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Das Beste aus schlechten Bildern herausholen

Gute Bilder in Optik-Knaller verwandeln: Das ist in Photoshop nicht allzu schwer. Auch für Composing, Grafik-Nachtuning sowie den ganz normalen Bild-Workflow ist Photo­shop gut gerüstet. Das gilt zum Glück auch für das Retten missratener Bilder.

günter schuler Schön wärs, wenn das Bildmaterial, das man in Photo­shop bearbeitet, immer toll daherkommen würde. Bekanntlich fährt das Programm sein Potenzial vor allem da richtig aus, wo es bereits von Haus aus wenig auszusetzen gibt. Kleine Kontrastkorrektur, Farbkorrektur, und schon kann es mit dem kreativen Finalisieren losgehen. Wie Bildbearbeiter und Bildbearbeiterinnen wissen, sieht der Arbeitsalltag allenfalls in Teilen so aus. Schlechte Kundenvorlagen, suboptimales Ausgangsmaterial, danebengegangene Fotoshootings, schlechte Scans, verwackelte Aufnahmen, unvorteilhafte Ausschnitte, schlechte Belichtung, schlechte Bearbeitungsformate, überschärfte Vorlagen, die darüber hinaus viel zu klein sind, hinzukommend falsche Bildgrös­sen und Bildauflösungen – all dies macht einen Grossteil der täglichen Arbeit am Rechner aus.

Die Gründe, warum das so ist, liegen auf der Hand: menschliche Fehler und, in den meisten Fällen, Umstände, die sich neu ergeben haben. Ergebnis: Es muss improvisiert werden. Was getan werden muss und was schliesslich getan wird, hängt vor allem von zwei Faktoren ab: von praktischen Workflow-Gegebenheiten (gegebenenfalls Ersatzbild da? Manko: wie schlimm?) und vom zu veranschlagenden Zeitaufwand. Den entscheidenden Rahmen setzt letztlich Faktor zwei – der Aufwand. Um die im Anschluss beschriebenen Korrekturtechniken besser klassifizieren zu können, führen wir an dieser Stelle drei Aufwandsgruppen ein. Aufwand:A umfasst die Gruppe der einfachen Bordmittel. Die Techniken sind in den Grundzügen bekannt und lassen sich ohne grossen Zeitaufwand zum Einsatz bringen. Aufwand:B umfasst die Gruppe der etwas aufwändigeren Retuschiertechniken. Neben dem Faktor Erfahrung stellt sich hier die Frage, ob eine entsprechende Bearbeitung vertretbar ist. Die Technikengruppe vom Typ Aufwand:C eignet sich schon vom Typ her nicht für diesen Beitrag. Sie betrifft aufwändige Eingriffe ins Bild – bis hin zum ersatzweisen «Imaginieren» defekter Bildteile. Beispiele: eine digitale Gesichtsneukomposition auf der Basis eines alten Fotos, oder eine Bildmontage aus mehreren Aufnahmen einer Serie. Hier ist nicht nur der Weg zum Ziel stark abhängig von dem konkreten Ziel. Auch der Zeitaufwand tendiert oft in Richtung Tage oder, im Extremfall, sogar Wochen.

Die normalen Bilddefizite (der Aufwandsgruppen Aufwand:A und Aufwand:B) lassen sich meist sieben Gruppen zuordnen. Diese sind:

  • Unschärfe und Verwackelung,
  • zu wenig Auflösung bzw. deutlich unzureichende Bildgrösse,
  • Überschärfung und andere Formen der «Überbearbeitung»,
  • zulaufende Tiefen und/oder ausbrechende Lichter bei nur 8 Bit Farbtiefe,
  • schlechte, unpassende Bildfarben,
  • suboptimale Bildausschnitte,
  • sonstwie uninteressante und/oder schlecht aufgenommene Motive.

