Werbetechnik Plus
Durch die Zusammenarbeit innovativer Unternehmen lassen sich in der Werbetechnik aussergewöhnliche Kundenvisionen umsetzen.
josef inauen Auch die Werbetechnik als primär handwerklich aus-gelegte Branche ist mit den Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung konfrontiert. Es ist ein Fakt, dass die Aufträge, ausgelöst durch die Verlagerung der Werbebudgets bei den Endkunden, schwinden. Dort wird zurzeit der höhere Anteil der zur Verfügung stehenden Gelder für die digitale Schiene bereitgestellt. Aber auch die Komplexität der zur Ausführung ausgeschriebenen Aufträge nimmt zu. Die Endkunden fordern in vielen Fällen einen multimedialen Auftritt, der zusätzlich zur Webetechnik Know-how aus den Bereichen IT, Bildschirmtechnologie und Lichtwerbung verlangt. Werbetechnik ist nicht mehr statisch, vielmehr werden heute bewegte Elemente gefordert. In einer Welt, die immer digitaler und bewegter wird, scheint dies die logische Konsequenz zu sein. Gelangt nun ein solcher Auftrag zur Ausschreibung, hat der Werbetechniker zwei Möglichkeiten: Er kann den Auftrag ablehnen, da die Komplexität des Auftrags seine Fähigkeiten bei Weitem überschreitet, oder er kann sich Partner suchen, die seine Grundfähigkeiten in der Werbetechnik in Richtung der in der Ausschreibung geforderten Aufgabe ergänzen. Diese Form der losen, aber zielführenden Zusammenarbeit wird künftig vermehrt Anwendung finden müssen.
Die Agentur Farner plante, ihren Standort in Zürich an die Löwenstrasse 2 zu verlegen. Dafür musste das neue Domizil umgebaut und den Bedürfnissen einer Agentur angepasst werden. Für die Planung und den Umbau war die Firma Werkhof unter der Leitung von Werner Gysin zuständig. Philipp Skrabal, Chief Creative Officer der Firma Farner, kam mit einer aussergewöhnlichen Idee auf das Projektteam zu. Er stellte sich einen grosszügigen Empfang am neuen Standort vor. Dieser sollte durch eine Buchstaben-Leuchtwand aufgewertet werden. Das Umbau-Projektteam machte sich auf die Suche nach geeigneten Unternehmen, um die Machbarkeit unter Einhaltung des vorgesehenen Budgets zu prüfen. Durch die langjährige Partnerschaft zwischen der Werkhof AG und der Neon Technik AG, einem Unternehmen für Leuchtwerbung mit Sitz in Kemptthal nahe Winterthur, war es fast selbstverständlich, dass Werner Gysin sich dort den ersten Rat einholte.
Philipp Skrabal wollte zum Erstaunen aller Beteiligten nicht einfach eine Leuchtwand mit einem statischen Schriftzug, er stellte sich vielmehr eine Leuchtwand vor, die die Marke «FARNER» mit bewegten Buchstaben erzählen und gleichzeitig die Kompetenz des Unternehmens im digitalen Bereich aufzeigen kann. Farner hatte klare Vorstellungen, wie die Leuchtwand auszusehen hat und wie der definierte Textablauf sichtbar zu machen ist. Trotzdem wurden noch einige Gespräche und Meetings benötigt, um die ausgefallene Idee zu begreifen, sie klar zu definieren und in ein umsetzungsfähiges Objekt übertragen zu können. Die Wand sollte aus 200 Buchstaben bestehen, wovon 178 einzeln und in vorbestimmten Abläufen hinterleuchtet werden können. Schnell war klar, dass dieses ehrgeizige Projekt nicht durch ein einzelnes Unternehmen ausgeführt werden kann. Nur die Zusammenarbeit von Fachspezialisten aus unterschiedlichen Bereichen würde eine erfolgreiche Umsetzung garantieren.
Die Buchstaben mussten einzeln auf einem Träger aufgebracht werden, damit diese von hinten beleuchtet werden können. Die Typen sollten aus einer Serifenschrift mit spezieller konischer Ausbildung bestehen. Es stellte sich schnell heraus, dass dies nur mit der neusten 3D-Drucktechnologie umgesetzt werden kann. Die Steuerung der Textabfolge erforderte ein hohes Mass an Programmierung und Ingenieurwissen. Deshalb schlossen sich für die Umsetzung dieses Projekts die Firmen Neon Technik AG, Swiss 3D Tec AG und Amteca AG zusammen.
