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Musterpinsel mit Ecken und Kanten

Mit dem Musterpinsel malt man in Illustrator entlang eines Pfades Muster, die aus sich wiederholenden Musterelementen bestehen. Diese können bis zu fünf Elemente enthalten. Herausforderung ist das Erstellen der Ecken und Kanten.

Andreas Burkard Muster unterliegen einer gleichförmigen Wiederholung. Adobe Illustrator kennt nebst den Flächenmustern auch die Pfadmuster. Diese Muster entlang eines Pfades werden als Musterpinsel bezeichnet. Das Bedienfeld Pinsel speichert bis zu fünf Pinselarten und bietet dabei viele nützliche Optionen.

Das Erstellen von Musterpinseln und auch die Musterpinsel-Optionen wurden seit Illustrator CC erheblich verbessert. Diese Verbesserungen sind meist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. So macht es Sinn, sich erst einmal damit auseinanderzusetzen.

Ecken – leicht gemacht

Um die Verbesserungen zu erläutern, zeige ich als Erstes ein einfaches Pfadmuster, basierend auf zwei aneinanderliegenden Quadraten. Diese Quadrate sollen sich abwechselnd entlang eines Rahmens und an den Ecken gleichmässig verteilen.

In Illustrator CS 6 musste man die erstellten Quadrate zuerst in das Bedienfeld Farbfelder ziehen. Erst danach konnte man diese in den Optionen des Musterpinsels für Kanten und Ecken auswählen.

Ganz anders tickt hier das Zeichnungsprogramm ab Version CC aus dem Jahre 2013. Man kann nun das Musterelement mit den zwei erstellten Quadraten ohne Umwege direkt in das Bedienfeld Pinsel ziehen, wählt die Pinselart Musterpinsel und hat im Fenster erfreulicherweise eine sehr hilfreiche Vorschau. Auf Anhieb ist das Muster­element jedoch erst auf der Kante richtig angelegt. Die Kante ist die eigentliche horizontale und vertikale Strecke eines Pfads. Die äusseren und inneren Ecken stimmen noch nicht. Nun kommt die sehr sinnvolle Neuerung zum Zug, womit sich die Ecken automatisch zentrieren lassen. Man klickt dazu in den Musterpinsel-Optionen auf das entsprechende Ecksymbol der äusseren und der inneren Ecke, achtet darauf, dass Automatisch generierte Eckmusterelemente einblenden aktiviert ist, und wählt für das Eckmuster die Option Automatisch zentrieren aus.

Seit Illustrator CC kann man übrigens auch Pixelbilder für Bild- und Musterpinsel verwenden. Eine nahtlose Repetition, so wie dies bei Mustern in der Regel gewünscht wird, benötigt jedoch meistens eine Anpassung des Bildmaterials in Photoshop.

Musterelement repetieren

Doch wie erstellt man einen Musterpinsel mit einem nahtlos repetierenden Musterelement? Grundsätzlich ist die Vorgehensweise gleich, nur benötigt das einzelne Musterelement wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Da muss bereits in der Konstruktion des einzelnen Musterelementes alles stimmen. Man kennt eine solche Arbeitsweise auch von den Füllmustern.

Man erstellt als Erstes eine quadratische Grundform. Innerhalb dieser erfolgt dann Schritt für Schritt der Aufbau. Jedes einzelne Element wird sorgfältig gespiegelt oder nummerisch verschoben. Ein Arbeiten in der Pfadansicht ist unabdingbar. Hier muss alles seinen richtigen Platz haben, ansonsten treten bei der Aneinanderreihung der Musterelemente Übergangsprobleme auf.

Nach der Erstellung des einzelnen Musterelements zieht man dieses direkt in das Bedienfeld Pinsel, wählt als Pinselart Musterpinsel und kann auch hier für die äusseren und inneren Ecken die sinnvoll erneuerte Option Automatisch zentrieren nutzen.

Einpassen

In den Musterpinsel-Optionen trifft man auf weitere bedeutende Einstellungen. Gut zu wissen ist dabei, dass ein Pfadmuster die beiden Kontur­optionen Kontur innen ausrichten sowie Kontur aussen ausrichten automatisch ausser Kraft setzt. Die Platzierung der Kontur bei einem Musterpinsel ist, wie bei allen anderen Pinselarten auch, unveränderbar auf Kontur mittig ausrichten eingestellt.

Illustrator verwendet in den Musterpinsel-Optionen standardmässig die Einstellung Auf Kantenlänge anpassen. Bei einem rechteckigen Rahmen staucht oder dehnt diese Option ein Musterelement abhängig von der Rahmengrösse entlang der Kanten. So kann es sein, dass beispielsweise das Musterelement auf der horizontalen Rahmenkante leicht breiter ist als auf der vertikalen. Nur die Eckelemente bleiben in der ursprünglich definierten quadratischen Grösse. Dadurch belässt Illustrator die Rahmengrösse. Die Skalierung der Musterelemente ist bei illustrativen Mustern in der Regel jedoch kaum wahrnehmbar.

Die Option Freiraum einfügen spricht für sich. Man kann den Abstand zwischen den Musterelementen im gleichnamigen Feld in Prozentwerten eingeben.

Die letzte Option Musterposition ändern bewirkt, dass alle Musterelemente, egal ob an den Ecken, an den Enden oder an der Kante, in ihrer Ursprungsform verbleiben. Um dies hinzukriegen, verändert Illustrator die Position des Musters entlang des Pfades. Das Muster entfernt sich somit von der Mitte des Pfades oder kann sogar die Rahmengrösse leicht verändern. Jedoch nur immer so viel, wie die eigentliche Grösse des originalen Musterelements dazu beansprucht.