Unschärfe und Verwackelung

Unschärfe und Verwacklung sind – trotz kameraeingebauter Bildstabilisatoren – nach wie vor Bildmanko Nummer eins. Was tun? Leider steckt der im Vorfeld der CS-6-Veröffentlichung angekündigte Deblur-Filter weiterhin in der Entwicklungspipeline. Das Grundproblem hier besteht darin, dass die durch Fehlfokussierung oder Verwackelung getilgte Information kaum noch oder gar nicht mehr rekonstruierbar ist. Für das Kaschieren dieses Informationsdefizits stellt Photoshop ein paar Techniken zur Verfügung. Die gute Nachricht: Sie sind allesamt in Gruppe Aufwand:A angesiedelt, also mit geringem Aufwand anwendbar. Die allereinfachste Technik besteht darin, das Bild deutlich zu verkleinern. In Zeitschriftenspaltengrösse fällt eine Verwackelung meist nicht mehr weiter auf. Dasselbe gilt für ein entsprechendes Onlineformat. Der nötige Verkleinerungsfaktor hängt vom Ausmass der Unschärfe oder Verwackelung ab. Faustregel: 25 Prozent der ursprünglichen Bildgrösse. Gut tut der Verkleinerung schliesslich eine angemessene Nachschärfung.

Kann ein Bild – aus welchen Gründen auch immer – nicht auf ein Format verkleinert werden, das die Unschärfe obsolet macht, wird die Angelegenheit etwas happig. Sicher gibt es Verfahren, den mangelhaften Schärfe­eindruck mit digitalen Verfahren hochzutrimmen. Eines davon macht sich die Interpolationsmethode Bikubisch schärfer zunutze. Hierbei wird das Bild in mehreren Schritten vergrössert, anschliessend – ebenfalls in mehreren Schritten – zurückverkleinert bis hin zum finalen Format. Die zur Anwendung kommende Interpolationsmethode Bikubisch schärfer sorgt dabei für einen Tick mehr Konturenschärfe. Aufwand dieser Technik: Gruppe A. Zusätzlich vereinfachen lässt sie sich durch spezielle Aktionen, die ein Bild in Prozentschritten vergrössern und/oder verkleinern – inklusive der passenden Interpolationsmethode.

Einen ähnlichen Ansatz – retten, was zu retten ist – verfolgt der Scharf-zeichnungsfilter Selektiver Scharfzeich-ner. Anders als der Standardfilter Un-scharf maskieren offeriert der Selektive Scharfzeichner drei unterschiedliche Methoden: Gaussscher Weichzeichner (entspricht der Technik, die auch im Filter Unscharf maskieren zur Anwendung kommt), Objektivunschärfe und Bewegungsunschärfe. Die beiden letzten Methoden zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine körnigere, stärker auf Details ausgerichtete Art der Schärfung durchführen. Beispiel: die stark verwackelte Wachsfigur-Nachbildung der Schauspielerin Liza Minelli – aufgenommen in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett in Berlin. Mithilfe eines passenden Werts für Winkel sowie eines Radius-Werts, der auf die Unschärfe im Bild abgestimmt ist, kann die vorhandene Unschärfe auf ein erträgliches Mass abgemildert werden.

Bilder (stark) vergrössern

Ein ähnliches Problem steht dann an, wenn Bilder stark vergrössert werden sollen. Auch hier spricht die im Bild vorhandene Schärfe oder Unschärfe letztlich das entscheidende Wort. Generell gilt: Bei guten (also scharfen) Aufnahmen besteht ein vergleichsweise grosser Spielraum nach oben. Bei Bildern mit Defiziten hingegen sind Vergrösserungen generell problematisch: Unschärfe wird noch unschärfer, fehlende Details machen sich noch deutlicher bemerkbar. Dreh- und Angelpunkt einer gelungenen Vergrös­serung ist die richtige Schärfe (siehe auch anschliessenden Absatz). Wird die Schärfung, wie es sein soll, erst am Schluss vorgenommen, sind die Chancen auf eine einigermassen (oder sogar einschränkungslos) knackig wirkende Reproduktion gut.

