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Apps und Hardware verschmelzen Desktop- und iOS-Plattform

Die Rundumerneuerung der Creative Cloud bringt für 14 Programme zahlreiche neue Funktionen. Zudem wird Adobe mit Ink und Slide zum Hardware-Anbieter: Der Stift und das Lineal bringen mobile und Desktopanwendungen näher zusammen.

jürgen franck Mitte Juni hat Adobe das Resultat der Erneuerung seiner Publishing-Produktesammlung Adobe Creative Cloud freigegeben. 14 Programme liegen damit in mehr oder weniger umfangreich verbesserten Versionen vor. Sie können aus der Creative Cloud heraus aktualisiert werden – ein CC-Abo vorausgesetzt. Die Änderungen in InDesign, Illustrator und Photoshop werden in nachfolgenden Artikeln vorgestellt und mit Praxisbeispielen unterlegt.

Tablet und Creative-Cloud-Produkte verschmelzen

Doch die Ankündigung der neuen Features war nicht das Einzige oder das unbedingt Entscheidende, was Adobe an der Presseorientierung Mitte Juni verlauten liess. Vielmehr sollen die Softwareprodukte noch besser integriert und – dort, wo es Sinn macht – Apps auf Tablets und Smartphones als Zubringer oder Datenorganisierer und -optimierer der Anwenderschaft die Plattformwahl nochmals ein Stück vereinfachen. Adobe gab gleich ein Beispiel: Wenn man schon mit dem iPhone oder iPad fotografiert, warum dann nicht dort bereits eine Vor­auswahl treffen, Bilder bewerten (im bekannten 1-bis-5-Sterne-System), Bildanpassungen vornehmen und sie erst dann oder eventuell zu einem späteren Zeitpunkt mit Adobe Photo­shop weiter bearbeiten … Diese Überlegung hat deshalb etwas für sich, weil zunehmend mit Smartphones fotografiert wird und deren Bildqualität in den letzten Jahren auch kontinuierlich verbessert wurde.

Im ähnlichen Stil wie es Apple vor Anfang Juni für die neuen Betriebssysteme OS X Yosemite und iOS 8 für diesen Herbst in Aussicht gestellt hat, verzahnt Adobe seine Desktopprogramme mit neuen Apps für das iPad und das iPhone. Adobe wird mit drei Apps starten: Adobe Sketch, womit sich beeindruckend einfach Skizzen anfertigen lassen, die dann mit dem Status «in Arbeit» versehen und zu gegebener Zeit weiterbearbeitet werden können – Bleistiftsimulation (2B- oder HB-Mine) und etwa Markereffekt inklusive.

Mit Adobe Line lassen sich Vektorgrafiken in bisher nicht gekannter Qualität und Einfachheit erstellen – damit ist die App das ideale Ergänzungswerkzeug für Adobe Illustrator. Adobe hat für diesen Zweck ein digitales Kurvenlineal beziehungsweise -werkzeug entwickelt.

Die Erweiterung von Photoshop realisiert Adobe mit Adobe Photoshop Mix; der Clou dieser App ist, dass Aufgaben, die normalerweise aufgrund fehlender Rechenleistung nicht auf dem iPad durchgeführt werden können, stattdessen von mächtigen, auf Adobe-Servern laufenden Cloudprogrammen bewerkstelligt werden. Folgendes Beispiel soll dies veranschaulichen: Die aus jüngeren Photoshop-Versionen bekannte, inhaltsbasierende Freistellerfunktion in Photoshop Mix lässt auf dem iPad die einfache Auswahl eines zu entfernenden Bildbereichs zu; danach wird das Bild an die Cloud übertragen, dort freigestellt und ans iPad zurückgeschickt. All das ist nichtdestruktiv möglich und kann bei Bedarf ausgehend vom Original wieder zurückgesetzt werden. Natürlich kann auf das Bild später mit Photoshop auf dem Arbeitsplatzrechner zugegriffen und daran weitergearbeitet werden.

Nachdem die bisherigen iPad-Produkte vom Autor dieses Beitrags eher in die Ecke «erste Versuche» gestellt oder als Spielzeug klassifiziert worden sind, haben diese Produkte zumindest das Potenzial, den einen oder anderen Produktionsablauf gelegentlich oder regelmässig zu verändern. Es bleibt abzuwarten, wie diese Verschmelzung angenommen wird – an den Kosten wird es kaum liegen, da die drei Apps Sketch, Line und Mix für Adobe-CC-User kostenlos sind.

Adobe nun auch Hardware-Anbieter

Ein richtiges Novum ist der Launch zweier Hardwarehilfsmittel für das iPad. Zwei von Adobe schon früher gezeigte Werkzeuge kommen nun definitiv als Adobe Ink und Adobe Slide auf den Markt. Adobe Ink ist ein Eingabestift, mit dem sich drucksensitiv auf dem iPad arbeiten (zeichnen, malen, konstruieren) lässt – Adobe Slide ist das dazu passende Lineal. Soll nur mit den Werkzeugen gearbeitet werden, dann kann eine Einstellung in der Software die Eingaben mit den Fingern verunmöglichen.

Die «Creative Cloud Connected Hardware», die nur im Set erhältlich ist, geht ab sofort für 199 US-Dollar in den USA über die Ladentische. Die Preise für die Schweiz sind noch nicht bekannt, die beiden Tools sollen aber laut Adobe noch im Laufe dieses Jahres verfügbar sein. Eine spezielle Entwicklerumgebung für das via Bluetooth mit dem iPad kommunizierende Eingabegerät (in der Fachsprache wird dies Software Developer Kit bzw. SDK genannt) wird es künftig auch Drittanbietern ermöglichen, Software­lösungen zu entwickeln, die innerhalb der Adobe-Produkte auf die Möglichkeiten der beiden Hilfsmittel zugreifen können.

Die an der Presseorientierung in Zürich gezeigten Möglichkeiten sind beeindruckend: Schnell und einfach lassen sich mithilfe der zugehörigen, oben beschriebenen Apps Skizzen erstellen und dank der Drucksensitivität des Stifts realitätsnah füllen oder relativ einfach dreidimensionale Objekte konstruieren.

Die Produkte sind (bald) da; die Praxis wird zeigen, ob und wie weit die von Apple bei der Einführung des iPhones verpönten Eingabetools auf der iOS-Plattform erfolgreich sind und ob diese Verbindung von Computer und Tablet überhaupt gefragt ist. Unabhängig davon ist die Verschmelzung von Desktoprechnern mit Tablets dank den Hardware- und Software-Tools jedenfalls einen grossen Schritt vorwärtsgekommen.