Die Option Musterposition ändern ist die bessere Wahl bei Kreismustern, da ansonsten an einer Kante plötzlich Ellipsen auftreten können. Wenn man bedenkt, was für Rechenarbeit hier im Hintergrund geleistet wird, so sind diese Einstellungen eine wahrliche Meisterleistung.

Einfärben

Die Optionen im Bereich Einfärben sind ein wenig verwirrend in der Darstellung und der Formulierung. Auch ein gut gemeinter und integrierter Tipp fürs Einfärben ändert diesbezüglich nicht viel. Diese Optionen bieten keinen wirklich hohen praktischen Nutzen.

Grundsätzlich geht es darum, dass über eine zuvor definierte Konturfarbe das Pfadmuster farblich verändert werden kann. Es entsteht ausserdem eine Verbindung, die bewirkt, dass sich bei einer nachträglichen Änderung der Konturfarbe automatisch auch das Pfadmuster farblich ändert.

Diese Einfärbemethoden in den Musterpinsel-Optionen werden seit vielen Illustrator-Versionen unverändert weitergeschoben. Verändert hat sich jedoch die Umfärbemethode in Illustrator. Heute macht man eine Umfärbung von Vektorgrafiken über das Menü Bearbeiten > Farben bearbeiten und wählt dort Bildmaterial neu färben. Alternativ kann man in der Steuerung auf das kleine Farbrad klicken. Im Bereich Bearbeiten kann man ein ausgewähltes Pfadmuster anhand der zugewiesenen Farben einfacher, beinahe spielerisch und vor allem wesentlich schneller umfärben.

Gestaltung freier Ecken

Im vorherigen Beispiel kann man das Musterelement sowohl für die Kante als auch für die Ecken repetierend verwenden. Nun möchte ich zeigen, wie man frei gestaltete Ecken- und Kanten­elemente erstellen kann.

Auch hier führt kein Weg an einer disziplinierten und exakten Aufbauweise der beiden Grundelemente vorbei. Hilfreich für diese Erläuterung sind die Beispiele von Illustrator selbst. Das folgende Beispiel zeigt die Stacheldrahtumrandung, die Illustrator in der Pinsel-Bibliothek unter Umrandung > Umrandungen_Dies und das enthält. Im entsprechenden Bibliothek-Bedien­feld kann man auf den Stacheldraht-Musterpinsel klicken, sodass dieser zum Dokument in das Bedienfeld Pinsel gelegt wird.

Zieht man nun das Muster direkt in die Zeichenfläche, erkennt man den Grundaufbau der beiden benötigten Musterelemente. Geht man in die Pfad­ansicht, so sieht man deutlich, dass die Erstellung innerhalb eines Grundobjekts vorgenommen wurde. Das Grundobjekt ist ein Quadrat, besitzt weder eine Füllung noch eine Kontur und ist hinter der Zeichnung angeordnet. Hebt man die Gruppierung beider Objekte auf und schiebt die Objekte aneinander, so passen die Drahtelemente haargenau. Und genau das bildet denn auch einen guten Teil der Lösung für diesen Musterpinsel.

Ein anderer Teil der Lösung ist das Speichern solcher frei gestalteter Ecken- und Musterelemente in die Farbfelder. Diese kann man nicht gemeinsam in das Bedienfeld Pinsel ziehen, sondern muss sie einzeln und mitsamt dem Grundobjekt als Ecken- und Kantenelement in das Bedienfeld Farbfelder ablegen. Danach wählt man im Bedienfeld Pinsel > Neuer Pinsel als Pinselart den Musterpinsel und gelangt so zu den Musterpinsel-Optionen.

Im Bereich Äussere Ecke kann bei dieser Gestaltungsart die Option Automatisch generierte Eckenmusterelemente einblenden deaktiviert werden. Da das Eckelement keinen Verzug aufweisen soll, wählt man danach in der Auswahl das entsprechende Eckmusterfarbfeld. Als Kantenelement wird das andere gespeicherte Musterfarbfeld verwendet.

Unterschiedliche Ecken

Als Nächstes zeige ich, wie man Musterpinsel mit unterschiedlichen Ecken erstellt. Ausgerüstet mit diesem Grundwissen ist man später in der Lage, die wildesten Pfadmuster selbst zu gestalten.

Illustrator kennt eine äussere und eine innere Ecke. Bei der äusseren Ecke wird das Musterelement leicht ausserhalb der Pfadmitte angelegt, bei der inneren Ecke entsprechend innerhalb.

Die Herausforderung liegt bei der Konstruktion des zweiten Eckelements. Dieses muss mit seinen Abständen zu den benachbarten Elementen an beiden Enden passen. Bei eher geometrischen Mustern sollte dies nahtlos sein, bei frei gestalteten Sujets sollte der Übergang logisch wirken.

Für eher seltene Verwendungszwecke kann Illustrator ferner auch ein Musterelement für den Anfang und das Ende eines Pfades verwenden. Der Aufbau sollte auch hier im gleich grossen Grundelement erfolgen. Die Musterelemente für Anfang und Ende müssen in der Regel nahtlos zum Kantenelement passen. Später in den Musterpinsel-Optionen wird die Zuweisung der Musterelemente auf die unterschiedlichen Pfadbereiche sowie eine allfällige nachträglich Skalierung vorgenommen.