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Office-Grafiken aufpoliert

Office-Programme sind nicht gerade für elegante Grafiken bekannt. Diagramme daraus gelangen oft verpixelt in den Druck. Mit der Freien Office-Suite LibreOffice lassen sich aus der drögsten Excel-Kunst ansprechende Vektordaten produzieren.

christoph schäfer und peter jäger Es ist kein Geheimnis, dass bei der Entwicklung von Programmen wie Word oder Excel nicht an die professionelle Druckausgabe gedacht wurde. Es genügt, wenn ein Diagramm auf dem Bürodrucker oder im Internet gut rüberkommt. Gelangt ein Word- oder Excel-Dokument jedoch in die Hände eines Layouters, der eine automatisch generierte Office-Grafik ansprechend gestalten und für den Druck aufbereiten soll, steht dieser unter Umständen vor einem Problem.

Schnell, aber unsicher

Die naheliegende Lösung ist das Kopieren einer Grafik in die Zwischenablage. Dabei funktioniert die Zusammenarbeit zwischen MS Office und Illustrator auf dem Mac erstaunlich gut, denn Mac OS verwendet als Zwischenspeicherformat PDF. Etwas schlechter sieht es unter Windows aus, denn dieses Betriebssystem nutzt das primitive WMF-Format für das Speichern von Grafiken in der Zwischenablage, was bei feineren Linien und ab einer gewissen Grösse der Grafik negativ zu Buche schlägt. Auch werden nicht alle Grafiken in der gleichen Qualität kopiert.

Vollends in die Röhre schaut man mit der obigen Kombination, wenn die Ursprungsdatei nicht in einem Microsoft-Format vorliegt, also etwa aus WordPerfect Office stammt, und auch Linux-Anwendern ist hiermit nicht ge­holfen.

Schweizer Bürotaschenmesser

Möchte man wirklich programm- und plattformunabhängig arbeiten, so bietet sich die Verwendung des OpenOffice.org-Nachfolgers LibreOffice an, und zwar gleich aus mehreren Gründen. Zunächst ist die schiere Menge an Importfiltern für potenziell diagrammhaltige Dateien aus Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationssoftware zu nennen, denn es gibt kaum ein Format, das LibreOffice nicht zu öffnen vermag. Darüber hinaus berechnet das Büropaket beim Import die Grafiken neu, macht sie dadurch also quasi zu seinen «eigenen».

Noch wichtiger ist jedoch, dass LibreOffice über ein ausgewachsenes Vektorgrafikmodul namens Draw verfügt. Dieses ist zwar längst nicht so mächtig wie Illustrator oder Corel Draw, geht aber dennoch hinsichtlich seines Funktionsumfanges weit über die Gestaltungsmöglichkeiten anderer Office-Pakete hinaus. Ebenso bedeutsam ist, dass LibreOffice für den Austausch von Grafikdaten zwischen den einzelnen Modulen ein eigenes Zwischenablageformat namens «GDI-Metafile» verwendet, das auf allen Plattformen identisch ist.

Für die hier beschriebene Aufgabenstellung ist schliesslich von Bedeutung, dass LibreOffice auch eine grosse Anzahl Exportfilter für Grafikformate anbietet, die insgesamt kaum einen Wunsch offen lassen.

Nachbearbeitung

Um eine Office-Grafik nachzubearbeiten, wählt man diese im in LibreOffice geöffneten Quelldokument aus und kopiert sie in die Zwischenablage. Damit die Zeichnung ganz sicher als bearbeitbare Vektorgrafik eingefügt wird, wählt man in Draw statt dem simplen Einfügen einen kleinen Umweg über Bearbeiten > Inhalte einfügen > GDI Metafile. Danach muss man die Zeichnung noch in ihre Bestandteile auflösen (Ändern > Aufbrechen), und schon lässt sich jedes Grafik- oder Textelement mittels der Draw-Werkzeuge nach Belieben einzeln modifizieren, ohne dass einem irgend eine Automatik in die Quere kommt.

Alter Bekannter

Für die Weiterverwendung in Vektor- oder Layoutprogrammen greift man für den Export am besten auf ein altbewährtes Format zurück, mit dem alle Profiwerkzeuge umgehen können und das nach wie vor gute Dienste leistet, nämlich EPS. Aus Sicht von LibreOffice besteht der grösste Vorteil gegenüber PDF darin, dass sich bei EPS die Abmessungen der Datei auf die Grafik selbst beschränken lassen, während beim PDF-Export stets die ganze Seite gespeichert wird. Dazu ist es unbedingt erforderlich, beim Speichern als EPS im Exportdialog (Datei > Exportieren) die Option Auswahl anzuklicken.

Indes sollte man von Transparenzeffekten die Finger lassen, denn diese überleben das Abspeichern als EPS nicht. Wenn Transparenzen verwendet werden sollen, bleibt nur der Export als PDF oder, wenn die Grafik in Scribus importiert werden soll, das Abspeichern im nativen ODG-Format.

Visionierung

Textverarbeitungen und Tabellenkalkulationen sind nicht die einzigen Programme, die Office-Grafiken erzeugen. In der Produktfamilie von Microsoft gehört hierzu auch das in Firmen verbreitete MS Visio. Doch dieses steht nur für Windows zur Verfügung, und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Layouter oder Grafiker das Programm installiert hat, ist eher gering. Hinzu kommt, dass der von Microsoft bereitgestellte Visio-Viewer nur als Plug-in für den Internet Explorer verfügbar ist, was Mac- und Linux-Anwendern herzlich wenig nutzt.

Auch hier kann LibreOffice gute Dienste leisten, denn es hat einen ausgereiften Importfilter für Visio-Dateien ab Version 2000 an Bord. Diese werden direkt in Draw geöffnet, können dort bearbeitet und in ein beliebiges anderes Grafikformat exportiert werden.

Fazit

Wer beim Aufbereiten von Office-Grafiken aller Art ohne plattformspezifische Einschränkungen arbeiten möchte, kommt um das Freie Büropaket LibreOffice derzeit nicht herum. 

www.libreoffice.org