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Freie Farbe mit CIELAB-Farbf�chern

Die CIELAB-CMYK-Farbfächer von DTP Studio Oldenburg versprechen eine hersteller­unabhängige und intuitive Farbauswahl. Sie zeigen die wichtigsten Farbwerte für die Anwendung am Computer.

holger everding* Jeder Drucker, Grafiker oder Werber benötigt sie: Farbfächer zeigen im Gegensatz zu Displays oder Digitaldrucken die realen Farbtöne auf Auflagenpapier. Mit ihnen kann der Farbeindruck unter verschiedenen Lichtbedingungen im Vorfeld getestet werden, und sie bieten eine handliche Übersicht über die möglichen Farbtöne.

Es existiert eine grosse Vielfalt an Farbsystemen. Fast alle sind auf bestimmte Anwendungsbereiche beschränkt: RAL für Lacke, NCS und Brillux für Wände und Fassaden, 3M und Orafol für Folienbeschriftungen, Pantone und HKS für Druckfarben … Die Folge: Im Corporate Design sind Vergleiche zwischen den Systemen notwendig. Diese muss man normalerweise mit den Originalfächern von Hand ausführen.

Mit den CIELAB-CMYK-Farbfächern hat DTP Studio Oldenburg Farb­muster lanciert, die eine herstellerneutrale Farbauswahl ermöglichen. Sie zeigen unter jeder Farbe auch die wichtigsten Farbwerte für die Anwendung in den entsprechenden Programmen.

Zwei Fächer

CIELAB (auch CIEL*a*b* oder Lab-Farben) ist keine Sammlung fester Farbtöne, sondern eine mathematische Definition, die eine beliebig feine Berechnung von Zwischenfarben ermöglicht und ohne urheberrecht­liche Schranken von jedem verwendet werden kann. CIELAB hat sich heute in der Farbmessung und Farbrezeptur weltweit durchgesetzt. Mit Lab-Farbwerten lässt sich jede mögliche Farbe eindeutig beschreiben. Jeder Computeranwender verwendet CIELAB, denn das Color Management unter Windows oder Mac basiert auf CIELAB-Berechnungen und auf Tabellen mit Lab-Farbwerten (die ICC-Profile). Manche Programme (Adobe Creative Suite, Corel Graphics Suite) lassen auch eine direkte Eingabe von Lab-Farbwerten zu. Darüber hinaus ist CIELAB wahrnehmungsgerecht konzipiert und damit gegenüber RGB und CMYK im Vorteil, denn Letztere sind rein technische Farbdefinitionen.

Trotz der Vorteile und hoher Verbreitung sind Lab-Farbwerte schwer verständlich – auch Fachleute können sich unter «Lab 45 –30 20» kaum etwas Exaktes vorstellen. Dies ist bei Umrechnung der Werte in HLC (oft auch in der Reihenfolge LCH genannt) anders: Diese Farbwerte sind intuitiv verständlich als Hue, Lightness und Chroma für Farbton, Helligkeit und Sättigung.

DTP Studio gibt zwei Fächer im Set heraus. Im Lab-Fächer sind die Farbtöne gemäss regelmässigen Lab-Sprüngen aufgeteilt. Hiermit können Lab-Farbwerte gut nachgeschlagen werden, die auf Herstellerseiten, in Wikipedia oder in Software zur Verfügung stehen. Der zweite Fächer ist gemäss Farbton, Helligkeit und Sättigung (HLC) eingeteilt. Er dient zum schnellen Auffinden gewünschter Farbtöne, die man als Farbbeispiel vor sich liegen hat.

Aufgrund des stufenlosen mathematischen Modells sind die jeweils ca. 1000 Farbtöne beider Fächer nur Beispiele, zwischen denen beliebige Zwischenstufen ermittelt werden können.

CMYK – Prozessstandard Offset

Die Fächer wurden in einer einschlägig erfahrenen Druckerei auf automatisch kalibrierten Heidelberg-Vierfarbmaschinen in einem Druckdurchgang unter strenger Einhaltung des Prozessstandards Offset realisiert.

Die Lab-Zielfarben wurden per Photo­shop in CMYK umgewandelt, wobei das Offsetprofil FOGRA39 angewendet wurde. Im Andruck wurden alle Farbtöne nochmals in Lab nachgemessen und für gut befunden (ΔE <3,5). Anschliessend liessen die Hersteller den Auflagendruck produzieren und zu handlichen Fächern verarbeiten.

Der Offsetdruck bietet einerseits den Vorteil der kostengünstigen Herstellung, andererseits ist jedoch der verfügbare Farbraum beschränkt. Farben ausserhalb des CMYK-Gamuts sind im Fächer nicht enthalten.

Fazit

Mit den beiden Fächern kann man beliebige Farben abmustern. Besonders einfach geht dies mit dem HLC-Fächer: Ein Farbkreis führt zum gewünschten Fächerbereich, dort wählt man innert Sekunden die passende Helligkeit und Sättigung.

Der Lab-Fächer ermöglicht das Nachschlagen von Farbtönen, bei denen man die Lab-Farbwerte, aber keine Originalkarte zur Hand hat.

Praktisch ist, dass unter jeder Farbe die wichtigsten Farbwerte genannt werden: Standard-RGB für Tisch­drucker und Bildschirmanwendungen, HEX für CSS und HTML, CMYK für den Offsetdruck. Daneben natürlich auch die geräteneutralen Lab- und HLC-Farbwerte. Für alle Werte gelten Standard­bedingungen, die jeder Anwender leicht nachvollziehen kann, um dieselben Farben wie im Fächer zu erhalten. Die beiden Fächer sind handlich und am Schreibtisch und unterwegs einsetzbar.

Leider wird nur der CMYK-Gamut dargestellt. Stark leuchtende Farbtöne (beispielsweise kräftiges Orange oder leuchtendes Grün) sucht man vergeblich. Um diese Farbbereiche zu integrieren, hätten die Fächer weitaus aufwendiger im Lackdruck hergestellt werden müssen.

Insgesamt bieten die Fächer eine preiswerte Möglichkeit für die schnelle Farbabmusterung, bei der man sich nicht auf einen Farbenhersteller festlegt. Besonders hilfreich sind sie in der Druckvorstufe, man sieht sofort die Möglichkeiten und kann schnell nach Farbton, Helligkeit und Sättigung variieren.

* Der Autor, Holger Everding, ist Inhaber von DTP Studio Oldenburg.

Weblinks und Bezug

www.publisher.ch/shop: das Fächerset für CHF 86.–.

www.freiefarbe.de: Die Hersteller haben eine Initiative zur Förderung der Farbkommunikation (mit Blog) gegründet. Motto: «Farbe von ­Fesseln befreien».

www.cielab-farben.de: ausführliche Beschreibung des CIELAB-Farb­modells und der Fächer. Download der angewendeten ICC-Profile.