Photoshop empfiehlt zwar, die Methode Bikubisch schärfer vor allem beim Verkleinern anzuwenden. Wegen des bereits aufgeführten Vorschärfe-Effekts kann man sich die Vorteile dieser Methode allerdings auch beim Vergrös­sern zunutze machen. Eine mögliche Vorgehensweise: Man vergrössert das Bild weit über das Zielformat hinaus und verkleinert anschliessend zurück auf das Zielformat – eben mit Bikubisch schärfer. (Aufwands-)Technisch liegen die Anforderungen alle im unteren Bereich (also: Aufwand:A). Dies gilt auch für Vergrösserungen mit dem Befehl Bearbeiten > Inhaltsbasiert skalieren. Da diese Methode sehr frei mit dem Bildmaterial umgeht (indem vor allem detailarme Bildbereiche vergrös­sert werden), ist sie für klassische Vergrösserungen jedoch ungeeignet.

Überschärfungsartefakte abmildern

Die meisten Bilder, die Sie bearbeiten, landen vermutlich nicht am Anfang eines Workflows auf Ihrem Rechner, sondern irgendwo in der Mitte. Nicht ungewöhnlich ist auch die Situation, dass ein Bild vorne wieder neu eingespoolt wird. Beispiel: eine Vorlage aus dem Internet. Genehmigung, etwa seitens des Kunden, liegt vor. Nachteil: Das Bild von Mitarbeiter X für Broschüre Y liegt leider nur in Form eines Mini-Pics aus dem Internet vor. Zusätzliche Hürde: Für die neue Zielgrösse ist das Bild gnadenlos überschärft. Was tun? Eine Möglichkeit, vorhandene Überschärfungsartefakte posthum abzumildern, besteht darin, als Erstes eine Maske zu erstellen – für die Konturbereiche, in denen die Überschärfung am deutlichsten zutage tritt. Vorgehensweise: Neuen Alpha-Kanal im Bedienfeld Kanäle anlegen, Bild in diesen einkopieren und im Anschluss mit dem Stilisierungsfilter Leuchtende Konturen bearbeiten – und zwar so, dass die kleinen Konturen weggeglättet werden, die Hauptkonturen jedoch in ausreichender Breite erscheinen. Werte: hohe Kantenbreite, niedrige Kantenhelligkeit, hohe Glättung.

Im anschliessenden Schritt erzeugen Sie per Befehlstaste + J eine Ebenenkopie. Durch Laden des Alpha-Kanals als Auswahl (Klicken auf das Alpha-Kanal-Icon mit gehaltener Befehlstaste) und Anwählen des Befehls Ebene > Ebenenmaske > Auswahl einblenden versehen Sie die obere Ebene mit einer Ebenenmaske, welche lediglich die Hauptkonturen freigibt. In dieser Ebene können Sie nun zielgerichtet die Scharfzeichnungsartefakte glätten. Sinnvoll ist in der Regel einer der ambitionierteren Weichzeichnungsfilter – also der Selektive Weichzeichner oder Matter machen. Sind die Scharfzeichnungshalos genügend gemindert, rechnen Sie die maskierte Ebene (die Sie zur Verstärkung der Glättung zuvor auch ein- oder mehrmals kopieren können) zusammen mit der Hintergrundebene flach und schärfen das Bild erneut – diesmal mit angemessenen Werten. Aufwandstyp dieser Prozedur: eindeutig B. Was heisst: Kommt diese Art Bilder in Ihrem Workflow öfter vor, sollten Sie das Anlegen von Glättungsebenen vielleicht durch eine Aktion automatisieren.

Zu wenig «Reserve»: was tun?

