf eine geschichtliche Abhandlung hinauslaufen, sondern um die praktische Anwendung von Ziffern und ihren optischen Problemen in der Praxis gehen. Jede lateinischstämmige Schrift besitzt neben ihren 26 Buchstabengrundformen 10 Ziffern und weitere Sonderzeichen, die in ihrem Duktus der Schrift angepasst werden. Einer 7 der Futura sieht man es an, dass sie eine Futura-7 ist und sogar eine 1 verrät anhand des Dächleins ihren Schriftcharakter. Die Zahl 1 ist das Problemkind der Ziffern, weil sie weniger breit gestaltet ist, daher unregelmässige Abstände verursacht. Mit einer Serife und einem weiten Anstrich kann dem weitgehend abgeholfen werden. Die Serifenlosen mit einer Serife an der 1 zu gestalten, scheuen aber viele – zu Unrecht, wie heute viele Beispiele vormachen.

Die Formatentwicklung PostScript, TrueType, OpenType macht es heute möglich, dass Zigtausende von Zeichen in einen Font gepackt werden können, früher war bei 256 Schluss. Die Zeichengenerierung erfolgt heute automatischer, die Strichstärken, die Breiten und Lagen werden errechnet, nicht neu gezeichnet. OpenType umfasst heute verschiedene Ziffernformen, die alle richtig eingesetzt werden wollen. Wir unterscheiden Versalziffern, die die gleiche Höhe aufweisen, und Mediävalziffern, die Ober- und Unterlänge aufweisen. Im Grundtext verwendet man Mediävalziffern, weil sie das natürliche Auf und Ab der Buchstaben aufnehmen. Bei Aufstellungen und Zahlendarstellungen verwendet man Versalziffern, die etwas steifer und ruhiger sind. In Visitenkarten und der Geschäftskorrespondenz sind Versalziffern besser, weil sie etwas grösser zeichnen und deshalb besser leserlich sind. Diese beiden Zifferarten sind für Tabellen mit gleicher Zeichenbreite ausgestattet und für den Grundtext mit individueller Breite (s. Abb. rechts unten). Zusätzlich existieren Ziffern für Brüche und mathematische Formeln, die kleiner und hoch- oder tiefstehend sind.

Bei den Ziffern ist es wichtiger als beim Text, dass sich die Einzelzeichen gut unterscheiden, weil im Text ein falsches Zeichen durch den Kontext «korrigiert» wird, bei den Zahlen ist dies nicht der Fall. 4811 wird nicht automatisch zur Parfümmarke 4711.