Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Dossiers >> Digitaldruck >> Interview >> Innovativ von Print bis 3D-Druck

Innovativ von Print bis 3D-Druck

Die René Faigle AG will als Schweizer Traditionsunternehmen jetzt auch bei Druckdienstleistern als Partner für innovative Lösungen zulegen. CEO Thomas Rieder ­verspricht interessante neue Konzepte, nicht zuletzt im 3D-Druck.

PUBLISHER: Die René Faigle AG ist im Digitaldruckmarkt ein eher neuer Player und noch nicht so bekannt wie die grossen amerikanischen und japanischen Anbieter. Was zeichnet Ihre Firma aus?

Thomas Rieder: Wir bieten Lösungen für physische und digitale Dokumente an. Wir sind innovativ unterwegs mit dem Ziel, der Konkurrenz immer einen Schritt voraus zu sein. Als Familienunternehmen können wir uns dabei nachhaltig entwickeln und langfristig orientieren. Zudem sind wir herstellerunabhängig und haben im Bereich Professional Printing ein interessantes Portfolio mit Systemen von Develop und Ricoh. Aus unserer Kerntätigkeit im Bereich Dokumenten-Management bringen wir viel IT-Know-how für intelligente Lösungen inklusive hervorragendem Service mit.

Wenn Sie im interessanten Markt des Dokumenten-Managements so gut aufgestellt sind, wieso streben Sie jetzt in den Produktionsdruck, wo das Klima bekanntlich sehr rau ist und Über­kapazitäten einen brutalen Preiskampf anheizen?

Wir sehen im Digitaldruck einen interessanten Wachstumsmarkt – nur schon der Offsettransfer bietet ein riesiges Potenzial. Zudem entspricht die Herausforderung, mit anspruchsvollen Kunden Lösungen zu entwickeln, genau unserer Kernkompetenz. Weiter können wir hier unsere hervorragende Serviceorganisation einbringen. Das ist entscheidend, weil Produktionssysteme bekanntlich nicht stillstehen dürfen.

Das heisst, Sie glauben an die Zukunft von Papier und gedruckter Kommunikation?

Nein, das hat nichts mit Glauben zu tun! Wir stellen einfach nüchtern fest, dass Papier seine Stärken hat. Auch das mit dem papierlosen Büro kam ja nie so wie vorhergesagt. Drucksachen transportieren Emotionen und haben viele andere Stärken, genau wie das Digitale auch. Wir sind da offen, lassen den Markt entscheiden und kümmern uns um die richtigen Prozesse.

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen in diesem Markt?

Der Produktionsdruck ist sehr an­spruchsvoll; hier ist viel Expertenwissen gefragt. Und anders als im Dokumenten-Management verhandeln wir hier nicht mit Einkäufern, sondern mit Fachleuten, oft den Firmeninhabern. Ihnen muss man auf Augenhöhe und partnerschaftlich begegnen.

Können Sie diese Ansprüche erfüllen?

Ja, wir haben in den letzten Jahren viele Spezialisten eingestellt und Partner mit ins Boot geholt wie die Firma dp-i, mit der wir im Sommer ein Publisher-Cover produziert haben. Das kommt gut an und wir konnten den Umsatz in diesem Bereich in den letzten zwei Jahren verdoppeln.

Was sind Ihre Strategien, um sich in diesem Markt weiter zu entwickeln?

Wir wollen gemäss unserer Firmenkultur auch hier Innovationen vorantreiben. Dabei ist der 3D-Druck ein ganz spannendes Thema, das wir selbst schon seit mehreren Jahren nicht nur intensiv verfolgen, sondern regelrecht leben.

3D-Druck ist als Schlagwort in aller Munde und ein grosser Hype. Doch wie und wo kann man da heute konkret Geld verdienen?

Viele Kundenwünsche lassen sich heute schon im 3D-Druck verwirklichen. Dies vor allem im Prototyping, beim Druck von Ersatzteilen, in der Medizin, Kunst oder im Merchandising.

Alles nicht unbedingt heutige Tummelfelder von Druckdienstleistern – oder?

Es gibt direkte Berührungspunkte, beispielsweise beim Modellbau. Dessen Zielgruppe, Architekten und Ingenieure, ist heute schon ein wichtiges Kundensegment von Druckdienstleistern. Dann aber auch im Merchandising, zum Beispiel bei Give-aways, die wie Drucksachen ins Marketing gehören. Wir sehen jedoch eine ganz grundsätzliche Verwandtschaft, ein ähnliches Dienstleister-Geschäftsmodell: Es geht auch hier um einen dreistufigen Prozess mit digitaler Kreation und Datenhandling, Druck und Finishing. Einfach mit 3D- statt 2D-Daten, und Finishing bedeutet hier zum Beispiel nicht laminieren, sondern galvanisieren.

Das mag ja grundsätzlich stimmen so, aber es werden doch ganz andere Kompetenzen verlangt!

Das sehen wir auch so. Das fachspezifische Know-how ist auch hier entscheidend. Wir selbst haben diesbezüglich sehr viel unternommen, um unsere Kunden unterstützen zu können. Wir haben Experten eingestellt und sogar eine ganze Start-up Firma mit hoher Kompetenz übernommen.

Wie sieht diese Unterstützung aus? Oder anders gefragt: Wie kann ein Druckdienstleister mit Ihrer Hilfe in diesen Markt einsteigen?

Es geht darum, einen Fuss im Markt zu haben und entsprechendes Know-how Schritt für Schritt aufzubauen. Und das mit uns als kompetentem Partner im Rücken. Einerseits bieten wir ein fixfertiges Konzept, um ein Verkaufsregal mit 3D-Druckern einzurichten. Das ist ein Eyecatcher, mit dem man sich als innovatives Unternehmen positionieren kann und mit Kunden ganz neu ins Gespräch kommt. Andererseits haben wir auch fertige Lösungen, um mit 3D-Druck-Dienstleistungen zu starten – immer mit unserem Support und unserer Kompetenz im Hintergrund.

Wie kommen Sie mit diesen Konzepten bei den Druckdienstleistern an?

Viele sind noch eher zurückhaltend. Das Ganze hat noch eher Pionier-Charakter mit entsprechenden Vor- und Nachteilen. Es gibt wenig Konkurrenz und man kann sich sehr gut profilieren. Auf der anderen Seite ist da und dort noch nicht alles pfannenfertig und es braucht eine gewisse Neugier, die einen vorantreibt. Wir haben schon einen ersten Partner in Bern, der mit uns diesen Weg geht. Weitere werden sicherlich rasch folgen.

Interview: Martin Spaar

Thomas Rieder

Thomas Rieder leitet seit drei Jahren als CEO die René Faigle AG. Er studierte Betriebswirtschaft, Informatik und Recht an der Universität Zürich und war vor Faigle in strategisch leitenden Positionen bei Beratungsunternehmen und bei der schweize­rischen Post tätig.

Zu seinen Hobbys gehören Rad­fahren, Tennis und Reisen.