«Überbearbeitet» können Bilder aus den unterschiedlichsten Gründen sein – unter anderem auch aus dem, dass die Aufnahmekamera bei Kontrasten und Farben etwas zu eifrig nachgeholfen hat. Ergebnis in vielen Fällen: stark beschnittene Tiefen und Lichter – entweder, weil der Kollege im Workflow zuvor stark die Kontraste hervorgekehrt hat, oder einfach wegen der JPEG-Speicherung der Kamera. Der reinen Lehre der Bildbearbeitung gemäss können Sie diese Mankos durch konsequentes Arbeiten mit RAW-Daten vermeiden. Was, wenn ein Bild in 8 Bit Farbtiefe und im Format JPEG vorliegt, bei dem die Tiefen zulaufen und/oder die Lichter ausbrechen? Als Erstes können Sie einen Rettungsversuch mit Camera Raw starten. Markieren Sie in Bridge die entsprechende Datei und wählen Sie im Kontextmenü den Befehl In Camera Raw öffnen (Alternative: der Shortcut Befehlstaste + R), können Sie auch bei Tiff- oder JPEG-Dateien den Camera-Raw-Dialog zwischenschalten. Klicken Sie auf die beiden Buttons links und rechts oben über dem Histogramm, zeigt Ihnen das Bildvorschaufenster mit roter und blauer Farbe an, wo Lichter ausbrechen und Tiefen zulaufen. Diese Bereiche können Sie nun unter Zuhilfenahme der Regler im Basic-Reiter trimmen – insbesondere die beiden Parameter Tiefen und Lichter.

Wie sieht es in Photoshop selbst aus? Eine Warnanzeige für Tiefen und Lichter ist dort zwar leider nicht vorhanden. Der Korrekturbefehl Tiefen/Lichter funktioniert jedoch nach einem ähnlichen Schema wie die beiden Regler Tiefen und Lichter in Camera Raw. Eine andere unkonventionelle Möglichkeit besteht darin, das Bild in 32 Bit hochzukonvertieren und die Kontrastkorrektur mit dem Befehl HDR-Tonung vorzunehmen. Ist das Bild kein echtes HDR-Bild, versucht HDR-Tonung in der Regel, möglichst viele Helligkeitsdifferenzen in Farbdifferenzen umzusetzen. Die Kontraste können Sie über die Kurve unter To­ning-Kurve und Histogramm nachtunen. Letztlich arbeitet auch HDR-Tonung mit ähnlichen Techniken wie Tiefen/Lichter. Wie auch immer: Bei beiden Tools sollte das Grundproblem der suboptimalen Bildkontraste anschliessend weitgehend behoben sein. Aufwand bei diesen Optimiermethoden: allesamt im Rahmen von Typ A.

Ästhetik 1: unpassende Farben

Was macht man mit den quietschbunten HDR-Farben? Von Haus aus sind unpassende Farben eher ein Aufnahme- als ein Bearbeitungsproblem. Zutage treten kann eine störende oder sonstwie unpassende Farbgebung auf unterschiedliche Art: als Farbstich, in Form einer zu starken Farbsättigung und schliesslich als kompositorisches – also aufnahmebedingtes – Problem. Die Auswirkung ist immer dieselbe: Anstatt die Bildaussage zu fördern, machen sich die Farben als Störfaktor bemerkbar. Grundsätzlich steht auch hier die Camera-Raw-Option zur Verfügung. Da die Belichtungskorrektur­optionen für RAW-Bilder bei Tiff oder JPEG allerdings nicht zugänglich sind, bleiben bei Farbstichkorrekturen nur die üblichen Photo­shop-Bord-mittel: Farbstichfarbe konterkarieren über Farbbalance, oder der Versuch einer Neutralgraukorrektur über die Automatischen Farbkorrekturoptionen beziehungsweise manuell in Tonwertkorrektur oder Gradationskurven.

Das Problem zu stark gesättigter Farben lässt sich ebenfalls recht einfach angehen: durch Zurückpegeln der Farbsättigung via Dynamik oder Farbton/Sättigung. In vielen Fällen sind jedoch die Bildfarben an sich das Problem. Was tun? Beste Generallösung ist ein Look. Einerseits eignen sich Looks gut, uninteressante Bilder auf interessant zu trimmen (siehe auch den letzten Abschnitt). Andererseits: Da auch klassisches Schwarzweiss (oder die Abwandlungen wie Duplex, Sepia-Effekt etc.) in dem Sinn nichts weiter ist als ein «Look», sind Looks geradezu das Allroundmittel zur Lösung von Farbmankos. Beispiel: die Strassenaufnahme des Frankfurter Bahnhofsviertels, die erst durch den hinzugefügten Siebzigerjahre-Polaroidlook interessant wirkt.

