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Schweizer Fachzeitschrift
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Industrialisierte Optimierung

In der letzten Ausgabe haben wir das Thema «Bildoptimierung im industriellen ­Massstab» eingeleitet. Im zweiten Teil zeigen wir vier konkrete Lösungen, die im deutschsprachigen Raum am weitesten verbreitet sind. Christoph Steffens

Mit diesem Artikel möchten wir Ihnen die Produkte im Detail näherbringen, die wir im Artikel in der letzten Ausgabe erwähnt haben. Dabei handelt es sich um Amendo von der OneVision Software AG aus Deutschland, Arkitex IntelliTune X von Agfa Graphics aus Belgien, Claro von der ElPiCal Software GmbH aus Deutschland und SmartColor von Fotoware aus Norwegen.

Dieser Artikel ist kein Test und soll in keiner Weise eine Empfehlung für eines der Produkte sein. Die Anforderungen in den einzelnen Betrieben und Workflows sind dafür zu unterschiedlich, als dass sich allgemeingültige Kriterien bestimmen liessen. Bitte machen Sie sich selber ein Bild von der Eignung der einzelnen Produkte für Ihre eigenen Prozesse und der Qualität der Ergebnisse, die Sie erwarten und benötigen.

Dabei helfen Ihnen vielleicht die Bilddaten, die wir den Hersteller­firmen mit der Bitte um Optimierung zur Verfügung gestellt haben. Sie können die Ergebnisse über den PubLink am Ende des Artikels herunterladen. Die Aufgabe an die Hersteller lautete: «Bitte optimieren Sie die Bilder so, dass sie ‹gut› aussehen. Gerne liefern Sie zwei oder drei Varianten (kontrastreicher, farbiger …). Bitte liefern Sie CMYK-Tiffs für Fogra51 (PSO Coated V3).»

Da das «gute Ergebnis» sehr im Auge des Betrachters liegt, denken Sie bei Ihrer Beurteilung daran, dass alle Produkte angepasst werden können und so gegebenenfalls auch Ihre Anforderungen erfüllt werden können. Nutzen Sie diese Beispielbilder als Einstieg in die Welt der «industriellen Bild­optimierer». Alle Hersteller bieten an, Ihre Daten zu Testzwecken nach eigenen Vorgaben aufzubereiten.

Was eint, was trennt die Produkte

Alle Hersteller nennen mehr oder weniger die gleichen Zielmärkte: Medienunternehmen, öffentlicher Dienst, Industrie, Verlag und Druckerei. Alle wenden sich sowohl an Fachleute als auch an den interessierten und engagierten Laien. Bis auf das Produkt von Agfa haben alle eine InDesign-Anbindung; ausser Fotoware bieten alle eine Integration in Photoshop. Hotfolderbetrieb, Webschnittstellen und die Steuerung über Jobticket/XML sind genauso Standard wie eine webbasierte Überwachung und Konfiguration. Abgesehen von Agfa erlauben es alle Hersteller, mit ihren Produkten eigene Webportale zu betreiben, um so Bildoptimierung als Service anzubieten.

Was die Produkte unterscheidet, sind die Kosten und die Lizenzbestimmungen. Teilweise sind die Produkte zu kaufen, teilweise zu mieten. Es werden auch gehostete Lösungen angeboten. Hier lohnt der genaue Blick auf die Details.

Amendo

Dies ist das jüngste der hier vorgestellten Produkte. Es kam 2008 auf den Markt. Es gibt drei Ausbaustufen «Amendo», «Amendo Metric» und «Amendo Elements». Welche Stufe geeignet ist, hängt im Wesentlichen vom erforderlichen Automationsgrad und von der Anzahl der zu verarbeitenden Bilddaten ab. Es stehen auch Cloud-Modelle zur Verfügung.

In den Augen des Herstellers steht bei Amendo die hochwertige Aufbereitung von Haut-, Himmels- sowie Vegetationstönen im Vordergrund. Vor allem im Bereich der Hauttöne sieht der Hersteller einen Vorsprung gegenüber den Marktbegleitern. Man legt grossen Wert auf einen hohen Automatisierungsgrad. Dies soll es dem Kunden erlauben, Zeit und Kosten zu sparen. Betont wird immer wieder, dass die Produktionssicherheit eine wichtige Rolle bei der Entwicklung spielt. In Zukunft möchte OneVision die Automatisierung weiter vorantreiben.