Gut vorbereitete Meetings sind in einem derart komplexen und innovativen Projekt eine unabdingbare Notwendigkeit. Es sind nicht mehr Einzelentscheidungen eines Firmeninhabers gefordert, vielmehr ist hier Teamarbeit notwendig. Für viele Unternehmen, die bis heute keine Erfahrung mit solchen firmenübergreifenden Projekten machen konnten, ist dies eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. In einer ersten Phase haben die Projektmeetings nur zwischen der Werkhof AG und der Neon Technik AG stattgefunden. Ziel dabei war es, die Idee des Bauherrn zu konkretisieren und das Projekt bezüglich Termin und Kosten in den Gesamtumbau zu integrieren. Ein schwieriges Unterfangen, denn noch wusste man nicht, wie die Umsetzung der Typenleuchtwand tatsächlich bewerkstelligt werden kann. Trotzdem musste diese bereits in den Gesamtumbau eingeplant werden. Die Suche nach den richtigen Partnern musste anlaufen. In der zweiten Phase wurden dann sämtliche in das Projekt involvierten Firmen zu den notwendigen Meetings eingeladen.
Nun wäre es schön, ein solch anspruchsvolles Projekt ohne Zeit- und Budgetdruck realisieren zu können, – quasi als Kunstprojekt. Das ist allerdings eine Illusion, vom Kunden wurden klare Termine gesetzt und auch der Budgetrahmen war vorerst bindend. Die Typenwand musste auf den Eröffnungsevent fertiggestellt und funktionsfähig sein. Die Montage musste kurz nach dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten termingerecht vollzogen werden. Vor allem für die Swiss 3D Tec AG war der Termindruck hoch, allein die Herstellung eines einzelnen Buchstabens mit dem 3D-Drucker dauerte acht Stunden – 200 waren zu «drucken»!
Das Projekt sollte innerhalb eines vorgegebenen Budgets umgesetzt werden. Erschwerend kam hinzu, dass dieses in einem ersten Umgang nicht bekannt war. Daher ist es nicht weiter erstaunlich, dass die erste Offerte einiges über den Vorstellungen des Bauherrn lag. Logische Konsequenz daraus waren Reduktionen bei der Ausführung. Dies wiederum kam bei Farner nicht gut an. So wurden Kompromisse gesucht, an der Ausführung gefeilt und ein weiteres Angebot unterbreitet. Damit wurden aus Sicht der Herstellenden alle technischen Bedürfnisse des Kunden abgedeckt. Der Preis lag jedoch noch immer einiges über dem Budget. Die Begeisterung und der Wille des Bauherrn, dieses Projekt unbedingt umzusetzen, wurden schliesslich aber höher gewertet als die Kosten.
Farner hat die Grundidee geliefert. Die Weiterentwicklung und Ausführungsplanung musste in enger Zusammenarbeit zwischen der Werkhof AG und den beteiligten Firmen umgesetzt werden. Der 3D-Drucker wurde von der Werkhof AG vorgeschlagen. Die Neon Technik AG und die Amteca AG kannten sich bereits von anderen gemeinsamen Projekten. Es galt also, das gesamte Team für diese Aufgabe zu fokussieren. Im beschriebenen Fall hat dies problemlos funktioniert, sollte aber nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet werden. Bei der technischen Umsetzung des Projekts wurde den herstellenden Firmen eine grosse Freiheit eingeräumt. Der Kunde wurde jederzeit über die neusten Erkenntnisse und den Stand der Arbeiten informiert, was die Vertrauensbasis festigte.
Die komplette Planung der Leuchtwand, vom Ausmass am Objekt bis zur Abnahme bei Farner, wurde durch die Neon Technik AG übernommen. Dies erforderte ein hohes Mass an technischem Fachwissen, gleichzeitig aber auch viel Kreativität. Den Enthusiasmus auf die beteiligten Partner zu übertragen, war sicherlich einer der wichtigsten Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung des Projekts.
Farner lieferte die Typografie, welche durch die Werkhof AG digitalisiert wurde. Im 3D-Druck wurden anschliessend Musterbuchstaben hergestellt. Auf eine Musterbox aus Acrylglas, welche mit LED ausgerüstet war, wurde der im 3D-Druck hergestellte Buchstabe aufgestülpt. Die Grundfarbe der Wand, respektive der Buchstaben, die Leuchtfarbe der LED, die Wirkung der aus der Box ragenden Buchstaben sowie die natürliche Beleuchtung der gesamten Wand mussten aufeinander abgestimmt werden. Ein schwieriges Unterfangen, zumal mit diesem Projekt Neuland betreten wurde. Die Bemusterung mit der ersten Einzelbox hat die Verantwortlichen von Farner sofort überzeugt. Nach Abnahme der Pläne und nachdem das Gut zur Ausführung erteilt wurde, konnte die Herstellung erfolgen.