Ästhetik 2: suboptimale Bildausschnitte

Ebenfalls ein Problem in der Bildweiterverarbeitung: suboptimale Bildausschnitte. Genauer: der unveränderte Original-Aufnahmeausschnitt. Je nach anvisiertem Endformat ist die Abhilfe hier unproblematisch. Mithilfe des Freistellen-Werkzeugs (oder auch einer Auswahl, auf die im Anschluss der Befehl Bild > Freistellen angewandt wird) kann schnell ein anderer Ausschnitt bestimmt werden. Bildausschnitte können übrigens nicht nur aus rein technischen Erwägungen, sondern auch aus kreativen Beweggründen festgelegt werden. So kann ein Bildmotiv wahlweise zum Querformat, zum Hochformat oder aber zum Panoramaformat avancieren. Welchen Teil – sprich: welchen Ausschnitt – man wählt, bleibt dabei der kreativen Intuition überlassen.

Eine Option, welche das Freistellen-Werkzeug ebenfalls als Option mit bereithält, ist das Drehen des Ausschnitts. Weitergehende Möglichkeiten der Objektivkorrektur hat der gleichnamige Filter in petto. Aufnahmebedingte Verzerrungen, schiefe Horizonte, stürzende Linien sind zwar ein eigenes Thema, welches in vergangenen Publisher-Ausgaben immer mal wieder thematisiert wurde. Nichtsdestotrotz ist der Filter Objektivkorrektur ein zentrales Werkzeug, mit dem sich eine Reihe aufnahmebedingter Bilddefizite angehen lässt – angefangen über die aufgeführten schiefen Horizontlinien bis hin zu differenzierten Korrekturen im Bereich Verzerrung, Perspektive, Vignettierung und der Beseitigung von chromatischer Aberration. Last, but not least kann dieser Filter auch beim «Anbauen» von mehr Bildfläche helfen: durch Aktivierung der Option Kantenerweiterung.

Ästhetik 3: Bild an sich ist nix

Bilder können nicht nur aus technischer Warte ungenügend sein, sondern auch aus ästhetischen Gesichtspunkten. Was tun mit langweiligen, nichtssagenden oder einfach schlecht fotografierten Motiven? Eine Möglichkeit ist die, bewusst den Weg der Trash-Abbildung zu wählen. Anstatt die Defizite zu kaschieren, wird hierbei entweder das Manko überhöht (beispielsweise durch absichtlich schlechte, unzulängliche Kontraste, zusätzliches Einbauen von Störungen oder digitalen Alterungsspuren) oder aber in die Richtung einer übertriebenen, zeitgeistigen Farb­ästhetik stilisiert. Die Technik, Trash eher selbstbewusst darzubieten als zu verstecken, ist insbesondere seit dem Boom der Hobby- und Digitalfotografie stark in Mode gekommen und gilt streckenweise als «cool». Praktische Anleitung hier: «Looken» Sie einfach drauflos. Oder lassen Sie die vorhandenen Defizite unverändert, beziehungsweise: Verstärken Sie sie sogar, und setzen Sie sie zu anderen, weiteren Trash-Versatzstücken in einem Layout in Beziehung.

Der andere, entgegengesetzte Weg ist der der bewussten Aufwertung. Dass dieser meist aufwändiger ist, liegt auf der Hand. Ein Standardfall, der in der digitalen Bildveredelung oft vorkommt, ist das Einziehen «künstlicher» Wolken – also eines Wolkenhimmels aus einem anderen Bild. Die Technik ist vergleichsweise einfach (Aufwand: Typ B). Als Erstes wird ein Bild mit einem passenden Himmel als Ebene in die vorhandene Bilddatei einkopiert und über dem (ästhetisch gesehen zu leblosen) Original-Bildhimmel in Position gebracht. Eine erste Verrechnung findet durch Zuweisung der Füllmethode Weiches Licht statt; ergänzend können Kontraste und Farbe des einkopierten Himmels bearbeitet werden, bis die Gesamtwirkung stimmig ist. Die Maskierung der überlappenden Bereiche erfolgt über eine Ebenenmaske. Die nicht zum Himmel gehörenden Bereiche können entweder manuell mit schwarzer Farbe ausgemalt werden. Oder aber man arbeitet akkurat mit einer aus dem Originalbild gewonnenen Maske, die man in einem Alpha-Kanal präpariert mit dem Endergebnis Skyline = schwarz, Himmel = weiss.