Der Autor dieser Zeilen ist langjähriger Anwender von Amendo und schätzt den Support, den der Hersteller bietet: gut erreichbar, kompetent und immer hilfreich. Allerdings muss man auch wissen, dass OneVision den Betrieb von Amendo an einen Dongle bindet.

Arkitex IntelliTune X

Seit 1999 auf dem Markt ist IntelliTune X das älteste der beschriebenen Produkte. Fragt man den Hersteller nach den Stärken, so antwortet Agfa Graphics, dass auf den hohen Grad an Automatisierung und Durchsatz Wert gelegt wird. Ebenso ist man stolz auf die Bildqualität beispielsweise beim Glätten von Hauttönen und die dafür notwendige exakte Bildanalyse. Durch die mögliche offene Anbindung (bspw. XML) werden leistungsfähige und flexible Workflows möglich, die auch weitere Systeme einbinden. Die Softwarelizenz kann gekauft oder gemietet werden. Für die künftige Weiterentwicklung arbeitet man an der Qualität der Ergebnisse und der Prozesse.

Claro

Das Produkt hat seinen Ursprung in der Abteilung «Digital Imaging» des schwedischen Kameraherstellers Has­sel­blad. Man kann Claro kaufen oder mieten.

Interessanterweise betreibt der Hersteller unter organicimaging.com einen eigenen Webservice zum Bildoptimieren. Dort kann man gegen Gebühr eigene Bilder optimieren lassen – wenn man keinen Bedarf an einem eigenen Server hat oder zum Ausprobieren.

Laut Hersteller glänzt Claro bei der automatischen Bildanalyse, der Grundlage für die darauf folgende Optimierung. Photoshop ist ebenso in das Gesamtsystem integriert wie InDesign. Über eine XML-Schnittstelle werden Redaktionssysteme wie WoodWing Enterprise oder vjoon K4 angeschlossen – ebenfalls eine wichtige Workflowkomponente.

Der Hersteller betont die mögliche automatisierte Verarbeitung von Bildern aus PDF-Dateien. Er ist besonders stolz auf die Plattformunabhängigkeit, da neben Windows und Mac OS auch Linux unterstützt wird. Als Vorteil gegenüber der Konkurrenz werden, neben der Bildqualität und der Realisierbarkeit aller möglichen Workflows, der Support und der Preis genannt.

Der Hersteller bot uns einen kleinen Ausblick auf die künftige Entwicklung des Produktes. So wird die Erkennung von Porträts mit optimierter Hauttonbehandlung verbessert, das Ausschliessen von Hauttönen bei Farbfiltern und bei Änderungen des lokalen Kontrasts für Highlights (glattere Haut). Insgesamt wird es eine verbesserte Rauschfilterung und besseres Unterdrücken von Banding-Effekten in blauen Himmeln geben. Gemeint ist damit eine harmonischere Darstellung von Verläufen.

Verbessert werden soll das Entfernen von JPEG-Artefakten sowie die technische Umsetzung des Jobclients durch Unabhängigkeit vom Java Runtime Environment. Die Unterstützung von GPS-Informationen wird optimiert, was das Weiterleiten von Bildern auf Basis von GPS-Daten innerhalb eines zu spezifizierenden Radius erlaubt.

SmartColor

Die Lösung von Fotoware ist sowohl zu kaufen als auch in einem Softwareabonnement erhältlich. SmartColor will alle Workflowszenarien abdecken. Integriert in den hauseigenen Automatisierungsserver Color Factory optimiert SmartColor nicht nur Bilder, sondern lässt sich beliebig in Bearbeitungs- und crossmediale Ausgabeprozessen integrieren. Die Bildoptimierungslogik erkennt Bildszenen und optimiert die Fotos entsprechend, ohne die Notwendigkeit von Tests oder komplizierten Set­ups und Tunings. Selbst wenn einige Bildtypen nicht für die automatische Verbesserung geeignet sind (beispielsweise Studio- oder Produktaufnahmen), wird SmartColor die Fotos nicht ruinieren. Man ist stolz auf die ausserordentlich hohe Geschwindigkeit, die aber auch von der Hardware abhängt. Hervorzuheben ist die unkomplizierte und interaktive Verwendung des Desktopclients.