Nachstehend sind die einzelnen Schritte des Herstellungsprozesses in Stichworten aufgelistet. Daraus kann sicher abgeleitet werden, welch enormer Aufwand betrieben werden musste – ohne dass dabei auf ähnliche Projektarbeiten und entsprechende Erfahrungen zurückgegriffen werden konnte.
Freigabe des Gut zur Ausführung, Detailplanung, CAD-Zeichnungen, Feintuning, definitive Materialauswahl, Bestimmen der Zulieferer des Materials, Koordination mit den Partnerfirmen, Zusammenführen aller Materialien, Produktion der Acrylglashauben, Auslasern der Buchstabennegative aus den Fronten, Herstellen der Leuchtboxen (Setzkastensystem), Herstellen der Trag- und der Unterkonstruktion, Einbau der LED-Platinen in die Leuchtboxen, gesamte Verkabelung der Elektronik und der Steuerung, Einbau der angelieferten 3D-Buchstaben in die decoupierten Fronten, Funktionskontrolle vor dem Zusammenbau in der Werkstatt. Die Software wurde von der Firma Amteca AG so aufgebaut, dass die internen Programmierer des Kunden jederzeit und ohne grossen Aufwand den Textablauf, die Laufzeiten oder die Helligkeit umprogrammieren können. Dies alles erforderte ein ausgeklügeltes und komplexes Zeitmanagement
Die Buchstabenwand wurde im Betrieb der Neon Technik AG 1:1 aufgebaut und über mehrere Tage getestet. Eine Bedingung im Projekt war, dass der Bauherr die Wand vor der festen Installation besichtigen und abnehmen kann. Beim Bemusterungstermin waren seitens Farner Philipp Skrabal und Roland Oberhauser (CFO) anwesend. Und selbstverständlich auch das gesamte Projektteam, das zur erfolgreichen Umsetzung beigetragen hat. Der Testlauf war ein voller Erfolg und hat nach Aussage von Philipp Skrabal die Erwartungen gar um einiges übertroffen. Die Aussage des CFO, wonach das Projekt zwar teuer sei, sich aber jeder «Stutz» gelohnt hätte, liess beim gesamten Projektteam Stolz aufkommen.
Nach dem Abbau und der Zerlegung der kompletten Buchstabenwand in zehn einzelne Elemente wurde die Montage durch zwei Monteure der betriebseigenen Montageabteilung der Neon Technik AG durchgeführt. Auch bei der Montage zeigte sich, dass sich eine präzise und penible Planung auszahlt, durfte doch das Tagesgeschäft am Empfang bei Farner nicht zu stark eingeschränkt werden. Durch die exakte Planung konnte die gesamte Installation innerhalb eines Tages durch die beiden Monteure zur vollsten Zufriedenheit und ohne Zwischenfälle ausgeführt werden.
Die Abnahme am Objekt erfolgte gleichentags im Anschluss an die Montage zwischen Philipp Skrabal und Guido Kramis von der Neon Technik AG. Die Software wurde einem IT-Spezialisten von Farner übergeben, welcher jeweils an den entsprechenden Projektmeetings anwesend war.
Die positiven Aussagen der Vertreter von Farner beim Testlauf und bei der Abnahme sind selbstredend. Der Bauherr ist begeistert vom Resultat und die involvierten Partnerfirmen durften ein wunderschönes, einzigartiges Prestigeprojekt für einen renommierten Kunden realisieren. Die Buchstabenwand hat alle Beteiligten herausgefordert. Das Resultat zeigt aber auch, wie eine enge Zusammenarbeit mit Partnerfirmen funktionieren kann – mit dem Ziel, den Kundenwunsch zu 100 Prozent zu erfüllen.
Es ist zu wünschen, dass sich solch positive Beispiele einer Zusammenarbeit von verschiedenen, zum Teil sehr unterschiedlichen Unternehmen multiplizieren liessen. Wenige Unternehmen haben die Organisation und die Finanzkraft, um solche Projekte allein stemmen zu können. Die Vorteile einer projektbezogenen Zusammenarbeit zeigt das Beispiel der Buchstabenwand. Alle sind mit Freude und Enthusiasmus am Projekt beteiligt. Der Kunde ist begeistert und so auch bereit, für eine erstklassige Ausführung etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Das Werkeln und Abschotten in den eigenen vier Wänden ist definitiv ein Auslaufmodell.
Projektmanagement
Neon Technik AGPfäffikerstrasse 39, 8310 Kemptthal, Leitung: Guido Kramis
Druck der Buchstaben
Swiss 3D Tec AGFürtistrasse 7, 8832 WollerauLeitung: Reto Blättler
Leuchtkörper und Steuerung
LED-Platinen inkl. ProgrammierungAmteca AGIndustriestrasse 6, 8335 Hittnau Leitung: Ralph Hug