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Die C-Schriften von Windows Vista

Neue Schriften unter Windows Vista

Windows und die C...-Schriften

Mit der neuen Systemschrift Segoe bekommen die Windows-Vista-Käufer eine ganze Reihe neuer Fonts, die wir hier kurz kommentieren. Alle beginnen mit dem Buchstaben C.

RALF TURTSCHI Im letzten Pub­lisher war von der neuen Windows-­Vista-Systemschrift Segoe die Rede. Auf sechs weitere Fonts können sich die Anwender freuen. Microsoft macht damit einen Riesenschritt vorwärts. Die neuen sind nicht mit den bisherigen Schriften unter Windows zu vergleichen: Arial, Tahoma, Trebuchet, Comic Sans, Century Gothic, Georgia, Times und Co. werden einen schweren Stand haben.

Weshalb sie alle mit C beginnen, ist mir nicht bekannt. Vitamin C? C-Dur? Vielleicht besteht ein Zusammenhang mit der neuen Fonttechnologie ClearType von Microsoft? ClearType ist eine Technik zur Kantenglättung von Buchstaben, womit die Bildschirmdarstellung von TrueType-Fonts stark verbessert wird. Dies vor allem bei LCD-Monitoren, aber auch bei herkömmlichen Röhrenmonitoren. Die sechs neuen Schriften sind also TrueTypes, die am Bildschirm besonders gut lesbar sind und die sich daher für alle Screen-Anwendungen grundsätzlich gut eignen. Sie kommen im Format OpenType, welches viele Features wie Brüche, Mediävalziffern, Tabellenziffern, Kapitälchen usw. unterstützt.

Zwei Fonts sind Serifenlose, die Calibri und die Corbel. Die Candara ist ein Serifenlose mit ganz eigenwilligen Zügen. Die Consolas ist eine Monospaced, alle Buchstaben sind gleich breit wie bei der Courier. Mit den Serifenschriften Constantia und Cambria will man die ältliche Times aus den Fontlisten kippen. Die Charakter-Sets sind alle sehr gut ausgebaut, weisen zwischen 713 und 1119 Glyphen aus, für die lateinischen Sprachen, für Kyrillisch und für Griechisch.

Ein kleiner Wermutstropfen: Alle Fonts sind nur gerade in vier Schnitten vorhanden: Regular, Italic, Bold und Bold Italic. Damit lässt sich kein Hofstaat (sprich Corporate Publishing) gründen. Die Fonts sind zu wenig plakativ, im Headline-Bereich nicht zu empfehlen. Mit zwei Strichstärken kann man typografisch zu wenig unterscheiden. Solche Schriften erfüllen in einer umfassenen Unternehmenskommunikation nur eingeschränkte Funktionen. Ein «richtiger» Corporate Font existiert heute in vier bis sechs Strichstärken, davon gibt es noch eine schmale Variante und eine breite. Alle zusammen geradestehend und kursiv, macht insgesamt zwischen 24 und 36 Schriftschnitte oder sogar mehr. Manche Designer richten ihre Schriften auch auf spezielle Bedürfnisse aus, sie schaffen beispielsweise eine Serif, in der Formensprache dazu passend eine Sans. Ebenfalls wieder mit entsprechenden Schnitten von Thin bis Black. Wenn pro Schriftschnitt 1000 Glyphen enthalten sind, ergibt sich daraus eine nie enden wollende Sisyphusarbeit, die Zeichen zu generieren. Aus diesem Blickwinkel kann die neue ClearType-Collection niemals mit «normalen» Schriften auf dem Markt verglichen werden.

Die ClearType-Fonts eignen sich aufgrund ihrer Beschaffenheit vor allem für den Bildschirm, das heisst für die tägliche Kommunikation mit Office-Programmen Word, PowerPoint und Excel, Schriften, die im Internet, in CDs oder beim Dokumententausch über PDFs angewendet werden. Hier liegt ihre Stärke, hier sind sie den heutigen Corporate Types hoch überlegen, die nicht bildschirmtauglich nachgerüstet wurden. Es sind keine Schriften für Typophile, mit denen man alle Bedürfnisse decken kann. Dafür brechen sie mit der Macht von «Gratisfonts» über Windows Vista mit aller Gewalt über die Anwender herein. Grafiker tun gut daran, sich die Schriften zu beschaffen und Kunden über Vor- und Nachteile der Fonts zu beraten.

 

 

 

 

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