Bildoptimierungsprozesse können in das hauseigene und webbasierte DAM-System FotoWeb eingebettet werden und von Anwendern im Web-Frontend gesteuert werden. Dies nicht nur zur Optimierung von Fotos für die Website, sondern auch in konfigurierbaren Workflows in Export- und Übergabeprozessen. Die gleichen Workflows können über die FotoWeb API (RESTful Hypermedia JSON API) von Drittanbietersystemen ausgelöst und gesteuert werden.

Optimierung in der Praxis

Wir haben auch Anwender zu ihren Erfahrungen befragt. Alle haben ihre Kaufentscheidung abhängig von intensiven, vergleichenden Qualitätstests bei der Optimierung der Bilddaten gemacht. Ohne geht es nicht. Oft spielten auch die Kompatibilität zu bestehenden Redaktions-, MAM- oder anderen Systemen eine Rolle.

Alle Anwender waren prinzipiell mit der Qualität der erstellten Bilddaten zufrieden, was interessanterweise im Gegensatz dazu steht, dass fast alle Hersteller Qualitätssteigerung als künftiges Entwicklungsziel genannt haben.

Beim Claro-Anwender steht unter anderem die Verbindung zu Photo­shop im Vordergrund, welche die Arbeit erheblich vereinfacht. Die automatische Skalierung gemäss den Platzierungsinformationen des Layoutprogrammes und die automatische Formatumwandlung von JPEG zu PSD für Freisteller hätten die Prozesse enorm beschleunigt.

Für alle Anwender war es ebenfalls ein grosser Vorteil, dass die Bilder einheitlich optimiert werden und so die Farb- und Qualitätswelt der Bilder in den Publikationen vereinheitlicht und vom Geschmack einzelner Personen unabhängig wird.

Im Übrigen hat kein Anwender als Ziel der Einführung Personalabbau genannt. Stattdessen wurden diese Systeme eingeführt, um Einsparungen im Personalbereich auszugleichen. Kein Anwender beschwerte sich über die Kapazität beziehungsweise die Geschwindigkeit der Produkte. Von mehreren 100 bis 10 000 Bildern pro Woche können wohl alle Anforderungen problemlos erfüllt werden.

Und wo sehen die Anwender noch Ausbaupotenzial bei den Produkten? Hier wurde genannt, dass ein integriertes Tool für Statistiken fehlt. Ein solches könnte bei der Kostenverteilung der Bildoptimierung auf Abteilungen oder Kunden helfen. Eine auch für gelegentliche Anwender verständliche Benutzeroberfläche beim Aufsetzen von neuen Workflows wird ebenfalls gewünscht.

Fazit

Nun hat der Anwender die Qual der Wahl. Preis, Featureset, Qualität und Integrierbarkeit in bestehende Workflows gilt es zu prüfen. Durch Mietmodelle und Clouddienste lohnt sich der Blick auf diese Tools auch bei geringerem Bilddurchsatz.

Als Abonnent haben Sie die Möglichkeit, ausgewählte Testbilder inklusive deren Original miteinander zu vergleichen. Sie finden diese in unserem Download-Bereich.

Testbilder zum Vergleich der automatisierten Bildoptimierern Amendo, Akitex IntelliTune X, Claro und SmartColor

Infos zu den Bildoptimierern

Amendo: onevision.com – für die Optimierung eigener Testbilder wenden Sie sich an info.ce@onevision.com

Arkitex IntelliTune X: klautke.de – Bildkonvertierungswünsche zur Produktevaluation richten Sie an frank@klautke.de

Claro: www.a-­f.ch – oder direkt über elpical.com/de

SmartColor: fotoware.com – zur Erstellung von Testbildern wenden Sie sich an lk@fotoware.com 

Christoph Steffens begleitet das Publishing seit vielen Jahren als Anwender, Autor, Referent und Standortleiter der InDesign User Group Stuttgart. Er arbeitet in einem grossen deutschen Verlag. christoph.steffens@gmail.com