Dass diese Technik eher eine Motivveredelungstechnik ist als eine «Rettungstechnik», zeigt die abgebildete Bildmontage mit der Frankfurter Skyline. In anderen Fällen hilft nur mehr oder weniger aufwändiges Retuschieren. Beispiel: die bereits vorgestellte Strassenaufnahme. Hier wirkt vor allem das schiefe Hinweisschild rechts im Vordergrund störend. Mithilfe der Inhaltsbasierend-Technik lässt es sich zwar wegretuschieren. Obwohl der Gewinn für das Gesamtmotiv deutlich ist, sollte man den Aufwand für derartige Arbeiten im Motiv nicht unterschätzen. Ebenso wie beim Porträt-Finetuning oder beim In-Szene-Setzen anspruchsvoller Composings geht der Aufwand eindeutig in Richtung Typ C. Für das anspruchsvolle Modifizieren vorhandener Motive liefert Photoshop zwar ein beeindruckendes Werkzeug-Instrumentarium. Ob Detailretuschen in Landschaftsbildern oder aber kreative Fotomontagen: Der Einsatz dieser Techniken benötigt – neben dem kreativen Willen – stets auch seine Zeit.

Fazit

Photoshops Erste-Hilfe-Kasten für die Rettung schlechter Bilder ist im Gros­sen und Ganzen recht gut bestückt. Die Grundtechniken sind im Wesentlichen zwar schon lange im Programm präsent. Ergänzt werden sie jedoch von einigen neueren, recht effektiven Techniken: dem Inhalt-bewahren-Retusche- und -Füllmodus, dem Objektivkorrektur-Filter, einigen Spezialfiltern und auch kleineren Specials wie zum Beispiel die Bikubisch-schärfer-Interpolationsmethode, die Interpolation und Konturenschärfung miteinander verbindet. Nichtsdestotrotz bleibt der Fakt, dass ein effektiver Deblur-Filter im Programm schmerzlich vermisst wird – anscheinend so sehr, dass im Internet Verschwörungstheorien kursieren, demzufolge US-Behörden den Daumen draufhalten, weil der Filter eben zu gut sei. Auch wenn das Problem Verwackelung derzeit vor allem von der Hardwareseite her angegangen wird: Bilddefizite wird es vermutlich so lange geben, wie Menschen fotografieren. Was heisst: Das Anliegen, schlechte Bilder zu retten (oder zumindest zu verbessern), wird uns auch in Zukunft stetig begleiten.

Vergrössern und verkleinern: Wie viel Auflösung ist nötig?

300 ppi für Print, 72 ppi am Monitor – diese Werte gelten noch immer als Standard. Vergröbert beziehungsweise veraltet sind sie beide. Moderne Monitore kommen in der Regel mit einer deutlich höheren Grundauflösung daher (iMac: um die 110 ppi). Die 300 ppi aus der Druckvorstufe wiederum beinhalten eine so genannte Qualitäts­reserve. In der Praxis bedeutet dies: In vielen Fällen reichen 200 ppi völlig aus; selbst bei 150 ppi sind die Qualitätseinbussen verschmerzbar. Massgeblicher Faktor bei einer Vergrösserung ist letztlich die Bildschärfe als solche. Ist sie gut, besteht ein verhältnismässig grosser Spielraum – 200, 300 oder sogar 400 Prozent; je nach Betrachtungsabstand auch mehr. Ist sie suboptimal, wird es beim Vergrössern happig. Fazit: Abstrakte Rechenwerte sind lediglich Anhaltspunkte; letzten Endes ist es die Bildsubstanz, die bestimmt, wie stark sich ein Bild vergrössern lässt.